Großspulenadapter-Ersatz für Nagra IV
#1
Falls für die Nagra keiner dieser seltenen, teuren Großspulenadapter zur Verfügung steht, kann man notfalls auch zur "polnischen Lösung" greifen (im Gedenken an den genialen Entwickler Stefan Kudelski) Idea

Recht nützlich, wenn man ein Band mit "Nagramaster"-Entzerrung wiedergeben oder aufnehmen möchte, ohne die unterschiedlichen EQ-Kurven extern zu korrigieren. Dieses (CCIR-entzerrte) Band demonstriert das Funktionsprinzip:

Grüße
Peter


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Ich bin, wie ich bin.
Die einen kennen mich, die anderen können mich.
(Konrad Adenauer)
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#2
Unglaublich genial Peter ! Und ein optisches Highlight. Gefällt mir echt gut, die polnische Lösung.  Smile

Grüße, Rainer
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#3
Hallo Peter,
Ich bin begeistert.
Das ist eine absolute "Weltidee". Und dann auch noch mit Bandzugregelung beiderseits der Tonwelle. Du hast einmal wieder an alles gedacht.
Und die außerordentlich, stilvolle Höhenjustage für die Nagra. - Schöner geht es nicht. -

Da kann nicht einmal der Metallschemel vor der T9u  unter dem Laufzeitregler mit den spiddeligen Gewindefüßen mithalten. (s. Bild vom Studio für elektronischen Musik des WDR - 1966)

Viele Grüße
Manfred

   
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#4
(11.06.2021, 16:48)Magnettonmanni schrieb: Da kann nicht einmal der Metallschemel vor der T9u  unter dem Laufzeitregler mit den spiddeligen Gewindefüßen mithalten.

Exakt an den Springerschen Laufzeitregler habe ich auch gedacht, als ich das fertige Konstrukt sah  Cool

   
Grüße
Peter


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(Konrad Adenauer)
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#5
Moin!

Im Hintergrund, vor dem Vorhang (?): Wofür dient diese „Belüftungsanlage“  Wink für Tonbänder? Das ist ja eine meterlange Laufstrecke.

Gruß
Hannes
Meine Elektronik-Kenntnisse: Ich löte nach Zahlen Smile
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#6
(12.06.2021, 13:39)Hannes schrieb:  Wofür dient diese „Belüftungsanlage“  Wink für Tonbänder? 

Hallo Hannes,
Du meinst vermutlich die abenteuerliche Rollenanordnung mit den Tonbandschlaufen hinter den T9u Laufwerken vor dem Vorhang.
Grob überschlägig ergibt sich zwischen den Rollen eine Strecke von ca. 19 Metern. 
Da der Laufzeitregler von Telefonbau & Normalzeit für die T9u nur mit der Geschwindigkeit 76 cm/s lief, dürften in der Schleifenanordnung rund 15 25 s*** Bandspeicherzeit unterzubringen sein. Der Laufzeitregler war in der Lage, die Zeit bei der Abtastung um das Doppelte zu verlängern oder auf die Hälfte zu verkürzen, ohne die Tonhöhe zu verändern. Dadurch waren aber Qualitätseinbußen hinzunehmen. Für normalhörende Rundfunkhörer sind diese kaum "merkbar, wenn die Bandgeschwindigkeit um nicht mehr als  + - 25% bei Musik und + - 40% bei Sprache verändert wird" ("()" Zitat aus der Beschreibung des Laufzeitreglers).  

Wie so oft auf solchen Fotos gibt das eingefädelte Band Rätsel auf. Für mich sieht es so aus, als würde die Schleife neu geladen. Denn vom Vorratswickel der T9u geht es durch den Laufzeitregler, von dort über die rechte Leitrolle der T9u über den Vorratswickel hinweg zur Rollenanordnung. Kommt aus diesem Wirrwarr vermutlich bei der T9u rechts oben wieder heraus und liegt wirr in der Gegend. (Eigentlich würde ich die Schleife rückwärts laden.)

So hinterläßt keine ordentliche Tontechnikerin ihren Arbeitsplatz zum Feierabend oder Schichtende. Es sieht eher so aus, als hätte sich der Fotograf die Sache aufgebaut und kam nicht mehr weiter, denn so kann man die Schleife nicht lauffähig schließen. Wenn man es dann doch mit Gewalt hinbekäme, liefe die Darbietung rückwärts, wenn sie auf dem Vorratswickel vorwärts aufgezeichnet liegt.

 - Otto Klemperer hätte vermutlich gesagt, bei solcher Art Musik würde das überhaupt gar keine Rolle spielen. -

Viele Grüße
Manfred

*** Zeitangabe geändert aufgrund des sehr zutreffenden Hinweises von Peter Ruhrberg s.u.
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#7
(13.06.2021, 14:40)Magnettonmanni schrieb: ca. 19 Meter … 76 cm/s … rund 15 s Bandspeicherzeit.

Mit t=s/v ergeben sich 25 Sekunden, oder?

(13.06.2021, 14:40)Magnettonmanni schrieb: Otto Klemperer hätte vermutlich gesagt, bei solcher Art Musik würde das überhaupt gar keine Rolle spielen.

Einmal hat es nicht einmal der zeitgenössische Hauskomponist bemerkt, dass sein Werk im WDR rückwärts gesendet wurde.

Kleine Anekdote dazu: Nachdem Richard Strauss sich einmal eine Neutöner-Komposition angehört hatte, setzte er sich mit dem Hintern auf die Klaviatur und sagte: "So klingt das."

Was mich wiederum an eine Geschichte aus längst vergangenen Musikhochschul-Tagen erinnert. Wir hatten einen Kommilitonen, der in Gehörbildung so gut war, dass er die kompliziertesten Mehrklänge sofort und fehlerfrei benennen konnte (und das ohne absolutes Gehör).

Aus Verzweiflung oder weil ihn sonstwie der Teufel ritt, setzte sich der Dozent schließlich auf die Klaviatur, doch mein treuherziger Kollege ließ sich nicht beirren und benannte binnen einer Sekunde den tiefsten und höchsten angeschlagenen Ton, sowie denjenigen, der im Cluster fehlte Angel Big Grin

Grüße
Peter
Grüße
Peter


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(Konrad Adenauer)
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#8
Hallo Manfred und Peter,

danke für die Erläuterungen und die amüsanten Ergänzungen Smile

Verstehe ich das so richtig, dass

a) es sich um zwei separate Vorrichtungen handelt
b) die zahlreichen Umlenkrollen beweglich gelagert sind, um je nach Dehnung oder Stauchung  konstant mehr oder weniger Bandmaterial aufnehmen oder abgeben zu können?

Viele Grüße

Hannes
Meine Elektronik-Kenntnisse: Ich löte nach Zahlen Smile
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#9
Hallo Peter,
vielen Dank für den Hinweis auf den kapitalen Fehler in der Zeitangabe. (In meiner Mathematik wären 3+3=5 aber reichlich).

Ich habe einige Zeit gebraucht um die Lachanfälle gegen Null gehen zu lassen. - Einfach köstlich. -
Klemperer und Knappertsbusch haben ja Sachen rausgelassen, hammerhart.

Ganz großes Dankeschön für Deinen Beitrag.

Viele Grüße
Manfred
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#10
Hier gibt es einen kleinen Hinweis:
https://tonbandforum.de/showthread.php?t...7#pid48797

Und da ein paar Bilder vom wiederaufgebauten Studio:
https://tonbandforum.de/showthread.php?t...8#pid74668

Irgendwo muss noch eine CD mit weiteren Aufnahmen liegen.

Gruß
Michael
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#11
(13.06.2021, 16:17)Hannes schrieb: Verstehe ich das so richtig, dass
a) es sich um zwei separate Vorrichtungen handelt
b) die zahlreichen Umlenkrollen beweglich gelagert sind, um je nach Dehnung oder Stauchung  konstant mehr oder weniger Bandmaterial aufnehmen oder abgeben zu können?

Genau so ist es.
Grüße
Peter


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(Konrad Adenauer)
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#12
Hallo Hannes,
nicht ganz. Die Rollen können verschiebbar angeordnet sein um die Bandlänge bzw. die Laufzeit der Endlos-Schlaufe unterschiedlichen Gegebenheiten anpassen zu können. Das ist hier sogar zu vermuten.

Die Zeitraffung oder Dehnung passiert aber in dem Kasten auf dem Schemel.
Die folgende Beschreibung ist aus einem Fachbuch, dessen Signatur der Staatsbibliothek von mir vor 45 Jahre auf der einzigen bie mir erhaltenen Kopie vermerkt worden ist.

   

Die sichtbare Verbindungsbrücke zum Kopfträgeranschluß der T9u liefert die NF-des Laufzeitreglers in den Wiedergabeverstärker-Eingang der T9u. (Der abgebaute Kopfträger liegt auf den Abbildungen jeweils links neben dem Laufwerk). Das gedehnte oder gestauchte NF-Signal mußte dann mit der zweiten Maschine aufgenommen werden.Als Beispiel: Beiträge von 1 Stunde, von denen die Nachrichten abgezogen werden mußten, bei denen man aber kein Wort mehr herausschneiden konnte. Gern wurde der Apparat auch beim Film benutzt.

Höchstwahrscheinlich kann Peter Ruhrberg aus seinem unerschöpflichen Fundus die Originalunterlagen des Laufzeitreglers zu Tage fördern.

Wir geben ja die Hoffnung nicht auf.

Viel Grüße
Manfred
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#13
Eine Laienfrage: Ist dieser Laufzeitregler von der Funktion her der Vorläufer der „Varispeed“ oder doch etwas ganz anderes.
Gerhard
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#14
(13.06.2021, 19:15)Sonicman schrieb: Eine Laienfrage: Ist dieser Laufzeitregler von der Funktion her der Vorläufer der „Varispeed“ oder doch etwas ganz anderes.

Man kann es als Varispeed benutzen, wenn der rotierende Kopf stillsteht. Das gab es aber zu der Zeit bereits (Synchronmotor mit Tongenerator und Leistungsverstärker).

Der eigentliche Vorteil besteht darin, die Tonhöhe zu ändern, während die Spielzeit gleich bleibt, oder die Spielzeit bei unveränderter Tonhöhe zu verändern, oder beides gleichzeitig.

Das konnte schon der militärische Tonschreiber Berta, z.B. um Schnelltelegrafie abhören und abschreiben zu können. Eduard Schüllers Patent dazu wurde im August 1939 eingereicht, eine Woche vor dem deutschen Überfall auf Polen (siehe Anhang).

Ein Bild des demontierten sog. Dehnerkopfs:

   

Der vormalige RRG-Ingenieur Anton Springer hat für seinen "Magnetton-Laufzeitregler" diese Idee in den 1950er Jahren bei der AEG-Beteiligungsgesellschaft "Telefonbau & Normalzeit" weiterentwickelt. Details u.a. in Friedrich Engel "Zeitschichten" IV S. 165.

Springers eigene Beschreibung findet sich u.a. in den "Gravesaner Blättern", siehe Anhänge. Seine grundlegenden Ausführungen in "Acustica" (1955 Heft 5 S. 279) habe ich leider nicht, doch seine Patente sind beim DPMA einsehbar, z.B.: https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/de...&xxxfull=1

PS. Der Buchausschnitt in #12 ist aus Johannes Webers' Klassiker "Tonstudiotechnik". Ein ähnlicher Beitrag findet sich in Fritz Winckels "Technik der Magnetspeicher" (1960, S. 266 ff).


Angehängte Dateien
.pdf   US000002352023A Schüller - Sound Reproducer.pdf (Größe: 230.95 KB / Downloads: 16)
.pdf   Gravesaner Blätter - Jahrgang III - Heft 11-12.pdf (Größe: 1.6 MB / Downloads: 14)
.pdf   Gravesaner Blätter - Jahrgang IV - Heft 13.pdf (Größe: 903.37 KB / Downloads: 11)
Grüße
Peter


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#15
Hallo Peter,
ich hätte wieder wetten sollen und hätte wieder gewonnen. 
Du weißt in meinen Unterlagen besser Bescheid als ich selbst. Das war mir von vornherein sonnenklar. 
 - Du hast das Zeug zu dem Satz: "N. N. (z.B. Schüller oder Schiesser etc.) zitiert sich falsch, wenn er schreibt..."  -
Nun könnte ich hier wie vorhin wieder zu spät auftauchen, weil ich erst alles speichern und sichten mußte. Das ist ja wohl ein typisch zwanghaftes Verhalten. Ich habe es aber nur bei Deinen Literaturhinweisen. Es ist immer wieder unglaublich, aber sehr schön. Ich genieße es in vollen Zügen.

Zu dem englischen Text des Schüllerpatentes:
Ist das eine Übersetzung von nach dem Krieg, oder eine Patentanmeldung von Ede Schüller in den USA von 1939? Das wäre ja ein Riesenknaller.

Viel Grüße
Manfred

Puuuh, doch noch geschafft !!!
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#16
(13.06.2021, 21:49)Magnettonmanni schrieb: Ist das eine Übersetzung von nach dem Krieg, oder eine Patentanmeldung von Ede Schüller in den USA von 1939? Das wäre ja ein Riesenknaller.

Schüller hat das Patent am 23.8.1939 eingereicht ("filed"), es wurde am 20.6.1044 ausgegeben.
Grüße
Peter


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#17
Hallo Peter,

vielen Dank für die interessanten Dateien aus deinem Archiv. Bei deinem letzten Beitrag hat sich ein Tippfehler eingeschlichen, 20.6.1044 soll vermutlich 20.6.1944 heißen.

MfG, Tobias
Strom kann erst dann fliessen, wenn Spannung anliegt.
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#18
(12.01.2024, 01:15)bitbrain2101 schrieb: 20.6.1044 soll vermutlich 20.6.1944 heißen.

Natürlich, nur korrigieren kann ich jetzt nicht mehr. Danke für den Hinweis!
Grüße
Peter


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