Die Papst-Show ... einmal anders
#1
Die taz sieht den Rummel um den toten Papst einmal völlig anders, als es derzeit die Cathologies tun:

http://www.taz.de/pt/2005/04/05/a0249.nf/text

Und einer aus Heises Telepolis:

http://www.heise.de/tp/r4/artikel/19/19833/1.html

wohltuend 'anders' im Einerlei der medialen Berichterstattung...
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#2
Jo,

der Herr segne ihn und behüte ihn. Er lasse leuchten sein Angesicht über ihm und schenke ihm Frieden. Amen.

Ist für mich einfach ein alter Mann, der sicher ne Menge geleistet hat in seinem Leben - nicht jeder schaffts zum Papst - aber er hat doch ein schönes Alter gehabt. Wenn sein Job ihm Berufung war und er keine Altersruhe brauchte - bittesehr. Jeder, wie er möchte.

Deswegen bleibt er aber ein normaler Sterblicher für mich, wie ich sie tagtäglich auf der letzten Seite finde.

Gruß Norbert
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#3
Die Hauptperson selber hat einfach einen Job gemacht. Nach geltenden Maßstäben einen guten sogar. Immerhin 26 Jahre lang, dies mit vollem Einsatz. Für meinen Geschmack zu konservativ, was die Kirchenpolitik anbelangt und auch in Lebensfragen recht selten mit nachvollziehbaren Positionen. Aber deswegen war er auch Papst und nicht Manager in einem Großkonzern.

Den Großen der Welt ist er nicht in den Arsch gekrochen, was leider keine Selbstverständlichkeit ist, und er hat zumindest seine Meinung gesagt, wenn ihm an der Weltpolitik etwas nicht gepasst hat. Meinungen, die ich durchaus teile. Mit diesem Engagenment, mehr Möglichkeiten hatte er nicht, unterscheidet er sich von anderen Päpsten, zum Beispiel von dem der Hitler-Zeit.

Alles in Allem habe ich Respekt vor einer integeren, vertrauenswürdigen Person, auch wenn für mich die Firma, bei der er angestellt war, nicht sehr vertrauenswürdig und auch nicht wichtig ist.

Unwürdig finde ich das öffentlich machen des Sterbens mit 24-Stunden-Live-Übertragung auf N24. In dieser Situation des bevorstehenden Abgangs ist das einfach ein Mensch, der Pietät verdient hat, so wie jeder Mensch, egal ob Papst, Schwerverbrecher oder Otto Normali.

Die Kritik der Medien an den Medien ist daher durchaus gerechtfertigt, die Spöttereien über den Hauptakteur hätte ich jedoch zu dessen Lebzeiten für fairer und angemessener gehalten. Jetzt kann jeder meckern.
Michael(F)
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#4
Es gab Päpste, die haben Unholde gebannt und selbige sind dann zu Kreuze gekrochen und haben um Vergebung gebittelt. Ein probates Mittel, daß man mal bei dem so gottesfürchtigen Bush hätte anwenden können.

Interessant heute: die Supergläubigen auf dem Petersplatz werden militant: 'ich habe doch nicht die weite und teure Reise von Polen hierher gemacht, um dann nicht reingelassen zu werden!' poltern sie vor den Kameras und sind richtig böse... Seltsamer Glauben das. Ich dachte, man wollte da jemandem die letzte Ehre erweisen... und außerdem als Supergläubiger, denn nur die pilgern jetzo nach Roma, besonders vorbildlich den Cathology mimen. Na ja, Theorie und Praxis Wink
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#5
Der Mann war authentisch und ehrlich und hat seine Ansichten eben nicht in einem modern-undefinierbaren Sprachbrei versteckt - genau das hat ihn von 95% der heutigen Politiker wohltuend unterschieden. Deshalb fühlten sich offenbar gerade auch junge Leute, die noch über eine gewisse natürliche Sensibilität für Fragen von Humanität und Gerechtigkeit verfügen, von seiner Person angezogen und geben ihrer Betroffenheit nun aktuell Ausdruck (mit "Papst-Show" hat das wenig zu tun).

Auch wenn ich nicht mehr zu dieser Generation gehöre, kann ich dieses Anliegen gut nachempfinden und muss dem Lebenswerk dieses Mannes - insbesondere seinem unermüdlichen Einsatz für ein friedliches Miteinander der Völker und Religionen - großen Respekt entgegenbringen.

Hat alles nix mit Tonbändern zu tun - musste aber mal gesagt werden!
Und diesen TAZ-Artikel finde ich schlichtweg ..... zum Würgen!!!
Frdl. Gruß Michael(G)
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#6
Ich zitiere mich mal selber, da es hier offensichtlich anders ankam, als es gemeint war:
Zitat:Crazy99 postete
Jo,

der Herr segne ihn und behüte ihn. Er lasse leuchten sein Angesicht über ihm und schenke ihm Frieden. Amen.
War sicher etwas sarkastisch, entspricht aber dem üblichen Kirchenspruch in der ev. luth. Kirche.

Zitat:Ist für mich einfach ein alter Mann, der sicher ne Menge geleistet hat in seinem Leben - nicht jeder schaffts zum Papst - aber er hat doch ein schönes Alter gehabt. Wenn sein Job ihm Berufung war und er keine Altersruhe brauchte - bittesehr. Jeder, wie er möchte.
Sollte heißen, dass er natürlich ein Mann großen öffentlichen Interesses war, andererseits er aber auch "nur" ein Mensch war, folglich dieser ganze Presserummel eklatant widerlich ist! Natürlich muß das Volk über den Tod des Papstes informiert werden, jedoch nicht in dieser aufdringlichen Form.
Seine eigentliche Leistung ist in meinen Augen nicht die Zeit, die er im Amt des Papstes war, sondern der Weg dorthin und die Erreichung des Amtes. Habe ich nämlich diese Hürden erst einmal genommen, kann ich mich selbst verwirklichen und das tat er auch eindeutig. Ich denke aber, dass dies viele andere ebenso gekonnt hätten. Nur die sind eben nicht der Papst und werden es auch niemals.

Zitat:Deswegen bleibt er aber ein normaler Sterblicher für mich, wie ich sie tagtäglich auf der letzten Seite finde.
Dazu stehe ich. Wenn beispielsweise meine Frau, deren Leben 2000 durch die Unachtsamkeit eines LKW-Fahrers am seidenen Faden hing, es nicht geschafft hätte, wen hätte das interessiert? Mir steht sie weit näher als ein Papst oder auch ein Bundeskanzler! Liegt alles im Auge des Betrachters.
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#7
Eigentlich kann ich zum Papst nicht viel beisteuern. Ich bin kein Katholik, und für meinen Glauben hat er nie eine Rolle gespielt. Daß er für seine (heute gemeinhin als konservativ eingestuften) Überzeugungen vehement eingetreten ist, finde ich dennoch richtig und gut - eine Kirche, die sich jedem gesellschaftlichen Moralverlust anbiedert, verliert m.E. ihre Daseinsberechtigung.

Was den posthumen Rummel angeht: Etwas befremdlich finde ich es schon, daß einerseits die Kirchen immer leerer werden, andererseits aber Rom vor Pilgern, die den toten Papst noch mal sehen wollen, aus den Nähten platzt. Da drängt sich schon der Verdacht auf, daß da in vielen Fällen mehr Sensationslust als christliche Überzeugungen oder Hochachtung gegenüber dem Verstorbenen eine Rolle spielen. Und auch daß er nun als Wegbereiter der polnischen EU-Mitgliedschaft und Widerständler gegen den europäischen Kommunismus gewürdigt wird, halte ich für übertrieben.

Wie auch immer: Die taz-Kolumne war in dieser Form auch meiner Meinung nach ziemlich peinlich. Ich habe sie zwar eher als Unmutsäußerung über die Randerscheinungen (Medienrummel etc.) des Ablebens verstanden und nicht als letzten Tritt gegen den Papst selbst, aber einen Verstorbenen ohne erkennbare ironische Distanz als "polnische Flugente" und "obersten katholischen Hassprediger" zu schmähen, ist trotzdem nicht lustig, sondern einfach plump und dumm.
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#8
Habe auch ein eher differenziertes Verhältnis zu Papst und Kirche. Aber ohne Frage hatte der gute Woitila viel bewirkt und ist aus dem letzten Vierteljahrhundert kaum wegzudenken.

Was dieser Schreiberling da hingeschmiert hat, ist nichts anderes, als sein persönlicher Wichs. Man merkt, daß es ihm Spaß macht, mit Worten herumzuschleudern (was er ohne Zweifel perfekt kann). Wo absolut jeder gute Geschmack ein Ende hat, ist, wenn er anfängt, von getunnelten Prinzessinnin zu schreiben: Pfui!

Grüße Axel
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#9
Die Stoßrichtung der Artikel sah ich in der Hauptsache auch gegen den Medienrummel, wobei mir, wie das oft bei derartigen Texten der Fall ist, nicht ganz klar wird, was eigene Position des Texters ist und wo er in eine zu karikierende Rolle hineinschlüpft.

Vom "obersten katholischen Hassprediger" zu sprechen ist sachlich einfach falsch. Bei allem sturen Konservatismus in der eigenen, katholischen Sache stand Woytila vor allem für praktizierte Toleranz gegenüber Andersdenkenden. Nicht umsonst wurde er auch von Anhängern anderer, durchaus fanantischer Religionen aus arabischen Ländern respektiert! Wenn man einen symbolischen Beruf für ihn finden müsste, der seine Arbeit beschreibt, so wäre es weniger der in der Bibel genannte Beruf des Fischers sondern mehr der modernere eines Brückenbauers zwischen den Teichen.

Als Person des öffentlichen Lebens, in das er sich lobenswerter Weise eingeschaltet hat, muss er mit Kritik und Angriffen rechnen. Vor seinem Tod und meinetwegen auch danach. Mittendrin halte ich das für hochgradig deplaziert, schon aus Rücksicht auf diejenigen, für die der Tod dieses Menschen ein großer Verlust ist.

Aber es ist ja nicht nur die TAZ, die etwas Fingerspitzengefühl vermissen lässt. Hans Küng, Heiner Geissler, auch Uta Ranke-Heinemann, von mir durch die Bank zumindest respektiert Personen, hätten nicht unbedingt am Tag nach dem Tod eine neue Runde des Dauerlutschers "... was mir am Papst nicht gefällt..." einläuten müssen. Das wirkt zu diesem Zeitpunkt einfach nur noch hilflos und deplaziert, wertet das Stehvermögen des Kritisierten eher auf. Man muss kein Fan der FAZ sein, um ihr bei dieser Beurteilung recht zu geben.
Michael(F)
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#10
Um bei den Texten, insbesondere dem der TAZ, zu bleiben: etliches ist wie bereits festgestellt unrichtig und überzogen, dennoch hat dieser Schmähtext offenbar für einige Diskussion gesorgt und so die tägliche Berichterstattung rund um den Vatikan etwas ertragenswerter gemacht.

Die Kirchen mögen sich leeren, was bleibt sind die Hardcore-Cathologies und das dürften ja allein in Deutschland noch Millionen sein. Da Flugreisen heute Gang und Gebe sind und mit Ryan-Air locker für jeden bezahlbar, wundern mich die Herrscharen auf dem Petersplatz nicht...
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#11
Die Kirchen leeren sich zwar, aber am meissten leeren sich die der evangelischen Gläubigen. Diese haben weder Papst noch Zölibat und sind auch sonst lockerer und kundenfreundlicher drauf. Viel helfen tut das anscheindend nicht, und egal was man von den katholischen Besonderheiten halten mag - so ganz stimmt es also nicht, daß deswegen die Kirchen leerer werden.

Man sollte beachten, daß in vielen Ländern der Glaube traditionell einen wesentlich höheren Stellenwert hat als hierzulande. Italien ist eines dieser Länder und auch Polen. Beide Länder sind Hochburgen des katholischen Glaubens. So betrachtet war JP2 auch der 2. Aussenminister Polens und wird von seinen Landsleuten auch politisch gesehen.

Ob diese wie auch die anderen Gläubigen in ihrem Trauerverhalten immer die richtigen Verhaltensweisen finden, ist natürlich eine andere Baustelle. Die TAZ wird sich des Themas schon annehmen. Wenigstens hält Stefan Raab die Klappe.
Michael(F)
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