Grundig TK46b Tonwelle quietscht
#1
Hallo zusammen,

habe vor 2 Monaten ein gepflegtes TK46 günstig erworben. Es funktioniert mit einigen Einschränkungen auch ganz gut. Am HiFi-Verstärker fantastischer Sound. Gute Höhenwiederabe, geringes Rauschen. Antriebsriemen scheinen neu zu sein. Keine Zinkpest.

Hier die Problemchen:

- ein Lautsprecher hat leicht gekratzt. Zuerst dachte ich, dass sich Reste der zerbröselten Schaumstoff-Staubschutzkappe in den Luftspalt gesetzt haben. Am Ende war es dann aber geometrischer Verzug. Durch leichtes Biegen des Korbes läuft er jetzt wieder sauber

- Band wird bei langsamen Drücken der Starttaste nach oben aus der Tonwelle geschoben. Eine neue Andruckrolle hat erstmal Abhilfe geschafft, aber nach ca. einer Stunde Laufzeit hat sich das Gummi vom Lager gelöst und axial nach oben geschoben und dadurch blockiert. Wird gerade reklamiert. Im Moment läuft es mit der leicht angeschliffenen Originalrolle auch ganz gut.

- Nun zum eigentlichen Problem. Die Tonwelle quietscht nach einiger Laufzeit. Habe das obere Lager mit Sinterlageröl PDP65 nachgeölt. Hat aber nicht geholfen. Bin mir auch nicht sicher, ob es nicht vielleicht auch das untere Lager ist. Auf den ersten Blick deutet es aber auf das obere Lager hin, denn wenn man die Andrückkraft der Andruckrolle mit dem Finger ein bisschen wegnimmt verschwindet es. Aber manchmal quietscht es auch im Leerlauf.
Ich möchte nun eigentlich die Tonwelle/Schwungrad ausbauen und mir die Lager ansehen, bzw. auch das untere neu schmieren.

Aber das scheint ein ganz schöner Akt zu sein. Hat jemand Erfahrung, ob man die Kopfträgerplatte nach oben abnehmen kann, ohne Kabel abzulöten und ohne das obere Lager abzuschrauben? Denn, um an eine der drei Schrauben ranzukommen müsste man den Wiedergabekopf abbauen und anschließend wieder justieren.

Und noch etwas ist mir aufgefallen, ich weiß nicht ob das normal ist. Bei Stereoaufnahme: Das magische Auge reagiert nur auf den roten Kanal (oberer Knopf des Aussteuerungsreglers). Laut Schaltplan wird das mag. Auge aber von beiden Sprechköpfen über Widerstände und die Dioden G101 und G201 angesteuert. Die Stereoaufnahmen als solches sind aber auf beiden Kanälen einwandfrei. Weiß jemand, ob das normal ist?

Viele Grüße
Andreas
Zitieren
#2
Hallo,

zur Aussteuerungsanzeige:
normal wäre die Anzeige beider Kanäle.
Da must du wohl mal den Vorwiderstand und die Diode des unteren Kanals samt Verdrahtung überprüfen.

MfG Kai
Zitieren
#3
(15.04.2022, 18:41)kaimex schrieb: Hallo,

zur Aussteuerungsanzeige:
normal wäre die Anzeige beider Kanäle.
Da must du wohl mal den Vorwiderstand und die Diode des unteren Kanals samt Verdrahtung überprüfen.

MfG Kai

Hallo Kai,
habe ich jetzt nochmal incl. Verdrahtung überprüft. Vom Sprechkopf bis zur Kathode der Diode ist der Pfad ok. Auch der Widerstand nach Masse in diesem Pfad ist bei beiden Kanälen gleich.  Die Diode - zumindest mit Diodentestfunktion des Multimeters im eingebauten Zustand - auch unverdächtig.  Abfallspannung an der Diode 1600mV, wie bei der anderen auch. Vielleicht hat die Diode ja trotzdem eine Macke. Habe ja erstmal nur im eingebauten Zustand gemessen. Da sind ja beide Dioden mittelohmig parallelgeschaltet. Muss ich wohl mal einen Draht abknipsen und mit zwei 1N4748 in Reihe überbrücken. Die Platine will ich nicht abschrauben.

Danke für den Hinweis, dass das wirklich so sein muss, wie man schon vermuten konnte. Hätte ja sein können, dass die vielen Schalter da irgendetwas unlogisches fabrizieren.
Andreas
Zitieren
#4
Information 
Hallo Andreas,

es entspricht nur meiner Erwartung, daß die Schaltung dafür gedacht ist, beide Kanäle (bzw den mit dem momentan höheren Pegel) anzuzeigen.
Andernfalls hätte man die Schaltung sicher ohne die zweite Diode und ihren Vorwiderstand realisiert.
Erfahrung mit dem Gerät habe ich nicht.
Falls es sich noch um alte Selen-Gleichrichter handelt, sind sie nicht ohne weiteres einfach durch Silizium-Dioden austauschbar.
Das hat dann nämlich oft zur Folge, daß die Anzeige schon durch den HF-Anteil der Vormagnetisierung stark ausschlägt statt vorwiegend durch den Audio-Anteil.

MfG Kai
Zitieren
#5
(15.04.2022, 21:30)kaimex schrieb: Hallo Andreas,

es entspricht nur meiner Erwartung, daß die Schaltung dafür gedacht ist, beide Kanäle (bzw den mit dem momentan höheren Pegel) anzuzeigen.
Andernfalls hätte man die Schaltung sicher ohne die zweite Diode und ihren Vorwiderstand realisiert.
Erfahrung mit dem Gerät habe ich nicht.
Falls es sich noch um alte Selen-Gleichrichter handelt, sind sie nicht ohne weiteres einfach durch Silizium-Dioden austauschbar.
Das hat dann nämlich oft zur Folge, daß die Anzeige schon durch den HF-Anteil der Vormagnetisierung stark ausschlägt statt vorwiegend durch den Audio-Anteil.

MfG Kai

Hallo Kai,

interessant! Da hätte ich nicht dran gedacht, aber logisch. Ich weiß nicht was das für eine Diode ist (siehe Anlage). Im Schaltplan finde ich auch keine Angabe. Germanium oder Selen?? Germanium müßte ja auch die Vormagnetisierung durchlassen und die Anzeige verfälschen.


Angehängte Dateien Thumbnail(s)
   
Zitieren
#6
Genau so eine Diode hatte ich in einem Uher 502S.
Es dürfte eine Selen-Diode sein. Die Kennlinie ist sehr viel "schlapper" gekrümmt als bei Germanium oder Silizum und das, was als "Schwellspannung" wirksam wird, sehr viel größer.
Dadurch trägt der HF-Anteil der Spannung weniger zur Länge des angezeigten Balkens bei.
Bei Verwendung einer modernen Silizium-Diode wird der störend groß.
Man muß dann entweder die HF wegfiltern oder anderweitig die "Grund-Anzeige" durch die HF reduzieren.

MfG Kai
Zitieren
#7
Tausch' doch die Dioden L/R mal. Wenn der Fehler wandert, ists die Diode, wenn nicht, dann nicht.

Gruß
Wenni
Zitieren
#8
(15.04.2022, 22:44)kaimex schrieb: Genau so eine Diode hatte ich in einem Uher 502S.
Es dürfte eine Selen-Diode sein. Die Kennlinie ist sehr viel "schlapper" gekrümmt als bei Germanium oder Silizum und das, was als "Schwellspannung" wirksam wird, sehr viel größer.
Dadurch trägt der HF-Anteil der Spannung weniger zur Länge des angezeigten Balkens bei.
Bei Verwendung einer modernen Silizium-Diode wird der störend groß.
Man muß dann entweder die HF wegfiltern oder anderweitig die "Grund-Anzeige" durch die HF reduzieren.

MfG Kai

... mit dem wegfiltern ist ja auch so eine Sache. Wenn man das ganz frech mit einem Kondensator macht, versaut man sich evtl. die Höhen bei der Aufnahme. Der Ausgang der ECC81 ist ja nicht gerade niederohmig. Drossel und Kondensator => LT-spice bemühen. Oh je. Dann schon lieber versuchen ein Alt-Teil zu kriegen, wohl wissend, dass Selen nicht ewig hält. Aber die Netzgleichrichter halten ja auch 60 Jahre.
Gruß
Andreas
Zitieren
#9
(15.04.2022, 23:10)Wenni schrieb: Tausch' doch die Dioden L/R mal. Wenn der Fehler wandert, ists die Diode, wenn nicht, dann nicht.

Gruß
Wenni

Hallo Wenni,

Man kommt ja nur von der Oberseite der Platine an die Bauteile. Ich will nicht so viel abknipsen und wieder anlöten. Das ist der Ehrgeiz möglichst wenig von der Originalität zu zerstören. Ich gehe nochmal mit dem Oszi ran. Dann kann man es vielleicht sicherer einkreisen
Gruß
Andreas
Zitieren
#10
(15.04.2022, 23:10)Röhrengold schrieb: ... mit dem wegfiltern ist ja auch so eine Sache. Wenn man das ganz frech mit einem Kondensator macht, versaut man sich evtl. die Höhen bei der Aufnahme.

Du mußt das ja nicht auf dem Pfad von der Anode zum Kopf tun.
Die Filterung ist doch"nur" in dem Pfad zur Diode nötig, also zB hinter dem Vorwiderstand.

MfG Kai
Zitieren
#11
Vor geraumer Zeit habe ich mal die Kennlinie der Diode im Uher 502S vermessen.
Im Schaltbild ist sie mit "M3" bezeichnet.
Auf dem Boden ihrer Blechhülle (entsprechend der Rückseite im Foto in Beitrag #5) ist eingeprägt
M3
D60.
In den Schaltungen der Uher 500-501-502 findet man an der Stelle eine "E25C2".

Fluß- und Sperr-Bereich zwischen -2 ... +2 V:
     
In grün wird zum Vergleich eine Standard Silizium-Diode gezeigt.

Bereich von ca. bis -13 V bis 12 V:
   

Sperrbereich:
   

Da ich nur ein einziges Exemplar dieser Art von Dioden habe, kann ich nicht sagen, ob das typische Verläufe sind.

MfG Kai
Zitieren
#12
(15.04.2022, 23:44)kaimex schrieb:
(15.04.2022, 23:10)Röhrengold schrieb: ... mit dem wegfiltern ist ja auch so eine Sache. Wenn man das ganz frech mit einem Kondensator macht, versaut man sich evtl. die Höhen bei der Aufnahme.

Du mußt das ja nicht auf dem Pfad von der Anode zum Kopf tun.
Die Filterung ist doch"nur" in dem Pfad zur Diode nötig, also zB hinter dem Vorwiderstand.

MfG Kai

... ist schon klar, aber von der Anode bis zur Diode sind ja auch nur 68K, also das was du Vorwiderstand nennst.
Ich werde es einfach mal probieren. Beim Philips EL3515 wird z.B. vor einer Germaniumdiode mit 100k und 330p gefiltert
Gruß
Andreas
Zitieren
#13
Hallo, habe mal wieder etwas Zeit zum Stöbern gehabt:

Mit Milde betrachtet: Grundig TK 46 (tonbandforum.de)

Hier kann man sehen, wie der quiekenden Capstanwelle geholfen werden kann.

Gruß
Peter S.
Zitieren
#14
(01.05.2022, 06:06)PSMS schrieb: Hallo, habe mal wieder etwas Zeit zum Stöbern gehabt:

Mit Milde betrachtet: Grundig TK 46 (tonbandforum.de)

Hier kann man sehen, wie der quiekenden Capstanwelle geholfen werden kann.

Gruß
Peter S.

Danke für die Info, 
die Schwungscheibe scheint ja einigermaßen einfach rauszunehmen zu sein.

Ich habe es medizinisch gesehen erstmal konservativ ohne Operation angegangen. 
Täglich 3 Tropfen Sinterlageröl PDP65. Nach ca. 10 Tagen mal überprüft, das Quietschen war weg. Die Schwungscheibe läuft bei 9,5cm/s eine Minute nach. Man muss eben Geduld haben, denn - wenn es wirklich Sinterlager sind - müssen die sich erstmal ein bisschen vollsaugen. Habe bis jetzt ca. einen Monat behandelt. 

Ich habe aber nirgends gefunden, wie die Lagerung im Detail aussieht. Es gibt ja dieses Lagergehäuse, das mit drei Schauben an die Kopfträgerplatte geschraubt ist. Sind da wirklich Sinterlager drin? Dann müssten es ja zwei sein, ein oberes und ein unteres. Oder ein langes. Als Radiallager.
Ganz unten ist ja das Axiallager, das aus einer Kugel und einer Plastikscheibe besteht, wenn man die Beschreibungen liest.

Ich habe mal eine Skizze (siehe Anhang) gemacht, wie es evtl. sein könnte (und wie ich mir das vorstelle). Dann könnte man ja zumindest das obere Lager ganz gut mit Öl tränken. Vielleicht kriegt das untere ja auch ein bisschen ab.

Das ist aber nur eine Vermutung. Kennt jemand näheres?

Viele Grüße
Andreas


Angehängte Dateien Thumbnail(s)
   
Zitieren
#15
Hallo, ich meine 2 Lagerbuchsen.
Dass das Öl bis zur 2. Buchse durchläuft wäre schön, habe ich aber noch nicht geschafft. An der Welle sieht man ja das Tragbild der Buchsen. und kann sich das vorstellen.
Zitieren
#16
Hallo Andreas,
mit deiner Zeichnung "Vermutung" liegst du genau richtig. Genau sieht das Lager prinzipiell aus. Und selbstverständlich sind das Sinterlager, wie alle nennenswerten Lager im Gerät.

VG Stefan
Zitieren
#17
(15.04.2022, 18:41)kaimex schrieb: Hallo,

zur Aussteuerungsanzeige:
normal wäre die Anzeige beider Kanäle.
Da must du wohl mal den Vorwiderstand und die Diode des unteren Kanals samt Verdrahtung überprüfen.

MfG Kai

Hallo Kai,
Nachdem das Teil nun zuverlässig quietschfrei läuft (durch 1x täglich 3 Tropfen PDP65 ins Tonwellenlager über ca. 6 Wochen) habe ich mich nochmal um das Thema Aussteuerungsanzeige gekümmert.
Ist ein normales Verhalten. Man muss nur wissen, dass der obere Austeuerungsknopf bereits das gesamte Stereo-Poti bedient. Der untere Knopf ist nicht der linke Kanal, sondern das "Multiplay"-Poti.  Kein Wunder, dass sich da nichts tut, wenn man den aufdreht :-). Auf der Austeuerungsseite ist also ein 3-fach-Poti. 
Wenn man bei Stereoaufnahme immer nur einen Kanal zuführt sieht man man, dass jeder Kanal das Mag. Auge ansteuert wie es soll.

Habe eine Technische Information von Grundig aus den Jahr 1962 gefunden (siehe Link), wo das TK47 beschrieben wird (ab PDF-Seite 37). Da sieht man auch die Blockschaltbilder für die einzelnen Trickaufnahmen, und vor allem die Beschreibung der Regler. Eine normale Bedienungsanleitung habe ich ja nicht.

  =>  https://worldradiohistory.com/Archive-Co...962-05.pdf

By the way, die Ersatzandruckrolle aus der Bucht, wo sich das Gummi immer axial rausgearbeitet hat, habe ich mit mit mehreren Körnerschlägen auf dem Aussenumfang (oben und unten) des Metallteils leicht formschlüssig fixiert. Läuft jetzt mit der neuen, weicheren Rolle zuverlässig. Die alte Rolle ging ja nach dem Abschleifen der oberen Gummischicht auch einigermaßen. Nur wenn man ganz langsam die Starttaste gedrückt hatte, riskierte man Bandsalat bei der alten Rolle.

Viele Grüße
Andreas
Zitieren
#18
Grundig-1962-03.pdf (worldradiohistory.com)
Grundig-1962-07.pdf (worldradiohistory.com)
VG Jürgen
Zitieren


Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste