Ferrograph 7
#1
Hallo zusammen,

da nun bald wieder die beste Jahreszeit zum Reparieren und Basteln kommt, habe ich als Restaurationsobjekt einen Ferrograph Modell 7 aus der Versenkung geholt.

Trotz Warnungen habe ich diese Maschine erworben, mich reizt daran natürlich die Herausforderung.

   

Das Grundprinzip dieser Maschine ist seit 1954 gleich geblieben, da kamen die ersten "Eisenschreiber" aus Southshield in Nordostengland auf den Markt:
3 Motoren, ein indirekter Antrieb mittels Zwischenräder auf eine Schwungmasse, zentrale Funktionsmechanik mit Magnetunterstützung.
Bis zu diesem Modell 7 wird der Bandandruck an den Köpfen noch zusätzlich durch Andruckfilz unterstützt.
Wie auch in diesem Forum schon geschrieben ist fast alles anders als bei europäischen und japanischen Maschinen gelöst.
Darüber mag ich aber hier nicht urteilen, der bereits restaurierte Ferrograph 4A läuft zur vollen Zufriedenheit...

Schon der erste Anblick zeigt daß hier gebastelt, bzw etwas grob geschmiedet wurde, die M12 Mutter als Anschlag für den Bedienhebel gehört da definitiv nicht hin...

   

Als ich die Maschine das erste Mal geöffnet hatte kamen einige bedenkliche Dinge zum Vorschein.
Daß die Zwischenräder und die Andruckrolle sich bei diesem Modell in undefinierbares "goo" verwandelt haben
ist ja allgemein bekannt.

   

So eine ecklige schwarze Masse ist mir bisher noch nicht untergekommen, hier hat sich das verwendete Neopren wieder
in Erdöl zurückverwandelt...

   

Ersatz für diese Gummiteile erhält man jedoch problemlos in England, man soll die Originalrollen einsenden und erhält dann im Austausch regenerierte Teile. Das hat wunderbar funktioniert.

Beim weiteren Anblick fallen erst einmal diverse "Reparaturversuche" auf.

   

Der Mikrotaster für die Anschaltung des Tonmotors ist geflickt und funktioniert keinesfalls,
Dieses Teil gibt es aber noch in den gleichen genormten Abmessungen heute auch noch.

   

Der Anker für die Magnetbetätigung der Andruckrolle ist im Original mit einem Gummianschlag gedämpft, der Anschlagsgummi hat sich mittlerweile
in bröselnden Rückstand verwandelt, hier muss ich ausprobieren was sich als Dämpfung eignet...

   

Bei den Magnetköpfen war der Bandkontakt vielleicht nicht ausreichend, also wurde von jemand anderem etwas mehr Andruckfilz aufgetragen... Das muß auch wieder korrigiert werden.

   

Der Vorwiderstand für einen Motor wurde mittels Parallelschaltung verkleinert, da habe ich noch keine Idee wozu das dienen sollte...

   

Alles in allem also ein Ferrograph zum Fürchten, aber diese Herrausforderung nehme ich erst mal an.
Falls also jemand hier im Forum gute Tipps zur Restauration eines Ferrographen Modell 7 hat, immer her damit, die kann ich auf jeden Fall verwenden...

Viele Grüße, Jan
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#2
Heute hatte ich wieder etwas Zeit mich dem Ferrographen zu widmen.

Geplant war der Austausch des defekten Mikrotasters für die Anschaltung des Reelmotors bei Wiedergabe.

   

Interessant am defekten Schalter ist der aufgedruckte Herstellungsort: Gateshead, das liegt ganz in der Nähe von South Shields wo die Ferrographen produziert wurden.

   

Die Engländer haben vornehmlich Produkte aus der näheres Umgebung, zumindes aus dem eigenen Land eingebaut, damals nichts aus China importiert. Der Ferrograph soll zu über 90 % aus britischen Einzelteilen bestehen, habe ich gelesen.
Hier der neue Mikrotaster, der kommt natürlich aus Fernost...

   

Bei dieser Gelegenheit die Info, ohne zölliges Werkzeug kommt man beim Ferrographen nicht sehr weit, hier haben viele Gewinde imperiale Abmessungen. Metrisches Werkzeug zerstört hier mehr da es nirgendwo richtig greift.

Die erneuerten Gummiteile sind in guter Qualität aus UK angekommen.

   

Als nächste werden die 3 Reibräder, welche die Schwungmasse mit dem gestuften Motorpulley verbinden, montiert.

       

Die Räder müssen einzeln auf die federnd gelagerten Umschalteschienen montiert werden.
Hierbei muss auf Ober- und Unterseite der Reibräder geachtet werden.
Die Haltespangen fixieren über entsprechende Beilagescheiben die Reibräder, auch hier muss auf spannungsrichtige Einbaulage geachtet werden.
Jedes Lager wird zusätzlich mit einem Tropfen Sinterlageröl versorgt.

   

Über einen Kraftmagneten wird sichergestellt, daß die Umschaltung der Reibräder auf andere Geschwindigkeiten nur im abgehoben Zustand erfolgen kann. Auch werden die Räder im stromlosen Zustand der Maschine aus der Kupplung zum Motor und der Schwungmasse ausgeschwenkt.

Nachdem dieser kniffelige Teil beendet gestaltet sich der Einbau der neuen Andruckrolle ausgesprochen entspannt.

   

Das Lager der Tonwelle muss gesäubert werden und wird gleichfalls mit Sinterlageröl geölt.

   

Als nächstes ist die Reparatur der Ankerdämpfung beim Run- und Bremskraftmagneten geplant und anschließend deren Neujustage.
Da fällt mir spontan noch nichts ein, original ist der Anschlag mit dünnen Schaumstoff gedämpft der aber total zerbröselt.

       


Einen schönen Abend, Jan
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#3
Danke, Jan, nett zu lesen. Mich würde interessieren, wie die Geräte denn klingen, wenn sie im guten Zustand sind?!
Ich habe keine Idee über die Klangqualität, die Laufgeräusche etc....

LG
Mike
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#4
dynamike,'index.php?page=Thread&postID=246560#post246560 schrieb:Mich würde interessieren, wie die Geräte denn klingen, wenn sie im guten Zustand sind?!
Ich habe keine Idee über die Klangqualität, die Laufgeräusche etc....

Hallo Mike,

bis dahin ist es bei dieser Maschine noch ein weiter Weg.
Meinen anderen Ferrograph 4A kann man nicht direkt vergleichen, da es eine Mono Röhrenmaschine ist.
Insofern bin ich selber sehr neugierig , aber es gibt noch jede Menge Arbeit an der Maschine bis ich etwas zum "Klang" sagen kann.

Viele Grüße, Jan
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#5
Ah, ok, dann gutes Gelingen Smile
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#6
Hallo Jan,

"Chapeau" - dein Tun beweist Furchtlosigkeit. Wenn mich nicht alles täuscht, habe ich die Serviceunterlagen zu dem Gerät (...wobei ich nicht garantieren kann, wieviele "Updates" es damals gegeben hat.). Wenn es dir hilft, schaue ich mal nach den Unterlagen. Thema "Zukaufteile aus China": bitte vergiss nicht - China spielte damals als verlängerte Werkbank des Westens noch keine Rolle. Zukaufteile in grösserer Menge hätte es wohl eher aus Japan gegeben aber ein doch relativ kleiner Hersteller wie Ferrograph konnte es sich leisten, weitestgehend "um die Ecke" zu kaufen. Lediglich Halbleiter dürften schon dem Land der aufgehenden Sonne enstammt sein.
Ich werde deine Widerbelebungsversuche mit Spannung verfolgen und wünsche Langmut und Beharrlichkeit.

Gruß
Peter
Time flies like an arrow. Fruit flies like a banana. (...soll Groucho Marx gesagt haben, aber so ganz sicher ist das nicht...)
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#7
Hallo Jan

z.Zt. gibt es passende Alu-Spulen zu Deinem Ferrograph Tonband :
https://www.ebay.de/itm/BRITISH-FERROGRA...1438.l2649


Gruss
Dirk
Lässt sich berieseln von : SONY TC-K770ES, Kenwood KX-880D + KX-1003,
Marantz SD-3000, Toshiba PC-5460, Sony TC-U5, DUAL C822 + C828, ONKYO TA-2050,
UHER CG343, UHER SG521, ARISTONA EW5504, SONY TC-366, Sony TCD-D100 Rolleyes
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#8
PeZett,'index.php?page=Thread&postID=246633#post246633 schrieb:Wenn mich nicht alles täuscht, habe ich die Serviceunterlagen zu dem Gerät
Bei elektrotanya gibt es mehrere Dokumente zur Ferrograph 7 Serie.
Man bekommt nicht unbedingt gleich alle zu sehen.
Darunter befinden sich ein 70-Seitiges Service-Manual, enthält aber bis auf ein Blockschaltbild keine Schaltungsdetails,
sowie ein 146-Seitiges Service-Manual mit diversen Schaltplänen.
Es werden vorwiegend europäische Halbleiter mit ProElectron-Bezeichnungen benutzt, sowie einige mit amerikanischen Bezeichnungen.
Japanische Halbleiter sind mir nur in Form der FETs der Dolby-Decoder aufgefallen.

MfG Kai
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#9
Hallo Dirk,
danke für den Link. Die 6 Speichen Aluspulen wurden bereits mit den Ferrograph 2 um 1958 eingeführt.
Diese Spulen können ein etwas anderes Höhenmaß als andere aufweisen.
Sie wurden explizit für diese älteren Geräte produziert, zusätzlich besitzen sie einen Veriegelungsmechanismus der bei den Spulentellern der älteren Ferrographen mechanisch arretiert.
Ab der Ferrograph 7 Version kamen folgende Spulen zum Einsatz.


   


Viele Grüße, Jan
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#10
Hallo Peter,

PeZett,'index.php?page=Thread&postID=246633#post246633 schrieb:Wenn mich nicht alles täuscht, habe ich die Serviceunterlagen zu dem Gerät (...wobei ich nicht garantieren kann, wieviele "Updates" es damals gegeben hat.). Wenn es dir hilft, schaue ich mal nach den Unterlagen.

Ich suche ein komplettes Servicemanual für die Ferrograph 7 Mark 1 Version in sehr guter Scanqualität.

Falls du mir da helfen könntest würde ich mich freuen.
Mein Exempar ist bei den Detailsichten nicht sehr befriedigend aufgelöst.

Zum Thema Transistorbestückung:

In meiner Mk 1 sind keine japanischen Halbleiter verbaut, vertreten sind Fairchild, RCA und Siemens Halbleiter.
Das dürften dann aber fast alle zugekauften Teile sein, der Rest scheint made in England.

Viele Grüße, Jan
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#11
kaimex,'index.php?page=Thread&postID=246663#post246663 schrieb:Es werden vorwiegend europäische Halbleiter mit ProElectron-Bezeichnungen benutzt, sowie einige mit amerikanischen Bezeichnungen.
Japanische Halbleiter sind mir nur in Form der FETs der Dolby-Decoder aufgefallen.

MfG Kai

ei gugge da... ...wieder was gelernt. Naja - warum auch nicht. Auch europäische Bauteile können mit der Zeit kaputt gehen. Man hat also auch da immer was zu tun.
Merke:
So manche Ferro Sieben
hat mich in den Wahn getrieben
Und auch die Super Logic schafft es locker
und haut mich ständig von dem Hocker
Ob Neopren ob Schaltgestänge
die Kiste treibt mich in die Enge
So ist sie eben, die Ferrograph
Sie bringt mich täglich um den Schlaf.

Doch ehrlich Leute - ich muss sagen:
auch and're Kisten geh'n auf den Magen.


8o
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#12
PeZett,'index.php?page=Thread&postID=246633#post246633 schrieb:Lediglich Halbleiter dürften schon dem Land der aufgehenden Sonne enstammt sein.
Es ist eigentlich auf der ganzen Welt so, daß Entwickler die ihnen bekannten gängigen Bauteile einsetzen, es sei denn, es gibt spezielle nur aus der Ferne.
Deshalb kann man bei Schaltungen, in denen japanische Halbleiter dominieren, davon ausgehen, daß sie nicht nur dort gefertigt sondern auch entwickelt wurden, selbst wenn der europäische Namensgeber Märchen von "in Europa entwickelt, in Japan gefertigt" erzählt. Bei Fertigung in Europa ist es noch unwahrscheinlicher, daß japanische Bauteile "ohne Not" verwendet würden.

MfG Kai
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#13
Hallo!

Ergänzung zu den Ferrograph-Spulen.

Es gab die 6-Speichen Alu-Spule auch in schwarz (Bildquelle: ebay):

   

Und die 3-Loch (+ 3 kleine Löcher) Alu-Spule auch mit Arretierung:

   

Gruß
Wolfgang
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#14
kaimex,'index.php?page=Thread&postID=246694#post246694 schrieb:Es ist eigentlich auf der ganzen Welt so, daß Entwickler die ihnen bekannten gängigen Bauteile einsetzen, es sei denn, es gibt spezielle nur aus der Ferne.

Solange der Entwickler zu 100% Herr über seine Entscheidung ist - ja. Sobald aber der Rotstift die Entscheidung mitbestimmt, wird das eingesetzt, was sich (vor allem bei grösserem Verbrauch) am günstigsten einkaufen lässt. Das wäre ja noch schöner: ein Konstrukteur bestimmt selbst, aus "was" sein Werk besteht. Wink Das mag vielleicht mal am Anfang einer Entwicklung so sein aber mit zunehmendem Blick auf die Herstellkosten und mit zunehmenden Produktionszahlen ändert sich so etwas.

Gruß
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#15
Pezett hat zwar grundsätzlich recht, aber die deutsche UE-Industrie hat damals so gut wie nie japanische Transistoren in ihren eigenen Konstruktionen verwendet. Findet man in einem deutschen Schaltbild japanische Transitortypen ("2SA ... 2SD...)", kann man sicher sein, dass die ganze Platine aus Fernost stammt. Das gilt für Baujahr 1965 wie für 1990.
@ Ferrograph,
auch ich verfolge mit Interesse deine Arbeit an deinem Namensvetter. Schön dass es die Gummiräder nachgefertigt gibt. Kann der Philips-TB-Fan ja nicht sagen. Viel Glück weiterhin.

VG Stefan
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#16
Gleich vorab: Peters Dichtkunst hat sich heute bewahrheitet...

PeZett,'index.php?page=Thread&postID=246690#post246690 schrieb:... So manche Ferro Sieben
hat mich in den Wahn getrieben ...

Nachdem ich die Dämpfung der Magnete mit einer dünnen Filzschicht hergestellt habe war ich guter
Dinge, daß nun einem ersten Funktionstest nichts im Wege stehen würde...

Na dann, Feuer frei, im wahrsten Sinne des Wortes.
Was nun geschah war nicht unbedingt vorherzusehen:

Die Maschine wird über einen zentralen Drehschalter bedient.
Dieser betätigt über diverse Stufenscheiben und Nocken mechanisch das Anlegen des Bandes an die Köpfe und beim Spulen hebt er das Band gleichfalls mechanisch ab. Soweit nichts Besonderes.
Mit dem zentralen Drehschalter gekoppelt ist ein 3 poliger Umschalter mit jeweils 4 Kontakten in 2 Ebenen.
Hier werden unter anderem die beiden Wickelmotoren, welche mit 220 V betrieben werden, beim Umspulen geschaltet...
Das ganze ist in Keramik mit Silberkontakten aufgebaut, also richtig hochwertig, kein Pertinax oder billiges Plaste.

Beim Umschalten des Betriebsschalters passierte dann das, was passieren musste:

Zischen, schmoren, funken, FI-Schutzschalter und 230 V UV-Sicherung sprachen an und ein üblicher Ozongeruch machte sich breit...

Dann wurde auch mir einiges klar:
Weiter oben habe ich mich doch gewundert weswegen der Betriebsartenknebel mit einer M12 Mutter auf der Frontplatte blockiert wurde...

Ein Vorbesitzer hatte schon einmal mit roher Gewalt den Betriebsartenschalter überdreht, dazu muss er zwar eine Bärenkraft entwickelt haben aber das Ergebis war verheerend: die Kontakte schalteten willkürlich und nicht mehr trennend von Stufe zu Stufe sondern schleifend.

Hier gab es nun den Kontaktbrand mit buntem Feuerwerk.

Mir blieb nun nichts weiter übrig als den Schalter aus der Ferro 7 herauszuoperieren.

   

Wenn man den Schalter auswechseln will baut man die komplette Maschine auseinander, abgesehen davon sind die Schrauben ausnahmlos imperialen Ausmases.
Jetzt verstehe ich auch die Werbung von 1966, eigentlich darf dieser Schalter nie kaputtgehen.

   

Etliche Flüche und Espressos später hatte ich diesen Schalter endlich ausgebaut. (Einige Anschlussdrähte werde ich nun verlängern müssen]
Die Funkenlöschkombinationen werde ich mir morgen mal ansehen.

           

Die Kontakte welche die Wickelmotoren schalten sind regelrecht weggeschmolzen, dort müssen theoretischerweise neue Kontaktnieten eingesetzt werden, bloß woher nehmen?

   

Ich habe dann einige Bekannte in U.K. angeschrieben, so ein Schalter ist in der notwendigen Konfiguration natürlich sehr schwer zu bekommen.

Aber dann kam doch noch ein kleines Wunder, auf Ebay gab es tatsächlich einen Schalter der die gleichen Komponeten wie der im Ferrograph enthält: Keramikwafer und gleiche Kontakte. Ich hoffe die sehen noch gut aus, angeblich NOS, zumindest scheinen die Lötfahnen unbenutzt.

   

So ist der Tag doch noch gerettet, aber ich könnte mir doch im Augenblick eine einfachere Maschine zur Wartung jetzt vorstellen.

Wenn der Schalter da ist wird die Welt aber auch wieder für die Ferro 7 in Ordnung sein...
Mal sehen was, es dann Spannendes zu berichten gibt.


Einen schönen Abend, Jan
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#17
Hallo Jan,

...Hut ab - Du bist vor nichts bange!
Wenn der bestellte Schalter nicht passt oder nicht umzufunktionieren ist, hilft vielleicht diese Quelle hier weiter: https://www.surplus-elektronik.de/Elektr...ee7837e109

Gruß
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#18
Am Wochenende hatte ich wieder Gelegenheit an der Bandmaschine des Fürchtens weiterzuarbeiten.

Die Implantation des reparierten Zentralschalters gelang relativ unspektakulär.
Allerdings war der werksseitig vorgesehene Kabelbaum letztendlich zu kurz um ohne Brandgefahr den Schalter wieder einzubauen.
Daher wurden sämtliche Litzen verlängert.

   

Bei den verschiedenen Farben musste ich jede Ader einzeln durchmessen da ich meine eigenen Aufzeichnungen der originalen Drahtfarben vor dem Auslöten nicht mehr zweifelsfrei deuten konnte...

So richtig glaubte ich nicht mehr an einen Erfolg.
Meistens baue ich mir hier Fehler ein die ich kaum noch wiederfinde.

Doch nach der vorsichtigen Justage aller Hebel und Kontaktwege am Schalter war die volle elektrische Funktion der Bandsteuerung wieder gegeben.

Allerdings kam nun nach mehreren Stunden Betrieb eine neue Herausforderung:

Der Bandtransport begann unregelmäßig zu schwanken und damit natürlich die Tonhöhe,
das klang grausam.

Vollkommen verzweifelt erhielt ich glücklicherweise von einem Tapehead-User den Hinweis, daß auf Grund von Erwärmung des Anzugsmagneten sich der Andruck der Gummirolle verringert.
Dafür gibt es eine Justageschraube um den Andruck zu erhöhen.
Nach Erhöhung der Andruckskraft sind die Schwankungen in der Tonhöhe vollkommen verschwunden.

Ein erster Pegelschrieb bei 19 cm/s ergab auch noch einige Erkenntnisse:

   

Die Entzerrung muss für einen Kanal noch mal überprüft werden.

Der Ferrograph arbeitet mit sehr geringer Bandspannung, diese wird über eine schleifende Filzbremse am Abwickel realisiert.

Hier erkennt man im Pegelschrieb eine Amplitudenschwankung.
Daher muss hier noch die Federspannung für die Bremse etwas erhöht werden.

Der letzte "Reparateur" vor mir hatte offensichtlich versucht den Bandzug auf der Aufwickelseite mittels Erhöhung der Motorspannung für den Reelmotor zu realisieren.
Dazu hatte derjenige den originalen 500 Ohm Motorvorwiderstand kurzerhand mittels Parallelschaltung mehrerer ungeeigneter Leistungswiderstände in einen 150 Ohm "verwandelt".

   

Das hält der Reelmotor natürlich auf Dauer nicht aus.
Ich habe den Originalzustand wieder hergestellt, vorsorglicherweise habe ich mir einen russischen Leistungswiderstand mit 25 W Belasbarkeit besorgt, der Originale wird bei 15 W sehr heiß.
Bei Gelegenheit werde ich diesen hier noch einbauen, sicher ist sicher.

   

Langsam entwickelt sich die Ferro 7 wieder in eine funktionierende Maschine.

Einen schönen Abend, Jan
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#19
Ferrograph,'index.php?page=Thread&postID=246667#post246667 schrieb:Hallo Peter,

Zitat von »PeZett«
Wenn mich nicht alles täuscht, habe ich die Serviceunterlagen zu dem Gerät (...wobei ich nicht garantieren kann, wieviele "Updates" es damals gegeben hat.). Wenn es dir hilft, schaue ich mal nach den Unterlagen.



Ich suche ein komplettes Servicemanual für die Ferrograph 7 Mark 1 Version in sehr guter Scanqualität.

Falls du mir da helfen könntest würde ich mich freuen.
Mein Exempar ist bei den Detailsichten nicht sehr befriedigend aufgelöst.

Sorry aber meine Unterlagen beschränken sich auf die Super Seven und die Logic.

Gruß

Peter
Time flies like an arrow. Fruit flies like a banana. (...soll Groucho Marx gesagt haben, aber so ganz sicher ist das nicht...)
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#20
In den letzten Wochen habe ich mich wieder dem Ferrographen gewidmet.

Mechanisch konnte ich fast alle Fehler soweit bereinigen.

Eine Eigenart der Maschine ist, daß sie mit sehr geringer Bandspannung arbeitet.
Bei Wiedergabe wird der Bandandruck entscheidend von einer Friktionsbreme welche auf den linken Bandteller wirkt beeinflusst.
Hier zeigt sich daß am Antriebskonzept seit den 50er Jahren keine Veränderungen erfolgt sind.
Wo andere Maschine die Bandstraffung über eine Gegenspannung im Abwickelmotor erzeugen hat die Ferro nur eine mechanische Bremse.

Umso wichtiger ist bei diesem Konzept eine verlässliche Bandstraffung an den Köpfen zu erzeugen.
Dazu musste ich die Filzbeläge der Bremse erneuern als auch die Federspannung für deren Andruck erhöhen.

Wenn diese Bandspannung richtig eingestellt ist, hat man mit den Andruckfilzen an den Köpfen keine Probleme und erhält eine gute Höhenwiedergabe.
Sehr gut läuft die Ferro 7 mit BASF DP26, bei diesem Material passen der Andruck und die Bandspannung perfekt.

Im folgenden Bild habe ich mal alle Arbeiten dargestellt, die mechanisch oder elekrisch erforderlich waren, vielleicht hilft es ja den einem oder anderen falls er mit einer Ferro 7 liebäugelt.

   

Ein großes Lob muß ich der 50 Jahre alten britischen Elektronik zollen:
Ich habe keinen einzigen schlechten Elko gefunden, auch die Tantalkondenstoren brauchte ich nicht auszutauschen.

Die frequenzbestimmenden Bauteile im Aufnahme-/Wiedergabeverstärker sind alle mit hochwertigen Folienkondensatoren aufgebaut.
Alle Transistoren verstärken wie sie sollen, gut vielleicht gibt es heute noch etwas rauschärmere aber das Eigenrauschen des Verstärkers ist ingesamt gering.

Alle verwendeten Bauelemente sind hochwertig, es gibt keine explosiongefährdeten Entstörkondensatoren,
auch der Motorkondensator für den Tonmotor ist ohne Tadel.
Alle Einstellpotentiometer sind gekapselt, hier gibt es keine Korrosion.

Alle Umschalter funktionieren, es fallen keine Kontakte aus.
Auch die Doppel-Potentiometer auf Hohlachsen für die getrennten Eingangspegel lassen sich weitgehend kratzfrei regeln.

Als sehr gut schätze ich auch die konsquente Trennung der beiden Kanäle ein, alles ist auf separaten Platinen doppelt aufgebaut ohne irgendwelche Balanceregler, das reduziert das Übersprechen.
Auch ist eine sehr gute Abschirmung gegen Brummen und Störspannungen realiert worden.

Es gibt natürlich auch Eigenschaften der Ferro 7 die andere Hersteller besser gelöst haben, keine Frage.
Wie schon beschrieben, hängt das mit dem Beharren auf der bereits 1970 seit 20 Jahren verwendeten Antriebsmechanik zusammen.
Damit gibt es Einschränkungen und die Maschine muss mechanisch sehr genau eingestellt sein, sonst wird sie nicht überzeugen.

Gleichfalls werden beim schnellen Vor- oder Rücklauf nur die Andruckpads von den Köpfen zurückgefahren und somit der Kopfkontakt reduziert.
Es gibt keine Bandabheber.

Als Konsequenz daraus ist das Kopfprofil nur leicht gerundet, damit wird übermäßigen Verschleiß vorgebeugt.

Sehr positiv wiederum ist der stufenlos mittels Regler einstellbare Vor- oder Rücklauf gelöst, man kann jede Bandstelle sehr gut anfahren.

Als Besonderheit gibt es von außen justierbare getrennte Bias Regler für jeden Kanal und in der Ausgangsspannung separat justierbare Wiedergabeverstärker.
Über einen Transferschalter kann Inhalt von der oberen zur unteren Spur überspielt werden und synchron dazu die 2. Spur bespielt werden.

   

Das Anschlußfeld verfügt über 6,3 mm Klinken für die Ein- und Ausgänge, hier gibt es auch 600 Ohm oder Low Level Ausgänge unter Umgehung der Tonregelung, als auch Lautsprecherausgänge mit jeweils 10 Watt.
Die eingebauten Lautsprecher klingen trotz ihrer eher kleinen Dimensionen erstaunlich gut.

   

Es sind nur sehr geringe Laufgeräusche hörbar; die Zwischenräder laufen fast unhörbar.
Der gemessene Frequenzgang entspricht den im Manual zu findenden Angaben:

bei 19cm/s 30 - 17.000 Hz +-2dB
bei 9,5cm/s 40 - 14.000 Hz +-3dB

4,75cm/s habe ich nicht gemessen.

Mein Fazit: Das ist eine besondere Maschine mit eigenem Charme und man kann diesen durchaus mögen.

   

Ich habe noch eine Ferrograph 7 High Speed Maschine mit 38 cm/s und Halbspur im Fundus welche ich auf jeden Fall auch herrichten werde.

So, ich hoffe ich habe euch nicht zu sehr gelangweilt,
einen schönen Abend noch:

Jan
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#21
Hallo,
vielen Dank für den interessanten Bericht. Die regenerierten Laufräder haben mich fasziniert!
Auch die Geschichte mit dem Schalter.
Schön, dass die Maschine wieder läuft.

Gruß
Peter S.
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#22
Chapeau!

Gruß
Peter
Time flies like an arrow. Fruit flies like a banana. (...soll Groucho Marx gesagt haben, aber so ganz sicher ist das nicht...)
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