UMC202HD (King) Midas in reverse?
#38
Neues vom Hexer verhexten UMC202HD
oder
wo bleibt das Positive Herr K ?

Ein einzelner Herr hatte gefragt, wie es denn mit der Linearität am XLR-Eingang insbesondere bei der Verwendung von Mikrofonen aussieht. Ich hätte da eigentlich nicht anderes erwartet als am "INST"-Eingang, zumal beiden in der Doku" ähnliche Empfindlichkeit bescheinigt wird.
Da er seinen Wunsch mit der Zusendung von XLR-Steckern und Adaptern unterstrich, konnte ich mich dem nicht weiter verschließen
und das war gut so
denn da trat erstaunlicherweise und unerwartet Positives zu Tage.
Leider gibt es da, wo Licht ist, aber meist auch Schatten.

Um die Arbeit zu vereinfachen, beschloß ich, am oberen Signal-Ende anzufangen, da wo die größten k2-Werte aufgetreten waren. Dazu wurde das Gain-Poti an den linken Anschlag gedreht
und ein Signal drauf gegeben, das knapp bis unter 0 dBFS aussteuerte. Das Signal wurde erzeugt von einer Applikation auf dem gleichen Windows-PC und kam aus dem Line-out des OnBoard Audio-Interfaces. Wenn man da mit den Spitzen des Sinus nicht über -0.2 dBFS hinausgeht, haben 2f 95 dB und 3f 85 dB Abstand, höhere Oberwellen liegen unter -100 dB.
Die Ausgangs-Impedanz des Line-Out des PC ist durch Serien-Widerstände auf circa 934 Ohm erhöht.

In der (irrigen) Annahme, es würde sich um einen normalen echten ("floatenden") Differenz-Eingang handeln, habe ich Pin (2) als +Eingang, Pin (3) als -Eingang verwendet und (1) als Masse/Schirm erst mal ignoriert.
Aus einer Eingangsspannung von 1.52 Vpp = 0.5374 Vrms= -3.2 dBu erzeugte der ADC des UMC202HD -1.0 dBFS digital mit einem 2f-Abstand von -67 dB, 3f-Abstand von -68.3 dB.
Neugierig wie immer habe ich auch mal die "INST"-Taste und die "PAD"-Taste gedrückt.
Erstere bewirkte nichts, die zweite senkt das digitalisierte Signal auf -18.4 dB, also um -17.4 dB. Frühere Messungen hatten einen Unterschied von 20 dB ergeben.
Beobachten des Eingang mit einem PicoScope lüftete das Rätsel: Beim Drücken von PAD steigt die Eingangsspannung an, und zwar ziemlich genau um die vermißten 2.6 dB.
Die PAD-Taste bewirkt also nicht nur irgendwo im Signalpfad eine Absenkung sondern anscheinend auch eine Anhebung des XLR-Eingangswiderstandes. In den Moden "INST" und "LINE" war sowas nicht aufgefallen.
Der "Quick Start Guide" des UMC202HD behauptet einen Mikrofon-Eingangs-Widerstand von 3 kOhm,
INST: 1 MOhm. Bei LINE hatte ich 21.6 kOhm gemessen.
Besser als glauben ist bekanntlich kontrollieren. Also habe ich die Leerlaufspannungen des Generators und die Eingangsspannungen am UMC202HD ausgewertet und erhielt
~5.4 kOhm wenn PAD gedrückt, ~1.6 kOhm wenn nicht gedrückt. ???

Die nicht verwendete XLR-Masse mußte natürlich irgendwo im Spiel sein, also habe ich einfach mal die Verbindung von Pin (3) zur Masse des Line-out weggelassen. Dadurch sank der digitalisierte Eingangswert auf -1.5 dB, der 2f-Abstand verbesserte sich auf -74 dB, 3f sank unter -80 dB.
Was (2) recht ist (scheinbar alleinige Verwendung), sollte auch für (3) gelten:
1f: -1.5 dB, 2f-Abstand: -69 dB, 3f-Abstand: -73.4 dB
(3)-(2) sollte das gleiche liefern wie (2)-(3):
1f:zwar auch -1.0 dB, aber 2f-Abstand: -75 dB statt -67 dB, 8 dB besser.
Der Klirr-Pegel hängt also merkwürdigerweise von der Einkoppel-Polarität ab.
Ob das wohl mit Ausgleichsströmen von der Masse des Line-out zur Masse des USB-Interfaces zusammenhängt ?
Zur Überbrückung der Ratlosigkeit bot sich mal ein Vergleich mit dem Klirr bei "INST" unter etwa gleichen Bedingungen an. Also den XLR-Stecker raus gezogen und das Eingangssignal per Cinch-6.3mmKlinken-Adapter auf den Eingang gegeben bei gedrückter INST-Taste.
Bei einer Eingangsspannung von 1.708 Vpp = 0.604Vrms = -2.2 dBu kommen drinnen -1.1 dBFS an,
2f-Abstand -32 dB.
Da gibt es also einen verwunderlichen Unterschied von 35 bis 43 dB zum XLR-Modus.

Nun sollte der bislang ignorierte XLR-Masse Anschluß mal zeigen, was er kann.
also habe ich (2) für Hot und (1) für Masse benutzt:
1f:-1.5 dB, 2f-Abstand: -82.2 dB, 3f-Abstand: -77.x dB
Mit (3) zusätzlich an Masse ergab sich
1f: -1.0 dB, 2f-Abstand -74.2 dB, 3f-Abstand: -69.2 dB
Mit (3) und (1):
1f: -1.5 dB, 2f-Abstand: -72.4 dB, 3f-Abstand: -75.7 dB
Zusätzlich (2) an Masse:
1f: -1.0 dB, 2f-Abstand: -72.4 dB, 3f-Abstand: -68.8 dB
Außerdem fiel auf dem PicoScope auf, daß die unterschiedlichen Masseverbindungen zu unterschiedlichen DC-Verschiebungen im mV Bereich führten. Die XL-Pins sind also anscheinend trotz abgeschalteter 48V-Speisung nicht Spannungsfrei und schon garnicht DC-getrennt.

Bester 2f-Abstand ergab sich bei Verwendung von (2) und (1). Vergrößern des Vorwiderstandes um 22 kOhm senkte den digitalisierten Pegel auf -21.3 dB. und 2f auf -102 dB, was einen Abstand von 81.5 dB ergibt.
Danach habe ich das Gain-Poti soweit nach rechts gedreht (ca. "12:30"-Position), daß Digital-In wieder -1.5 dB ergab. Der 2f-Abstand betrug immer noch -81 dB.

Auch in diesem Zustand habe ich nochmal aus Eingangsspannungen und Leerlaufspannungen des Generators die scheinbaren Eingangswiderstände am XLR berechnet. Diesmal kamen ohne PAD (wieder) 1.6 kOhm raus aber 5.7 kOhm bei gedrückter PAD -Taste.
Die Angabe im Quick Start Guide meint den Widerstand zwischen den Pins (2) und (3).
Meine Messergebnisse mit asymmetrischer Quelle werden verständlich, wenn man annimmt, daß sowohl (2) als auch (3) entweder 1.5 ... 1.6 kOhm nach Masse im UMC202HD haben oder bei gedrückter PAD-Taste 5.4 ... 5.7 kOhm.

Mit diesem "Mikrofon"-Eingang lassen sich schon fast Line-Pegel verarbeiten und, wenn man die richtigen Pins benutzt, anscheinend sogar mit 82 dB Abstand zu 2f und 3f nur wenig schlechter.
Da fragt man sich, ob man den PAD sinnvoll zur Erweiterung auf ausreichend hohe Line-Pegel nutzen kann.
Also habe ich PAD gedrückt, das Line-out Signal auf ein Xenyx 502 Mini-Mischpult gegeben und selbiges als Booster verwendet. Das clipt erst bei +-13.6V.
Es zeigt sich daß in diesem Modus das XLR-Eingangssignal analog auf +2.741V & -2.721V geclippt wird (5.482 Vpp) = 1.931 Vrms = +2.5 dBu. Als digitaler Eingangspegel werden dabei nur -11.7 dBFS erreicht, nahezu Vollaussteuerung also nicht möglich.
Damit ist diese Betriebs-Art ziemlich nutzlos.
Ohne PAD werden bei 1.528 Vpp -1.5 dBFS erreicht.
Ab 1.659 Vpp (0.832 Vp) werden Verzerrungen der digitalisierten positiven Halbwelle sichtbar.
Ab etwa 1.77 Vpp wird beidseitig digital geclippt.
Die positive Halbwelle am Eingang wird sichtlich ab etwa 1.326 V komprimiert,
schließlich beide bei etwa +2.0543 V und -2.392 V.
Die digitalisierte negative Halbwelle invertiert bei Spannungen unter -2.126 V sogar (geht also wieder in Richtung +).
So etwas sollte bei modernen OPs eigentlich nicht mehr vorkommen.
Hier noch ein Screenshot, wie ein digitalisierter Sinus aussieht, wenn man der positiven Obergrenze zu nahe rückt (< 1 dB Abstand). (Verzerrungen, die man sieht, sind schon viel zu groß).
   

Quintessenz:  Wider Erwarten zeigt das UMC202HD am XLR-Eingang viel besseres Verhalten als bei Verwendung von "INST" oder "LINE". Wenn man die richtigen Eingangspins benutzt, lassen sich k2-Werte unter -80 dB erreichen, k3 mal mehr mal weniger. Bei 20 dB niedrigeren Eingangsspannungen waren die Abstände nicht schlechter. Theoretisch sollten sie immer besser werden, man hat nur Probleme, das im Mess-Untergrund zu verifizieren.
Das dürfte auch der Grund sein, daß die Mess-Ergebnisse hier merkwürdige Abhängigkeiten von den Eingangs-Pin-Kombinationen zeigten. Insofern ist nicht sicher, daß die hier beste Kombination bei einem anderen Geräte-Exemplar in anderer Umgebung auch die günstigste wäre.
Bei Quellen ohne Rechner-Bezug sollten noch bessere Ergebnisse erreicht werden.
Anpassung an höhere Line-Pegel ist leicht durch Serien-Widerstände zum asymmetrischen Eingangs-Widerstand von ~1.6 (?1.5?) kOhm möglich.

Bleibt die Frage, was da für eine "Schweinerei" eingebaut ist, die bei "INST" und "LINE" zu sehr viel schlechteren Linearitäten führt.

MfG Kai
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UMC202HD (King) Midas in reverse? - von kaimex - 05.12.2021, 12:47
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