Modellierung der TB-Wiedergabe
#1
Liebe Gemeinde,

ich wollte aus verschiedenen Gründen mit dem Wiedergabeverstärker der B77 Frequenzganguntersuchungen simulieren. Dass dabei etwas Brauchbares herauskommt, braucht man am Wiedergabekopf einen Frequenzgang, der der Wiedergabe eines Bezugsbandes am realen Tonkopf entspricht. Da hatte ich ja eine tolle Idee [Bild: sad.png].

OT:
HEUREKA!
So ähnlich muss sich Pythagoras gefühlt haben, als er beobachtete, wie seine Badewanne beim Einsteigen überlief und ihm aufging, dass er so den betrügerischen Goldschmied des Königs überführen konnte. Am Ende verstand er noch den Auftrieb und revolutionierte damit den Schiffbau ..

Im April '20 habe ich meine erste Simu gemacht. Dieses Projekt jetzt war die bisher härteste Nuss.
Der Knackpunkt war, wie bekommt man den Amplituden-Frequenzgang des Band-Kopf-Systems da rein?
Frequenzgänge kann man in LTSpice leicht mit Ersatzschaltungen aus R, L, C realisieren. So bekommt man z. B. leicht Modelle für die Bezugsbänder hin, da diese mit RC-Zeitkonstanten spezifiziert sind.
Das Band-Kopf-System und mehr werden sehr schön beschrieben in "Peter van Bommel: Die Entzerrung in der magnetischen Schallaufzeichnung". Auch alle notwendigen Formeln für eine Modellierung finden sich. Leider lassen sich diese Formeln nicht mit R-L-C - Schaltungen abbilden.
In LTSpice stehen alle gängigen mathematischen Funktionen zur Verfügung, um Kennlinien oder ein Zeitverhalten zu modellieren. Leider gibt es das offenbar nicht für den Frequenzbereich! Das einzige was es gibt, sind einige wenige Komponenten wie die "arbitrary behavioral voltage source", der man einen Vektor aus Tripeln (Frequenz, Dämpfung, Phase) übergeben kann. In meinem Beispiel sind das 400 Tripel (je 100 für vier Dekaden von 10Hz...100MHz). Das gibt eine lausige B - Note aber die A - Note ist eine 6,0! Das sieht, wenn man es erst mal hingekriegt hat, ganz einfach aus. Ohne tagelanges Gurgeln? - keine Chance.
Nun braucht es nur noch die Werte-Tripel für den Frequenzgang. Die rechnet Excel gerne aus, das frisst jede Formel. Und mit notepad++ ist das auch bald in die benötigte Form gebracht.

Als Neurentner und im Winter (im ungeheizten Bastelkeller ist es zu kalt) habe ich mir mal die Zeit genommen.
Ansonsten: I´M THROUGH WITH IT! Auch in seiner Zweideutigkeit: Es ist fertig geworden UND es ist jetzt aber auch genug. Nur gut, dass alle Haare schon vorher grau waren.
Hat sich das gelohnt? Für mich auf alle Fälle. Neben der Möglichkeit, jetzt am Modell alles Mögliche ausprobieren zu können, habe ich dabei auch die TB-Wiedergabe bis ins letzte Detail verstehen gelernt (glaube ich). So weiß ich jetzt viel besser, wo man bei Fehlern suchen muss, was man wo vielleicht optimieren kann und was man nicht verändern sollte.
OT - Ende

Wer an einem TB-Wiedergabeverstärker modellieren möchte, wird das folgende gerne lesen.
ABER auch wer nie modellieren möchte, sollte sich die Zeit vielleicht nehmen. Denn nebenbei erfährt man einiges zu den Themen Band-Kopf-System, Bezugsband, Wiedergabe-Entzerrung. Ich versuche, mich so kurz und verständlich wie möglich zu halten.

Die Aufgabe der Entzerrung eines Wiedergabeverstärkers besteht darin, die vom Frequenzgangteil eines Bezugsbandes in den Wiedergabekopf induzierte Spannung mit linearem Frequenzgang auszugeben.
Es gibt dabei zwei Dinge zu entzerren:
1. den genormten Frequenzgang des Bezugsbandes
2. den Frequenzgang des Band-Kopf-Systems, d.h. die "Fehler", die bei der Induktion durch den Magnetfluss des Bandes in den Kopf entstehen.

zu 1.:
Ein Bezugsband BB19H (19,05cm/s Heim-Norm, d.h. NAB) z.B. hat zwei Zeitkonstanten: Eine Tiefenanhebung ab τ1=3180µs (50,05Hz) und eine Höhenabsenkung ab τ2=50µs (3183Hz). Warum? Das wäre ein nächstes Thema ...
Das sieht so aus:
   

zu 2.: (ausführlich im Buch, s.o.)
Das Band-Kopf-System ist wesentlich durch drei Phänomene gekennzeichnet:
1. Der ω-Gang.
Aus dem Induktionsgesetz folgt, dass die induzierte Spannung linear proportional mit der Frequenz steigt. Also, mit 200Hz wird doppelt soviel Spannung erzeugt, wie mit 100Hz.
2. Die Bandflussdämpfung DΦ
Sie setzt sich aus zwei Teilen zusammen.
Der wesentliche Teil ist die Schichtdickendämpfung Dd. Diese führt zu einem Höhenabfall, wenn die Wellenlänge auf dem Band in die Größenordnung der Magnetschichtdicke des Bandes kommt. Sie hängt also NUR von der Bandgeschwindigkeit und der Schichtdicke des Bandes ab! Nicht vom Bandmaterial oder sonst was. Da gibt es also in der Praxis keine relevanten Toleranzen und demnach auch nichts abzugleichen! Daraus folgt aber auch, dass andere Banddicken einen anderen Frequenzgang haben. Verwendet man also Doppelspielband und Langspielband, bräuchte man eigentlich eine umschaltbare Entzerrung (im Aufnahmeverstärker).
Wesentlich schwächer wirkt sich die Abstandsdämpfung Da aus, zu vernachlässigen ist sie aber nicht. Sie führt zu einem Höhenabfall, wenn die Wellenlänge auf dem Band in die Größenordnung des Abstandes des Bandes zur Tonkopfoberfläche kommt. Ich habe zu diesem Abstand keine Angaben gefunden. Ich habe deshalb in meinem Excel-Sheet so lange dran "gedreht", bis die entstehende Kurve möglichst genau so aussah, wie die entsprechende Kurve im genannten Buch.
3. Die Spaltbreitendämpfung DS
Diese führt zu einem Höhenabfall, wenn die Wellenlänge auf dem Band in die Größenordnung der "effektiven Spaltweite" des Wiederkopfes kommt und verläuft dort sehr steil. Wenn die effektive Spaltweite gleich der Magnetwellenlänge ist, kommt es sogar zur Totalauslöschung! (Das kann man dazu nutzen, sie zu messen. Wenn es in meinem Bastelkeller wieder wärmer ist, werde ich das mal tun.) Bei Bandgeschwindigkeiten ≤ 19,05cm/s stellt die Spaltbreitendämpfung das Hauptproblem dar. Die "effektive Spaltweite" ist  lt. Literatur ca. 15...20% größer als die mechanische. Die wirksame Spaltbreite vergrößert sich übrigens rasant mit geringfügigster Schrägstellung des Kopfes. Hier kann man gar nicht pingelig genug sein!
Auch hier ist die einzig mögliche Toleranz die der Kopfspaltbreite. Wenn man hofft, dass die Kopfhersteller diese Toleranz vernachlässigbar im Griff hatten, gibt es auch hier nichts abzugleichen!

Schön sehen kann man all das in diesen Excel-Grafiken:

19cm/s, 2µm Kopfspalt, Langspielband:
   

dto., 9,5cm/s:
   

Das Excel-Sheet befindet sich im Anhang. Da kann jeder selbst mit Bandgeschwindigkeit, Kopfspaltbreite und Schichtdicke spielen. So bekommt man ein gutes Gefühl für die Problematik.

Den Gesamtfrequenzgang des Band-Kopf-Systems zeigt die Kurve "ω+DEMK". Der Wiedergabeverstärker muss also mit der reziproken Kurve "ω+DEMK-Entz." entzerren. Wie Anfangs OT gesagt, habe ich mir die Arbeit mit Excel nicht dieser Grafiken wegen gemacht, sondern um mir den EMK-Frequenzgang auszurechnen, den ich für das Modell brauche. Die Grafiken sind quasi mit abgefallen.
Zusätzlich muss der Wiedergabeverstärker noch den Frequenzgang des Bezugsbandes durch eine reziproke Entzerrung kompensieren.

Wie wir später sehen werden, wird im Wiedergabeverstärker der B77 die Entzerrung in zwei Netzwerke aufgeteilt. Ein RC-Netzwerk entzerrt den ω-Gang und das Bezugsband. Das ist der simple Teil. Übrig zum Entzerren bleibt DEMK. Das ist der komplizierte Teil. Deshalb habe ich die Kurve "DEMK-Entzerrung" noch explizit ins Diagramm mit aufgenommen.

Diese Theorie vorab musste leider sein, sonst versteht man das Folgende nicht. Aber jetzt kommt Butter bei die Fische, wir simulieren.

Hier die Gesamtschaltung:
   

Im Block "EMK" wird der Frequenzgang des Band-Kopf-Systems realisiert und liegt an den Ausgängen "EMK19.05" bzw. "EMK9.525" an. (Die anderen brauchte ich zum debuggen und "forschen".) Das war der schwierige Teil des ganzen Projekts. Hier stecken die Werte drin, die ich mir mit Excel errechnen musste.
Im Beispiel wird das Signal "emk19" zum Block "BB" geführt. Hier stecken die Frequenzgänge folgender Bezugsbänder drin:
- BB19H: 19,05cm/s Heim-Norm (NAB): 3180µs, 50µs
- BB19S: 19,05cm/s Studio-Norm (CCIR): 70µs
- BB9.5 :  9,525cm/s: 3180µs, 90µs
Im Beispiel wird das Signal "bb19h" zum Block "HiZ" geführt. In "HiZ" steckt eine Spannungsmodulierte Stromquelle, um die Generatorspule "Lgen" möglichst hochohmig zu treiben. (Die Begründung dieser Notwendigkeit folgt weiter unten.)
"LWK" als Sekundärspule des Trafos stellt den Wiedergabekopf dar. Dieser Eingangstrafo ist notwendig, da der B77-WVV erdfrei gespeist werden muss. Und seine Induktivität wird auch noch gebraucht ...

OT:
Im SM zur B77 steht: "Der Wiedergabekopf ist an die Eingangsstufe DC-gekoppelt." Das ist eine glatte Marketing-Lüge. Am heißen TK-Anschluss sieht das ja auch so aus. Aber der Tonkopfstrom muss durch B, E von T1 und von dort zurück zum kalten TK-Anschluss. Und dieser Weg führt über RE1 nach Masse und von da über den riesigen C1 zum TK zurück. Das ist ja o. k. so, ohne mindestens eine negative Betriebsspannung kann man nichts auf Masse-Niveau DC-gekoppelt einspeisen. In der A700 sieht man eine wirkliche DC-Einkopplung. Mit OpAmps ist das aber auch Pflicht!
OT Ende

So jetzt sind wir endlich im WVV der B77! Ich habe die Bauelemente so benannt, dass sie auf ihre Funktion hinweisen. Dann findet man sie schneller.
Ich simuliere als erstes mal ohne DEMK, Wir haben dann noch drin den ω-Gang und das Bezugsband. Dazu führe ich "omega" vom Block "EMK" zum Eingang von Block "BB". Der Rest bleibt (fast) wie gehabt. Ein extra Bild kann ich mir deshalb hier sparen. Und ich nehme Co, die Resonanzkapazität für den TK raus. Warum sehen wir später.
Warum das Ganze? Das RC-Netzwerk zwischen C2~ und E1 zusammen mit RE1 realisiert nämlich genau die Kompensation des ω-Gangs und des Bezugsbands. Das ist der einfache Teil und heraus kommen sollte ein Frequenzgang wie ein Strich!
Voilà:
   

-1dB bei 20Hz und >20kHz. Das kann man so stehen lassen, gelle?

So jetzt kommt der Moment, wo der Elefant das Wasser lässt. Wir wollen ´s wissen, stellen den oben gezeichneten Originalzustand wieder her (BB wird mit emk19 gespeist und Co kommt wieder rein).

Hier noch eine kurze Begründung für den Block "HiZ": LWK und Co sollen resonieren. Dazu darf LWK nicht durch die Quellimpedanz von Lgen bedämpft werden. Da Lgen seinen Quellwiderstand nach LWK transformiert, muss der Quellwiderstand für LWK möglichst groß sein. (Realisiert wurde das durch eine spannungsmodulierte Stromquelle.)

Schauen wir mal, wie die Kompensation von DEMK gelingt:
   

Hmm, das sieht auf den ersten Blick nicht so prickelnd aus! Am unteren Ende bleibt alles wie gehabt - klar, da gibt es kein DEMK. Aber -10dB bei 10kHz wollen wir eigentlich nicht haben!
Aber auf den zweiten Blick ist der Fehler recht gering. Bei 1kHz beginnt ein langsamer aber stetiger Abfall, der sich bis 10kHz zu -10dB aufsummiert.
Was nun? Es gibt zwei Möglichkeiten:
1. Es ist wirklich so. Das traue ich aber REVOX wirklich nicht zu!
2. Im Modell steckt ein Fehler. Und wenn ich daran denke, wie ich die EMK hier zusammengebastelt habe, z.B. Da nach Aussehen geschätzt, die "effektive Kopfspaltbreite" auch nicht genau bekannt ...

Nur um zu zeigen, wie klein der Fehler ist, habe ich mit Ckorr und Rkorr ein Korrekturglied ausprobiert: Eine Anhebung mit einer fG von 3215Hz, die bei 11659Hz endet. Das sieht dann so aus:
   

Ja, so hätten wir es gern!! Aber wie gesagt, ich denke, diese Korrektur gehört in den Block EMK.

Was habe ich bis hier schon gelernt? [Bild: lightbulb.png]

Nicht wirklich so bewusst war mir bisher die Auftrennung der Entzerrung in den Teil 1 für den ω-Gang und das Bezugsband mittels RC-Netzwerk und den Teil 2 für den EMK-Verlauf. Und das letzterer nur mit einem Schwingkreis passender Resonanzfrequenz und Güte kompensiert wird. Das ist schon erstaunlich. Während es für Teil 1 einen exakten mathematischen Zusammenhang gibt, sehe ich den für Teil 2 nicht. Aber wenn es so passt, ist alles prima.

Schon beim ersten Ansehen habe ich mich über den riesigen C1 gewundert. Aber wenn man eine Simu hat, kann man ja mal mit spielen. Und siehe, mit C1=1mF beginnt eine Überhöhung von 0,5dB bei 60Hz, mit C1=100µF gibt es +3dB bei 160Hz. Dazu würde ein R=10Ohm passen. Den sehe ich aber nirgendwo. Also ich weiß nun immer noch nicht warum, aber aus Frequenzganggründen ist 1.6mF offensichtlich notwendig. Und 4.7mF wären das absolute sinnvolle Maximum, dann ist es bis 10Hz horizontal.

Wie nun weiter? Jetzt kommt, ja echt, Lenin ins Spiel: "Die Praxis ist das Kriterium der Wahrheit!" D. h. ein Bezugsband muss über die Maschine geschickt und vermessen werden. Dazu brauche ich zweierlei: Ein BB19H und einen wärmeren Keller. Dann melde ich mich wieder.

In rust we trust!
Frank

P.S.: Das Innenleben der Blöcke EMK, BB und HiZ habe ich hier aus Platzgründen nicht gezeigt. Das interessiert aber wohl auch nur diejenigen, die selber simulieren wollen. Und die finden sie in den LTSpice-Dateien, die ich auch anhänge.

EDIT: Für das Spice-Modell und das Excel-Sheet gibt es in #41 aktualisierte, verbesserte Versionen.


Angehängte Dateien
.zip   B77.ReproduceAmp_Spice.zip (Größe: 377.93 KB / Downloads: 10)
.xls   EMK.xls (Größe: 259 KB / Downloads: 10)
In Rust We Trust!
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#2
(15.01.2021, 23:22)DropOut schrieb: In LTSpice stehen alle gängigen mathematischen Funktionen zur Verfügung, um Kennlinien oder ein Zeitverhalten zu modellieren. Leider gibt es das offenbar nicht für den Frequenzbereich! Das einzige was es gibt, sind einige wenige Komponenten wie die "arbitrary behavioral voltage source", der man einen Vektor aus Tripeln (Frequenz, Dämpfung, Phase) übergeben kann. 
Das ist nicht richtig.
Bei den "Arbitrary Behavioral Voltage or Current Sources" kann man mit der Option "laplace=<expression> beliebige Frequenzgänge als Laplace-Transformierte einer Steuergröße angeben. Das ist im letzten Abschnitt der Hilfe-Funktion zu B-Komponenten erläutert.
Das geht auch genau so bei Spannungs-gesteuerten Spannungsquellen E und Stromquellen G.
Ich glaube, es gibt auch Beispiele dazu.
Ich habe es selbst schon verwendet, um zB Bewertungsfilter, die über einen Frequenzgang definiert sind, so zu implementieren.
Beispiel:
------------
* A_Filter.cir
* nach https://en.m.wikipedia.org/wiki/A-weighting
.subckt A_Filter In+ In- Out+ Out-
E1 Out+ Out- In+ In- Laplace=7.39705e9*s^4/((s+129.4)^2*(s+676.7)*(s+4636)*(s+76655)^2)
* 20.6 Hz, 107.7 Hz, 737.9 Hz, 12.194 kHz
.ends
----------
Diesen cir-File kann man einem "auto-generated symbol" mit 2-Pin Eingang und 2-Pin Ausgang zuordnen und hat dann einen A-Bewertungsfilter 4-Pol, der sich wie eine gesteuerte Spannungsquelle verhält.

MfG Kai
Nachtrag: mit dem Befehl "findstr /s /i laplace *.cir *.asc" in einem cmd-Window auf dem Basis-Directory, das alle asc/cir-Files und Beispiele enthält, findet man alle, in denen das Laplace Statement verwendet wird.
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#3
Super Beitrag, unbedingt weiter machen, mich interessiert es sehr!
VG Jürgen
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#4
(15.01.2021, 23:22)DropOut schrieb: Ich habe zu diesem Abstand keine Angaben gefunden.

Dieser schwankt auch erheblich, je nach Oberflächenrauigkeit des Bandtyps. Vor allem macht er sich bemerkbar im starken Höhenverlust, wenn Schmutzteilchen zwischen Band und (Aufnahme- und/oder Wiedergabe-)Kopfspalt geraten. Gerade in diesem Punkt sind dicke Bänder bei geringen Spurbreiten eher kritisch zu bewerten, da dünne Bänder sich um eventuelle Staubteilchen, Bandabrieb etc. "drumherum" schmiegen können und größere Spurbreiten es zudem erleichtern, Staubteilchen quasi zu überhören.

***

Als Hersteller von Messbändern mit Bezugsbandtoleranzen muss ich einen weiteren Faktor berücksichtigen, der im übrigen praktischen Betrieb kaum eine Rolle spielt: die Eisenverluste des Wiedergabekopfs.

***

Die erste Nullstelle eines Wiedergabekopfes zu ermitteln war ein Vergnügen besonderer Art für mich, weil bei einer Breite der Spalteinlage von 3 µm (Herstellerangabe) die Bandgeschwindigkeit auf 6,35 cm/s abgesenkt werden muss, damit die Nullstelle noch so eben in den Übertragungsbereich fällt:

[Bild: WC-30-3-Nullstelle-a.jpg]

Aus dem Minimum bei 19180 Hz errechnet sich die effektive Spaltbreite zu 3,31 µm. Um genügenden Bandfluss zu erreichen, damit die Nullstelle nicht komplett im Rauschen untergeht, musste ich bei diesem Experiment auf EE-Band (CrO2) aufzeichnen und obendrein den Bias auf maximalen Output bei 20 kHz justieren (d.h. gegenüber der Standard-Einmessung stark vermindern).

Grüße
Peter
Grüße
Peter


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Die einen kennen mich, die anderen können mich.
(Konrad Adenauer)
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#5
Demnach müßten Cassetten-Recorder Spaltbreiten von höchsten 2 µm verwenden, um auf eine erste Nullstelle von mindestens 24 kHz zu kommen.
Was ist Standard bei Cassetten-Recordern und warum haben sich diese kleineren Spaltbreiten nicht bei Tonbandgeräten durchgesetzt ?
Steigt dadurch die Schmutz-Empfindlichkeit infolge geringerer "Empfangstiefe" ?

MfG Kai
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#6
Hallo Kai,

leider weiß ich aus dem Ärmel auf deine Fragen keine Antwort. Ich weiß nur aus der Erinnerung, dass bei geringen Spaltbreiten die Forderung exakter Geradlinigkeit und Parallelität beider Spaltkanten über die gesamte Spaltlänge fertigungstechnisch deutlich schwieriger zu erfüllen war.

Zur Abhängigkeit der Schichtdickendämpfung von der Wellenlänge fällt mir ein, dass bei 38 cm/s und einer Schichtdicke von 13 µm - für Rundfunkbänder ein mittleres Maß - die Dämpfungskurve der (elektrisch deutlich leichter nachzubildenden) Entzerrungskurve für 35 µs bis auf 1 dB Abweichung exakt entspricht. Dies ist beileibe kein Zufall, denn unsere tontechnischen Vorfahren konnten auch rechnen:

[Bild: Schichtdickend-mpfung-f-r-13-m-vs-Wieder...g-35-s.jpg]

Grüße
Peter
Grüße
Peter


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#7
Vielleicht kann dieser Artikel Marcel Siegenthalers (Studer/Revox) von 1974 etwas Licht auf die Genauigkeitsanforderungen bei der Magnetkopfherstellung werfen:

https://we.tl/t-PfPzr6aIA2

Grüße
Peter
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Peter


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#8
Liebe Gemeinde,

vielen Dank für die Blumen, sprich die interessierte Kenntnisnahme!

Zitat Kai:
Zitat:Demnach müßten Cassetten-Recorder Spaltbreiten von höchsten 2 µm verwenden, um auf eine erste Nullstelle von mindestens 24 kHz zu kommen.
Was ist Standard bei Cassetten-Recordern und warum haben sich diese kleineren Spaltbreiten nicht bei Tonbandgeräten durchgesetzt ?
Steigt dadurch die Schmutz-Empfindlichkeit infolge geringerer "Empfangstiefe" ?
Irgendwo in diesem Forum habe ich von japanischen Glasferrit (?) Köpfen für Spulengeräte mit 1µm mechanischer Spaltweite gelesen. Für die obere Grenzfrequenz ist das natürlich prima und für hochqualitative Cassettengeräte musste man sich wohl in diese Richtung bewegen. Ansonsten weiß ich herzlich wenig von Cassettengeräten.

Warum nicht so schmale Spalte für Spulengeräte? Gab es wohl durchaus (s.o.), REVOX gibt für die Wiedergabeköpfe für A77/B77/A700/PR99 ... 2µm mechanische Spaltbreite an. Ich denke, das war technologisch anspruchsvoll genug, noch dazu, wenn man geringe Toleranzen einhalten wollte, was sehr notwendig ist. Sinkt mit der Spaltbreite vielleicht auch der "Wirkungsgrad", d.h. die induzierte Spannung bei gegebenem Magnetfluss bei unkritischen Wellenlängen??? Ich weiß es NICHT, könnte es mir aber vorstellen.

Zitat Peter:
Zitat:Als Hersteller von Messbändern mit Bezugsbandtoleranzen muss ich einen weiteren Faktor berücksichtigen, der im übrigen praktischen Betrieb kaum eine Rolle spielt: die Eisenverluste des Wiedergabekopfs.
Im genannten Buch (aus dem Jahre 1973!) steht: "Bei den moderneren Magnetköpfen sind sie ... praktisch zu vernachlässigen".

Ich hatte die Hoffnung, dass sich hier einer meldet, der die Nullstelle eines 2µm Revox-Kopfes schon mal gemessen hat. Bei 9,5cm/s müsste sie bei ca. 40kHz liegen. Wenn nicht, wollte ich mich (bei warmem Keller [Bild: biggrin.png]) selber dran versuchen. Könnte schwierig werden [Bild: confused.png]. Wäre eine dankbare Aufgabe für den Besitzer einer Low Speed Version! Oder hat die andere Köpfe?

Bleibt neugierig
Frank
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#9
... hab was vergessen:
@Kai:
Zitat:Das ist nicht richtig.

Bei den "Arbitrary Behavioral Voltage or Current Sources" kann man mit der Option "laplace=<expression> beliebige Frequenzgänge als Laplace-Transformierte einer Steuergröße angeben.
Ja, das habe ich auch gesehen und mir gedacht "da könnte was gehen". Da war mal was im Studium ...  ziemlich lange her.
Glatte Ausrede, waren wohl nicht meine besten Tage, als das kam.
Wenn der Winter noch lange kalt bleibt, schaue ich da vielleicht noch mal rein - ohne jede Erfolgsgarantie.

Naaamd
Frank
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#10
Die effektive Spaltbreite ist idR mindestens 10% größer (bis ?20%?) als die geometrische Spaltbreite.
Mit der Vari-Speed Option kannst du auch eine B77 (oder A77 MKIV) viel langsamer laufen lassen.
Die "armen" Besitzer einer A807 müssen laut "Studer_Head_Catalog" mit 3 µm geometrischer Spaltbreite zurechtkommen.

MfG Kai
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#11
(16.01.2021, 18:28)DropOut schrieb: Sinkt mit der Spaltbreite vielleicht auch der "Wirkungsgrad", 

Natürlich ist das so, die Effizienz sinkt mit der Splatbreite. Ein Gerät mit 19/38 cm/s würde zb. (unsinnige) Bandbreite gewinnen aber (wichtige) Dynamik verlieren.

Gruß Ulrich
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#12
Vari Speed, das isses! Manchmal sieht man den Wald vor Bäumen nicht.
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#13
(16.01.2021, 18:28)DropOut schrieb: Im genannten Buch (aus dem Jahre 1973!) steht: "Bei den moderneren Magnetköpfen sind sie ... praktisch zu vernachlässigen".

Buch und Zitat sind mir bekannt. Auf S. 40 listet van Bommel in Tabellenspalte 3 auch die für eine Bezugsbandherstellung zu berücksichtigenden Eisenverluste, die bei 18 kHz 0,7 dB betragen.

Wie gesagt, für die Messbandproduktion durchaus zu berücksichtigen, für den alltäglichen Betrieb jedoch irrelevant, da diese frequenzabhängigen Verluste gemeinsam mit den wellenlängenabhängigen im Wiedergabeverstärker ausgeglichen werden.

Grüße
Peter
Grüße
Peter


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#14
(15.01.2021, 23:22)DropOut schrieb: [...]
- BB19H: 19,05cm/s Heim-Norm (NAB): 3180µs, 50µs
- BB19S: 19,05cm/s Studio-Norm (CCIR): 70µs
- BB9.5 :  9,525cm/s: 3180µs, 50µs
[...]
Moinmoin Peter,
kleine Korrektur:
Die Höhenentzerrung bei 9,5cm/s beträgt 90µs, nicht 50.
Nur dass deine Kurven nachher noch stimmen ^^

Guat's Nächtle,
Kabelsalat. :3
Ich bin alleinstehend. Aber nicht nachts - da leg ich mich hin. Big Grin
---
Aufnahmen bestätigen die Pegel Big Grin
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#15
(16.01.2021, 18:28)DropOut schrieb: Liebe Gemeinde,

vielen Dank für die Blumen, sprich die interessierte Kenntnisnahme!

Irgendwo in diesem Forum habe ich von japanischen Glasferrit (?) Köpfen für Spulengeräte mit 1µm mechanischer Spaltweite gelesen. Für die obere Grenzfrequenz ist das natürlich prima und für hochqualitative Cassettengeräte musste man sich wohl in diese Richtung bewegen. Ansonsten weiß ich herzlich wenig von Cassettengeräten.

Warum nicht so schmale Spalte für Spulengeräte? Gab es wohl durchaus (s.o.), REVOX gibt für die Wiedergabeköpfe für A77/B77/A700/PR99 ... 2µm mechanische Spaltbreite an. Ich denke, das war technologisch anspruchsvoll genug, noch dazu, wenn man geringe Toleranzen einhalten wollte, was sehr notwendig ist. Sinkt mit der Spaltbreite vielleicht auch der "Wirkungsgrad", d.h. die induzierte Spannung bei gegebenem Magnetfluss bei unkritischen Wellenlängen??? Ich weiß es NICHT, könnte es mir aber vorstellen.

Bleibt neugierig
Frank
Zumindest für die B77 4.75 Low Speed gibt es einen WK mit 1.4 µm Spalt.
[Bild: b1hyBmmtLAAAAAAElFTkSuQmCC]
VG Jürgen
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#16
Naaamd Kabelsalat,
sehr aufmerksam! Ist natürlich ein Schreibfehler. Editiere ich gleich um.

Danke
Frank
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#17
(16.01.2021, 19:09)uk64 schrieb: Natürlich ist das so, die Effizienz sinkt mit der Spaltbreite.

Was ich inzwischen auch in der Literatur wiedergefunden habe.
Beispielsweise bei Ernst Christian, "Magnettontechnik", S. 123:
Zitat:Der Wirkungsgrad des WK wird in entscheidender Weise durch die Spaltdimensionen, insbesondere durch Spaltbreite und Spalthöhe, bestimmt. Der Nutzfluss im Kern geht mit kleiner werdender Spaltbreite und mit zunehmender Spalthöhe zurück. In beiden Fällen wird der magnetische Spaltwiderstand verringert und der Spaltfluss erhöht. Andererseits ist die Spaltbreite durch die zu übertragende Grenzwellenlänge eindeutig vorbestimmt. Wird nämlich die wiederzugebende Wellenlänge gleich der Spaltbreite, so tritt ein vollkommener Kurzschluss des Bandflusses über den Spalt ein, und es wird keine Spannung in der Systemspule induziert.

Altrichters "Das Magnetband" verdeutlicht den Zusammenhang zwischen Spaltbreite, Spalttiefe und Nutz-EMK des WK in einer Grafik auf S. 141f.

Die kleinste WK-Spaltbreite für Cassettendecks habe ich bislang in "Schallspeicherung auf Magnetband" (Friedrich Engel, 1975) entdeckt: 0,7 µm (S. 119).

Grüße
Peter


Angehängte Dateien
.pdf   Ernst Altrichter - Das Magnetband 1958 S 140ff.pdf (Größe: 1.29 MB / Downloads: 12)
Grüße
Peter


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#18
Danke,

der analytisch orientierte Mensch fragt sich nun, wie man die optimale Spaltbreite für eine Bandgeschwindigkeit aus den Einflußgrößen berechnen könnte.

MfG Kai
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#19
Hier gibt es in der Grundlagenliteratur einen weitgehend umfassenden Konsens:
Spalt- und Eisenverluste eines Wiedergabekopfs zusammen sollten bei der kürzesten zu übertragenden Wellenlänge nicht mehr als 4 dB (ältere Quellen: 6 dB) betragen, da andernfalls die WV-Gegenentzerrung zu den Höhen hin nicht mehr vergleichsweise unkompliziert zu realisieren ist.

Grüße
Peter
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Peter


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#20
Tja, klingt vernünftig,
hinterläßt mich aber so schlau "als wie zuvor"...

Könnte man andersherum eine Tabelle aufstellen, bis zu welcher niedrigen Geschwindigkeit Köpfe mit Spaltbreiten vom
7, 6, 5, 4, 3.8, 3.7, 3.5, 3, 2.5, 2, 1.4, [0.7] µm (bis auf [ ] Werte aus Studer und Bogen Katalog)
geeignet sind, bzw für welche Geschwindigkeiten sie gedacht/empfohlen/besonders_geeignet sind ?

MfG Kai
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#21
(17.01.2021, 14:47)kaimex schrieb: Könnte man andersherum eine Tabelle aufstellen ..... ?

Wenn die effektiven Spaltbreiten bekannt sind, könnte diese Excel-Datei weiterhelfen.

Die angegebenen Spaltbreiten habe ich eingetragen, darunter sind die um 12% (als angenommener Mittelwert) vergrößerten effektiven Spaltbreiten.

Ab mech. Spaltbreite ≤4 µm beträgt der Spaltverlust <4 dB bei 19,05 cm/s und 20 kHz, was 10 kHz entspricht, wenn stattdessen in Zelle C3 9,525 cm/s eingegeben wird.

Grüße
Peter


Angehängte Dateien
.xlsx   Spaltdämpfung.xlsx (Größe: 24.01 KB / Downloads: 11)
Grüße
Peter


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#22
Zitat:Auf S. 40 listet van Bommel in Tabellenspalte 3 auch die für eine Bezugsbandherstellung zu berücksichtigenden Eisenverluste, die bei 18 kHz 0,7 dB betragen.
Guten Abend Peter,
danke, die Spalte hatte ich übersehen. 0,7dB sind mir beim Modell nicht egal. Das werde ich noch einarbeiten.

Liebe Grüße
Frank
In Rust We Trust!
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#23
Liebe Gemeinde,
etwas OT, aber nicht ganz:
ich hätte eine Original-Broschüre von AGFA-GEVAERT "Die Entzerrung in der magnetischen Schallaufzeichnung" (Peter van Bommel), 1. Auflage 1971, 54 Seiten A5, bestens erhalten, gegen "aufgerundetes Porto" zu verschenken.
Einfach eine PN, ich bin häufig hier...

Gruß
Wolfgang / BandWolf
Revox A-77 MkIII Dolby (2-Spur) / Revox A-77 MkII (4-Spur) / Revox A-77 MkIII (4-Spur) / Uher Variocord 263 / Telefunken M85KL / Grundig TK28 / Grundig TK14 d.L. / Uher Universalgerät 5000 / SABA TG454 / Webster Chicago 288 Wire Recorder (Drahtbandgerät)
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#24
Hallo Wolfgang, 
würde ich gern nehmen.
Habe dir eine PN gesendet.

Gruß Jan
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#25
Hallo,

ich habe gerade mal versucht, Peters Messung der WK-Spaltbreite in Beitrag #4 mit meinem bescheidenen Equipment durchzuführen.
"Belohnt" wurde ich mit einer Enttäuschung.
Studien-Objekt war eine 4-Spur A77 WKIV, die ich mit einem Vari-Speed ähnlichen Teil ausgerüstet habe.

Gemessen habe ich so:
Auf CHI (Links) ca. 5 Minuten 1000 Hz bei -1 dB und 9.5 cm/s aufgenommen.
Zurückgespult und auf CHII ein Rausch-Signal aufgenommen, das ich vorher mit Audacity (englische Version) so erzeugt hatte:
1. "Generate"-> "noise": Type:white, amplitude 0.8, duration 5 min
2. "Effect"->"Classic Filter": Type:Chebyshev Type I, Subtype: Highpass, Order:10, Cutoff: 8000.0 Hz, Passband Ripple 0.1 dB
    Zweimal nacheinander angewandt.
3. dito, aber: Subtype: Lowpass, Cutoff : 22000.0 Hz,  einmal angewandt
4. "Effect"->"Amplify"->Ok : skaliert das Signal so, daß es gerade eben unter 0 dBFS bleibt.
5. Als wav-File gespeichert.
Der Aufnahme-Pegel muß ziemlich niedrig eingestellt werden. Dabei kommt das VU-Meter noch garnicht aus der Ruhe-Position heraus.
Das Ausgangs-Signal habe ich "hinter Band" auf einen PC (AD-WAndlung mit 48 kSps) gegeben, auf dem ich mit dem "AudioAnalyser" das Spektrum von linkem (CHI) und rechtem Kanal (CHII) beobachten konnte. Der Aufnahme-Pegel für das Rauschen wird nun so eingestellt, daß außerhalb der Bandbreite des Rausch-Signals das sichtbare Grundrauschen gerade noch nicht ansteigt. Bei Übersteuerung des Bandes (oder der Elektronik) entsteht "Intermodulation" mit Spektral-Anteilen unterhalb und oberhalb des Rauschsignals. Näme man breitbandiges Rauschen für die Messung, würde man Übersteuerung nicht so leicht erkennen.
Während der Aufnahme des Rauschens habe ich dann die Band-Geschwindigkeit mit dem Vari-Speed langsam runtergesteuert, bis ich die Andeutung einer Kerbe im Rausch-Spektrum wahrnehmen konnte
Bei zwei Einstellungen habe ich Screenshots angefertigt und versucht, die "Kerb-Frequenz" und die Frequenz des Referenz-Tons in CHI zu ermitteln.
   
zeigt die Spektren mit linearer Frequenzachse
   
hier mit logarithmischer Frequenzachse.
Die Kerbe ist nicht sehr ausgeprägt (möglicherweise infolge Übersprechens) und liegt bei etwa 13 kHz. Aus dem 1000 Hz Referenzton sind etwa 605 Hz geworden.
Daraus ergibt sich die Wellenlänge bzw Spaltbreite zu s = 4.42 µm (v=0.605 *9.5 cm/s, s=lambda=v/f)
Die zweite Einstellung:
   
   
Kerbe bei ca. 11.5 kHz, f=543 Hz -> s=4.49 µm
(Die "Linien"-Frequenz in CHI habe ich mit einem parallel laufenden VA2011 mit 65536-FFT bestimmt.)

Nach dem Studer_Head_Catalog sollten frische A77-WKöpfe eine Spaltbreite von 2 µm haben.

Habe ich irgendwo einen Faktor 2 übersehen oder schlicht pP (persönliches Pech) ?

MfG Kai
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#26
Morgen Kai,
was du da gemessen hast: ??
Die Einkerbung sollte mbMn deutlich spitzer sein. Und für λ=2µm und eine eingestellte Bandgeschwindigkeit von 5,76cm/s wäre die Auslöschungsfrequenz 28,8kHz. Da ist dein Spektrum aber schon zu Ende. Es ist sicher ein Problem, da überhaupt was aufs Band zu bekommen. Peter R. hat sich dafür (so viel ich weiß) extra Chromband besorgt und den Bias auf maximale Höhenaussteuerbarkeit gestellt ...

Idee: Kann man an VariSpeed basteln, so dass v noch geringer wird? Mit v=4cm/s=0,42*9,525cm/s wird fo<20kHz.

Schönen Tag noch
Frank
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#27
Moin moin,
das ist mir schon klar,
aber
1. die effektive Spaltbreite ist immer größer als die geometrische (10-50 % laut v.Bommel)
2. falls er schief steht, kommt die Projektion der Spalthöhe auf die Normale zum Bandlauf hinzu
3. stiimmen die 2 µm oder können es auch mal 3 µm geometr. Spaltbreite sein ?
4. ich sehe "verwunderlich viel" Übersprechen zwischen den Kanälen und möglicherweise dem Vorband-Signal (würde die Dip-Tiefe verringern). Ich habe vorher das Rauschen auf beiden Kanälen aufgenommen, da störte das noch mehr.
5. Intermodulation ab Wiedergabekopf würde auch die scheinbare Dip-Tiefe verringern.
6. Der Dip kann nicht tiefer sein als das Grundrauschen. Das Band war übrigens Revox 601, sicher nicht optimal aber über...

Gibt es einen Effekt, der bei lambda/2 zu einem kleinen Dip führt ?

Sicher ist die Messung noch zu verbessern.
Deshalb habe ich sie hier beschrieben und lade zur Nachahmung und Optimierung ein.

MfG Kai
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#28
Hallo Kai,

ich habe die Excel-Datei mal mit deiner Bandgeschwindigkeit und seff=2,2µm gefüttert. Wie zu erwarten, liegt der Notch bei 26,2kHz. Bis dahin ist der Abfall kontinuierlich, einen Notch bei λ/2 gibt es nicht.
Den Ds-Abfall vor dem Notch siehst du so nicht, da die Kreisresonanz mit dem TK bei 20kHz liegt. Gegen die Totalauslöschung kann sie nichts tun (doch, das Bandrauschen resoniert auch), ansonsten behindert sie die Messbarkeit des Notches massiv, wenn der bei 20kHz liegt. Das passiert natürlich nicht, wenn der Notch ein Stück über der Resonanzfrequenz liegt. Eine Idee wäre es, die Kreiskapazität rauszunehmen.

LG
Frank


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#29
Hallo,
die Kreisresonanz dient normalerweise dazu, sämtliche Höhen-Dämpfungen für eine Geschwindigkeit "pi*Daumen" zu kompensieren.
Wenn man Glück hat, ist das für 9.5 cm/s halbwegs gelungen. Das wird aber bei 5.x cm/s nicht ausreichen. Deshalb sieht man da einen Höhen-Verlust.
Mit dem Bandrauschen hast du Recht. Sämtliches elektronisches Rauschen ab WK ist aber von dem "Notch" unbeeinflußt.
Das Gerät stammt wohl aus der zweiten Hälfte der 80er Jahre und wurde benutzt. Man kann nicht erwarten, daß der WK noch NOS Spaltbreite hat. Die Justage habe ich bislang nicht überprüft. Das Gerät war  später noch mal beim Service. Der Sicherungslack an den Justage-Schrauben ist noch intakt.
Wenn der Kopfspiegel schräg angeschliffen wird, kann die Spaltbreite über der Spalthöhe variieren. Die Folge wäre, daß das Ideal-"Notch" durch Mittelung über verschiedene Spaltbreiten verschwindet und ein Dip endlicher Tiefe übrig bleibt.
Es gibt also diverse "Schweinereien" die einen der Ideal-Theorie gemäßen "Notch" versauen können.
Beim allmählichen Runterdrehen der Bandgeschwindigkeit, habe ich eine schwach ausgeprägte Kerbe durch den Rausch-Block nach unten "laufen" gesehen. Wenn das kein Dip durch Spaltbreiten-Effekte ist, muß eine andere Erklärung her.

MfG Kai
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#30
... aber bei 5,..cm/s 20kHz aufzuzeichnen und dann ohne Kopfresonanz noch was zu messen??? Das könnte sehr knapp werden. Ja - der Teufel steckt im Detail...
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#31
Ich kann dir nicht folgen.
Es spricht nix dagegen, eine geeignet ausgebildete Kopf-Resonanz zu verwenden.
Im übrigen wurde die Kopf-Beschaltung mindestens ab MKIV geändert. Der zusätzliche Kondensator für 9.5 cm/s entfiel und wurde durch einen anderen Dämpfungs-Widerstand ersetzt. Die Resonanz-Frequenz sollte deshalb die gleiche sein wie bei 19 cm/s (23...24 kHz)

MfG Kai
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#32
Bei der B77 (sollte  der A77 MKIV sehr ähnlich sein), kompensiert bei 19cm/s die Kopfresonanz die Dämpfung bei 20kHz erstaunlich präzise, wie meine Simu auch zu meiner Überraschung zeigte. Für 9,5cm/s wird die Güte erhöht. fo liegt bei beiden Fällen bei 20650Hz. Die Kreisresonanz erschwert natürlich die Messbarkeit der Notch, wenn sie sehr nahe fo liegt.

Die mit der Geschwindigkeit durchwandernde Notch ist natürlich ein starker Hinweis, dass es doch mit der Spaltbreite zu tun hat (hattest du nicht erwähnt?). Dann vielleicht folgender Hinweis: Bei Halbspur (2,75mm Spurbreite) braucht es eine Kopfschiefstellung von 0,083°, um einen Spalt von 2µm auf effektiv 4µm zu verbreitern. Bei Viertelspur (Bs=1mm) braucht es dazu schon 0,23°. Bei Überbandmessung gilt das für die Summe aus beiden Köpfen.

LG
Frank
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#33
Mein Vorgehen für die Kurve in #4 war zusammengefasst:
Chromdioxidband (auf "normalen" Revox-Maschinen schwer zu löschen)
Geschwindigkeit so gering wie möglich (für eine angenommene effektive Spaltbreite von 2,5 µm braucht man etwa 19 kHz bei 4,75 cm/s)
Gleitsinus, mit ihm lässt sich am besten feststellen, ob evtl. die Aufnahmeentzerrung korrigiert werden muss, um das Band dicht unterhalb der Sättigung auszusteuern und keine Interferenzen mit der VM-Frequenz zu erzeugen
schmalbandiges Mitlauffilter im Messzweig, um breitbandiges Rauschen auszuschalten, die sonst das Minimum überdecken würden
VM so weit verringern, dass bei 10...15 kHz Maximalpegel erreicht wird
Prüfung der exakten 90° Azimutlage bei AK & WK (einschließlich Streubreite) => Phasenmessung
Alle Bedingungen mussten gleichzeitig erfüllt sein, da ich sonst kein verwertbares Diagramm bekommen hätte.

Bommels Abschätzung der effektiven Spaltbreite wird nicht von allen Autoren geteilt. Der Mehrheitskonsens (bei einigermaßen sorgfältiger Kopfherstellung) liegt beim 1,1...1,2fachen.

Grüße
Peter
Grüße
Peter


_____________________

Ich bin, wie ich bin.
Die einen kennen mich, die anderen können mich.
(Konrad Adenauer)
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#34
Bei meinem Gerät liegt das Spannungsmaximum durch WK-Resonanz bei etwa 23.5 kHz bei beiden Geschwindigkeiten, gemessen mit Strom-Einspeisung in die Wicklung. Wie andernorts geschrieben, scheint die dadurch bewirkte Höhenanhebung bei 19 cm/s zu groß zu sein.
Es scheint angebracht, die Messung noch mal ohne Tiefpass-Begrenzung des Rauschens zu wiederholen, um ein mögliches "Notch" um Bereich bis 24 kHz wahrnehmen zu können. Dazu muß aber vermutlich der Aufnahme-Pegel weiter reduziert werden wegen der starken und mit der Frequenz auch oberhalb 20 kHz noch zunehmenden  Höhenanhebung bei Aufnahme.

MfG Kai
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#35
Hallo,

Ich habe ein paar Block-Modelle erzeugt, die bei der Simulation von Band-Wiedergabe helfen können.
Dies sind insbesondere komplexe analytische Approximationen der Schichtdicken-Dämpfung und der Abstands-Dämpfung.
Weiterhin eine exakte analytische Formulierung der Spaltbreiten-Dämpfung.
Ziel-Funktionen waren die in van Bommels Darstellung gezeigten Betrags-Formeln.
Wo ich schon mal dabei war, habe ich Funktionsblöcke für den Norm-Bandfluss und den zugehörigen Equalizer (inverse Funktion) und den Omega-Gang durch das Induktionsgesetz bzw einen Differentiator mit Skalierung erzeugt.
Die beiden folgenden Bilder zeigen, wie gut die Approximationen gelungen, sind anhand von Beispielen, die so parametrisiert wurden, daß 3 dB Dämpfung etwa bei 1 kHz auftraten. Bei der Schichtdickendämpfung wurden ca. 0.2 dB Abweichung zur Ziefunktion erreicht, bei der Abstandsdämpfung 0.7-0.8 dB.
       
Alle Funktionen sind als spannungsgesteuerte Spannungsquellen (E-device) mit einer Laplace-Transformierten Übertragungsfunktion implementiert. Schichtdicken- und Abstands-Dämpfung als gebrochen rationale Funktionen. Deshalb existieren auch Darstellungen mit diskreten (RLCE) Bau-Elementen. Das exakte Modell der Spaltdämpfung benutzt die komplexe Exponentialfunktion.
Die anderen drei Funktionsblöcke benutzen die üblichen Darstellungen ihrer Übertragungsfunktionen.
Falls Fehler auffallen, bitte ich um Nachricht.
Hier noch ein Testfile zum Ausprobieren der Blöcke:
   
Von jedem Block wird das Ausgangssignal gezeigt für die eingestellten Parameter und 9.5 cm/s Bandgeschwindigkeit.
Ein weiteres Bild zeigt das Resultat der Kettenschaltung einiger Blöcke.
   

Die LTSpice-Files habe ich zusammenge-zip-t beigelegt.
Die *.asy Files gehöen in den Ordner
<LTSpice>\lib\sym\AutoGenerated
Wenn der nicht existiert, erzeugt man ihn oder legt die asy-Files in einem anderen genehmen sym-Ordner ab, wo man sie wiederfindet.
Sie sind im Wesentlichen alle identisch bis auf die Funktionsbezeichnung und den Pfad zum File mit der Funktions-Implementation *.cir .
Die cir-Files können irgendwo abgelegt werden.
Der Pfad im asy-File muß entsprechend geändert werden.

MfG Kai


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#36
Naaamd Kai,

zugegebenermaßen mit ziemlich viel Glück habe ich die Laplace-Transformierte von Ds gefunden (s. Anhang).

Mit Dd und Da (sind ja im wesentlichen identisch) komme ich nicht wirklich weiter, besser gesagt, es klemmt schon am Start. Nachdem mir arg schwindlig ist von Original-, Bild-, Zeit-, Frequenzbereich, Impulsantwort usw., schaffe ich den ersten Schritt nicht.

Folgendes glaube ich verstanden zu haben:
Gegeben ist das Spektrum, also die Amplitude über die Frequenz (nicht zu verwechseln mit dem "Frequenzbereich") als der Realteil der Übertragungsfunktion: Da = |G(ω)| = 1 - e^(-ω/ωo).
Die Phase sollte 0 sein, da es sich ja nicht um ein Filter handelt, sondern eine Quelle: φ(ω) = 0.

Nun hätte ich gerne aus Real- und Imaginärteil die Übertragungsfunktion G(jω). Die andere Richtung von G(jω) nach |G(ω)| und φ(ω) ist aber die übliche und gut beschriebene. Aber die Gegenrichtung wird wohl auch nicht trivial sein.

Von G(jω) nach G(s) ist es vermutlich dann nicht mehr weit.

G(s) erhält man direkt als Impulsantwort über g(t). Aber wie ich von |G(ω)| nach g(t) kommen soll???

Das wirkliche, tiefe Verständnis der ganzen Geschichte geht mir leider ab. Eine Lösung ist für mich damit nicht mehr sehr wahrscheinlich.

Wünsche dir diese Nacht einen besseren Schlaf - Frank.

P.S.: Habe gerade deinen letzten Beitrag entdeckt. Schaue ich mir morgen in Ruhe an.


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#37
Hallo Frank,

man muß zwischen der Laplace-Transformierten "irgendeiner" Funktion und ihrer "zugrunde liegenden" komplexen analytischen Funktion unterscheiden.
Die Spaltfunktion (Ds), die vBommel mit sin(pi s/lambda)/(pi s/lambda) angibt (vor Umwandlung in dBs), hat die analytische Darstellung
Hs(p) = (1-exp(-p*Ts))/(p*Ts)
mit p: komplexe Frequenzvariable,
Ts = s/v,
s: Spaltbreite, v: Bandgeschwindigkeit

[In LTSpice wird die komplexe Freqenzvariable mit "s" bezeichnet, was hier mit der Verwendung von s für die Spaltbreite kollidieren würde]
Die Lapace-Transformierte von Ds könnte man zwar berechnen, aber einen Sinn macht das nicht.

Die von vBommel angegebenen Funktionen Dx = -20 log10(|Fx(lambda)|) sind in Dämpfungen umgerechneten Beträge |Fx(lambda)|  bzw |Fx(f)| von Übertragungsfunktionen. Jede Übertragungsfunktion, deren Betrag nicht konstant ist, hat auch einen Phasengang. Das hat mit "Filter" oder "Quelle" garnichts zu tun.
Wenn man mit SPICE die Überlagerungen verschiedener Signalwege korrekt berechnen will, benötigt man die komplexen Fx(p) bzw dort heißt die komplexe Frequenz ja s statt p.
Es gibt Integral-Transformation vom Realteil einer komplexen analytischen Funktion zu ihrem Imaginärteil (und umgekehrt) aber man findet nichts "einfaches" für den Weg vom Betrag zur analytischen Funktion. [Nachtrag: möglicherweise gibt es eine "nicht ganz einfache" für die Berechnung der Phase aus dem Betrag. Das wird aber nicht unbedingt zu einer Darstellung führen, die zur Formulierung als Laplace-Transformierte in LTSpice geeignet ist.]
Bei der Spaltfunktion liefert die Herleitung die Antwort: Es ist das Gleiche wie ein "Halteglied" oder ein "gleitender Mittelwertbilder über ein Zeit-Intervall Ts" in der deutsch-sprachigen Regelungstechnik-Literatur. Da ist die oben genannte Darstellung als Laplace-Transformierte bekannt.

Die Verläufe von Dd und Da bzw |Fd| und |Fa| vs lambda bzw f sind ziemlich verschieden.
Die Herleitungen kenne ich nicht. In solchen Fällen kann man sich damit behelfen, daß man versucht, |Fx(p)| durch eine klassische gebrochen rationale Übertragungsfunktion zu approximieren. Das geht fast immer und (bei entsprechendem Aufwand) beliebig gut. Das hat dann "automatisch" die zu |Fx(p)| gehörende Phase. Man muß bei der Modell-Gestaltung "nur" vermeiden, Allpaß-artiges einzubauen. Das hätte einen größeren Phasengang als minimal nötig.
Diesen Weg bin ich im Fall von Ds und Da gegangen.

MfG Kai
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#38
Hallo,

die bisherige Approximation der Schichtdickendämpfung war noch nicht gut genug, um damit Vergleiche der Effekte bei unterschiedlichen Dicken anzustellen. Deshalb habe ich eine verbesserte Approximation erstellt, deren Abweichung von der Funktion bei vanBommel im gezeigten Bereich weniger als +- 0.03 dB beträgt.
Damit man im gleichen SPICE File die Dämpfung für unterschiedliche Dicken berechnen kann, habe ich außerdem eine zweite Version erzeugt, bei der die Dicke ein lokaler Parameter ist. Ein neuer Test-File benutzt beide Versionen. Bei der bisherigen Version von thickness_loss muß nur der cir-File durch den neuen ersetzt werden.
Damit habe ich mal die Schichtdickendämpfung für 11 µm (LPR35), 10 µm (DP26 der 70er), 9 µm (DP26 laut 1996-Spec), 6 µm (TP18) berechnet:
   
hellgrün: 11µm,  blau: 10 µm,  rot:  9 µm,  cyan: 6 µm
Drei weitere Kurven zeigen relative Frequenzgänge unterschiedlicher Schichtdicken nach Anpassung der Dämpfungen bei der höchsten Frequenz:
dunkelgrün: DoublePlay(9µm)/LongPlay(11µm)
grau: TriplePlay(6µm)/DoublePlay(10µm)
magenta: TriplePlay(6µm)/LongPlay(11µm)

MfG Kai
Nachtrag: Inzwischen habe ich auch noch eine bessere Approximation der Abstandsdämpfung zustande bekommen. Der Fehler konnte von +- 0.7 dB auf +- 0.2 dB verringert werden. Auch hiervon gibt es nun eine zweite Version mit lokalem Abstands-Parameter.


Angehängte Dateien
.zip   thickness_loss2.zip (Größe: 2.25 KB / Downloads: 3)
.zip   spacing_loss2.zip (Größe: 2.48 KB / Downloads: 2)
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#39
Mit Geduld und einem weiteren Parameter konnte der Approximationsfehler der komplexen Übertragungsfunktion zur Simulation der Abstandsdämpfung von etwa 0.2 dB auf nur noch 0.064 dB im Approximations-Intervall reduziert werden.
Der angehängte zip-File enthält zwei Versionen der cir-Files: eine mit globalem Parameter spacing (Abstand) und eine mit lokalem Parameter spacing.
Installation: Einfach die bisherigen cir-Files mit diesen überschreiben bzw durch diese ersetzen.

MfG Kai


Angehängte Dateien
.zip   spacing_loss2.zip (Größe: 1.21 KB / Downloads: 3)
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#40
Hallo,

ich habe die Modelle für die Abstandsdämpfung und die Schichtdickendämpfung sowie einige andere mit LAPLACE-Formulierung in LTSpice nochmal überarbeitet.
Gründe waren:
Ein weitere Verringerung des Approximationsfehlers der Abstandsdämpfung auf nun fast +- 0.03 dB
und Probleme von LTSpice bei dem Aufruf der Modelle in Transienten Analysen ( .tran ... ).
Außerdem habe ich zwei exakte Modelle der Formeln von van Bommeln implementiert. Da diese keine Phase haben, sind sie zwar formal auch in .ac und .tran Analysen verwendbar, aber in AC-Analysen stimmen die Phasen natürlich  nicht und bei Transienten-Analysen kommt Quatsch raus. Geeignet sind sie aber, wenn man sich nur für die Beträge der Übertragungsfunktionen von Kettenschaltungen interessiert oder zum Anschauen des Approximationsfehlers meiner Modelle mit Phase.
LTSpice hat ein Problem mit den LAPLACE-Darstellungen, wenn aus Gründen mathematischer Kompaktheit eine Funktion wie zB F(s)=s/(1+s) als F(s)=1/(1+1/s) geschrieben wird. LTSpice prüft durch Einsetzen von s=0, ob die Funktion bei DC (f=0) singulär ist. F(s) ist bei s=0 auch Null. LTSpice schließt aber aus der Auswertung von 1/s im Nenner, daß die Funktion singulär ist und bricht mit Fehlermeldung ab.
Bei komplizierteren Funktionen, bei der die Umformung von der zweiten Form in die erste Form zu fehlerträchtig wäre und zu Rechenzeit erhöhendem vielfachem Auswerten von gleichartigen Teilausdrucken führen wurde, kann man sich mit einem Trick behelfen: Bei allen Ausdrücken der Art 1/(s*...) addiert man im Nenner ein (sehr kleines) epsilon hinzu, das bei Verwendung der Formel in normalen Bereichen nicht weiter stört aber die Schein-Singularität vermeidet.
Die (ideale) Bandflußformel hat eine echte Singularität dieser Art. Da hilft dieser Trick auch, um trotzdem einen Rechenabbruch zu vermeiden.
Das nächste Bild demonstriert, daß die Verwendung der phasenlosen Modelle bei der Transienten-Analyse zu falschen Ergebnissen führt:
   
Die Schichtdickendämpfung und die Abbstandsdämpfung wurden mit Parametern versehen, die zu etwa -3 dB bei kHz führen.
Das Testsignal ist ein 50 Hz Rechteck.
Oben sind in grün die Ausgangssignale der Abstandsdämpfungsfunktion und in türkis die der Schichtdickendämpfungsfunktion zu sehen.
Darunter (nicht verschoben) die falschen Ergebnisse der phasenlosen Funktionen, rot: Abstandsdämpfung, magenta: Schichtdicken... .

Trotzdem hier eine Erläuterung, wie man mal eben eine frequenz-abhängige Funktion per LAPLACE-Statement in LTSpice implementiert:
Bei van Bommel lautet der Betrag der Übertragungsfunktion der Abstandsdämpfung
|F(lambda)|=exp(-2 pi a/lambda)
Die Wellenlänge lambda ist immer Geschwindigkeit v durch Frequenz f -> lambda=v/f
-> |F(f)|=exp(-2*pi*f a/v) -> |F(s)|=exp(-abs(s) a/v)
a/v hat die Dimension einer Zeit T -> |F(s)|=exp(-abs(s)*T)

Damit kann man die Funktion in LTSPice implementieren als

.subckt spacloss0phase In+ In- Out+ Out-
.param T_spac={spacing/tape_speed}
E1 Out+ Out- In+ In- Laplace=exp(-abs(s)*T_spac)
.ends

Der angehängte zip-File enthält alle geänderten cir-Files und die beiden phasenlosen Implementierungen zusammen mit den zugehörigen *.asy Files.

MfG Kai


Angehängte Dateien
.zip   tapeloss.zip (Größe: 4.87 KB / Downloads: 3)
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#41
Hi folks!

So, hat bei mir etwas gedauert, aber ich möchte die bisherigen Ergebnisse noch einmal aktualisieren und zusammenfassen.

Die Schichtdickendämpfung Dd und die Bandabstandsdämpfung Da entziehen sich der exakten analytischen Darstellung im komplexen Frequenzbereich, da nur der Amplitudengang (Betrag des Realteils) bekannt ist. Kai hat in sicher sehr zeitraubender Arbeit Adaptionen erstellt, deren Restfehler sich im mdB-Bereich bewegen. Außerdem hat er eine Lösung gefunden, diese beiden Parameter zumindest als Betrag (d.h. nur Amplitudengang, kein Phasengang) exakt analytisch zu beschreiben. Für die AC-Analyse eines WVV z.B. ist das nutzbar. Und meine ursprünglich mit Excel berechneten Adaptionstabellen sind damit obsolet.
Ganz herzlichen Dank dafür.

Peter R. hat mich darauf hingewiesen, dass van Bommel doch auch noch eine Eisendämpfung De beschreibt (Wirbelstromverlust im Kopf). Während er im Text davon spricht, dass diese vernachlässigbar sei, enthält Tabelle 7 (S 40) Werte, die bei 18kHz 0,7dB erreichen. Angesichts dessen, dass Kai um jedes mdB gekämpft hat, wollte ich das doch nicht vernachlässigen. Ich habe eine Adaption dafür ergänzt, die von der Tabelle max. 50mdB abweicht. Die Tabelle selbst hat wohl größere Fehler.

Auf den B77-WVV angewendet, ergibt das Gesamtmodell Fehler von bis zu -10dB bei 20kHz. Die Ursache ist bisher unklar. Dazu sind Messungen nötig, die ich mit meiner Maschine noch nicht machen kann. Werde es aber auf alle Fälle versuchen. Bis dahin habe ich eine provisorische Korrektur in den EMK-Block ergänzt, die den f-Gang halbwegs glatt bügelt. Diese ist (de)aktivierbar. Mit der Adaption dieser Korrektur habe ich nicht viel Aufwand getrieben, da sie eh nur geraten ist.

Für potentielle "Simulanten" habe ich Kais und meine Verbesserungen / Ergänzungen ins Schematic eingepflegt. Alle Parameter des Modells können im Top-Sheet variiert werden. Auch die genannte Fehlerkorrektur lässt sich dort mittels Parameter "korr" (de)aktivieren.
Neu ist eine automatische Umschaltung im Modell und im WVV entsprechend der Bandgeschwindigkeit. Die Schalter werten den Parameter "v" (Bandgeschwindigkeit) aus, der sich ebenfalls auf dem Top-Sheet befindet.
Das sieht dann so aus:
   

Aus meiner Sicht ist die Modellierung damit abgeschlossen - bis auf die Korrekturmessung natürlich. Das Ganze findet sich im Anhang. Dort habe ich auch die Excel-Tabelle noch mal angehängt, bei der die Eisendämpfung De ergänzt wurde. Für die Berechnung der Adaptionstabellen ist sie ja nicht mehr notwendig. Aber zur Veranschaulichung des Band-Kopf-Systems ist sie m. M. n. ganz brauchbar.

Liebe Grüße in die Runde
Frank


Angehängte Dateien
.zip   B77.ReproduceAmpWvv.3F.zip (Größe: 10.38 KB / Downloads: 5)
.zip   EMK.2F.xls.zip (Größe: 117.5 KB / Downloads: 7)
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#42
Hallo Frank,
"gekämpft" habe ich nicht selbst, das macht mein Computer.
Inzwischen habe ich beide Approximationen übrigens auf ca. +- 27 mdB gleichmäßig über das gewählte Intervall getrimmt. Bei der Schichtdicke gilt das dann sogar für 0-inf, während bei der Abstandsdämpfung der Fehler "rechts" außerhalb des Approximations-Intervalls riesig wird. Das sind dann aber Bereiche, die Tonband-technisch uninteressant/unbrauchbar sind.

Ich hatte mir nicht angesehen, wie du deine Excel-Tabelle implementiert hattest.
Deshalb ein Hinweis auf eine weitere Implementierungs-Möglichkeit mit Phase auf Basis von Messdaten, ohne daß man eine analytische Approximation erstellen muß, die du vielleicht noch nicht in Betracht gezogen hast.
Das geht mit B-Devices, d.h. "Behavioral modeling of voltage or current sources". Ein bischen steht in der Hilfe-Funktion von LTSpice drin. Die ist aber leider unvollständig und wohl seit Jahren nicht mehr überarbeitet worden. Sehr viel mehr ist in der LTwiki dokumentiert. Dazu gehört insbesondere die Möglichkeit, eine gesteuerte Spannungsquelle zu definieren über
Bxyz  Out+ Out- V(Ve) freq=
+(Frequenz in Hz, Übertragungsfaktor in dB,Phase in grad)( )( )...
+( )( )...
Ve ist die steuernde Spannungsquelle.
Siehe
http://ltwiki.org/index.php?title=Main_Page
http://ltwiki.org/index.php?title=B_sour...reference)

Bei der Verwendung in AC-Analysen werden die Tabellenwerte entweder interpoliert oder der erste oder letzte verwendet, wenn die aktuelle Frequenz außerhalb der Liste liegt.
Damit kann man also reale Messungen in die Simulation einbeziehen,
oder auch Messung mit Simulation innerhalb von LTSpice vergleichend plotten.

Was die bei van Bommel genannten Eisenverluste betrifft. habe ich Zweifel, daß das die vollständige Beschreibung sein sollte. Vielleicht sind damit nur die Verluste gemeint, die der Bandfluß durch Interaktion mit dem Kopfmaterial erleidet.
Was man aber praktisch bei jedem Wiedergabekopf sieht, ist, daß sich seine Impedanz nicht durch ein einfaches "R+j omega L"  Modell ausreichend genau beschreiben läßt. In einem anderen Thread habe ich gerade mal wieder das Modell eines B77 WK027 Kopfes gezeigt. Da besteht der induktive Teil aus einer Kette von 3-4 Li||Ri Gliedern, die Wirbelstromverluste im Kopf modellieren. Das wirkt sich natürlich auf die Übertragungsfunktion des Kopfes für koppelnden Magnetfluß aus, so daß das einfache idealisierte Uind ~ j omega nicht mehr stimmt. Einfachstes Modell wäre, daß eine gesteuerte Stromquelle diese Li||Ri-Kette speist und dadurch die Kopfspannung erzeugt. Ganz sicher ist das jedoch auch nicht. Auf jeden Fall entstehen aber dadurch schon "Spannungsverluste", die im van Bommel Eisenverluste-Modell nicht drin sind (jedes L||R-Glied bildet für eine Teilspannung eine Tiefpass-Funktion 1.Ordnung).

MfG Kai
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