Wiederbelebung T2221 (die Dritte)
#1
Hallo zusammen,

mein Projekt Umbau einer T221 zur Koffermaschine ist leider ins Stocken geraten.
Der Grund liegt in der elektrischen Anpassung des Studio-Aufnahmekopfes an die vorgesehene A77 Aufnahme Elektronik.
Hier gelingt mir mit den niederinduktiven Köpfen keine befriedigende Anpassung ohne Eingangstransformator.
Aus diesen Grund habe ich das Projekt erst einmal "auf Eis" gelegt.

Letzte Woche bot sich die Gelegenheit eine leicht defekte T221 mit digitalen Zählwerk und eine zugehörige Truhe T2000 im stark gebrauchten Zustand für einen schmalen Taler zu erwerben.
Diese T221 ist allerdings umgebaut auf 9,5 und 19cm/s, diese Änderung müsste ich erst einmal rückgängig machen (Frequenzgang mit Studioköpfen bei 9,5cm ist unbefriedigend), da sind auch noch andere Fehler in der Maschine zu beheben, die wurde daher erst einmal ins Ersatzteillager gewuchtet...

Als Trost konnte ich nun meine ältere, eigentlich für das Koffermaschinenprojekt vorgesehene Maschine in die T2000 einbauen.
Durch einige "Spenden" hier im Forum besitze ich erst einmal wieder genug Ersatzbaugruppen um die alte Dame mit den originalen Verstärker auszurüsten.

Nun ist die Inbetriebnahme einer RFZ Maschine kein Hexenwerk, es gibt eben jedes mal die selben Dinge zu kontrollieren bzw. instand zusetzen.
Dazu gehören in erster Linie die Bandrichtungskontakte unter dem linken Bandteller, sowie die Dioden und Entstörglieder im verwendeten "Einchipmikrorechner"
   
Bei den Baugruppen sind es vor allem die verwendeten Trimmpotentiometer, die müssen komplett demontiert und gereinigt werden. Fluten mit irgendwelchen Wundermitteln führt nie zum dauerhaften Erfolg, ich weiß wovon ich spreche ...
Aber zum Glück lassen sich die Potentiometer zerstörungsfrei öffnen, nichts ist schlimmer als eine Studiomaschine mit unsicheren Kontakt der Einstellregler....
       
Heute habe ich die T2221 (=T221+T2000) mechanisch und elektrisch zum Leben erweckt, morgen kommt die Einstellung des Wiedergabezuges dran.
       
Noch ein paar Details:

Die analoge Banduhr, funktioniert am besten bei Wiedergabe mit Studioband ORWO 106 oder LGR50 oder PER 568, bei PER368 bildet sich trotz Rückseitenbeschichtung ein Luftpolster bei höchster Umspulgeschwindigkeit, dann läuft die Uhr ungenau.
   
Hier das Bedienfeld mit "Verkehrsampel"
   
Und dann noch der Bandpfad mit ordentlicher Band-Beruhigungsrolle.
   

Gruß, Jan
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#2
Naaamd Jan,
ich glaube, in dieser Umgebung fühlt sich die T221 am wohlsten. Herzlichen Glückwunsch zur gelungenen Wiederbelebung.

Liebe Grüße
Frank
In Rust We Trust!
T e s l a  B 1 1 6 (A.D.),  R E V O X  B 7 7
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#3
Hallo Jan,

ich freue mich immer wieder neu über Deine Berichte von diesen schönen Tonband-Laufwerken.
Man könnte schwach werden und ein neues Sammelgebiet eröffnen.
Das ist eine richtige Härteübung für mich.

Mach bitte weiter so zu unserer Freude.

Viele Grüße
Manfred
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#4
Hallo Frank und Manfred,
Danke für den Zuspruch.
Heute habe ich mich wie vorgenommen mit dem Wiedergabezug beschäftigt.
Die Einmessung der Pegel nach Bezugsbändern verlief unspektakulär, lediglich bei 40 Hz wollte der linke Kanal keine -20dB wiedergeben.
Der Fehler war schnell gefunden, in der Gegenkopplung des Wiedergabeverstärkers befindet sich ein entsprechendes Frequenzglied, hier waren die Kapazitäten der verwendete 100nF MP Kondensatoren von der sozialistischen ungarischen Firma Remix voll daneben.
Eigentlich sind das vergossene Gehäuse, trotzdem muß Luft eingedrungen sein... (500-700nF)

Die Maschine liegt jetzt wiedergabetechnisch voll im vorgeschriebenen Toleranzschema.
   
Die Aufnahmebaugruppen erfordern ebenfalls eine Überholung.
Die großen Potentiometer müssen gleichfalls zerlegt und gereinigt werden.
Und dann ist dort auf den Leiterkarten noch die "gelbe Pest" verbaut.
Das sind Frolyt Elkos von der unzuverlässigsten Sorte.
In Plastik vergossene Bauteile, Katastrophe, bei mir hatten alle 6 Stück Kurzschluss, das gelbe Gehäuse ist für Elkos nicht geeignet, alle anderen uralten Elkos bringen noch ihre Werte...
   

Der Abgleich der Aufnahmeparameter gestaltet sich anspruchsvoller als die Wiedergabe.
Alleine am HF-Teil des Aufnahmeverstärkers kann man jede Menge falsch einstellen, auf der Platine selbst befinden sich gleichfalls noch diverse Trimmer von denen man lieber die Finger lässt.
Zum Glück ist die Schaltung von den Entwicklern vernünftig im Pflichtenheft beschrieben.
   

Der Einbaurahmen ist erst einmal komplett bestückt, die rechte obere Seite werde ich noch abgleichen müssen.

Gruß, Jan
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#5
Hallo Jan,

vorerst genieße ich bei Dir mit.
Dann kann ich den Wunsch nach den DDR-Studiolaufwerken noch unterdrücken.
Man muß ja auch nicht alles haben... Obwohl es sehr schön wäre.

Mit den besten Grüßen
Manfred
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#6
Hallo Manni,
die Maschinen werden leidlich unterschätzt.
Sie sind natürlich nicht unbedingt Wohnzimmertauglich aber das ist eine Telefunken M15 auch nur eingeschränkt.
Und es wird auch nicht so ein "Hype" wie bei den ungarischen Mechlaboren darum stilisiert.
Das ganze soll für mich ein Hobby und bezahlbar bleiben.
Die RFZ-Maschinen waren für mich bisher unschlagbar preiswert (unter der Voraussetzung daß man die Geräte nicht bei Ebay und Co erwirbt...)
Und es ist wirklich fast alles reparabel.

Gruß, Jan
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#7
(28.01.2022, 16:29)Ferrograph schrieb: Dazu gehören in erster Linie die Bandrichtungskontakte unter dem linken Bandteller, sowie die Dioden und Entstörglieder im verwendeten "Einchipmikrorechner"


Gruß, Jan

Hallo Jan,

ich hatte diesen Satz von Dir tatsächlich zuerst missverstanden und fragte mich, wo Du denn bei der T221 einen EMR gesehen hast. Nochmal angeschaut- achsooo, Du meinst die Relais- Phalanx... Big Grin Big Grin

Diese Frage stellte ich mir, weil in der T4224 (Bj. 1990) tatsächlich ein EMR für die Steuerung der Schaltbefehle zuständig ist. Die Maschine von 1989 hat das noch nicht, da gibt es jede Menge TTL- Schaltkreise...
Übrigens verfügt auch die R722/1 (Bj. 1986) bereits über einen EMR ! Hier wird dieser allerdings für die Steuerung der zahlreichen Sonderfunktionen des elektronischen Zählwerks genutzt (Zero- Return, Cue- Punkte setzen, etc...). In Verbindung mit dem FZG (Fernsteuer- Zusatzgerät) kann man da noch viel mehr machen...

Vielen Dank übrigens für den Tip mit den gelben, rechteckigen Frolyt- Elkos. Diese waren mir noch gar nicht als so extrem Ausfall- anfällig bekannt, bei mir waren die bisher ok. Aber da muss ich wohl nochmal hinschauen. Ich kenne dieses extreme Ausfallrisiko bisher nur von den "Schneemännern" (die kleinen, runden und weißen Radialdraht- Elkos)...

Grüße, Rainer
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#8
Ĝuten Abend,

als letzte Handgriffe an dieser T2221 hatte ich mir den Abgleich der Aufnahmeentzerrer und das finale Einmessen über Band vorgenommen.
Der Wiedergabezug war ja bereits abgeglichen (dachte ich jedenfalls...)

Zuerst muss die Vormagnetisierung (VM) und als nächstes der Löschstrom abgeglichen werden.
VM erst einmal auf maximalen Ausgangspegel bei 1KHz, und der Löschstrom direkt am Kopfträger über die eingebauten 2 Ohm Widerstände messen und auf einen vorgegebenen Wert einstellen.
An und für sich erst einmal einfach, das Ganze wird bei -10dB und 1KHz abgeglichen.
Dann wird bei 0dB (=6dBu=1,55V) Eingangspegel der Ausgangspegel auf den gleichen Wert eingestellt.
Damit ist die Grundeinstellung festgelegt.

Anschließend wird bei 10KHz und -10dB nochmal der Aufnahmekopf exakt senkrecht gestellt auf Pegelmaxium.
Ich dachte, das könnte ich mir sparen, musste aber schmerzlich feststellen das trotz verlackter Schrauben am Aufnahmekopf beim finalen Abgleich kein befriedigendes Ergebnis errreicht wurde.
Also noch mal zurück auf Start.
Beim Abgleich arbeite ich normalerweise mit einem NTP-Peakmeter als Pegelmesser, das hat die erforderliche Genauigkeit.
Als Pegelgenerator dient ein PC mit Audacity, dessen Ausgang gebe ich auf ein Mischpult mit Verstärkungsregelung um die +6dBu Eingangspegel für die Studiogeräte zu erreichen.

Dann habe ich den halben Tag damit zugebracht einen Fehler im Aufnahmeverstärkerzug zu suchen, ich bekam bei Aufnahme kuriose Pegelanzeigen, der Pegel wurde bei Aufnahme vollkommen nichtlinear zwischen beiden Kanälen angezeigt, selbst bei geschlossenen Pegelregler zeigte das NTP -20dB Ausgangspegel auf dem linken Kanal an.
Der Tausch sämtlicher Baugruppen im Aufnahmezweig brachte keine Abhilfe...
Hätte ich gleich einen Oszillographen benutzt wäre das nicht passiert.
Die Bias-Falle (LC-Saugkreis) im linken Wiedergabeverstärker war verstellt!
Dadurch kam die 80 KHz VM bzw Löschfrequenz durch den Wiedergabezug, wurde ordentlich verstärkt und bildete ein Grundgeräusch welches vom Anzeigemeter als Spannungsmittelwert angezeigt wurde.
Also den Kern der Bias-Falle etwas verstellt und die Störanzeige war verschwunden.

Eine weitere Herausforderung bei der T2221 ist, daß der Frequenzgang bei -10dB ermittelt wird.
Eigentlich kein großer Unterschied zu -20dB bei anderen Geräten, sollte man meinen ....
Bei 38cm/s alles kein Problem bei 19cm/s schon ganz schön tricky und die Maschine kommt hier an ihre Grenzen.
Ich musste einen neuen Aufnahmekopf, den ich hier im Forum von Steffen erhalten habe, einbauen um die Parameter bei 19cm/s zu erreichen.

Final konnte ich auch endlich die Schrauben verlacken.
   
Letztendlich ist der Studiopanzer eingemessen und bereit zu vielen schönen Aufnahmen...
Wahrscheinlich braucht die Maschine noch mal eine neue Lackierung.

Gruß, Jan
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#9
(02.02.2022, 20:35)Ferrograph schrieb: Eine weitere Herausforderung bei der T2221 ist, daß der Frequenzgang bei -10dB ermittelt wird.


Gruß, Jan

Hallo Jan,

Glückwunsch zur erfolgreichen Wiederbelebung ! Viel Spaß mit dem Eisenschwein, aber den hast Du ja ohnehin.. Wink

Eine Nachfrage zum Frequenzgang: Soll der wirklich bei -10dB eingestellt werden ? Das kann dann aber nur für die Einmessung des Aufnahmezuges gelten. (Die Anleitung zum V752.150 liegt mir gerade nicht vor). 
In der Meßanweisung für den Wiedergabeentzerrer V761.150 heißt es unter Punkt 2.3.3 Frequenzgang nämlich eindeutig:
"Der Frequenzgang wird so eingestellt, daß er innerhalb des Toleranzschemas nach Abb.2 liegt. Der Eingangspegel LE beträgt dabei -20dB. " Und in jener Abbildung 2 steht das dann natürlich nochmal:

   

Steht dann in der Anleitung vom Aufnahmeentzerrer an der Stelle bei der Frequenzgangkurve -10dB ? Das wäre wirklich außerordentlich seltsam...

Grüße, Rainer
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#10
Hallo Rainer,

in der Abgleichanweisung zur T2221 steht das explizit auf der Seite 16.
Ich hoffe, ich interpretiere das richtig...
   

-20dB wäre gar kein Problem aber bei -10dB den Frequenzgang hinzubekommen ist bei 19cm/s anspruchsvoll.

Ich habe die Maschine auf LGR50 Standardband eingestellt, bei PER368 Studio-Langspielband werden die -10dB problemloser in den Höhen bei 19cm/s erreicht.

Gruß, Jan
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#11
Hallo Jan,

vielen Dank, sehr interessant. Das scheint direkt aus dem Manual zu sein, welches mit jeder Maschine ausgeliefert wurde. Ich habe zwar auch eins, so genau habe ich dort aber nie hingeschaut, bezüglich der Einmessung. Meine Anweisungen zur Einmessung habe ich immer direkt aus den RFZ- Manuals entnommen, welche zu den jeweiligen Entzerrerverstärkern dazugeliefert wurden. Sowas hier:

   

Ich schaue mal nächste Woche, wie das im Manual zum Aufzeichnungsverstärker V752.150 hinterlegt ist. Wäre ja ein Ding, wenn es hier eine Diskrepanz gäbe...

Grüße + schönes Wochenende,

Rainer
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#12
Damit die Maschine auch vernünftig ausgesteuert werden kann habe ihr heute ein PPM (NTP 277-400) spendiert.
Ich hatte Glück, in den Kleinanzeigen gab es eins zum moderaten Preis.

Natürlich war das ein Einbaugerät, ich musste also wieder etwas drum herum bauen...
       
Nach dem ersten Einschalten blieb alles Dunkel, keine Reaktion. Ich war schon am Verzweifeln ob ich weiteren E-Schrott erworben hatte..
Glücklicherweise habe ich mal den orangen Siebelko berührt: kochendheiß!
Aus der Bezeichnung werde ich nicht schlau wo + und - ist....
   
Na jedenfalls den Elko richtig? herum eingelötet und alles läuft wie es soll.

Zum Vergleich mal mein anderes PPM unten bei der Wiedergabe eines Bezugsbandes.
       
Bin nun zufrieden, irgendwie zeigt das NTP 277 aber ruhiger an als das NTP 177.

Edit, ich sehe gerade daß ich die Fronplatte noch mit einer Folie versehen sollte, damit man den unpräzisen Ausschnitt nicht mehr sieht...


Gruß, Jan
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#13
Hallo Jan,

die Beschriftung des Elkos ist ja wirklich bescheuert. An der Nut/Einkerbung im Becher liegt immer der +Pol.

MfG, Tobias
Strom kann erst dann fliessen, wenn Spannung anliegt.
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