Ferrograph Series 7 Modell 722 Halbspur mit 38cm/s
#1
Ich hatte vor geraumer Zeit begonnen eine Ferro 7 Halbspurmaschine zu restaurieren.
Der geneigte Leser erinnert sich vielleicht an meine Probleme mit den aufgelösten Reibrädern und der im Inneren überall verteilten Erdölrohmasse.

       

Außerdem hatte ich nun mehrmals laut Servicemanual das komplette Chassis demontiert.
Ihr glaubt gar nicht wie kompliziert man etwas konstruieren kann.
An Stellen wo man in 3 mm dickes Aluminium Gewinde hätte schneiden können wurde hier alles mit Kontermuttern und Zahnscheiben von der Rückseite verschraubt.
Das bedeutet man muß wirklich komplett alles demontieren um zum Bsp die Schwungmasse auszubauen.

Im Austausch zu den schwarzen Schmierteilen erhielt ich wieder aus Großbritannien zuverlässig regenerierten Ersatz zu einem moderaten Preis.

       

Zum Glück hatte ich bereits mehrmals die Reibräder ein und ausgebaut, ich wußte daher zum Beispiel daß man am besten die auszuhängenden Spiralfedern mit Klebeband fixiert.
Auch empfiehlt es sich unbedingt auf einem großen weißen Blatt Papier als Unterlage zu arbeiten, weggeschnipste Befestigungscheiben (hier liebevoll Jesusclips genannt) sind in Kontinentaleuropa nicht zu bekommen. Selbst die Teflonunterlegscheiben haben zöllige Maße, Ersatz schwierig.

Geschafft, auf den nächsten Bildern ist gut das 3-stufige Antriebskonzept der Ferrographen zu erkennen.
Der gestufte Motorpulley treibt über 3 gleiche Zwischenräder die gleichfalls gestufte Schwungmasse mit der Tonwelle an.

           

Zur Geschwindigkeitsumschaltung wird über einen Auswahlschlitten jeweils der Kraftschluss zwischen Pulley und Schwungmasse auf der entsprechenden Abstufung hergestellt.
Durch die große Masse der Schwungscheibe bleibt das ganze weitgehend jitterfrei.
Die Reibräder werden nur bei Wiedergabe/Aufnahme und Pause eingekuppelt, damit läuft der Capstan nicht ständig.
Das Problem dabei ist, daß die Schwungmasse innerhalb kürzester Zeit auf Solldrehzahl gebracht werden muß.

Bei niedrigen Geschwindigkeiten bis 19,5 cm/s bereitet das Antriebskonzept kein Problem, bei
38cm/s wird jedoch der Capstan derart beschleunigt daß beim Wechsel von Pause auf Run/Wiedergabe der Bandvorschub an der Andruckrolle ruckartig zur Schlaufenbildung führen würde. Hier muß der Aufwickelmotor kurzzeitig einen höheren Strom erhalten um mehr Drehmoment zu entfalten. Die ganze elektrische Motorsteuerung erfolgt über einige Mikrotaster und verzögerte Relaisschaltungen. Hier kommt es wirklich auf Betätigungsabstände und Dämpfungsmaterialien zwischen diversen Magneten und Anker an.
Wie bei allen Bandmaschinen ist auch ein genauer Anpressdruck der Gummiandruckrolle
entscheidend.

Das Servicemanual ist bei der Einmessung etwas unverständlich formuliert. Ich bin jedenfalls nicht auf die dort angegebenen 4 VU bei 32 milli-maxwell/mm entsprechend 2,0 V am 600 Ohm Ausgang gekommen. Ich habe keinen Plan was 0 VU bei Ferrograph an Ausgangspannung entsprechen soll.
Nachdem ich den Wiedergabezweig mit Peters Pegelmeßband bei 320 nanoWeber/m Bandfluss auf +3 VU eingestellt habe und mit Scotchtape Typ 203 der Aufnahmepegel bei Hinterbandkontrolle gleich Vorband eingeregelt ist kann ich keinerlei Unterschied zwischen Vor- und Hinterband ausmachen. Ich bin erst einmal zufrieden damit.

Der Bandpfad wirkt rustikal mit den britischen Töpfen.

           

Zum kompletten Umspulen empfiehlt es sich direkt von Spule zu Spule zu arbeiten, das Band wird beim Spulen nur leicht vom Andruck der Filze befreit, hat also immer noch leichten Kopfkontakt.
Ach so, die Umspulgeschwindigkeit und Richtung kann mittels eines Reglers kontinuierlich von 0 auf maximal und in der Drehrichtung umgesteuert werden.
Leider haben die Jungs aus Southshields nur auf maximal 22cm Spulen gesetzt.

Zum Abschluß noch den Schmutz und Belag von
45 Jahren entfernt und zwei Original Ferrographspulen mit EMI-Tape geladen.

   

Und ab zum Fotoshooting…

           

       

Bei der Wiedergabequalität nimmt sich die Ferrograph Seven nichts mit meiner Teac A-3300SX Halbspurmaschine, beide klingen bei 19 cm/s gleich gut.
Und bei 38 cm/s sowieso.

Gruß, Jan
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#2
Feiner Bericht, Jan - Hartnäckigkeit führt letztendlich zum Erfolg bei der Restaurierung. Smile

Vor Jahren hatte ich einmal die große Schwester SUPER 7.

Im Gegensatz zu deiner Maschine waren die 3 Gummirollen total ausgehärtet und die 4-Spur Köpfe (langsame Version bis 19cm) sehr verschlissen
und dazu trapezförmig eingeschliffen, so daß ich diese Maschine wieder abgegeben habe, weil der Sound einfach nur dumpf war und das Laufwerk
sehr laut und "bollerig" wegen der resonierenden harten Gummirollen. Sad

Heute, 10 Jahre später, tut mir das leid, ich hätte die SUPER 7 behalten sollen....

_________________________________________

Gruß, Frank
Hau wech, den Schiet - aber sech mir, wohin


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#3
Hallo Frank,

die Super Seven ist heutzutage nur noch sehr schwer zu bekommen.
Wegen der besonderen Form scheint ein Nacharbeiten der Köpfe schwierig.
Man müsste erst den Topf entfernen.
Ich kenne niemand der diese Ferrograph Köpfe geläppt hat.
Spätere Modelle haben dann andere Köpfe, die sollen auch widerstandsfähiger sein.

Gruß, Jan
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#4
Super Jan, vielen Dank. Tolle Maschine, habe ich noch nicht so gesehen.

LG
Milke
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#5
Die Ferrographen sind in Kontinentaleuropa eher Nischenprodukte.
Ganz anders sieht es auf den britischen Inseln aus.
Trotz des hohen Alters der Geräte gibt es da einen größeren Gebrauchtmarkt.
Wobei das auch dort wie mit britischen Autos ist, viele haben lieber japanische Modelle, Akai und Teac dominierten auch dort den Consumermarkt.
Wie schon viele andere angemerkt haben sind bei den Ferrographen das größte Problem die mißglückten Reparaturversuche einiger Vorbesitzer.
Auch dadurch ist der Ruf der Maschinen schon nachhaltig beschädigt.
Mechanisch ist einiges anders gelöst als bei den europäischen oder japanischen Maschinen.
Manchmal scheitert es dann auch am passenden Werkzeug.
Das bekannte Thema Neopren Verflüssigung der Gummiräder läßt sich aber immer lösen.
In der Elektronik hatte ich zumindest bei den Ferrograph 7 noch keine tauben Elkos oder andere schadhafte Kondensatoren.
Selbst die verbauten Tantalelkos waren einwandfrei.
Wenn die Maschine nach dem Service Manual gewartet oder repariert wird bestehen sehr gute Chancen auf ein zuverlässiges Ergebnis.


Gruß, Jan
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