Röhrenverstärker DIY Bausatz
#1
Hallo zusammen,

kennt sich hier jemand mit Röhrenverstärkern aus?

Ich habe neulich bei eBay einen Röhrenverstärker-Bausatz gekauft. Die fertig zusammengebaute Version wäre gar nicht so viel teurer gewesen, aber ich dachte halt, dass ich so vielleicht besser verstehe, wie so ein Gerät aufgebaut ist. Ich weiß, dass in so einem Gerät sehr hohe Spannungen entstehen aber ich würde behaupten, sehr vorsichtig vorgegangen zu sein.

Leider funktioniert das Gerät aber nicht richtig. Kurz nach dem Einschalten kommt ein pfeifendes, quietschendes Geräusch, ich meine von beiden Ausgangsübertragern. Da ich dann immer schnell ausgeschaltet habe, konnte ich das aber nicht genauer analysieren. 

Ich habe bereits nach Ursachen für diesen Fehler gesucht und daraufhin alle Massekabel gekürzt und besser verlegt. Das Resultat ist, dass das pfeifen jetzt ein paar Sekunden später und leiser anfängt, aber der Fehler ist halt immer noch da. Die Leistungsaufnahme des Gerätes liegt kurz nach dem Einschalten und vor dem Quietschen bei 25W bis 30W. 

Vielleicht hat ja jemand eine Idee, wo der Fehler liegt. Ferndiagnose ist hier vielleicht auch nicht so einfach. Vielleicht wäre ja auch jemand bereit, sich das Gerät mal anzusehen. Das ließe sich ja auch noch relativ einfach per Post verschicken. Natürlich würde ich den Aufwand auch bezahlen, möchte dann aber auch wissen, was ich falsch gemacht habe.

Aber zunächst zum Aufbau des Gerätes:
Die meisten Bauteile und die Röhren sitzen auf einer Platine. Diese habe ich gemäß Aufdruck bestückt. Ich glaube nicht, dass mir hier ein Fehler unterlaufen ist, zumal sich ja auch anscheinend beide Kanäle genauso verhalten.
Die übrigen Bauteile habe ich nach Schaltplan (siehe unten) und einem Foto der zusammengebauten Version verbunden. 

Hier ist das Foto vom Verkäufer:
   

Und so sieht das zusammengebaute Gerät von mir aus:
   
Die Platine ist etwas anders aufgebaut. So gibt es es neben den 6 0,1µF Folienkondensatoren noch zwei weitere 0,1µF. Auch sind die Spannungsangaben des Trafos minimal anders.

Da das auf dem Foto teils schlecht erkennbar ist, noch mal eine Beschreibung, wie ich das ganze verbunden habe:
- Die Eingangsseite des Trafos hat zwei 115V Wicklungen (rot/schwarz). Rot der ersten Wicklung und schwarz der zweiten Wicklung gehen an den Netzanschluss, in dem auch eine 2A Sicherung sitzt. Die jeweils anderen rot/schwarz Leitungen gehen an den Schalter.
- Am Ausgang des Trafos geht der 230V Ausgang (grün/grün) an den Gleichrichter. Minus und plus des Gleichrichters gehen an den linken, großen 330µF/450V Elko. Minus vom linken und rechten Elko sind verbunden. Die beiden Plus-Kontakte sind mit den beiden Enden des 25W Widerstandes verbunden. Plus vom rechten Elko geht über ein Kabel zum + an der Platine, unten Mitte. Minus vom rechten Elko geht gerade quer über die Platine zum mittleren Minus-Kontakt. Hier hatte ich verschiedene Wege des Kabels ausprobiert, darum sieht das so unordentlich aus. 
- Ausgang 3,15V (gelb/gelb/schwarz) geht zur Heizung der beiden oberen Röhren (gelb/gelb). Ausgang 6,3V (schwarz/schwarz) geht zur Heizung der vier unteren Röhren. Diese sind jeweils unterhalb der Platine mit verdrillten Leitungen durchverbunden. Alle Röhre glimmen nach dem Einschalten.
- Schwarz vom 3,15V Ausgang sowie die grün/gelbe Leitung vom Trafo gehen an Minus vom rechten Elko.
- Die Ausgangsübertrager gehen jeweils an die drei P1/+/P2 Kontakte und an die drei Lautsprecherbuchsen (4/8 Ohm und Masse).
- Die beiden 10W/270 Widerstände sind an einem Ende mit den 270R Kontakten der Platine verbunden und die beiden anderen Seiten mit -
- Lnf und Rnf unten links bzw. unten rechts an der Platine gehen zum jeweiligen 8 Ohm Lautsprecheranschluss.
- Das Einganssignal geht von den Chinch-Buchsen zum Lautstärkepoti und von dort an die Anschlüsse an der Platine oben/Mitte.
- Minus wird über die Platine bzw. die Halterung der Röhrenfassungen mit dem Gehäuse verbunden.
- Das einzige, was ich bewusst anders gemacht habe, als auf dem Foto des Herstellers, ist den Schutzleiterkontakt der Netzbuchse mit dem Gehäuse zu verbinden.

Hm, ich weiß nicht, ob man das jetzt so alles nachvollziehen kann...

Aber vielleicht hat ja jemand eine Idee oder sieht einen Fehler.

Gruß
Robert


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#2
Servus Robert,

erste Idee bei diesem Effekt ist immer: Mitkopplung, Selbsterregung (Spruch: Verstärker schwingen immer, Oszillatoren nie). Röhrenschaltungen sind wesentlich hochohmiger und empfindlicher für kapazitive Kopplungen.

Test: Die Leitungen von den Anodenwiderständen zum Ausgangsübertrager vertauschen. Mit ein bißchen Glück ist dann schon Ruhe.

Michael
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#3
Hallo Michael,

ich habe jeweils die beiden Leitungen vertauscht, also P1 und P2 an der Platine. Es bleibt jetzt tatsächlich ruhig!

Leider habe ich ein neues Problem bzw. war das wohl vorher schon da. Wenn der Verstärker ein paar Sekunden an ist, geht die Leistungsaufnahme schnell nach oben. Von 30W auf 50W auf 65W... Dann habe ich abgeschaltet. Ich hatte das vorher schon mal und dachte die Ursache gefunden zu haben. Dem war wohl nicht so.
Dabei werden die beiden 10K Widerstände unten links und rechts vor Lnf und Rnf heiß. Man sieht ja auch auf dem Bild, dass der linke verfärbt ist, aber der ist gemessen noch in Ordnung. Den rechten hatte ich ausgetauscht.

Hast Du auch eine Idee, woran das liegen könnte bzw. wo ich den Fehler suchen sollte?

Danke und Gruß
Robert
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#4
Wenn die beiden 10k Widerstände in der Gegenkopplung heiß werden, dürfte das daran liegen, daß der Verstärker auf einer Frequenz außerhalb des Hörbereiches schwingt.
Wenn das Metallschichtwiderstände der Standardgröße sind, müßten da schon 0.5 Watt oder mehr verheizt werden. Das würde circa 70 V Wechselspannung am Ausgangs erfordern.
Kannst du sowas messen ?
Am besten macht man das mit einem Oszillographen.
Wenn die Schwingung durch die Gegenkopplung  mit zu hoher Phasendrehung entsteht, wirst du sie erstmal los, in dem du die Gegenkopplungsschleife öffnest, also zB durch einbeiniges Abklemmen der 10 k Widerstände.
Dann ist natürlich die Leerlauf-Verstärkung höher als beabsichtigt, aber das Schwingen erst mal aus der Welt.
Dann kannst du prüfen, ob der Anstieg der Leistungsaufnahme auch weg ist oder noch einen anderen Grund hat.

MfG Kai
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#5
Hallo Kai,

einen Oszillographen habe ich nicht. Nur ein Multimeter, das aber bei Wechselspannung oberhalb von ein paar hundert Hertz nichts Gescheites mehr anzeigt.

Ich habe gerade mal die beiden 10k Widerstände einseitig ausgelötet. Leider steigt die Leistungsaufnahme kurz nach dem Anschalten immer noch stark an...

Gruß
Robert
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#6
Servus Robert,

Kai hat eigentlich schon alles geschrieben: Du hast das Schwingproblem vom Hör- in den Lang- oder Mittelwellenbereich verschoben.

Wenn es mit aufgetrennter Gegenkopplung ruhig ist und bleibt, würde ich mir nochmal genau die Verdrahtung anschauen, hier speziell die 0V- und Tonmasseleitungen. Den Originalaufbau solltest Du Dir als Vorbild nehmen.

Durch den Aufbau auf einer Platine sind eine Menge Fehlerquellen schon ausgeschlossen, trotzdem kann ein Anschluß der Tonmasse an der falschen Stelle schon reichen, um die ganze Schaltung zum Schwingen zu bringen. Soweit ich verstanden habe, schwingen ja beide Kanäle, sonst würde es nicht beide GK-Widerstände rösten.

Edit: zu spät... Als Ersatz tut es hier vielleicht auch ein altes Radio im Mittelwellenbereich.

Michael
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#7
Miß mal die Spannungen an den beiden Kathoden-Widerständen 200 Ohm und 270 Ohm sowie die Spannungen an den Elkos in der Anodenstrom-Versorgung.
Beim Betrachten der Platinen ist mir aufgefallen, daß auf dem Hersteller-Foto über der Leiterbahn in der Mitte quer rüber zweimal C-270 o.ä. aufgedruckt ist.
Sollten da mal Abblock-Cs rein, die es jetzt nicht mehr gibt ?

Auch bei so einem Verstärker kannst du die Operier-Zeit verlängern, indem du den 75 Ohm / 25 W Widerstand hinter dem Gleichrichter vorübergehend durch eine 25W oder 40W Glühlampe (220V) ersetzst oder ergänzt.
Dann bricht sie Spannung ein, solange irgendwo zuviel Strom gezogen wird, und du kannst suchen, wo er hinfließt, ohne daß was abfackelt.

MfG Kai
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#8
Hallo,

der Verstärker scheint jetzt zu funktionieren. Zumindest werden die 10k Widerstände nicht mehr heiß. Ich hatte die Masseleitungen jetzt wirklich genauso wie auf dem Herstellerfoto - zumindest soweit man das erkennen kann - angeschlossen und verlegt. Hauptsächlich gehen sie jetzt an den linken Elko und nicht mehr an den rechten.

Nach dem Einschalten ist die Leistungsaufnahme erst bei 30W und geht etwas später rauf auf 75W und bleibt auch ungefähr dort (vielleicht hatte ich auch bei den letzten Tests zu früh abgeschaltet, weil es vorher eben noch weiter anstieg?). Nachdem ich keine nennenswerte Gleichspannung an den Lautsprecher-Ausgängen messen konnte, habe ich es mal gewagt, Lautsprecher und Signalquelle anzuschließen. Klingt gut. Keine hörbaren Verzerrungen, keine Störgeräusche.

Also alles in Ordnung? Der Hersteller gibt an, dass der Verstärker eine Leistung von 24W hat. Sind 75W Leistungsaufnahme dann für einen 24W Röhrenverstärker normal?
Die Röhren strahlen einiges an Wärme ab. So sehr, dass ich sie im Betrieb nicht berühren würde.

Nach 10 Minuten Betrieb habe ich dann mal geschaut, was sich im Gerät erwärmt hat. Einige der großen Widerstände auf der Platine waren recht warm, aber nicht heiß. Am wärmsten war der große 25W Widerstand.

Mangels Erfahrung fällt es mir schwer zu beurteilen, ob diese Temperaturen und die Leistungsaufnahme im normalen Bereich sind. Das Röhrenverstärker keine besonders effizienten Geräte sind, ist mir klar.

Gruß
Robert
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#9
Hallo Robert,

bei Röhrenverstärkern wird gerne die Leistung für die Heizung der Röhren übersehen, die leider nur in Wärme und nicht in Ausgangsleistung abgegeben wird. Wenn du in die Datenblätter der Röhren schaust, sind da Heiz-Spannung und -Strom angegeben. Damit kannst du den Leistungsverbrauch der Heizung berechnen.

MfG, Tobias

P.S. Heisse Röhren fasst man nicht an, das macht Aua. Auch nicht mit Kältespray Fehlersuche an Röhren machen, das hat mal ein neuer Lehrling probiert. Rolleyes
Strom kann erst dann fliessen, wenn Spannung anliegt.
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#10
Servus,
ich kann jetzt für vermutlich 2x10W Ausgangsleistung (6P1P im Gegentakt) an den 75W Aufnahme aus dem Netz noch nix Schlimmes finden. Die CRC-Siebung ist halt auch nicht grade ein Energiesparwunder.

Die Endröhren haben 6,3V/0,45A, die Vorröhre kenne ich nicht, die heißt wirklich 6F2? Es müßte ja eine ECF8... oder äquivalent sein.

Am Ausgang nach Gleichspannung zu suchen ist immer eine gute Idee, allerdings wird dieser Verstärker höchstens im absoluten Katastrophenfall dort Spannung führen. Die Ausgangsklemmen kommen ja direkt aus der Sekundärwicklung des Ausgangsübertragers...

Für weitere Messungen bräuchte man aber schon einen Oszi, dann könnte man dann auch ggf. Symmetrie/Ruhestrom einstellen.

Michael
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#11
Hallo Michael,

ja, 6F2 ist richtig. Laut Internet kompatibel mit ECF82. Auch hier 6,3V/0,45A.

Gruß
Robert
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#12
Servus Robert,

dann kannst Du ja die Heizleistung berechnen. Dann mal den Spannungsabfall über dem Siebwiderstand (zwischen den beiden Siebkondensatoren messen.
Das vergleichen mit der aufgenommenen Leistung minus 10-15% Trafoverluste. Da sollte dann keine große Differenz mehr sein.

Ansonsten mal eine Zeitlang mit normaler Lautstärke laufenlassen und dabei ein Auge auf die aufgenommen Leistung haben. Und eine Nase wegen eventueller Rauchsignale...

Michael
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#13
Die meiste Hitze kommt bei Röhren nicht aus der Heizung.
Wenn Du eine Anodenspannung von ~300 Volt hast und die Endröhre einen Ruhestrom von 10-20mA zieht (was normal ist) dann gehen alleine da pro Röhre (!) 3-6 Watt in Wärme.
Das ist so und gehört so.

Gruß
Harald
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