A77 Rec Amp Mod für 25k Potis
#51
Noch ein Hinweis, warum es nützlich sein kann, Sub-Bass-Verstärkungspitzen zu vermeiden, auch wenn man davon zumindest direkt nichts hören kann:
Es gibt Leute, die Vinyl-Platten auf Band aufnehmen. Alle mir bekannten Tonabnehmer haben ausgeprägte Resonanzen im Sub-Bass-Bereich, meist zwischen 5...15 Hz. Plattenspieler mit Reibrad-Antrieb haben idR erheblichen Rumpel-Pegel. Der wird von der Resonanz angehoben. Wenn dann das Pech will, daß das auch noch auf eine Sub-Bass-Überhöhung im Aufnahme-Verstärker trifft, kann der Pegel dort erheblich werden und zu unerfreulichen Nebeneffekten führen wie Geräusche, Kompressionseffekte gesteuert vom Verlauf dieses Gerumpels.
Im übrigen heben solche Sub-Bass-Verstärkungs-Überhöhungen auch Störspannungen durch tief-frequente Variationen der Betriebsspannung und eventuell magnetische Einstreuungen von Motoren etc an.

MfG Kai
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#52
Zum oben erwähnten Thema Toleranzen, es ist moderat. Ich habe mal ein wenig gespielt:

Hier ein Sweep über C501 von 750...950nF in 50nF-Schritten:

   

Und hier C502 von von 10µF... 20µF in 1µF-Schritten:

   

Kann sich jeder seinen Reim drauf machen...

LG Frank
In Rust We Trust!
T e s l a  B 1 1 6 (A.D.),  R E V O X  B 7 7
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#53
Ich hatte früher versprochen, noch mitzuteilen, wie man für abweichende Potentiometer-Widerstände die beiden Korrektur-Widerstände im Bild von Beitrag 1 berechnet.

Das geschieht im folgenden Bild:
   
Der Transistor-Verstärker ist hier durch einen idealisierten Differenz-Verstärker ersetzt worden.
Rs steht für die Summe der Widerstände der beiden Potentiometer P501 & P502.
Die Originalschaltung hat da den Nennwert Rso = 40 kOhm. Der reale Wert kann wegen der großen Toleranzen davon abweichen, die sind aber bei der Bestückung des Boards nicht berücksichtigt worden.
Bei unendlicher Leerlauf-Verstärkung Vo des Differenz-Verstärkers ergeben sich die beiden im Bild gezeigten Formeln für die Zusatzwiderstände R1 und R2.
Tatsächlich ist Vo für typische Transistoren Q501 & Q502 nur knapp 60 dB. Mit endlichem Vo sind die Formeln etwas umständlicher.
Zweckmäßig mißt man also nach Austausch der Potis (oder vorher) den Summen-Widerstand Rs aus und berechnet dafür die beiden Werte R1 & R2, wenn man den Unterschied zur Originalschaltung korrigieren möchte.
Man kann aber R2 auch gezielt dazu "mißbrauchen", die Bass-Anhebung bei höheren Frequenzen beginnen zu lassen.
Das Ende der Bass-Anhebung bei tiefen Frequenzen wird durch R508 bestimmt über die Zeitkonstante C504*R508 (und, wenn man es genau nimmt, über Vo).
Nach Modifikation sollte man überprüfen, ob die Spannung am Kollektor von Q502 noch bei 12 V liegt. Bei größeren Abweichungen wäre eine Korrektur durch Änderung von R506 (Emitter-Widerstand von Q502) angezeigt.

MfG Kai

Zu Frank's Beitrag #52 kann ich mir folgende Anmerkung nicht verkeifen:
Es ist nicht ungewöhnlich, daß man für das Fine-Tuning von Schaltungen, insbesondere, wenn sich ihr Verhalten dem von abgestimmten aktiven Filtern nähert, Bauteile mit kleineren Toleranzen benötigt.
Das ist die Kehrseite von "per aspera ad astra" (hat nix mit Astra zu tun).
Keiner muß, alle dürfen.

MfG Kai
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#54
Hallo Kai,

Die Bass-Anhebung durch seitliche Einstreuung muss/darf man nicht korrigieren. Die tritt ja nur auf, wenn die Spur auf Band breiter ist als die Spur des Wiedergabekopfes. Das ist typischerweise der Fall beim Ausmessen mit Bezugsband auf 1/2 bzw. 1/4-Spur-Maschinen. Da misst man dann Mist, kann man nichts gegen machen.
Anders dann beim normalen A/W Betrieb. Da sollte die aufgenommene Spur nicht breiter sein als die wiedergegebene und natürlich auch nicht daneben liegen. Da spricht dann nur etwas niederfrequentes Rauschen vom "Rasen" und ggfs. Bässe der Gegenspur (bei 1/4 Spur) ein. Aber das sind andere Themen.

Liebe Grüße Frank

P.S.: Das mit den engen Toleranzen als notw. Übel war mir schon bekannt. Wollte nur. dass das niemand unterschätzt...
In Rust We Trust!
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#55
Nach ein bischen Umformerei fand ich noch eine einfachere Formel für R2:
R2 = (Rso+R503 )/(1-Rso/Rs)

Zu Frank's Anmerkung über seitliche Einstreuung:
Da man die Optimierung der Frequenzgänge mit der Wiedergabe für Bezugsband beginnt, aber leider niemand bereit ist, solche für 2-Spur bzw 4-Spur herzustellen, hat man das Dilemma, etwas mit seitlicher Einstreuung zu sehen zu bekommen aber nicht zu wissen, wieviel davon auf seitlicher Einstreuung beruht.

MfG Kai
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#56
Das schöne bei tiefen Frequenzen ist (zumindest was den Frequenzgang betrifft): Das Band tut da nix und der Kopf auch nicht. Gar nichts. Die Überhöhung, die man sieht, ist seitliche Einstreuung oder Elektronik. Aber einen Wiedergabeverstärker mit Überhöhung bauen? Da muss man sich schon Mühe geben, denn der senkt ja mit 3180µs ab. Das kann man rein elektrisch überprüfen.

LG Frank
In Rust We Trust!
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#57
Das stimmt leider nicht.
Lies mal zur Abschreckung
John G. McKnight "Low-Frequency Response Calibration of a Multitrack Magnetic Tape ...".
Der Bass-Frequenzgang hängt von Kopf-Form, Kern-Form der Spule, Umschlingungswinkel und sogar vom Bandlauf in der unmittelbaren Umgebung des Kopfes nach Abheben des Bandes ab. Die Extrem-Formen davon sind als "Kopfspiegel-Resonanzen" bekannt oder (Peter's Hinweis) etwas ziviler als Spiegel-Welligkeiten. In der amerikanischen Fachliteratur schlicht als "contour effect".

MfG Kai
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#58
(13.11.2020, 16:32)kaimex schrieb: In der amerikanischen Fachliteratur schlicht als "contour effect".

Für Interessierte hier eine vergleichsweise frühe Beschreibung, diesen Effekt zu vermindern.
Köpfe mit unsymmetrischen Polschuhflächen gab es von Telefunken erst für die M20/21, also dreißig Jahre später.

Grüße
Peter


.pdf   DE000000836409B Loewe Opta - Magnetkopf mit unsymmetrischem Aufbau (Spiegelwelligkeit).pdf (Größe: 218.4 KB / Downloads: 21)
Grüße
Peter


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(Konrad Adenauer)
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#59
Auf der Seite https://www.analogfan.de/revox-tonkoepfe.html wird (im unteren Bereich der Seite) ein Schnitt durch einen Revox-Tonkopf gezeigt, dessen Polblech-Enden vorne am Spalt einen merkwürdig gekrümmten Verlauf haben.
Hat das etwas mit dem angesprochenen Streufluß zu tun?
VG Jürgen
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#60
Interessante Effekte, die ich noch nicht kannte. Mein "da passiert gar nix" war also etwas naiv, gern zugegeben. Das ist aber offenbar so hohe Schule, dass sie in den hier gängigen Maschinen keine Berücksichtigung in der A/W-Elektronik fanden und auch keine Konsequenz für´s Einmessen unserer Geräte haben. Also, wenn der Aufnahmeverstärker "+3180µs" realisiert und der Wiedergabeverstärker "-3180µs", gibt´s in unserer Preisklasse nichts weiter abzugleichen. Und wenn man bei 30 oder 50Hz eine Anhebung sieht, dann ist das seitliches Einsprechen und/oder ein Contour-Effect, der mich nicht dazu bringen sollte, am Wiedergabeverstärker an den 3180us zu drehen.
Um nicht wieder falsch verstanden zu werden: ich will das gar nicht klein reden, habe mich ja schon als pingelig und detailinteressiert genug bewiesen. Mich interessiert die Materie uneingeschränkt, auch wenn sie nicht von unmittelbarer praktischer Bedeutung für mich sind. Aber ich denke auch an Leser, die da vielleicht falsche Schlussfolgerungen ziehen könnten. Wie bei den Filtertoleranzen. Ich wollte nur verhindern, dass jemand für die 14µ fröhlich einen Elko 16µ +50% -20% einbaut.

Hoffe, nicht gelangweilt zu haben.
Schönen Abend noch - Frank
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#61
(13.11.2020, 19:17).JUM schrieb: Hat das etwas mit dem angesprochenen Streufluß zu tun?

Nein, der Spiegeleffekt wird von der Geometrie (Größe und Form) des gesamten Tonkopfs einschließlich Abschirmung beeinflusst.

Spaltkantenverrundungen wirken dagegen wie eine Spaltverbreiterung, weswegen auch zwischen der mechanischen Spaltbreite (die der Dicke der Spalteinlage entspricht) und der größeren effektiven Spaltbreite unterschieden wird. Diese Verbreiterung liegt i.d.R. bei 5...15 %.

Zusammengefasst: Die Spaltverbreiterung hat eine Einfluss auf die Spaltverluste bei Wellenlängen in der Größenordnung der Spaltbreite, der Spiegeleffekt wirkt sich aus auf Wellenlängen in der Größenordnung der Kopfabmessungen.

Grüße
Peter



(13.11.2020, 19:44)DropOut schrieb: Und wenn man bei 30 oder 50Hz eine Anhebung sieht, dann ist das seitliches Einsprechen und/oder ein Contour-Effect, der mich nicht dazu bringen sollte, am Wiedergabeverstärker an den 3180us zu drehen.

Es gibt zuverlässige Methoden, um den Frequenzgang von WK und WV zu prüfen, ohne störende Einflüsse aus der Spurengeometrie oder Spiegelwelligkeit.

Hierzu gehört die magnetische NF-Einspeisung über eine Spule vor dem Kopfspalt und die elektrische (galvanische) Einspeisung am Tonkopf, die in einer von zwei Varianten möglich ist: über einen kleinen Widerstand (ca. 1 Ω) am Fußpunkt in Serie zum WK, oder über einen großen Widerstand (ca. 1 MΩ) direkt am Verstärkereingang parallel zum WK.

Grüße
Peter
Grüße
Peter


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#62
Ohne dass ich mich in diese Diskussion allzu tief einmischen ("einbringen") möchte:

Die "seitliche Einstreuung" ist erheblich von der Wellenlänge der Aufzeichnung abhängig. Das heißt, die Geschwindigkeiten 38 cm/s und 76 cm/s "leiden" erheblich stärker unter diesem Effekt als alles, was sich so im Konsumenten-Bereich tut.

Auf die Schnelle finde ich keine grafische Darstellung für den Zusammenhang zwischen Wellenlänge und seitlicher Einstreuung (übrigens eines der "Dauerthemen" im Journal der Audio Engineering Society; Wort- und Sach-Führer ist John McKnight).

Indizienbeweis aus der Erinnerung: In den Bezugsband-Beilageblättern der BASF fand sich in den Ausgaben 38 und 76, insbesondere in denen für Bandbreiten von 1/2 Zoll aufwärts, stets ein Hinweis auf die "seitliche Einstreuung", in denen für 19 / 9,5 / 4,76 jedoch nie.

Merke: in der Magnetbandtechnik tut man gut (!) daran, vorzugsweise in Wellenlängen zu denken.

F.E.
ZEITSCHICHTEN, barrierefreier Zugriff im "GFGF-Buchladen", URL https://www.gfgf.org/de/b%C3%BCcher-und-schriften.html (ca. 240 MB)
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#63
Eine grafische Darstellung gibt es in der Publikation von AGFA-Gevaert:
Peter van Bommel, "Die Entzerrung in der magnetischen Schallaufzeichnung", 1973,
im Kapitel 13 auf Seite 45 in Abb. 19.

MfG Kai
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#64
Wenn ich die dort gezeigte Näherungsformel verwende ...

   

und mich nicht komplett verrechnet habe, erhalte ich für 19 cm/s in Spur 3 einer Viertelspuraufzeichnung (d.h. Spurbreite bA = 1 mm und Einstreubreite b = 5,3 mm) eine seitliche Einstreuung von knapp 5 dB bei 40 Hz, bei 9,5 cm/s sind es etwa 2,8 dB.

Grüße
Peter
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Peter


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#65
Man muß die Einstreuung von beiden Seiten (unten & oben) getrennt berechnen als Amplituden  (also nur den Ausdruck in der Klammer hinter 1+), beide Anteile zu 1 addieren und dann dBs draus machen.

MfG Kai
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#66
(14.11.2020, 21:12)kaimex schrieb: Man muß die Einstreuung von beiden Seiten (unten & oben) getrennt berechnen als Amplituden  (also nur den Ausdruck in der Klammer hinter 1+), beide Anteile zu 1 addieren und dann dBs draus machen.

Danke für den Hinweis! Ich hatte tatsächlich die Einstreubreiten von beiden Seiten vor der Berechnung addiert ...

Grüße
Peter
Grüße
Peter


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#67
Kann sogar sein, daß dir der Begleittext zur Formel dafür "Absolution" erteilt, weil Näherung,
aber im Prinzip ist das andere "richtiger". Ich bin gespannt, um wieviele zehntel dB sich das Ergebnis ändert.
Tiefbass-Freaks werten natürlich bei 20 Hz aus.
Radio-Mitschneider dürfen bei 50 Hz.

MfG Kai
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#68
(14.11.2020, 22:03)kaimex schrieb: Ich bin gespannt, um wieviele zehntel dB sich das Ergebnis ändert.

Wenn ich Formel 16 auf S. 44 einsetze ...

   

... bekomme ich für 40 Hz bei 19 cm/s 7,7 dB, und bei 9,5 cm/s 4,9 dB für die Innenspur.
(Einstreubreiten 1,75 + 3,5 mm, Spurbreite unverändert 1 mm).
Wer hätte das gedacht ...
Ich kann mich jedenfalls nicht erinnern, jemals solche Werte gemessen zu haben.

Grüße
Peter
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#69
Hallo,

wir hatten doch neulich in fast gleicher Besetzung die Diskussion bereits: Im Sommer wollte "Studio City" um Zehntel-Dezibel feilschen. In dem Zuge kamen wir natürlich auch auf die seitliche Einstreuung, nämlich in Beitrag #145.

(14.11.2020, 23:20)Peter Ruhrberg schrieb: (Einstreubreiten 1,75 + 3,5 mm, Spurbreite unverändert 1 mm).

Nach dem (oben verlinkten) Beschreibungstext bei van Bommel ist "als Einstreubreite ... nur noch etwa der halbe Abstand zwischen Kopfpaket und Abschirmung wirksam." Deswegen sind die 3.5 mm wahrscheinlich etwas hoch gegriffen; ich habe zwar keinen Revox-Viertelspur-Kopf hier, meine mich aber zu erinnern, dass da Abschirmbleche zwischen den Spuren sind.

(14.11.2020, 23:20)Peter Ruhrberg schrieb: Ich kann mich jedenfalls nicht erinnern, jemals solche Werte gemessen zu haben.

Ich habe dann an einem Woelke-Viertelspur-Kopf auf meiner ASC gemessen - und fand mit besagtem halben Abstand gerechnet Messwerte in plausibler Nähe: Beiträge #155 und #160.

Durch die nicht symmetrische Situation bei Viertelspur ist man hier in der glücklichen Lage, die Kanaldifferenz mit der Rechnung vergleichen zu können. Dadurch heben sich manch andere Einflüsse wie Spiegelwelligkeiten elegant hinweg. Hier nochmal die relevanten Ergebnisse aus dem anderen Thread:

       

Die Differenz der Einstreuungen liegt also in messbarer Größenordnung, und passt auch Theorie, wenn man einen Zahlenwert für die Eintreubreite einsetzt, der etwa die Hälfte des Abstands zur Abschirmung ist. Kai war zwar nicht zufrieden - ich denke aber immernoch, dass die Argumentation schlüssig und die Messwerte plausibel sind Smile

Auch als ich vor einer Woche (oder sind es schon zwei? ) die Wiedergabe meiner A807 bei 38 cm/s überprüft habe ist mir wieder die seitliche Einstreuung begegnet - und wieder hat die obige Formel mit einer groben Abschätzung der Geometrie (Studer Halbspur-Kopf) die Beobachtung gut erklärt. Das habe ich allerdings noch nicht hier im Forum aufbereitet. Man kommt ja zu nix Wink

Viele Grüße
Andreas
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#70
Auf Seite 204 vom McKnights Paper http://www.mrltapes.com/mcknight_low-fre...ration.pdf ist eine Grafik mit berechneten und gemessenen Werten für eine Maschine. Falls es zur Diskussion passt.

Gruß

Nelson
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