Kleine Bastelei am Sonntagnachmittag
#1
Ich habe ja außer den heißgeliebten Rostwicklern auch zwei digitale Aufnahmegeräte (na ja, wenn man den immer noch betriebsfägigen MD-Porti hinzurechnet, sogar drei), denn die Mitnahme von Nagra oder Report in den Urlaub würde schon am Veto der Ehefrau scheitern. Davon abgesehen scheue ich auch die Schlepperei beim Ein- und Ausladen (3. Etage). Man nimmt sowieso immer zu viele Klamotten mit!

Und so muss meist der kleine Olympus LS-3 für das tönende Urlaubstagebuch herhalten. Auch der gute Zoom H4n Pro war schon mal mit, hat sich aber letztlich für diesen Zweck als überdimensioniert erwiesen.

Ich benutze für die täglichen Tagebuch-Aufsprechungen ungern die integrierten Stereomikros, weil diese als Druckgradientenempfänger mit fester Lagerung im Gehäuse absolut überempfindlich gegen Handhabungsgeräusche und Plosivlaute sind. Man muss sich sehr disziplinieren, um während der Besprechung die Hand absolut still zu halten, muss möglichst auch noch den Fellwindschutz aufziehen und braucht eigentlich für diese Sprachnotizen auch gar keine Stereoaufnahme!
Ein gutes, rauscharmes Monomikro ist da völlig ok, am besten eines mit Kugelcharakteristik, dadurch entfallen auch Probleme mit Körperschall und großer Ploppempfindlichkeit!

Bisher habe ich ein umgebautes Telefunken/Sennheiser TD21 mitgenommen, das ich mit einer der großartigen rauscharmen Primo EM-172 Elektretkapseln (80 dB Rauschabstand --> 14 dB Äquivalentrauschen) bestückt habe. Alle diese kleinen Aufnahmegeräte stellen ja an der Mikrofon-Eingangsbuchse eine "Plug-In"-Spannung von 2-5 V zur Verfügung, um Elektretmikros ohne eigene Batterie betreiben zu können.
Das umgebaute TD21 ist klanglich zwar Spitze, aber eben auch ziemlich groß im Vergleich zum Recorderchen.

Und als ich heute ein Tütchen mit winzigen 5 mm-Kondensatorkapseln in der Bastelkiste in die Finger bekam, beschloss ich, da noch mal was Kleineres daraus zu bauen. Die Dinger sind wirklich sehr klein...

       


Die Kapsel hatte ich. Aber was sollte als Mikrofongehäuse dienen? Es sollte so dick oder dünn sein, dass die Kapsel reinpasst und so lang und griffig, das ich es gut in meinen Patschhänden halten kann.
Da fiel mein Blick auf ein Skalpell in der Werkzeugschublade, das ich für extrem geeignet befand! Es bestand aus einem rot eloxiertem Alugriff mit einer Rändelung im mittleren Bereich und einem Außendurchmesser von ca. 7,5 mm. Wenn man vorn die Spannzange für die Klinge abschraubte, kam eine Bohrung mit 5,2 mm Durchmesser zum Vorschein. Innen war der Griff ansonsten bis hinten hohl. Leider habe ich gar nicht daran gedacht, vor und während der Arbeit Fotos zu machen, wie fast immer.
Und so kann ich dann nur das fertige Ergebnis präsentieren.

Aber viel Aufwand war da für den Bau sowieso nicht nötig. Ich bohrte ein 3,2 mm-Loch in das hintere Ende, verlötete ein einadriges abgeschirmtes 3 mm-Kabelchen von 1 m Länge mit der Kapsel, zog das Kabel unter Beifügung eines Stücks Schrumpelschlauch als Knickschutz durch das Rohr und brachte am Ende einen 3,5er Stereo-Klinkenstecker an. Die Kapsel wurde mit ein paar Tropfen Klebstoff ins Röhrchen eingefügt (bündig mit dem Ende) und dann ein winziger Schaumstoff-Poppschutz, der eigentlich für Lavaliermikros gedacht ist, appliziert, nachdem die Feinabstimmung beendet war.

So sieht das aus:

   

Ein Mikrofon von "daytools" hat auch nicht jeder!

   

   

Der erste Test ergab keine wesentlichen Beanstandungen. Zwar rauscht es naturgemäß ein paar dB mehr als die teure Primo-Kapsel, aber nicht wirklich störend. Der Übertragungsfaktor ist etwas niedriger, liegt aber immer noch im mittleren Aussteuerungsbereich des Recorders (ca. 18-20 von 30) , wo das Verstärkerrauschen sich noch dezent zurückhält. Klanglich ist es, wie die meisten Elektretkapseln, ausgewogen und angenehm. Da diese Miniaturkapseln wohl für den Handysektor hergestellt werden, sind die Höhen von Natur aus etwas zurückhaltend (angegeben sind 12 kHz als obere Grenze, statt sonst 16 oder 20), was ich im direkten Vergleich mit der Primo-Kapsel auch hörte.

Um die Brillanz etwas zu erhöhen, habe ich nach den ersten Testaufnahmen ein kurzes Stück Schrumpfschlauch über das vordere Ende des "Skalpells" gezogen, das etwa 5,6 mm Überstand vor der Kapsel hat, am Ende zackenförmig wie eine Krone eingeschnitten ist (schade, dass ich euch kein Foto davon zeigen kann; der Windschutz ist ja festgeklebt...), und damit die Höhen bei 10-12 kHz (rein gehörmäßig ermittelt) etwas anhebt. Die Zacken machen die Anhebung etwas flacher und breiter, damit es nicht zu spitz tönt.

Damit war wieder mal ein Sonntagnachmittag "sinnvoll" verbracht. Jedenfalls nach meiner Meinung. Frauchen hat es sich inzwischen abgewöhnt, ihre übliche "...und das braucht man unbedingt?"- Frage zu stellen. Besser, der Alte lötet und bohrt, als dass er sich dionysischen Wonnen hingibt, was er aber aus Gesundheitsgründen ohnehin nicht mehr darf... Wink Tongue

Gruß
Holgi
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#2
Schön,

etwas ähnliches habe ich vor Jahrenden mal gebaut als Meß-Mikrofon für Lautsprecher-Basteleien.
Für Nahfeld-Messungen nahe der Membran soll das Mikrofon so schlank wie möglich sein.
Es besteht aus einer Sennheiser Elektret-Mikrofonkapsel KE 4-211
http://www.music.mcgill.ca/caml/lib/exe/...1_2_gb.pdf

Die hat 4.75 mm Außendurchmesser, 4.2 mm Höhe und 3 Beine,
wurde gesteckt in ein Messingrohr mit 6 mm außen und wohl 5 mm innen, 19 cm lang.
Hinten noch eine kleine Platine, die mit einem zweiten Transistor den FET in der Kapsel zum kompletten PreAmp ergänzt. Von da mit ein paar Metern Kabel zum PC.
Ohne Pop/Plop-Schutz.

MfG Kai
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#3
kaimex,'index.php?page=Thread&postID=245605#post245605 schrieb:Es besteht aus einer Sennheiser Elektret-Mikrofonkapsel KE 4-211
Das Ding ist aber ein ganz netter Rauschgenerator! Equivalentrauschpegel 27 dB (A) ist schon eine Hausnummer.
Aber die alten Sennheiser-Kapseln sind in dieser Hinsicht ohnehin ziemlich mies, das muss man leider sagen Huh . Ich habe so ein Set aus Griffteil K30 AV und alle passenden Mikrofonköpfe (ME 20, 40 und 80) , die alle rauschen wie ein entfernter Wasserfall. Heute kann man das besser! Die erwähnte Primo EM-172 ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie rauscharm man heute so was bauen kann....
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#4
hannoholgi,'index.php?page=Thread&postID=245606#post245606 schrieb:Das Ding ist aber ein ganz netter Rauschgenerator! Equivalentrauschpegel 27 dB (A)
Mag sein, spielt aber beim Lautsprecher-Meß-Mikrofon nicht so eine Rolle, da kommt es mehr auf flachen Frequenzgang von janz unten bis janz oben an. Man kann ja genügend Pegel auf die Lautsprecher geben.

MfG Kai
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#5
hannoholgi,'index.php?page=Thread&postID=245601#post245601 schrieb:.....

Ich benutze für die täglichen Tagebuch-Aufsprechungen ......

Gruß
Holgi


Find ich toll Holgi. Meine Frau macht das auch. Sie nutzt dazu nur das TK6 mit 4,7 Geschwindigkeit und nur auf 11cm Spulen. Sie sagt das reicht. Ist eine schöne Erinnerung und es passen eine Menge Text drauf...

thumbsup
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