Der englische Patient - Kassette leiert
#1
Hallo,

ich habe hier ein Schmuckstück, das leider nicht so will wie ich.

   

UK-Kaufkassette eines echten Klassikers, optisch schön erhalten, Band ist glatt, auch das Inlay sieht aus wie neu, sieht mir nicht so aus, als sei sie jemals irgendwie mißhandelt worden.

Das Band klingt an sich auch gut. Nur leider läuft die Kassette recht langsam und ab der Mitte der Seite dann seeeehr langsam.

Das Gehäuse wirkt jetzt auf mich auch nicht verzogen (habe versucht, es zu fotografieren), aber ich gehe natürlich davon aus, daß es am Gehäuse liegt.

Das Problem: Das Gehäuse ist verschweißt. Aufmachen fällt schon mal weg.

Hin- und hergespult habe ich sie schon, das geht ohne Probleme. Die Spulen lassen sich mit dem Finger auch ganz leicht drehen.

Was meint Ihr - nur noch was für die Sammlung?

Viele Grüße
Nils

   

   

   

   
Zitieren
#2
Tut die Cassette das auf verschiedenen Geräten? Das Band sieht von der Farbe und Struktur her verdächtig nach Capitol CS aus - was eigentlich für Polydor ungewöhnlich ist, die hatten normalerweise BASF-Bänder, kam bei mir aber auch schonmal so vor. Bei dem Material wird die Oberfläche klebrig, aber nicht so, daß man es beim Umspulen merken würde. Solche Bänder fangen beim Abspielen oft an zu leiern und bleiben dann unvermittelt stehen.

Im Hifi-Forum und bei Tapeheads gibt es Leute, die solche Problembänder mit Silikon behandelt und damit wieder abspielbar gemacht haben. Selbst habe ich das noch nie gemacht, aber mit einem nicht so wichtigen Deck als Abspielgerät wäre es mir den Versuch wert.

Viele Grüße,
Martin
Zitieren
#3
Hallo Martin,

ich wußte doch, daß jemand mit Kenntnissen über Bandtypen der frühen 80er ein paar Gedanken dazu beisteuern kann. Smile Ganz leichtes Kleben könnte es natürlich auch sein, das Verhalten paßt zu Deiner Beschreibung. Und nicht-BASF könnte ja auch sein, da aus UK-Fertigung.

Ich habe es tatsächlich bislang nur in meinem treuen Wohnzimmer-Onkyo laufen gehabt.

Ist halt schade, irgendwann werde ich mir wohl doch mal die LP gönnen müssen, selbstredend ist die deutlich teurer, als es diese Kassette war. Und Originalausgaben auf Kassette haben für mich auch einen speziellen Reiz.

Viele Grüße
Nils
Zitieren
#4
Hallo zusammen,

habe gerade mal in "Tender Object" von der oben genannten Kassette/LP angehört. Ist verdammt cool.
Habe von der Band bis heute noch nichts gehört, von dem Sänger schon...
Werde auch mal nach der LP Ausschau halten (Steht jetzt auf meinem Wunschzettel)

LG Oliver
Zitieren
#5
Gibt es das Album nicht auch in digitaler Form? Wenn die Abmischung dabei nicht verschlimmbessert wurde, kannst Du diese auf eine neue Cassette aufnehmen und danach das Band umtopfen. Ist dann zwar nicht mehr original, aber meiner Meinung nach immernoch besser als ein nicht abspielbares Original.

Mit dem verschweißten Gehäuse erfordert das Umtopfen zwar etwas Geduld, aber es geht. Wichtigste Werkzeuge dabei sind eine Klebeschiene, Klebeband und eine Handkurbel, alternativ ein Stabilo-Filzschreiber. Die beiden Vorspannbänder bleiben im Originalgehäuse. Das alte Magnetband trennst Du vom Vorspann ab, spulst es rüber in ein Leergehäuse, und montierst dann das gute Band mit der neuen Aufnahme ans Vorspannband dran. Es folgt wieder eine Partie manuelles Umspulen vom Gehäuse der neu aufgenommenen Cassette ins Gehäuse der alten Originalcassette, Anmontieren des zweiten Vorspannbandes, fertig.

Viele Grüße,
Martin
Zitieren
#6
Ja, digital habe ich das seit 15 Jahren. Könnte ich vermutlich auch noch mal in besser besorgen. Ob ich aber das geschweißte Gehäuse zerstörungsfrei aufkriegen würde... hmm.

Ich habe auch schon daran gedacht, mir nach dem Vorbild eine Replica zu basteln, vielleicht gefahrloser und u.U. ein unterhaltsames Projekt.

Womit klebst Du Bänder? Sekundenkleber?



(27.07.2021, 18:41)Olivinyl schrieb: Hallo zusammen,

habe gerade mal in "Tender Object" von der oben genannten Kassette/LP angehört. Ist verdammt cool.
Habe von der Band bis heute noch nichts gehört, von dem Sänger schon...
Werde auch mal nach der LP Ausschau halten (Steht jetzt auf meinem Wunschzettel)

Unter nem Fuffi wirst Du sie wohl nicht kriegen. Ja, das war eine der goldenen Indie-Pop-Bands der frühen 80er. Sänger Edwyn Collins hatte in den 90ern noch einmal ein Comeback mit "A Girl Like You". Hör Dir mal "Falling and Laughing" an, ist auch auf dem Album, sooo gut. War auch 1980 die erste Single auf Postcard-Records. Besagte 7" wird inzwischen vierstellig gehandelt. "Rip it up" ist auch klasse.

Ich wollte neulich auch mal meine Go-Betweens-Sammlung (anhören, wenn Du Orange Juice magst) um die Alben ergänzen, die ich nur als CD-Reissues habe. Mist, damit bin ich auch spät dran.

Viele Grüße
Nils
Zitieren
#7
Hallo Nils,

das Gehäuse brauchst Du nicht zu öffnen. Du kannst das Band von einem in ein anderes Gehäuse per Hand umspulen.

Zum Kleben benutze ich das Cassetten-Klebeband aus der BASF-Hobbybox. Das ist im Prinzip das Gleiche wie Tonband-Klebeband, nur schmaler geschnitten und vielleicht etwas dünner. Da Tonband-Klebeband einfacher zu beschaffen ist, kannst Du auch damit kleben. Da brauchst Du dann nur ein Lineal, einen scharfen Cutter und eine ruhige Hand, um den seitlich überstehenden Teil genau an der Bandkante abzutrennen.

In vielen Fällen kann man auch die vorhandenen Klebeband-Stückchen zwischen Vorspann- und Magnetband wiederverwenden. Dazu ziehst Du das Klebeband von der Magnetbandseite her ab und läßt es am Vorspannband dran. Die ersten 1-2 mm, die bei der Aktion etwas verkrumpeln, kann man wegschneiden. Solange noch mindestens 3-4 mm übrig bleiben, ist die Klebekraft meistens noch gut genug, um wieder ein Magnetband festzuhalten. Während der ganzen Aktion muß man allerdings das offene Klebenband-Ende irgendwie schützen. Das geht am besten mit einem sauberen Stück dickerer Kunststoffolie, von der man es leicht wieder abziehen kann. Oder solange an eine glatte Stelle des Cassettengehäuses heften, dann verschwindet das Vorspannband auch nicht versehentlich im verschweißten Gehäuse.

Viele Grüße,
Martin
Zitieren
#8
Danke, klingt ausgefuchst - ich würde es vermutlich aber erst einmal an einer anderen Kassette erproben. Ich habe schon mal Band mit Sekundenkleber ans Vorspannband geklebt. Das hält, ist aber sehr kritisch in der Handhabung. Im Zweifelsfalls saust Du ein wenig Sekundenkleber an die falsche Stelle, merkst es nicht und hast ein Problem. Oder der Klassiker, Du drückst die beiden zusammenzuklebenden Teile zusammen und hast sie gleichzeitig auch fest mit den beiden drückenden Fingern verbunden. Big Grin 

Die Klebebänder aus der Hobbybox dürften aber schon uralt sein, oder? Das klebt noch zuverlässig? Neues Tonband-Klebeband dürfte es auch nicht mehr geben? Ende der 90er gab es das noch, ich habe ja selbst noch damit Bürgerfunk analog geschnitten. Die Bänder waren so oft schon geschnitten und geklebt worden, aber neue waren halt teuer.

Viele Grüße
Nils
Zitieren
#9
Die BASF-Klebebänder sind zum Glück unglaublich langlebig, zumindest ab einem gewissen Baujahr irgendwann Anfang der 70er. Das ältere Material kann schon mal austrocknen oder die Klebeschicht an der Rückseite der nächsten Lage verlieren, in den alten Tonband-Cutterboxen und den ersten Tonband-Hobbyboxen mit rotem Deckel ist manchmal noch solches Klebeband enthalten.

Neues Klebeband in Tonband-Breite sollte es noch geben, zum Beispiel hier unter "Kleben & Schneiden":
https://www.darklab-magnetics.de/zz/index.htm

Viele Grüße,
Martin
Zitieren
#10
Die Lubrication-Variante (https://www.youtube.com/watch?v=ov9frNzqrhU) beginnt mich allerdings auch gerade zu interessieren, zumal ich einen China-"Walkman" (diesen silbernen, der zum Digitalisieren beworben wird) hier habe, dessen einziges hervorstechendes Merkmal darin besteht, auch mit offenem Deckel eine Kassette bewegen zu können ("spielen" kann man das Gejaule nicht nennen). Ich habe, glaube ich, noch irgendwo was anderes liegen, was zu lahm läuft. Damit würde ich den Vorgang erst einmal testen wollen, bevor ich mich an Orange Juice vergreife.

Es ist aber gut zu wissen, daß Klebeband grundsätzlich noch verfügbar ist.

Viele Grüße
Nils
Zitieren
#11
(27.07.2021, 21:33)tk141 schrieb: Die Lubrication-Variante (https://www.youtube.com/watch?v=ov9frNzqrhU) beginnt mich allerdings auch gerade zu interessieren...

Ich habe dieses Verfahren an einer Kassette ausprobiert, die sich so gar nicht mehr bewegen wollte. Allerdings habe ich den Walkman durch eine Bohrmaschine ersetzt. Big Grin Dies war aber nicht meiner Ungeduld geschuldet, sondern der Tatsache, dass ich auf diese Weise gleich zwei Q-Tips einsetzen konnte, weil kein Capstan im Weg war.

Die Dinger sind ja nunmal leider nicht flach gewickelt, sondern oval, was dazu führt, dass eine Seite des Bandes mehr 'geschmiert' wird, als die andere. Also habe ich auf der anderen Seite ebenfalls einen Q-Tip eingesetzt, nur eben von der anderen Richtung.

Als Schmiermittel habe ich Sonax Silikon Spray eingesetzt. Nicht weil ich es für besonders geeignet halte, sonder ganz einfach weil ich es zur Verfügung hatte Blush

Ein Durchgang und ca. eine Stunde Wartezeit haben ausgereicht. Die Kassette läuft nunmehr seit gut einem Jahr wieder wie 'geschmiert' Cool
Zitieren
#12
Ha! Es hat hier jemand ausprobiert. Hast Du auch ein paar Wochen gewartet, wie im Video angesprochen?

Das Praktische ist, daß ich Silikonspray eh immer im Haus habe.

Vielleicht mache ich am Wochenende auch mal erste Versuche mit dieser Technik.

Viele Grüße
Nils
Zitieren
#13
Ein möglicher Fehler, der gerne übersehen wird, ist eine zu stramme Feder hinter dem Andruckfilz. Das hatte ich damals bei mehreren Cassetten.

MfG, Tobias
Strom kann erst dann fliessen, wenn Spannung anliegt.
Zitieren
#14
Bei der Cassette ist an der Stelle gar keine Feder :-) Da steckt nur ein dickes Schaumstoff-Kissen. Das kann bei diesen Polygram- (Philips-) Gehäusen tatsächlich etwas stärkeren Anpreßdruck produzieren als die sonst üblichen Metallfedern. Solange das Band in Ordnung ist, ergeben sich dadurch aber zumindest auf stationären Cassettendecks keine Probleme. Mobile Geräte mit Batteriebetrieb können sich allerdings durchaus etwas schwer tun mit dieser Konstruktion.

Ein anderer Pferdefuß dieser Gehäuse ist, daß sie teilweise überhaupt keine Umlenkrollen besitzen. Da wurde nur die Stelle, an der das Band aus dem Gehäuse herausläuft, etwas verdickt und abgerundet. Deswegen laufen die Gehäuse auch so ruhig - es ist einfach nichts drin, was sich bewegen und dabei rappeln könnte :-) Die mechanische Beanspruchung des Bandes steigt dadurch etwas, und wiederum batteriebetriebene Geräte tun sich mitunter beim Umspulen etwas schwerer, für die exakte Bandführung ist es wohl auch nicht der Weisheit letzter Schluß. Deshalb kehrte Polygram in den 80er Jahren wieder von dieser Sparkonstruktion ab und setzte ordentliche Rollen in die Gehäuse ein.

Viele Grüße,
Martin
Zitieren
#15
(28.07.2021, 06:13)tk141 schrieb: Hast Du auch ein paar Wochen gewartet, wie im Video angesprochen?

Nein. Wie gesagt habe ich gerade einmal eine Stunde gewartet. Zum einen, weil ich mir ehrlich gesagt nicht viel von der ganzen Sache versprochen hatte und zum anderen, weil ich gerade ein Deck auf dem Tisch hatte, bei dem ich sowieso nicht viel hätte kaputt machen können. Umso überraschter war ich, dass alles so gut funktioniert hat.

Ich habe die Q-Tips immer mal wieder ein wenig gedreht. Mach dich außerdem darauf gefasst, das diese kleinen Dinger gerne mal aus ihrer provisorischen Führung rutschen. Vor dem Einsetzen der Q-Tips, solltest du das Band an dieser Stelle etwas herunter drücken damit es eine kleine Kuhle bildet, da ansonsten Knitterfalten drohen.
Zitieren
#16
Die fast perfekte Fälschung...   Wink

LG Oliver

   
Zitieren
#17
Oliver, Du bist schnell! Sehr hübsch! Smile

Viele Grüße
Nils
Zitieren


Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste