Nach 40 Jahren wieder ein Tonbandgerät
#1
Hallo liebes Forum,
nach über 40 Jahren Abstinenz habe ich mir nun einen kleinen Wunschtraum erfüllt und mir eine Revox-Bandmaschine A77 zugelegt.
Nun bin ich dabei, dieses doch etwas renovierungsbedürftige Gerät wieder aufzumöbeln. Die ersten Bauteile (Knallfrösche, Motorkondensatoren, einige Elkos) habe ich schon ausgetauscht, aber je mehr man schaut, desto mehr marode Teile werden ersichtlich. Ich wollte erst um eine Neueinmessung herumkommen und die Trimmer beibehalten, aber nun sind mir doch auf zwei der Einsteckkarten zwei Schleifer einfach abgefallen und ich werde die Potis auch ersetzen. Ein weiterer Fall sind noch einige schwer zugängliche Elkos, deren Austausch aber wohl auch Sinn macht. Gerne würde ich hier die Elkos auf der Netzteilbaugruppe ersetzen, aber ich fürchte, der Ausbau dieser Platine ist doch ziemlich aufwändig.
Nun ja, wie auch immer ... ich halte die A77 trotzdem für ein sehr robustes Gerät, dass sich gut restaurieren lassen müsste und dann noch lange Freude bereitet. Besonders neugierig bin ich doch auf meine 40 Jahre alten Aufnahmen, die ich seit damals nicht mehr gehört habe. Damals noch mit einem 4-Spur Philips Tonbandgerät aufgenommen...

Soviel erstmal in Kürze

HarryX
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#2
Ja die A77 ist schon irgendwie unkaputtbar und auch wenn es keine Neuteile mehr gibt (Ersatzteilversorgung war bis vor einigen Jahren immer noch das ausschlaggebende Argument für den Empfehlung eines Kaufs einer solchen Maschine) ist die Versorgung von gut erhaltenen Gebrauchtteilen glaube ich immer noch besser als bei anderen Geräten. Die Revox Geräte sind jetzt optisch nicht meine Lieblinge, aber so eine A77 gewinnt man schon echt sehr sehr lieb, wenn man sie einmal hat, die strahlt auch irgendwie so ne Wärme aus, finde ich. Mein eigentliches Problem mit dem Gerät, weshalb ich dann meine auch wieder verkauft habe sind allerdings die relativ weichen Köpfe. Bei einer HS 2 Spur fällt das nicht so ins Gewicht, aber sobald es um 9,5 cm/sec geht und dann auch noch 4 Spur ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Köpfe nahe an ihrem Ende sind bzw. Es schon erreicht haben relativ wahrscheinlich. Ich selbst hatte eine MK III Dolby 2 Spur mit 9,5 und 19 cm/sec. Die Schwierigkeit liegt dann auch daran, dass sie Köpfe sich durch die einfache Bandzugregelung ungleichmäßig abnutzen und dadurch dann ein Kanal früher dumpf klingt, als der Andere.

Für mich war das das totschlagende Argument das Gerät wieder zu verkaufen, was auch irgendwie ein Bisschen wehgetan hat, aber ich hatte und habe nicht das Equipment neue Köpfe einzubauen und mechanisch vernünftig auszurichten und mir wäre das damals auch zu teuer gewesen. Hätte ich da schon den Anschluss zu den lieben Leuten hier im Forum gehabt, hätte sich sicher Jemand zum Läppen und Einmessen gefunden. Ich meine es hätte auch mal Jemanden gegeben, der einen völlig anderen Ansatz verfolgt hat und Akai GX Köpfe in die A77 verpflanzt hat, das macht sie dann natürlich unsterblich! Für mich hat sich dann später aus raus gestellt, dass mir die Mk IV Version besser gefällt, ich 4 Spur bevorzuge, weil es ökonomischer ist und ich kein Dolby brauche, bzw. Die Integrierten Endstufen sogar eine nette und sinnvolle Zugabe für mich gewesen wären und dann haben mich eben doch die japanischen Geräte mehr angelockt, weshalb ich dann irgendwann meinen Traum erfüllt und mir eine GX 747 von Akai gekauft habe, die zwar sündhaft teuer war, mich aber bis heute unendlich glücklich macht :-) was natürlich nicht m heißt, dass ich dir die A77 madig machen will. Es war für mich nur zu dem Zeitpunkt nicht das Richtige, ich denke immer wieder daran, irgendwann mal wieder eine anzuschaffen. Aber auch hier ist es so wie bei vielen Dingen: steigende Gebrauchtpreise und wie du schon sagst ein Haufen Arbeit, dem ich mich nicht beugen will.

Ein Freund hat neulich sogar eine Geschichte von einem Typen erzählt der auf Bestellung OVP A77 in sämtlichen Ausführungen in einem Transporter verkauft und nur in bestimmten Städten anhält. Die Preise lagen irgendwo bei 500 oder 600 Euro. Der hat ein paar eigenartige Connections zu ehemaligen Rundfunkleuten, deshalb halte ich die Story nicht für ganz unmöglich. Da war ich aber finanziell nicht in der Lage, das zu stemmen, sonst hätte ich wohl eine gekauft. Das mit der Reparatur hätte der dann schon hin bekommen. Da wäre dann zumindest das Tonkopfproblem auch nicht mehr vorhanden gewesen. Zumal die Bezahlung in Bar am Transporter erfolgt wäre. Man hätte also nix verloren, wenn man einfach hingefahren und sich das angeguckt hätte, außer, dass möglicherweise niemand gekommen wäre.

Ich wünsche dir jedenfalls, dass es Deinen Köpfen noch gut geht bzw. Dir jemand hilft sie wieder herzurichten oder du das evtl sogar selbst machen kannst bzw. Günstig einen gut erhaltenen Kopfträger findest. Du scheinst ja aber schon recht weit voran gekommen zu sein. Das mit den Einmesspotis find ich übrigens überhaupt nicht schlimm. Die A77 hat doch einen Steller für Alles, die kriegst du total super wieder eingestellt und eine Neueinmessung macht wirklich Sinn, vor Allem auf aktuelles LPR 35, dann klingen neue Aufnahmen auch hervorragend! Übrigens, was man oft liest: die alten Transistoren sollen wohl ziemliche Rauschgeneratoren sein. Man kann wohl den Rauschabstand verbessern indem man sie durch aktuelle Ersatztypen tauscht, aber wie viel das bringt, weiß ich nicht.

LG Tobi
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#3
DOSORDIE,'index.php?page=Thread&postID=270115#post270115 schrieb:Mein eigentliches Problem mit dem Gerät, weshalb ich dann meine auch wieder verkauft habe sind allerdings die relativ weichen Köpfe.

War da nicht irgendwas, daß bei einer Generation der A77 (MK III?) auf die langlebigen Revodur-Köpfe umgestellt wurden? Mir ist die Geschichte von Olllafff in Erinnerung, der sich über die kurzlebigen Köpfe seiner Uher Royal de Luxe geärgert hat und dann auf die A77 umgeschwenkt ist, deren Köpfe sich als wesentlich haltbarer erwiesen.
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#4
Ja bei Uher ist das auch echt ätzend, hab aber da noch einen neuen Kopfträger und die sind auch recht günstig zu kriegen. Das mit der MK III wusste ich nicht, aber man muss eben einfach sehen, dass die Geräte sehr alt sind und auch langlebigere Köpfe doch auch häufig benutzt worden sein können und oft abgenutzt sind, wenn’s nicht grad Glasköpfe sind, ist gerade bei höheren Geschwindigkeiten schon auch mal Ende. Vielleicht hatte ich auch ne MK II?! Ich weiß es nicht mehr. Ich glaube das größte Problem ist, dass sich der Kopfspalt wie gesagt ungleichmäßig abnutzt und das Band dann „schief“ aufliegt, wodurch Kanalungleichheiten entstehen. Ich glaube, deshalb ist die Lebensdauer auch geringer, als bei gleichmäßiger Abnutzung. Solang der Einschliff auf beiden Seiten gleichmäßig ist, ist die Wiedergabe auch dementsprechend, vermute ich.

Vielleicht hatte ich aber auch einfach nur Pech. Es hieß ja auch immer, dass solang der Kopfspiegel bei bis zu 3 mm liegt, bei Revodur Alles ok ist, darüber wird es kritisch. Aber wie gesagt: hier gibts Leute, die Läppen können und das wieder hin bekommen und das auch machen, ohne dass es unbezahlbar wird.

LG Tobi
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#5
Meine gebrauchte B77 aus den Neunzigern hatte etwa 3mm Kopfspiegel beim Kauf. In den vergangenen 25 bis 30 Jahren habe ich es nicht geschafft, die Köpfe sichtbar abzuschmirgeln und die B77 ist mein meist benutztes Gerät...

Grüße
Erhard
Ich freue mich, wenn es regnet, denn wenn ich mich nicht freue, regnet es trotzdem. Karl Valentin
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#6
Lieber Harry,

Glückwunsch zu deiner Entscheidung mit der A77. Lass sie dir von Skeptikern bitte nicht madig machen. Die Köpfe halten je nach benutztem Bandmaterial (mehr oder weniger glatt kalandriert) 6000-8000 Betriebsstunden. Kritisch wird es nur bei trapezförmiger Abnutzung durch nicht ganz korrekte Ausrichtung und wenn der Schliffspiegel 5,5-6 mm erreicht. Bei den oben erwähnten 3 mm sind die Köpfe gerade "eingefahren" (ca. 2500 Std.). Die Abnutzung schreitet ja immer langsamer fort, je breiter der Spiegel wird!
Bis die 6 mm erreicht sind, sollte man natürlich ab und zu (so alle 400-500 Stunden) mal den Frequenzgang checken; evtl. ist eine Wiederholung der Einmessung nötig.
Wegen letzterer mach dir man keine Sorgen; da du in meiner ehemaligen Heimatstadt wohnst, ist es sicher kein Problem, mich mal mitsamt der A77 60 km weiter westlich zu besuchen, wenn es denn soweit ist. Wink

Viele Grüße
Holgi

P.S.: Welche Version der A77 hast du denn?
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#7
Liebe Foristen,

vielen Dank für eure Kommentare. Ich muss sagen, dass ich ja vor 40 Jahren schon von einer Revox-Bandmaschine geträumt habe, aber damals war sie für mich halt noch unerschwinglich.Der jetzige Kauf war insofern schon die Erfüllung eines alten Wunschtraums. Zunächst hatte ich auch an eine B77 gedacht, die mir aber doch für den Anfang etwas zu teuer war. Je mehr ich mich aber mit der A77 oder überhaupt mit den Revox-Geräten beschäftige, desto mehr fasziniert mich allerdings auch die damalige Technik. Es gibt mehr als genug Support im Netz zu diesem Gerät, die Elektronik besteht fast ausschließlich aus Standard-Bauteilen, die man auch heute noch leicht beschaffen kann. Man kann eigentlich nicht an irgendwelchen Spezial-ICs scheitern, die man nicht ersetzen kann. Aufgrund der hohen Stückzahlen dieser Maschine gibt es auch bei ausgefalleneren defekten Teilen noch Ersatz. Im übrigen erscheint mir auch die Mechanik mit den 3 Motoren recht robust zu sein. Meine damalige Philips-Bandmaschine RK?? hatte nur einen Motor mit diversen Riemchen und Bremsklötzchen, die sich irgendwann in eine schmierige schwarze Masse verwandelten - überhaupt kein Vergleich mit einer Revox.

Im übrigen scheint meine A77 (4-Spur, MK IV) auch noch nicht sooo viel gelaufen zu sein ... es war wenig Bandabrieb im Gehäuse zu finden und die Köpfe sehen auch noch recht gut aus (subjektive Betrachtung). Lediglich der Geruch eines Raucherhaushalts ist noch nicht ganz aus dem Gerät gewichen...

Viele GrüßeHarryX
Smile
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#8
Das ist schon ein tolles Gerät. Ich wollte sie auch nicht madig machen sondern mögliche Schwierigkeiten ansprechen, wenn der Bandlauf beinah unberührt aussieht hast du sicher noch lange Jahre Ruhe, was das angeht und die restlichen Arbeiten sind zwar aufwändig, aber werden auch belohnt. Eine perfekt laufende A77 MK IV ist tatsächlich ein Traum! Und ja, diese Heimtonbandgeräte von Grundig und co sind damit nicht vergleichbar. Am nächsten kommt ihr qualitativ tatsächlich die Royal DeLuxe, was die Robustheit der verbauten Teile angeht, also jetzt so im Vergleich zu Telefunken, Grundig oder Philips, die wirken dagegen wie Kinderspielzeug oder ein größerer Cassettenrecorder, aber man muss auch sehen, dass eine Revox eben nicht bei 800 Mark sondern schon mal bei über dem Doppelten lag. So ein TK600 von Grundig, was jetzt nicht verkehrt ist lag glaub ich bei 899 DM und das ist ein echtes 3 Kopf Gerät mit HiFi Verstärker und integrierten 2 Wege Lautsprechern, aber eben nur einem Motor, es spult super langsam und das Laufwerk ist eben bei einmotorigen Geräten auch immer sehr laut, es fühlt sich gegen eine A77 irgendwie eher „abgespeckt“ an, wie gesagt, eher wie ein Cassettenrecorder. Das Ding ist halt auch bis auf ein paar japanische Geräte (z.B. Akai GX 260 D) sehen diese deutschen Heimtonbandgeräte auch immer aus, wie ein Spielzeug. Ich kann das nicht beschreiben, aber wenn sowas Großes daneben steht und man stellt noch ne Grundig, Uher oder sonstwas da hin dann wirkt das so als stünde ein Radiorecorder neben einer großen Stereoanlage.

Die A77 wirkt jetzt nicht gar so mächtig, wie die größten Japaner, aber man merkt ihr ihre Substanz irgendwie an.

LG Tobi
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#9
...bin eigentlich auch eingefleischter Revoxler. Neben einer G36 laufen bei mir auch 2 A77 MKVI, eine in Viertel- und eine in Halbspur.
Letztere hatte bereits ein bewegtes Leben bei einem Musikproduzenten, dürfte also einige Kilometer auf der Uhr haben, letztlich wurden an ihr lediglich die Knallfrösche gewechselt, der Rest ist unangetastet. Sie läuft fast jeden Tag, sowohl Aufnahme wie Wiedergabe und machte noch nicht einen Tag schlapp. In Reserve liegt aber noch ein NOS-Kopfträger...
A77 2- und 4-Spur, G36, RFT SK 3930, RFT CAW-WI, SP 3930 und REMA 2072 + B2725 konstant
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#10
Hallo Harry,

das NT aus der Maschine dröseln hab ich damals ?( (2011) auch geschafft. Da war ich bei weitem noch nicht so weit wie jetzt. Halbe Sachen machen einfach keinen Sinn und Du hast hier auch richtig eingefleischte Experten die, die A77 aus dem FF kennen. Holgi hat einen sagenhaften Thread erschaffen bei dem im Prinzip nichts bei der Reparatur schief gehen kann. Das NT ist im Prinzip ja nur zu entkabeln und dann sind es vier Schrauben und ein klein bisschen Power auf der Hand. Achso ..... thumbup GLÜCKWUNSCH thumbup

Liebe Grüße Andre
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#11
G36 <3
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#12
Ich habe nun die Trimmer der Einsteckkarten ausgetauscht und auch die meisten Elkos. Da das Löten der Leiterplatten wirklich extrem problemlos ist, werde ich auch noch die Tantalelkos tauschen - ich denke, das reicht dann.

Testweise habe ich die Leiterplatten wieder eingesteckt und das Gerät gestartet - es läuft alles tadellos und der Wechsel der Elkos hat sich auch klanglich gelohnt (obwohl da momentan ja noch nichts eingestellt ist). Ich war erstaunt, was da nach 40 Jahren noch von den alten Aufnahmen übrig war. Die Höhen waren zwar nicht mehr so vorhanden, aber ansonsten... Smile Leider habe ich damals irgendwann in meinem jugendlichen Leichtsinn an den Tonköpfen des Philips-Gerätes herumgedreht und an manchen Stellen hört man das ;( .... nun ja... kann man nicht mehr ändern.

Die Aufnahmefunktion der A77 habe ich dann auch mal getestet und sie funktioniert auch - beide Kanäle prinzipiell ok. Auch das muss natürlich noch eingestellt werden.
@Holgi : Vielleicht werde ich dann mal Dein freundliches Angebot annehmen und Dich mit dem Gerät in meiner Nachbarstadt besuchen Wink Kann aber noch ein bisschen dauern...

Nun werde ich mich aber erstmal an den Austausch der Elkos auf der Netzteilkarte machen. Es macht wohl wenig Sinn, gerade diese im Gerät zu belassen. Beim Starten der Motoren bemerkt man ein leichtes Dunklerwerden der Glühlampen - ist das eigentlich normal? ?( Gemessen habe ich jetzt noch nichts dazu...

Die SpeedControl-Platine werde ich wohl auch updaten, wenn ich schon dabei bin. Im Moment läuft der Capstan-Motor zwar problemlos und ich denke auch mit der richtigen Geschwindigkeit, aber wenn ich mir den Trimmer so anschaue, dann weiß ich nicht, wie lange das so bleibt. Wobei man an den Trimmer ja auch ohne den Ausbau der Platine gut herankommt.

Soviel zum Stand der Dinge! Langsam aber sicher geht es voran... Rolleyes

Viele Grüße
HarryX
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