Reunion-Concert von "CREAM"
#1
Ich hab' mal beim Spiegel geklaut ...die Pics blieben aussen vor.

SPIEGEL ONLINE - 07. Mai 2005, 14:33

URL: http://www.spiegel.de/kultur/musik/0,151...88,00.html

Cream-Revival
Jahrtausend-Konzert für Methusalems


Von Matthias Matussek, London

Knapp 40 Jahre nach ihrem letzten Auftritt in der Royal Albert Hall haben Eric Clapton, Jack Bruce und Ginger Baker wieder für ein paar Abende die Bühne geteilt. The Cream, für viele die erste und beste Supergruppe der Popgeschichte, lieferte das erste Jahrtausend-Konzert der Methusalem-Generation.

Sie spielten "Spoonful" und "Badge" und die psychedelische Ballade "White Room". Und natürlich den Hippie-Regenbogen-Blues "Sunshine of Your Love", die den zweifelsfrei beste Riff der Rockgeschichte enthält, um diese Streitfrage gleich vorweg zu klären.

(Nein, Christoph Schwennicke ("SZ"), "Smoke on the Water" kommt erst danach!)

Am Ende lagen sich die oben auf der Bühne in den Armen und die paar Tausend in den roten Plüschsesseln in den Rängen der Albert Hall ebenfalls, und es war wie ein Riss in der Zeit.

Keine mächtigen Aufbauten. Das Saallicht nur leicht gedimmt. Ein paar Scheinwerfer, und hinter der Band die mächtige Konzertorgel der Albert Hall - hier standen Klassiker auf der Bühne, die Mozart-Beethoven-Brahms des Rock & Blues. Die müssen sich nicht verstecken hinter Firlefanz.

Eine Art optische Gedächtnisstütze war diese halbhohe Wand hinter Ginger Bakers Trommeln. Auf der zerplatzten Farbblasen, wie in diesen ominösen psychedelischen Diashows, die in den späten Sechzigern mit jeder Menge Qualm durch die Turnhallen waberten, ein Zitat aus durchaus bedröhnten Tagen, als Eric Clapton Schwierigkeiten hatte, gerade zu stehen, und sein Konzertpublikum gar nicht erst den Versuch unternahm.

Wie schön, die klare Stimme von Jack Bruce wieder zu hören in "Sleepy Time Time". Wie wahnsinnig präzise dieses Fuß-Trommel-Solo von Ginger Baker in "Toad". Und wie übermütig die Gitarrenlinien von Eric Clapton in "Stormy Monday". Und alle waren clean und hatten den Spaß ihres Lebens.


Ein Volk, das solche Talente hervorbringt, darf sich ruhig über den deutschen Papst lustig machen. Sagen wir, für zehn Sekunden....okay, das reicht.

"Wir haben ja damals auf dem Höhepunkt abgebrochen, weil wir mit unserm Ruhm nicht klar kamen", sagte Eric Clapton. "Aber das hier ist doch unser Höhepunkt", rief Bruce lachend dazwischen. Er hat gerade eine Lebertransplantation hinter sich und Ginger Baker hat mit Arthritis zu kämpfen, aber sie können, was keiner mehr kann.

Eric Clapton, der in gewissen Kreisen nur Gott genannt wird, war ja nie eigentlich verschwunden. Er hatte über die Jahre seine Hits gehabt, mit "Layla", "I shot the Sheriff" oder "Tears in Heaven", aber die anderen beiden waren verschluckt in obskuren Peripherie-Karrieren, in der Blues oder Jazz-Szene.

Neben mir saß ein spanischer Gärtner, dem Bruce, der auf Gran Canaria lebt, eine Karte verschafft hat. Er weinte. Vor mir saß Gabriel Byrne, der Satan aus dem Schwarzenegger-Film, mit verklärten Augen wie ein Kind. Er hielt eine dieser sündhaft teuren Digi-Fotokameras in die Höhe, die kleine Filmchen aufnehmen können.

Alle hielten so was hoch wie früher nur Feuerzeuge. Wie dritte Augen in einem Plankton-Meer aus Alien-Armen muss es auf Byrnes blassen 15-jährigen Sohn gewirkt haben, schwarze halblange Haare, traurige Augen, das unscheinbare Flanell-Hemd post-post-grunge-mäßig über der Hose.

Aber er schien zu verstehen, dass Bruce, der Bassspieler, wunderbare Melodien und die witzigsten Texte schreiben kann: "Born under a bad sign/ I've been down since I began to crawl/ if it wasn't for bad luck/ I had no luck at all". Und dass Ginger Baker, der das Trommel-Solo erfand, ein Hexer ist, und dass sie die besten waren und immer noch sind, weshalb der Name "Cream" immer noch hinhaut. Auch wenn wir alle ein bisschen älter geworden sind.

Erfahren hatte ich von diesem Konzert nicht gerade durch ein Rockmagazin, sondern durch die Wochenend-Beilage des "Daily Telegraph", des Hausblattes des oberen Mittelstandes in der Provinz. Ich fand den Hinweis auf der "Active"-Seite, hinter den Seiten für "Eltern und Erziehung", wo ein rüstiger 66-jähriger Herr namens Peter "Ginger" Baker verriet, wie das Polo-Spiel sein Leben verändert hatte.

Wie es zum Revival kam:

Hier also die schonungslose Wahrheit über die Vorgeschichte dieses ersten Jahrtausend-Konzerts der Methusalem-Generation, vormals bekannt als Baby Boomer, Hippies, Drop-outs etc.

Es war 1974, in Westafrika. Herr Baker, der zu jener Zeit in ein Tonstudio in Nigeria investiert hatte, war in eines der damals üblichen Demonstrationsgerangel geraten, mit denen der eine korrupte Blutsäufer gegen den anderen korrupten Blutsäufer aufmarschieren ließ, um im Namen von Frieden, Wohlstand und Demokratie die Macht an sich zu reißen.

Herr Baker, der Meute ansichtig, riss seinen Jeep in einem rasenden Manöver um 180 Grad herum, als eine Stimme rief: "So wie Sie fahren, sollten Sie Polo spielen." Die Stimme gehörte Colin Edwards, dem damals besten Polospieler der Welt.

Herr Baker trieb sich in den folgenden Jahren durchs Leben, feierte Erfolge und spektakuläre Bankrotte, aber sein Polo-Handicap verbesserte sich stetig Jetzt ist er dabei, sich ein eigenes Polofeld anzulegen, sein eigenes Field of Dreams. "Das kostet Geld", sagt Herr Baker dem Telegraph. "Deshalb haue ich jetzt ein bisschen in die Trommeln, für ein kurzes Comeback der Cream."

Bang!

Was???

The Cream!!!!

So dahingenuschelt, in den Freizeitseiten.

Das Comeback, googelte ich kurz darauf, sollte genau dort stattfinden, wo die Gruppe abgebrochen hatte, in der Royal Albert Hall, 1968; es war natürlich innerhalb von ein paar Minuten für sämtliche Konzerte ausverkauft. Die Leute reisten aus Australien und Japan an!

Ich hatte es immer als Lebens-Makel empfunden, Cream nie live gesehen zu haben. Stones, Who, Hendrix und jede Menge niederrangige Götter, das schon. Cream nie, denn sie lösten sich nach zwei Jahren und drei sensationellen Studio-LPs wieder auf. Eine kurze Explosion im Himmel. Und danach nichts als den langen Kometenschweif der Legende.

Jeder weiß das. Meine Frau nicht. Sie wurde geboren im Jahr nach 1968. Sie gehört definitiv zu den Post-68ern, weshalb sie wissen wollte, wo das Geld geblieben ist, das wir für das Auto zur Seite gelegt hatten. Die Gute. Ich hatte mich natürlich sofort auf den schwarzen Markt begeben, und nach einer Weile war es mir tatsächlich gelungen, für einige Tonnen Gold zwei Karten zu fischen. Karten für das allerletzte Konzert der Serie. Jahrhundertkarten rechts über der Bühne. Meine Frau ließ sich ihre Freude nicht so richtig anmerken.

Dann allerdings schon. Und zwar von der ersten Liebeserklärung ans Leben an, die da hieß "I'm so glad". Später, ich glaube, nach einem Solo von Clapton in "Badge", sagte sie: "Wir müssen alle sterben". Keine Ahnung, was sie zu dieser melancholischen Erkenntnis geführt hatte. Der Blick auf die Glatzen und die grauen Häupter im Parkett, auf die wippenden Oberkörper, die geschlossenen Augen der Leute, die die Gitarrenlinien in "Crossroads" nachzupften?

Wahrscheinlich ist nie so klar geworden wie in diesem Moment, dass die Babyboomer ihre Kultur einfach mitgenommen haben und dass sie entschlossen sind, sich in den westlichen Überalterungsgesellschaften weiter zu amüsieren, wenn auch gelassener und todesnäher. Alles weitere Gespenstische dazu in Claudius Seidls neuem Buch "Schöne junge Welt".

Und das ist die Hoffnung für alle, die diesmal keine Tickets ergattert hatten. "Dieser Maestro-Mist liegt hinter uns", meinte Eric Clapton. "Wir werden so lange spielen, wie es uns Spaß macht."

Und sie hatten einen Mordspaß an diesem Abend. Und dann ging es in die Nacht hinaus, und die Albert Hall glühte wie eine schöne Torte, und alle sahen aus, als hätten sie ein paar Strahlen abgekriegt von diesem "Sunshine of your Love".

Wer wissen will, wie Musik geht, sollte da mal reinhören.
Michael(F)
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#2
Ich hoffe sehr, daß das Konzert eines (hoffentlich baldigen) Tages auch im TV gezeigt wird. Da bin ich sehr gespannt. Was Herrn Baker betrifft, so habe ich mich in den letzten Jahren manchmal gefragt, ob er noch unter uns ist. Sieht man sich die alten Fotos der Cream an, dann konnte man sich schon Sorgen machen, ob er es denn noch lange durchhält. Er hat Smile Vielleicht gibt es auch mal einen Mitschnitt auf DVD. Ich habe schon seit Jahren einen Player zu Hause, aber noch keine einzige DVD. Ein Cream Konzert Mitschnitt wäre da ein würdiger Einstieg, findet
Heinz
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#3
Habe diesen Thread gerade erst entdeckt. Smile

Zitat:heinz postete
Was Herrn Baker betrifft, so habe ich mich in den letzten Jahren manchmal gefragt, ob er noch unter uns ist.
Mitte der 90er Jahre gab es die kurzlebige Formation "Baker, Bruce & Moore" mit einer gleichnamigen LP. Da hatte Ginger Baker gezeigt, daß er noch lange nicht zum alten Eisen gehört. Nebenbei: Gary Moore füllte seine Rolle als "Ersatz-Eric" recht gut aus.

Zitat:Vielleicht gibt es auch mal einen Mitschnitt auf DVD.
Anfang des Jahres wurde eine DVD angekündigt, bis jetzt ist m.W. aber noch nichts erschienen. Da ich das Vergnügen hatte, eine Audioaufnahme eines der Londoner Konzerte zu hören, kann ich als Cream-Fan der ersten Stunde nur sagen: Abwarten, es lohnt sich!

@Heinz: Es gibt u.a. das 1969er Abschiedskonzert auf DVD zu kaufen. Laß Deinen Player doch damit erstmal üben! Smile

Gruß, Wolfgang
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#4
Sollte ich mir wirklich einen Fernseher anschaffen müssen um eventuell das Konzert ansehen zu können? Ich hoffe nicht, eine DVD würde es für meinen Computer auch tun.

Erwähnenswert sei noch "Horses & Trees" aus dem Jahre 1986 mit großer Besetztung. Einige Jahre später trieb er sich als "ginger baker trio" zusammen mit Bill Frisell und Charlie Haden herum. Meines Wissens sind 2 CD dabei herausgekommen, "Falling off the roof" 1996 und "Going back Home" 1994.

Gruß
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