HE-AAC(DAB+), HE-AACv2, LC-AAC, mp3 Vergleich
#1
Ich würde gerne mal DAB+ Encoder meßtechnisch überprüfen, habe aber leider keinen.
Deshalb habe ich dazu benutzt, was dem am nächsten kommt:
Das scheint der Nero-AAC-Encoder zu sein. der drei Formate erstellen kann:
LC-AAC (LC=low complexity)
HE-AAC (v1) (HE=high efficiency) das weitgehend dem bei DAB+ verwendeten Verfahren enspricht bis auf eine bei DAB+ etwas kleinere Blockgröße
HE-AACv2 ein noch stärker komprimierendes Verfahren, das zusätzlich zu SBR (Spectral Band Replication) auch noch "Parametric Stereo" anwendet zur Datenreduktion.

Dazu habe ich mit Audacity zwei Test-Signale als wav-Files mit 48 kSps Samplerate erstellt:
1. Weißes Rauschen, Tiefpass-begrenzt auf 15 kHz Bandbreite
2. Gleit-Sinus mit einer Frequenz von 400 Hz bis 16000 Hz mit "logarithmischem" Frequenzverlauf über der Zeit.
Die WAV-Files habe ich dann mit dem Nero-Encoder im VBR-Modus (variable Bitrate) in die drei Formate umgewandelt mit dem Qualitäts-Parameter 0.62, der zu etwa 233 kbps Datenrate führt.
Zum weiteren Vergleich habe ich die beiden Test-Files mit Lame in mp3 gewandelt mit der Qualitäts-Option -V0 (höchste Qualität bei variabler Bitrate).

Die Ergebnisse habe ich dann wieder mit Audacity betrachtet.
Hier zunächst mal die Rausch-Files:
   
Oben das Original [mp3 sieht praktisch genauso aus, wird deshalb nicht gezeigt]
2tes Signal: LC-AAC, in Audacity decodiert, [sieht mit NeroAacDec decodiert nicht anders aus]
3tes Signal: HE-AAC (v1), "
4tes Signal: HE-AACv2, "
Die Hüllkurven der Signale sehen nach unten zunehmend unruhiger/zappeliger aus.
Deutlicher werden vorhandene Unterschiede in den Spektren der Signale:
    Das WAV-Original [bei mp3 kein wesentlicher Unterschied erkennbar]
Spektrum des Originals bis etwa 15 kHz

    LC-AAC, nahezu gleich, fällt oben sogar etwas steiler ab.

    HE-AAC (v1), ähnlich DAB+
Das Spektrum zeigt ca. 4 Stufen, geht bis fast 16 kHz, also 0.9 kHz höher als das Original !
7.5 dB Stufe bei ~14.6..7 kHz, unruhige Hüllkurve zwischen 10 - 13,5 kHz
diskrete Spektrallinie bei ~15.25 kHz, 3dB höher als die spektrale Hüllkurve unter 10 kHz,
mehr als 10 db über dem Plateau zwischen 14.7 - 15.8 kHz

    HE-AACv2 , die nächste "Verschärfung" nach DAB+
Das Spektrum geht nun sogar bis 17 kHz, also 2 kHz höher als das Original !
4 Stufen: ~2.7 kHz, 6.7 kHz, 15 kHz, 16.9 kHz

Die HE-AAC Decoder erfinden also jenseits der Obergrenze des Originals noch zusätzliches Signal, das vorher nicht da war.

Nun der Test mit dem Gleit-Sinus:
   
oben das wav-Original : ein Gleit-Sinus von 400 Hz bis 16000 Hz mit "logarithmischem" Frequenzverlauf über der Zeit
[die mp3-Version sieht praktisch genau so aus und wird deshalb hier nicht gezeigt]
2tes Signal:LC-AAC Version,
3tes Signal:HE-AAC-Version (ähnlich DAB+), dekodiert in Audacity (vermutlich mit ffmpeg)
4tes Signal:HE-AAC dekodiert mit NeroAacDec.exe, Signal endet bei etwa 10 kHz
5tes Signal:HE-AACv2, dekodiert in Audacity, im Teil oberhalb 6.8 kHz Spitzen bis +10 dB
6tes Signal:HE-AACv2, dekodiert mit NeroAacDec.exe, Signal endet bei etwa 6.8 kHz

Bei den HE-AAC Signalen sind sich also der von Audacity verwendete Decoder und der Nero-Decoder garnicht einig, wie oberhalb 10 kHz (v1) bzw. oberhalb 6.8 kHz (v2) zu verfahren ist. Im Bereich oberhalb 6.8 kHz erzeugt Audacity Signale, die in den Spitzen 7 bis 10.5 dB über dem Clipp-Level vom 16 Bit-WAV-Format liegen, während der Nero-Decoder dort fast Null liefert.

Nun die dazugehörigen Spektren:
    Das Original im WAV-File, [bei mp3 sieht man unterhalb 400 Hz Anteile bei etwa -46 dB, ansonsten sehr ähnlich]

    LC-AAC, kaum ein Unterschied

    HE-AAC in Audacity decodiert

    HE-AAC mit Nero decodiert, endet im Wesentlichen bei etwa 10 kHz

    HE-AACv2 in Audacity decodiert

    HE-AACv2 mit Nero decodiert, endet im Wesentlichen bei etwa 6.8 kHz

Mit dem Gleit-Sinus kommen die HE-AAC Verfahren anscheinend nicht gut zurecht. Die Experten nennen sowas vornehm "etwas verringerte Transparenz".

LC-AAC wird beim Sateliiten-Rundfunk verwendet sowie in einigen Mediatheken (wurde früher bei DAB verwendet, heute nur noch in wenigen Ausnahmefällen im Süden ?Hessen?).

Ich weiß natürlich nicht, ob Audacitys Decoder und der Nero-Decoder und -Encoder "Macken"-frei sind.
Falls jemand einen Referenz-Encoder und -Decoder für DAB+ bzw HE-AAC (v1) zur Verfügung stellen kann, würde ich gern den Test damit wiederholen.

MfG Kai
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