Ein fast fabrikneues UHER 4000 "Ur-Report", Nr. 154508, mit späten Knöpfen
#1
Hallo,

nach den tollen Reaktionen zu meinen vorherigen Vorstellungen folgt hier ein ganz besonderes, nahezu neuwertiges "Ur-Report" der spätesten Bauart: Die Nummer 154508. Das Gerät fand ich neulich online und war sofort begeistert. Nach einem sehr netten Telefonat mit dem Verkäufer (ein Nachkomme des Erstbesitzers) machte es sich auf den Weg. Das Besondere: Dieses Gerät ist in nahezu fabrikneuem Zustand. An Zubehör fanden sich, neben der (fürs spätere Ur-Report passenden) Tasche samt Riemen, nur der Tragegriff und die Anleitung. Es schien mir merkwürdig, warum offenbar ken Netzteil vorhanden war, doch beim weiteren Betrachten des Geräts ergab sich eine Theorie dafür. Aber der Reihe nach. Zunächst, das "Ur-Report" von außen. Der Zustand ist spektakulär. Ich bin beim Hantieren mit alten Geräten immer sehr vorsichtig, und hier noch einmal ganz besonders. Es gibt praktisch keine Lackschäden, alles ist in nahezu fabrikneuem Zustand - selbst die Kanten sind noch schön. Ein Tonband war eingelegt, schon halb auf die originale UHER Leerspule aufgewickelt; offenbar hatte man irgendwann das Gerät mitten im Betrieb gestoppt, ins Regal gestellt und dann so gelassen. Ein richtiges Zeitdokument. Auch die Bedienungsanleitung ist ohne Knicke sehr gut erhalten, lediglich auf dem Titelblatt hat mal jemand mit einem Stift etwas gekritzelt; durch die Farbe ist das jedoch kaum sichtbar.

                   


Die Seriennummer 154508 ist deutlich zu erkennen. Bei diesem Gerät sieht man zwei wichtige Änderungen in der Konstruktion, die ich bei späten Ur-Reports beobachtet habe. Anhand des im letzten Beitrag (Vorstellung Gerät 154004) vorgestellten Geräts, dessen Seriennummer nur etwa 500 niedriger ist und das noch die "früheren" Merkmale hat, kann man grob abschätzen, dass wohl ab etwa 154000 die folgenden Änderungen stattfanden: 

-> Platte unter den Spulen mit vertieften Rillen und vertieftem UHER-Logo, farblos. In der Mitte OHNE rechteckiges "Fenster" für die Seriennummer.
-> Knöpfe in spätem Design mit Riffelung nur an den Außenkanten. Damit sind sie deutlich griffiger als die Knöpfe, welche die Riffelung in der gesamten Tiefe des Knopfes haben:

           


Abnutzungsspuren findet man auf den ersten Blick nur sehr wenige: An der Schaltkulisse sieht man bei Ur-Reports sehr oft oben Spuren des Hebels - hier ist es fast neuwertig. Auch das angepunktete Blech am Deckel ist nur ganz wenig abgenutzt. Ich vermute, das Gerät war im Laufe seines Lebens nur ein paar mal eingeschaltet bzw. geöffnet und geschlossen worden - entsprechend vorsichtig gehe ich jetzt damit um, damit es keinesfalls weitere Spuren bekommt.

       


Der Blick auf den Boden ist sehr erfreulich, die Kufen sind in fast perfektem Zustand, schön geformt und nicht plattgedrückt durch Lagerung. Die vier "Füße" auf der Rückseite sind alle vorhanden. Ich war beim Zerlegen extrem vorsichtig und hatte die ganze Zeit das Gefühl, eine Zeitkapsel ganz behutsam zu öffnen. Sogar an den Halterungen für den Deckel ist die Farbe fast nicht abgenutzt! 

           


Im Inneren präsentierte sich das Gerät sehr gepflegt mit einem eingelegten Telefunken-Akku. Die Pappe ist in nahezu neuwertigem Zustand, auch die Löcher, an denen sie eingeschraubt wird, sind nicht ausgefranst. Aus welchem Jahr könnte der Akku wohl stammen? Ich möchte ihn gerne eingelegt lassen, um das Gerät möglichst im Fundzustand zu bewahren... Könnte dies ihm schaden, oder ist ein Akku, der so lange schon eingelegt ist, wahrscheinlich sowieso unkritisch? Meine spontane Theorie zum fehlenden Netzteil: Vielleicht hatte der Erstbesitzer das Gerät ohne Netzteil gekauft, und dazu einen geladenen Akku, um es auszuprobieren. Nach einem halben Tonband legte er das Gerät dann in den Schrank, wo es mitsamt Akku dann "schlummerte", bis es jetzt wiederentdeckt wurde... Könnte das sein? Wurden die Geräte ohne Netzteil verkauft?

           


Hier noch drei Impressionen des Innenlebens. Mir scheint darin alles im Originalzustand zu sein, was denkt ihr? Im Vergleich zu 154004 sieht man beim Motor einige Bauteile anderer Bauart, könnte es sein, dass diese neu sind, oder hat sich das in der Serie geändert? Der Antriebsriemen ist durchs lange Stehen etwas verformt und hat keine rechte Spannung mehr - ich gehe davon aus, dass er wahrscheinlich gar nicht mehr geeignet wäre, den Capstan zu betreiben. Jedoch plane ich nicht, das Gerät in Betrieb zu nehmen, es soll als Zeitkapsel mit allen Originalteilen verbleiben, mitsamt dem wohl halb gefüllten Tonband, dessen Inhalt vorerst geheimnisvoll bleibt, solange ich es nicht in Betrieb nehme...

           


Ich hoffe, ihr hattet Spaß an dieser Vorstellung, und ich freue mich auf eure Antworten.

Viele Grüße

Alexander
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#2
Hallo, Alexander,
also ich wäre ja viel zu neugierig, um es nicht in Betrieb zu nehman Big Grin 
Das Gerät ist wirklich wunderschön, viel Spaß damit!

LG
Mike
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#3
Das geht mir genauso. Aber auf jeden Fall ein außergewöhnlich erhaltenes Exemplar!

Die Telefunken Dryfit-Akkus wurden für die 300er Magnetophone angeboten, die ab 1964 gebaut wurden. Der Akku ist sowieso mausetot, es schadet weder ihm noch dem Report, wenn du ihn drinlässt.
Allerdings finde ich deine Theorie etwas abenteuerlich. Wer kauft sich ein Gerät mit Akku, aber ohne Netzteil? Das hätte der Händler ihm schon ausgeredet..... Wink

Gruß
Holgi
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#4
Hallo Alexander!

Ich gratuliere Dir auch auf diesem Wege ganz herzlich zu Deinem
tollen UR-Report. Du hast am Telefon nicht übertrieben, als Du
mir den Zustand geschildert hast. Im Gegenteil! Auf den Bildern
sieht der Erhaltungszustand noch viel besser aus.

Deine Mutmaßung über die Bodenplatten (mit oder ohne SN-Schlitz)
kann ich nicht teilen. Ich habe etliche 4000 Report ("graue" oder
"braune" Ausführungen) abgelichtet. Und da geht es kunterbunt
durcheinander. Mal hat das 4000 eine geschlitzte Bodenplatte, und
mal nicht. Und das bei steigenden SN, die ich dokumentiert habe.

M. E. sind in Deinem hier vorgestellten 4000 keine Bauteile ausge-
wechselt worden. UHER hat Bauteile von diversen Herstellern ge-
kauft. Das erklärt m. E. unterschiedliche Bauteile in verschiedenen
4000 Report.

Über Deine Absicht, daß Stück Zeitgeschichte direkt in eine Vitrine
zu "verbannen", hatte ich angemerkt, daß bei mir die Neugier ob
der Funktionsfähigkeit dieser Zeitkapsel die Oberhand behielte. Wie
schon Mike und Holger, würde ich es kurzzeitig ausprobieren. Und
erst dann das 4000 zum reinen Schauobjekt "degradieren".

Es böte sich an, diese IB auf Video zu dokumentieren.

EDIT:
Den Klappdeckel würde ich bei play/spulen geöffnet lassen. Das
herausstehende Vorspannband könnte ggf. Schleifspuren innen
am Sichtfenster verursachen...

EDIT2:
Zu den Report-Bedienknöpfen schrieb ich vor längerer Zeit etwas
https://tonbandforum.de/showthread.php?t...+mit+knopf

Gruß
Wolfgang
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#5
(11.12.2021, 08:47)cisumgolana schrieb: EDIT:
Den Klappdeckel würde ich bei play/spulen geöffnet lassen. Das
herausstehende Vorspannband könnte ggf. Schleifspuren innen
am Sichtfenster verursachen...

Gruß
Wolfgang

Man könnte den Vorspann aber auch neu einfädeln oder abschnippeln! Oder würde das den Originalzustand versauen? Man kann es auch übertreiben. Dodgy
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#6
Hallo Holger!

Du hast vollkommen recht mit Deinem Vorschlag.

Wenn Alexander eigentlich das 4000 so wie es ist, in
eine Vitrine stellen möchte, dann könnte es doch sein,
daß er auch das Tonband so wie es ist belassen möchte.

Die Ansicht, ob Du (und ich) das für übertrieben halten,
muß er ja nicht teilen.

Gruß
Wolfgang
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#7
Vielen Dank für die Antworten Smile

Ich weiß, mein Gedanke, das Gerät ganz so zu belassen und nichtmal auszuprobieren, mag etwas exzentrisch wirken - allerdings war das Gefühl beim Auspacken so besonders: Dieses nahezu neuwertige Gerät, wohl seit Jahrzehnten unberührt in seiner Tasche aus Erstbesitz mit eingelegtem Akku und Band, ist gerade in dem Zustand ein ganz seltener Fund, eine richtige "Zeitkapsel". Als wäre gar keine Zeit vergangen, seit es das letzte Mal in Benutzung war. Irgendwie gefällt mir dieses "geheimnisvolle" Band darauf, das genau in der Position steht, als es das letzte Mal benutzt wurde...

Normalerweise mag ich es, Geräte wenigstens auszuprobieren. In diesem Fall jedoch finde ich das Artefakt als Ganzes einfach zu "spektakulär", es ist nicht jahrzehntelang in Verwendung gewesen, sondern offenbar nicht allzu lange nach dem Kauf einfach weggestellt worden. Natürlich kann ich gut verstehen, wenn man es etwas "aufhübschen" möchte, Vorspannband kürzt, vllt auch ein anderes Tonband einlegt, etc... Aber mein Gefühl ist grad, ich möchte diesen "eingefrorenen" Augenblick so lassen; das Gerät, wie es bei seiner letzten Benutzung aussah; wie oft findet man das schon in derart schönem Zustand... Für die Dauerbenutzung wäre ein "Ur-Report" sowieso nicht geeignet, und mir macht es als unberührte "Zeitkapsel" mehr Spaß, als wenn ich es kurz ausprobiere. Und ich habe das Gefühl, wenn ich das Band abspiele, ist das, was darauf ist, wahrscheinlich weit weniger spannend, als wenn ich es "geheimnisvoll" lasse und darüber spekulieren kann Smile

Holger, du hast auf jeden Fall Recht, die Idee, dass ein Gerät ohne Netzteil verkauft wurde, ist nicht so wahrscheinlich, vielleicht möchte ich mir da grad einfach das Fehlen desselben auch ein bisschen schönreden Big Grin Der Verkäufer hatte jedoch ausgiebig danach gesucht und es nicht gefunden, deshalb war zumindest im Fundzustand leider keins mehr vorhanden... Bei dem gepflegt aufbewahrten Gerät scheint merkwürdig, dass das Netzteil einfach verschwindet, aber was über Jahrzehnte geschah, kann man da nicht wissen...

Wäre eigentlich bei allen "Ur-Report" ein Netzteil 808 richtig, oder wurden späte Geräte auch teils mit dem Z111 verkauft? Oder kam das erst mit dem Report-S so richtig auf?

P.S.: Wolfgang, dein Bericht zu den Knöpfen ist sehr spannend, ich vermute tatsächlich, dass diese Art der Knöpfe eine "Weiterentwicklung" der früheren waren, da ich schon ein paar späte "Ur-Report" mit derartigen Knöpfen sah. Wann wurden die Stereo-Geräte gefertigt? Geschah das gegen Ende der Fertigungszeit des "Ur-Report", und haben alle Stereogeräte die neuen Knöpfe? Ich vermute, dass die Produktion der Knöpfe tatsächlich eher allgemein gegen Ende der Ur-Report Seriennummern umgestellt wurde, als Vorgriff der Knöpfe des Report-S?
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#8
Hallo Alexander!

Gegen Ende der 4000-Produktion wurde ein
"Zwitter-NT" 880/Z111 verkauft:

   

Die Stereo-Versionen 4002/4004 wurden m. W.
nur 1962 in geringer Stückzahl gebaut.

Alle mir bekannten ersten Stereo-Report haben
die nur vorn gerändelten Knöpfe. Was aber keine
belastbare Aussage ist.

Ein Vorgriff auf die 4000-S Knöpfe sind die späten
4000 (4002/4004) m. E. nicht. Einen Zusammenhang
mit dem "S"-Design sehe ich da nicht.

Ich habe genügend Bild-Beispiele von 4000 Report mit
wesentlichen höheren SN als diese 4000, die die "alten"
Knöpfe verbaut haben.

Gruß
Wolfgang
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#9
Hallo Wolfgang,

das ist ja toll, so ein "hybrides Netzteil", das muss sehr selten sein... So eins wäre auch genau richtig für ein ganz frühes 4000-S, schätze ich?

Zu den Knöpfen: Ich meine damit nicht das Design (Farbe, etc.), sondern das grundlegende Konzept. Bei den "frühen" Ur-Report des 2. Typs sind die Knöpfe, wie bei den allerersten "grauen" Ur-Reports, ja an der ganzen Seite geriffelt. Dadurch sind sie nicht so griffig bzw. man kann sie auch nicht so gut ziehen. Beim 4000-S sind die Knöpfe ja nur außen geriffelt und dadurch besser bedienbar, und insgesamt auch eine ganz andere, neu designte Bauart. Die Knöpfe an meinem neuen "Ur-Report" scheinen mir eine Weiterentwicklung der ersten zu sein, die vom Konzept her (Riffelung außen) schon ein ein Element der Knöpfe vom Report-S (und aller späteren Report-Generationen bis IC) vorwegnehmen, die Riffelung nur außen... Deshalb sehe ich sie als "späte" Knöpfe. Beim nächsten Gerät, das ich vorstellen werde, wird man da auch ein wenig was sehen... Natürlich bleibt es alles Spekulation, aber ich finde, die außen geriffelten Knöpef sind eine eindeutige Verbesserung/Weiterentwicklung, was dann auch bei den ganz neu designten Knöpfen am 4000-S konzeptionell so wieder umgesetzt wurde - mir scheint diese Reihenfolge logisch:

Hier drei Bilder, um es zu illustrieren: 

Frühe Knöpfe Report 4000
   

(Späte?) Knöpfe Report 4000
   

Knöpfe des Report-S

.jpg   Knoepfe_UherReport_S.jpg (Größe: 70.36 KB / Downloads: 173)

Viele Grüße

Alexander
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#10
Hallo Alexander!

Ok, wenn es nur um die Rändelung geht, hast Du recht.

Bedenke aber, daß die "S-Knöpfe" fast doppelt so tief bauen,
wie die 4000er "Flachmänner".

Übrigens, bei der IC-Reihe ersteckt sich die Rändelung wieder
über die gesamte Knopf-Tiefe.

Gruß
Wolfgang
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#11
Hallo Alexander,

das "Früher war mehr UHER" in meiner Signatur bezieht sich durchaus auch auf das Forum und ist ein Grund, warum ich nur noch ziemlich selten hier auftauche. Durch Deinen Bietrag bin ich mal wieder voll auf meine Kosten gekommen. Mit solchen Ur-Reports habe ich früh meine Penunzen verdient. Danke für den Bericht!

Gruß, Anselm
Früher war mehr UHER. Cool Meine UHER-Erinnerungen
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#12
Kleiner Anhaltspunkt zur Geschichte dieses report-Exemplars: Die linke BASF-Spule, die 11er, hat schon das rote Label, das um 1967 eingrführt wurde. Zu dieser Zeit wurde es also noch benutzt.
Ich würde das Gerät auf jeden Fall auf Fuktion testen. Es würde mich auch interessieren, was auf dem Band ist. Mikroofnaufnahmen des Käufers etwa?? Oder Musik? Dann fände ich es interessant, ob das Gerät in seinem Leben nur Schlager kennengelernt hat oder nur Kammermusik oder Beat oder...

VG Stefan
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#13
Hallo Alexander!

In Anbetracht der, wie von Dir berichteten Dauerverformung
der Antriebsriemen, würde ich das Band auf ein anderes Halbspur-
Report (davon hast Du ja mehrere) schnallen, und dort abspielen.

Gruß
Wolfgang
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