Ferrograph 4A
#1
Hallo und guten Abend,

da einige Forumsmitglieder gespannt sind versuche ich es mal mit der Vorstellung zu meinem Ferrographen.Kurz zur Historie, meiner ist das Modell 4A, er wurde 1959 in South Shields, i.d. Nähe von Newcastle in NO England produziert.Er besteht zu 85 % aus Teilen welche in UK produziert wurden, darauf und auf den Slogan "Buildt like a battleship" waren die Briten sehr stolz.
In der Fabrik in South Shields wurden die meisten mechanischen und elektrischen Teile speziell angefertigt, die Spulen, Motoren, Magneten, Tonköpfe sind alle exklusiv
für die Ferrographen angefertigt worden. Für das Modell 4A wurden noch keine deutschen Pabst-Motoren oder Bogen-Magnetköpfe verwendet, nein all is British made.

Gekostet hat das Teil 1960 um die 90 Pfund, das wären heute ca. 1620 oder rund 1800 EUR.

Meine Maschine hat "nur" 2 Köpfe, ist also die Halbspur Mono Variante, mit vorgesehenen Platz für einen 3. Kopf (Stereo Wiedergabekopf) zur Nachrüstung.Die Maschine ist sogar noch schwerer als gedacht, 24 kg, das merkte ich erst als der Postbote das Paket auf meine Türschwelle fallen ließ. Da stand zwar groß "Handle with care" drauf,
aber das hatte der junge Mann sicher überlesen. Zum Glück hatte der Absender die Maschine super verpackt, mit 4 gepolsterten Stuhllehnen ringsherum und noch jede Menge Holz als Transportversteifung , das Paket wog dann um die 40 kg. Nachdem ich es in die erste Etage geschleppt hatte war erst mal eine Woche Rückenschmerzen und Hexenschuss angesagt...
Aber, es ist ohne Schaden den ganzen Weg aus der Nähe von Liverpool bis nach Dresden gereist, das grenzt fast an ein Wunder...
Nun mal zum Aufbau des Ferrograph 4A, es ist ein 3 Motorengerät, und ist in 3 Teilen modular aufgebaut:


Teil 1 ist das Laufwerk mit den Motoren und der genialen MotorsteuerungTeil 2 ist das Netzteil mit Löschgenerator
Teil 2 ist das Netzteil mit dem Löschgenerator
Teil 3 ist das Verstärkermodul mit Aussteuerungsmesser und Bedienelementen

Im Laufwerksteil wirkt der Synchronmotor über 2 unterschiedliche Reibräder (diese werden je nach gewählter Geschwindigkeit 3 3⁄4 7 1⁄2 ips = 9,5 oder 19 cm/s in den Antrieb eingeschwenkt) auf die Schwungmasse. Oben auf der Schwungmasse ist die Gummirolle für den Bandantrieb befestigt, die Andruckrolle (Pinch) besteht hier aus polierten Messing. Das ganze funktioniert genau andersherum wie bei den kontinentalen Maschinen... aber bestimmt nicht schlechter.Die Motoren für Vor und Rücklauf sitzen genau unter den Wickeldornen und treiben diese über eine Rutschkopplung an. Die Wickelmotoren werden beim Abbremsen zusätzlich durch je 2 Gummibremsen angehalten, das funktioniert sehr zuverlässig.
Alle Motoren entwickeln erstaunliche Kräfte, werden aber nicht sonderlich warm.
Die Laufwerkssteuerung erfolgt über einen genialen Drehschalter als Vorwahl, d.h erst wird die gewünschte Funktion vorgewählt und dann über einen kleinen Schieber elektromechanisch betätigt.
Zum Auslösen oder stoppen wird über einen Druckknopf elektrisch die Funktion beendet und gestoppt.
Die sogenannte Schnellstoppfunktion wird rein mechanisch über einen Knopf welcher die Andruckrolle ein paar mm aus dem Bandkontakt nimmt realisiert. Hier kann lustigerweise ein mechanischer Drahtauslöser wie er an alten Kameras befestigt wird eingesetzt werden.
Der Kopfkontakt wird durch Filzandruckstücke sichergestellt, im Löschkopf befindet sich ein mechanischer Abschaltekontakt welche bei Bandende oder -riß durch einen eingreifenden Plastikhebel betätigt wird.
Die Köpfe werden stärker beansprucht, da auch beim Spulen permanent leichter Bandkontakt besteht. Ich muss aber dazu sagen daß diese alten Köpfe ohnehin nicht so geringe Spaltmaße wie ein moderner Kopf besitzen. Es sind aber meines Wissens keine speziellen Longlife Köpfe.
Standardmäßig ist auch eine stark untersetzte Rändelschraube mit Feingewinde für das head alignment, (Kopfausrichtung nach Gehör) eingebaut.
Das gesamte mechanische Laufwerk wurde als Wearite TapeDeck(kommt wohl von der Grafschaft Tyne and Wear?) auch an professionelle Studioausrüster geliefert unter dem Namen Vortexion hat auch die BBC diese Laufwerke benutzt.
Mechanisch und elektrisch ist dieses 3 Motoren Laufwerk das Beste was in Großbritannien zu diesem Zeitpunkt als semiprofessionel bezeichnet werden darf. Als nächstes gab es noch die Brenell Laufwerke welche ebenfalls eine sehr gute Reputation haben...

Als nächstes Modul ist das Netzteil mit der Hochspannungserzeugung für die Anodenspannung der Röhren zu nennen.Es beinhaltet gleichzeitig den Löschgenerator der mit einer riesigen Induktivität in der Rückkopplung der EL84 Leistungspentode arbeitet.
Zum damaligen Zeitpunkt musste man die Lösch-Hochfrequenz von gerade mal 56 KHz, nur die Hälfte von moderner Vormagnetisierung und Löschfrequenz, weit weg von den empfindlichen Eingangsröhren platzieren, deswegen gleich am Netzteilblock.
Die Anodenspannung wird über eine Zweiwegegleichrichtung mit der Röhre EZ80 und angeschlossener LC-Siebung realisiert.

Als elektrisches Herzstück ist das Modul des Aufnahme/Wiedergabeverstärkes mit Reglern und Aussteuerungsmesser zu sehen.
In den Vorstufen arbeiten 3 klirr- und mikrofoniearme EF86 Pentoden, der 15 Ohm Leistungsausgang bzw der abschaltbare Innenlautsprecher werden über eine Endstufe mit EL84 Röhre getrieben.
Je nach Betriebsart Aufnahme oder Wiedergabe werden entsprechende Ver- oder Entzerrerglieder in den Signalweg eingeschleift.
Zusätzlich gibt einen Port auf dem Bedienfeld an dem die Ausgänge sowie die interne Anodenspannung für einen externen Verstärker angegriffen werden kann.
Der Aussteuerungsmesser arbeitet mit der Doppeltriode ECC83 mit einer speziellen Integrationszeit, bei der Aufnahme muss darauf geachtet werden dass die Markierung 8 nicht überschritten wird.

An der Geräterückseite gibt es einige vorverkabelte Funktionen, wie zum Bsp das Abschalten der Löschfunktion mittels Drahtbrücken zum Aufnahmeschutz sowie die Anpassung an verschiedene Versorgungsspannungen. Auch der optional einsetzbare 3. Tonkopf ist unter anderem zur Rückseite verkabelt, zur Beachtung, es heißt in UK nicht Linke/Rechte Spur sondern vollkommen logisch Upper- und Lower Track (Spurlage auf dem Tonband)


Noch ganz kurz, was habe ich reparieren, austauschen, einstellen müssen?
Mechanisch, ganz klar war erst mal alles mit Staubsauger und Pinsel zu reinigen, die Motoren haben jeder an ihren Lagern ein Filz-Reservoirzur zur sogenannten Oilite Funktion, d.h man gibt einfach etwas Öl auf die Filze und die Lager saugen sich dann bei Bedarf das Öl selbst, einfach genial.Die Betätigungen und Reibestellen der Magnete und Gestelle wurden mit grünem Lithiumfett (das ist Temperaturstabil und läuft nicht weg) versorgt.
Die Umschaltkontakte sowie alle Röhrenfassungen wurden mit Ozillin T6 gepflegt.
Elektrisch habe ich alle Kondensatoren nachgemessen, sämtliche Folien und Papierkondensatoren wurden durch modere Hochvolt MKT-Typen Artgerecht ersetzt.
Im Verstärkermodul wurden alle Elkos (Bechertypen und andere Elkos) komplett durch Hochvoltelkos ersetzt. Dabei wurden alle Siebkondensatoren auf 47µF vergrössert.
Die alten schönen Becherelkos habe ich (abgeklemmt) erhalten wegen der Optik, die kleineren neuen Kondensatoren wurden unauffällig untergebaut.
Im Netzteil habe ich den Sieb und Ladeelko erhalten, die bringen noch exakt die Werte auch unter Belastung, vorerst kein Bedarf zum Tausch.
Sämtliche Kohleschichtwiderstände wurden nachgemessen, bei Abweichung wurde gegen funktionierende vintagegerechte Teile gewechselt.
Lediglich 2 Röhren, 1 x EF86 und 1 x EL84 waren fehlerhaft und mussten gegen 2 Tauschexemplare aus dem RW Neuhaus am Rennsteig getauscht werden.
Damit ist nicht mehr alles British made auch zwei ostdeutsche Röhren werkeln jetzt vorbildlich im Ferrograph.


Wie ist der Klang?
Tja, laut Datenblatt soll bei 19 cm/s mindestens 12 Khz in der 2 dB/Abweichung erreicht werden, für mich klingt das Gerät wesentlich besser, das kann und wird aber auch an meinem fortgeschrittenen Alter liegen. Falls ich mal Lust habe versuche ich mich mal am Frequenzgang messen, das ist aber eigentlich nicht mein oberstes Ziel bei diesen Oldies.
Ich bin bis jetzt absolut begeistert mit diesem "Schlachtschiff", es passt auch optisch sehr gut zu meinen Vorstellungen.
Ich finde dass dieses Konzept für die Zeit um 1960 sehr gut war und das Gerät nach 60 Jahren fast keine mechanischen Schwächen aufweist.
Weder haben sich irgendwelche Gummiteile verflüssigt oder zerbröseln, das passiert erst ab dem Ferrograph 7 als die Briten das Neopren als Gummiersatz verwendeten...
Achso, und die speziellen Spulen liebe ich, mit Verriegelung damit bei den enormen Umspulgeschwindigkeiten nichts wie UFO durch die Wohnung fliegen kann.
Natürlich mag die Maschine auch moderne Langspielbänder, am liebsten jedoch (wie könnte es anders sein) EMI-Tape und Scotch-Bänder (die schmierfreien natürlich)

So jetzt ist es einige Stunden später (bzw früher), ich hoffe Euch gefällt das tolle Teil von der Insel!


Angehängte Dateien Thumbnail(s)
                                                               
Zitieren
#2
Hallo Jan!

Herzlich willkommen hier im Forum.

Vielen Dank für Deinen sehr ausführlichen und informativen Bericht über
den britischen Röhrenboliden.

Er ist m. E. ein aussichtsreicher Kandidat für den nächsten Forenkalender.

Die filigranen Speichenspulen sind auch meine Favoriten unter allen Tonband-
spulen. Ich kaufte die ersten (für viel Geld) ca. 1967. Es kamen damals die
senkrecht betriebenen Bandgeräte bei uns in Mode. Leider war meine UHER
784E nicht dafür ausgelegt. Eine Spulenverriegelung gab es nicht. Dann also
Spulen mit eigener Verriegelung. Das hat prima funktioniert. So es mein Budget
hergab, kaufte ich noch weitere (18cm) Ferrograph-Spulen in Silber dazu.
Einige Jahre später gab es es einen Designwechsel. Die Spulen waren zwar
formstabiler, gefielen mir aber nicht so sehr.

   

Erst viele Jahrzehnte später erwarb ich schwarze Exemplare hinzu. Die sehen
auf silbernem Untergrund (z. B. Beocord 1600) einfach toll aus. Auch wenn sie
ziemlich abgegriffen sind (die Beschriftung war gelb).

   

Gruß
Wolfgang
Zitieren
#3
Ja Wolfgang, das sind wunderschöne Spulen aus dem Vereinigten Königreich.

Leider haben manche leicht andere geometrische Stärken, das hängt natürlich mit den imperialen Maßen zusammen.
Der Ferrograph hat daher zum Bsp. Höhenjustierbare Wickelauflagen.
Leider brauche ich hier aber vollkommen anderes Feinmechanikerwekzeug, die Fixiersschrauben mit Innensechskannt sind wahrscheinlich 3/16 ".

Ansonsten kommt man aber ohne Spezialwerkzeug ganz gut am Ferrographen voran, lediglich einen kompletten Steckschlüsselsatz auch mit halben metrischen Grössen vorausgesetzt.

Einen schönen Himmelfahrtstag wünsche ich Euch, trinkt nicht so viel Bier heute, Jan.
Zitieren
#4
Hallo Jan,
auch von meiner Seite "Daumen hoch" für diese tolle Gerätevorstellung. Du wirst in der Tat den ein oder anderen
Steckschlüssel mit Zollmass benötigen. Die schönen Spulen lassen sich nach meiner Erfahrung leider nicht auf anderen Geräten einwandfrei benutzen. Der Verriegelungsmechanismus und die Dreizackaufnahme sind speziell.
Gruss
Peter
Time flies like an arrow. Fruit flies like a banana. (...soll Groucho Marx gesagt haben, aber so ganz sicher ist das nicht...)
Zitieren
#5
Sehr schön beschrieben, finde ich. Vor allem die Erläuterung der technischen Details will gefallen. So wie es klingt, hast Du die Maschine ja museumsreif restauriert, Jan? Was mich noch interessieren würde ist, wie es eigentlich generell mit der Ersatzteillage aussieht, bei einem so seltenen Gerät. Wenn da mal mechanisch was nicht mehr geht, muss man dann ein Zweitgerät anschaffen zur Ersatzteilgewinnung? ;-)

Beste Grüße aus Düsseldorf
Jörg
Zitieren
#6
Auch von mir ein Dankeschön für diese interessanten Einblicke in britische Ingenieurskunst.
Schöner Bericht und tolle Bilder!

Gruß
TSF
Zitieren
#7
Hallo Jörg,

generell ist die Teileversorgung für diese über 60 Jahre alte Maschinen nicht ganz einfach.
Sich eine Ersatz Maschine als Teileträger hinzulegen ist auf Grund des doch höheren Preisniveaus kritisch zu hinterfragen.

Verschleißteile wie Reibräder, Gummirolle werden aber teilweise wieder neu vulkanisiert angeboten.

Eine gute Adresse ist http://ferrographworld.com/ hier gibt es neben der Geschichte auch einige Links zu Ersatzteilen.

Tonköpfe werden nur gebraucht angeboten, das Läppen wird aber sehr schwierig auf Grund der Bauform.
Falls Röhren sterben ist bis auf die EF86 alles fabrikneu zu beschaffen, den Rest an elelektronischen Bauteilen erhält man zum Beispiel im ATR Shop.

Ich glaube die Motoren sind für eine Ewigkeit gebaut, Voraussetzung ist die regelmässige Versorgung mit ein paar Tropfen Öl.

Nur Mut, aber kauft jetzt nicht alle Ferrographen dieser Welt auf, sonst steigen die Preise ins astronomische...

Einen schönen Feiertag wünscht Jan
Zitieren
#8
Hallo Jan,

vielen Dank für diesen interessanten Einblick in dieses "british made"-Sahneteilchen!

Nur aus einem werde ich auch bei mehrmaligem Betrachten deiner Fotos nicht schlau: wo ist denn da die Tonwelle und die Andruckrolle? Irgendwie kapiere ich das nicht... ?(
Klär mich doch bitte mal auf.

LG
Holgi
Zitieren
#9
bild 6 + 7, zwischen w-kopf und messingrolle, capstan und andruckrolle.
Das wahre Verbrechen verübt die volkstümliche Musik am Gehörgang der Menschheit.
( Benno Berghammer )
Zitieren
#10
Hallo Holger,

Auf der Tonwelle sitzt oben fest verbunden eine Gummirolle. Die Messingrolle wird als Pinch gegen die Gummirolle gedrückt.
Dazwischen läuft das Band. Geniale Idee genau anders herum als bei kontinentalen Maschinen.

Gruss, Jan
Zitieren
#11
Ferrograph,'index.php?page=Thread&postID=239239#post239239 schrieb:Geniale Idee genau anders herum als bei kontinentalen Maschinen.

Gruss, Jan

Also, ich finde das alles andere als genial, weil die genaue Bandgeschwindigkeit und der Gleichlauf nun mal vom Capstan abhängt und nicht von der Andruckrolle! Und wenn sich der Gummibelag abnutzt oder rissig wird? Und was wird wohl schneller unrund, Metall oder Gummi?

Nee, das war eine echte Schnabusidee vom Konstrukteur. :thumbdown:

LG Holgi
Zitieren
#12
hannoholgi,'index.php?page=Thread&postID=239261#post239261 schrieb:
Ferrograph,'index.php?page=Thread&postID=239239#post239239 schrieb:
Nee, das war eine echte Schnabusidee vom Konstrukteur. :thumbdown:

LG Holgi
Ja da stimme ich dir zu, es scheint in dieser einfachen Konstruktion doch nicht die letzte Genialität zu stecken.


Vielleicht können wir ja gemeinsam ergründen wo die Vorteile dieser britischen Idee liegen,
schließlich wurden die Ferrographen ja etliche Jahre, bis zur Version 6 denke ich, so gebaut.

Gruss Jan
Zitieren
#13
Tolle Vorstellung - danke! Die Maschine erinnert mich irgendwie an ältere Spionagefilme... ;-)

Grüße
Erhard
Ich freue mich, wenn es regnet, denn wenn ich mich nicht freue, regnet es trotzdem. Karl Valentin
Zitieren
#14
Ja in einigen englischen Spionagefilmen kam der Ferrograph vor, hier zum Bsp. in Ipcress ...

Viele Grüsse, Jan


Angehängte Dateien Thumbnail(s)
   
Zitieren
#15
Auch von mir Danke für das interessante Portrait. Auch ich dachte sofort: Und was, wenn der Gummi des Capstan altert? Wenn er auch nur minimal schrumpft, verringert sich die Bandgeschwindigkeit. Allerdings, das ist nur wichtig im hohen Alter, also für uns Sammler. Zu "Lebzeiten" der Maschine war das sicherlich kein Thema. Übrigens, im Telefunken M 85 ist die Motor-Riemenscheibe eine Gummirolle. Auch nicht besser.

Was ferner enttäuschend war, ist dass der Capstan doch per umschaltbarem Reibrad angetrieben wird. Gerade die Vermeidung eines solchen Reibrades ist doch ein großer Vorteil des Dreimotoren-Antriebs. Von polumschaltbaren Motoren hatten sie auf der Insel wohl noch nichts gehört? Das konnte die Revox-Serie 36 zuvor schon besser und selbst das Nordmende Titan von 1957 schaltet elektrisch die Geschwindigkeit um.
Charakteristisch ist für dieses Gerät, das es in allen Details so urig-klobig daher kommt. Könnte in seiner ganzen Anmutung, innen wie außen ein Vorkriegs-Produkt sein. Dicke Röhren wie AL 4 und EF 6 würden da hinein passen.
Eine Spezialität der Ferrographen ist ja die 21cm-Spule, die es nur bei denen gab. Sogar BASF hatte in GB diese Größe im Programm. Ich hab welche.
VG Stefan
Zitieren
#16
Ich muss auch ehrlich sagen der Frequenzgang erschreckt mich bei einem semiprofessionellen Gerät! Das Philips EL3542A war zur gleichen Zeit eindeutig Amateurliga, bietet aber folgende Daten:
Zitat:
  • 4,75 cm/sec: 50 - 7000Hz.
  • 9,5 cm/sec: 50 - 15000Hz.
  • 19 cm/sec: 50 - 20000Hz.
Quelle: https://www.radiomuseum.org/r/philips_el3542_00.html
Das ist gegen die hier angegebenen 12000 Hz doch ein gewaltiger Unterschied!
Zitieren
#17
...wobei die Werte der Philips leider ohne Pegelangabe sind. Diese Angaben erscheinen mir nämlich etwas optimistisch. Eine TK600 (runde 10 Jahre jünger)
macht bei 19 cm bereits bei 18000 Hz "Schluss". Nichts gegen die selige Philips aber 20 kHz (19cm/s) bzw. 15 kHz (9,5 cm/s) ... ...mmh. :?:

Gruß
Time flies like an arrow. Fruit flies like a banana. (...soll Groucho Marx gesagt haben, aber so ganz sicher ist das nicht...)
Zitieren
#18
Zum Frequenzgang des Ferrographen Modell 4A bei einer Geschwindigkeit von 19 cm/s gibt es folgende ehrliche Kurve vom Hersteller.
Vermessen wurde das Gerät auf Normalband nach britischer Norm WW372/49.

Viele Grüsse, Jan


Angehängte Dateien Thumbnail(s)
   
Zitieren
#19
Hallo Ragnar AT,
für den Ferrographen wird ein Signal Rauschabstand von 50 dB bewertet, bzw 45 dB unbewertet angegeben.
Das zum Vergleich gebrachte Philipsgerät EL3542 wird mit 42 dB ??? beschrieben.

Da gibt es noch weitere Unterschiede.

Viele Grüsse, Jan
Zitieren
#20
Ferrograph,'index.php?page=Thread&postID=239388#post239388 schrieb:...Geschwindigkeit von 19 cm/s gibt es folgende ehrliche Kurve vom Hersteller.
Das erklärt m.E. den vermeindlich "schlechten" Grenzwert des Ferroraphen... ...man hat hier 0 dB zugrunde gelegt.(edit: ...wobei mir die Bezugsgrössen der WW372/49 nicht bekannt sind. ) Das dürfte bei der Philips kaum der Fall gewesen sein.

Gruß
Time flies like an arrow. Fruit flies like a banana. (...soll Groucho Marx gesagt haben, aber so ganz sicher ist das nicht...)
Zitieren
#21
Frequenzgang-Spezifikationen ohne Angabe des dabei erlaubten Toleranzfeldes sind unvergleichbar bis wertlos.
Es kommt schon darauf an, ob man +0/-3dB meint, oder zB ein Toleranzfeld nach DIN45500.
An dem Frequenzgang-Bild für den Ferrograph ist ziemlich unglaubwürdig, daß selbiger bei "Treble control at 10" ziemlich steil bei etwa 12 kHz nach unten abschmiert, bei "Treble control at 0" dort aber sanft abfällt.
Da kann man den Verdacht haben, daß einige wenige Meßpunkte erfaßt wurden, und dann großzügig mit dem Kurvenlineal eine glatte Kurve daraus erzeugt wurde.
Insofern wäre eine tatsächliche Messung durchaus interessant.
Andererseits ist der Vergleich von Frequenzgängen von Geräten mit wohlmöglich recht unterschiedlichen Wiedergabekopf-Spaltbreiten zwar nicht verboten aber doch etwas unfair.
Das sollte insbesondere beim Vergleich mit Cassetten-Geräten berücksichtigt werden.

MfG Kai
Nachtrag: Man sollte auch berücksichtigen, daß zur damaligen Zeit, die qualitativ beste Audio-Qualität im Rundfunk per UKW erreicht wurde. Soweit ich mich erinnere, schaffte man damals allenfalls 12,5 kHz Obergrenze. Insofern war das Gerät also für Rundfunk-Mitschitte ausreichend gut.
Übrigens, die große Mehrzahl der DVB-C Radio-Programme im Kabelnetz von Vodafone/KD hat heute kaum mehr Bandbreite, nämlich gerademal 13,5 kHz.
Zitieren
#22
Da ich hier neu und unwissend bin brauche ich etwas theoretische technische Unterstützung wie ihr bei der Ermittlung des Übertragungsfrequenzganges vorgeht.
Ich habe nur mitbekommen daß bei -20dB gemessen wird.
Da stellen sich mir einige Fragen:


1. Sind die -20 dB ein absoluter Spannungwert bezogen auf den Studio oder Heimnormpegel? Oder nehme ich den Vollaussteuerungspegel (in meinem Fall die Anzeige 8 auf dem Spitzenwertmesser welcher im Kathodenkreis der ECC83 geschaltet ist) , messe hier die erforderliche Eingangsspannung bei 1KHz und dividiere diesen Wert durch 10 um den erforderlichen Aufzeichnungspegel zu erhalten?

2. Wird breitbandig gemessen? Oder selektiv in mehreren Schritten die aufgezeichneten Frequenzproben? Oder wird gewobbelt? Bei Breitbandiger Messung hätte man ja auch Brummen und Störungen mit in der Frequenzmessung, speziell im unteren Bereich bei 50 Hz.

3. Welches moderne Bandmaterial sollte zum Test verwendet werden, mir ist nicht bekannt auf welchen Band und mit welchen Parametern Ferrograph 1959 die Maschine spezifiziert hat.

4. Als Messmittel stehen mir ein NF/TF-Pegelmessplatz, analoger 2 Strahl Oszi, und diverse höherwertige DVM und analoge VM zur Verfügung. Oder verwendet ihr Soundkarte und Softwaretools zur Ermittlung des Übertragungsfrequenzganges?

Für Hinweise, auch um eine faire Bewertung dieses 60 Jahre alten Ferrographen zu erreichen bin ich euch sehr dankbar.

Viele Grüße, Jan
Zitieren
#23
Zu (1):
Die -20 dB sind eine Empfehlung, um Verfälschungen des Frequenzgangs durch Kompression/Sättigung bei hohen Frequenz zu vermeiden.
Real hängt es von der Bandsorte , dem mit dem HF-Bias gewählten Arbeitspunkt dem von dir selbst gesetzten Maximal-Fehler durch Kompression ab, wie hoch du den Pegel ansetzen kannst. Bei Geräten mit Brumm-Problemen ist es natürlich von Vorteil, den Pegel möglichst hoch zu wählen.

Zu (2):
Das kann man so oder so machen. Wobbeln sagt nichts über breitbandige oder selektive Messung aus. Unselektive Messung wird durch 50 Hz & Oberwellen und durch Rauschen gestört.

Zu (4): Das ist wie beim Duell: Du wählst die Waffe. das Gerät. Mit PC-Meßtechnik ist manches bequemer und schneller wiederholt, falls man mal Fehler gemacht hat. Bei Voltmetern ist zu prüfen, ob die bis zur Maximal-Frequenz korrekt NF-Pegel messen. Viele Multimeter können das nicht.

MfG Kai
Zitieren
#24
Danke Kai für die schnelle Antwort. Dann muß ich mir erst einmal eine Anpassung auf die Mono-Klinken im Gerät basteln.
Daß ich den Aufnahme Pegel selbst in Grenzen wählen kann war mir so nicht bewusst.
Wie bekomme ich dann eine objektive Vergleichbarkeit mit anderen Geräten hin?

Viele Grüße, Jan
Zitieren
#25
Geh pragmatisch an die Sache ran.
Wir sind hier ja nicht auf dem "Tonband-Geräte-Amt", wo alles durch Vorschriften geregelt ist.
Wenn es beim ersten Mal noch viel Manöverkritik hageln sollte, kannst du es beim zweiten Mal ja besser machen.
So ist es auch beim Frequenzgang: Du kannst "unten" mit -20 dB anfangen, dann die Pegel schrittweise zB um 1 dB erhöhen bis du den besten Kompromiß zwischen Störabstand und allmählich bei hohen Frequenzen sichtbar werdender Kompression erreicht hast.
Mit neuzeitlichen Bändern kann eventuell auch eine modifizierte Entzerrung angesagt sein,
bzw eine Entscheidung, ob du den historischen Zustand erhalten willst oder optimale Brauchbarkeit herstellen möchtest.

MfG Kai
Zitieren
#26
Hallo Zusammen und Guten Abend,

ich habe mich mal vorsichtig am Bestimmen des Übertragungsfrequenzganges des Ferrographen versucht.
Zuerst mit verschiedenen Softwarelösungen herumexperimentiert, da der Ferrograph aber keine Hinterbandkontrollmöglichkeit bietet bin ich dann "zu Fuß" durch das vermeintliche Tal der Tränen gegangen.

Aber, zu meiner Überraschung und Bestätigung des Unterstatements der Briten kam doch recht Erstaunliches zu Tage.
Bis 15 Khz befindet sich der gemessene Frequenzgang noch innerhalb einer 3 dB Abweichung bezogen auf den Wiedergabepegel bei 1 KHz.
Am unteren Ende konnte ich seriös nur bis 40 Hz messen, alles andere wäre nur Schätzerei und Schönfärberei wegen der dann bei mir auftretenden Meßfehler und Störungen geworden.

Die Frequenzen wurden einzeln mit -20 dB unter dem Vollaussteuerungspegel jeweils für 30 Sekunden aufgezeichnet.
Die Wiedergabespannung wurde an einen analogen Oszillographen abgelesen damit ungewollte Verzerrung erkennbar sind.
Mit einem Pegelmesser allein bin ich bei den unteren Frequenzen kläglich gescheitert...

Als Bandmaterial diente "modernes" Langspielband, ORWO Typ 116 LN.
Die Bass- und Höhenblende waren auf Stellung 10, das bedeutet keine weitere Absenkung im Wiedergabeentzerrer, geregelt.
Damit soll laut Ferrograph ein weitgehend linearer Frequenzgang erreicht werden.

Die gemessene Tendenz stimmt auch mit der einer amerikanischen Fachzeitschrift für das Vorgängermodell 3A aus dem Jahre 1956 überein,
dort wird dem Gerät eine leichte Höhenanhebung
und dafür ein Frequenzgang bis ca. 15 KHz attestiert. Den alten Bericht habe ich mal drangehangen.

Natürlich bin ich offen für Eure Hinweise was ich das nächste mal noch besser machen kann, vielleicht ist mir ja auch ein Denkfehler unterlaufen.

Achso, natürlich noch eine Quellenangabe:
https://museumofmagneticsoundrecording.org/ManufacturersFerrograph.html

Viele Grüße, Jan


Angehängte Dateien Thumbnail(s)
           
Zitieren
#27
Das klingt allerdings schon deutlich positiver!
Meine Aussagen stützen sich auf einen Vergleich EL3542 - Robuk RK-3 in einem britischen Forum und mein einziges vermutlich auf einem RK-3 von Schallplatten aufgenommenes Band - das ist schauderhaft, es fehlen bei 9,5 so viel Höhen, dass manche Musikstücke kaum noch zuzuordnen sind, es fehlen ganze Instrumente! Ich würde allerdings nicht zu 100% ausschließen, dass das Phänomen durch falsche Entzerrung noch verschärft wurde, nachdem mein RK-3 lahmt, konnte ich das Band noch nie damit abspielen. Da gibt es wenn man nicht 100% in der Materie ist ziemlich viele Fallstricke!
Zitieren
#28
- In der fraglichen Zeit wurde in Deutschland bei Freuqenzgangmessungen in der Regel eine Toleranz von - 6dB gegenüber 1 kHz zugrunde gelegt. Dagegen war man in GB meist strenger und setzte den Punkt bei -3dB, was natürlich schlechtere Ergebnisse bringt bzw. vortäuscht.
- Wenn du mit einem modernen LH-Band misst, bekommst du auf jeden Fall einen am oberen Ende signifikant besseren Frequenzgang als mit historisch zeitgemäßen Bändern. Letztere wären z.B. die LGS-Typen von BASF.
VG Stefan
Zitieren
#29
Hallo zusammen,
falls ich Zeit finde kann ich diese Frequenzmessung noch mal mit einem Bandmaterial von 1960 wiederholen.

Viele Grüße, Jan
Zitieren
#30
Hallo Jan,
ein sehr schön gemachter Beitrag!
Danke für den Lese Tip incl. dem passendem link hierher!
Liebe Grüße
Chris
Zitieren


Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste