Diana Ross wird 80!!
Ihr zu Ehren also das Album auf den Plattenteller, mit dem sie mir nachhaltig in Erinnerung blieb. "Diana" von 1980! Und natürlich wird daraus wieder eine Reise in die musikalische Geschichte, in meine eigene musikalische Vergangenheit mit Musik, die ich gerade höre.
Schwarze Tanzmusik begeistert mich ja schon seit den frühen 70er Jahren. Auf meinem ersten selbstbespielten Tonband von 1971/ 1972 befindet sich neben den Klassikern des Glamrocks natürlich auch jede Menge schwarze Musik. Marvin Gaye, The Temptations, Curtis Mayfield u.a. waren Hitparadenstoff und sie brachten mir eine unfaßbare tolle, nachdenklich stimmende Musik zu Gehör, in der Sozialkritik zur Sprache kam.
Das Album selbst hat mich damals in Gänze nicht so begeistert. War mir zu flach, zu sanft, zu sehr Mainstream, obwohl natürlich mit Nile Rogers und Bernard Edwards von Chic als Komponisten und Produzenten famos besetzt. Das waren natürlich die Hitmacher, die angesagtesten in ihrer Zeit.
Wirklich umgehauen hat mich natürlich 1980 die Single-Auskopplung "Upside Down"! Das dürfte eine der Platten (Single) sein, die neben "Le Freak" von Chic und "Spank" von Jimmy 'B' Horne wohl am meistens auf meinen Plattenspielern lagen und gespielt wurden.
Die Produzenten des Albums "Diana" waren natürlich ungeheuer wichtig. Sie gaben dem Album den Kick, den es brauchte, um in der Disco - vor allem mit "Upside Down" - zu zünden. Chic hatte ja schon einiges vorgelegt. Mit "Le Freak" nahm ich sie erstmalig wahr. Dieser Bass. Dieser Rhytmus. Dieser Funk. Alles ging in die Beine. Kein Wunder, daß sie in den Anfängen des HipHops zu den meist Kopierten und Gesampelten wurden. Selbst Queen wurden bei "Another One Bites The Dust" von Chics "Good Times" inspiriert.
Etwa zeitgleich gab es noch einen anderen wichtigen Track/ Song für mich aus der Disco-Ära: Michael Jackson mit "Don't Stop 'till you get enough" von 1979. Michael Jackson war so lässig, so fließend in seinen Bewegungen, so elegant, wie man es nie war. Allerdings war auch hier ebenfalls der Produzent Quincy Jones ein wichtigere Part, so wie Chic bei Diana Ross.
Sylvester war natürlich eine andere Größe in dieser Zeit. Sein "You Make Me Feel (Mighty Real)" von 1978 war der Dance Track! Alles pumpt. Macht Druck. Auch hier ist alles Rhythmus. Dann im Mittelteil. Der Gesang endet. Der Rhytmustrack geht weiter. Four-to-the-Floor-Bassdrum. Darüber kleine Klavierlinien. Drei Töne. Wie im Reggae, wo es manchmal nur ein Ton ist. Flächige repetitive Synthi-Loops. Hammer - das alles. Dieser Song ist wiederum inspiriert von einer anderen Größe der Musikgeschichte. Giorgio Moroder!
Er war der Produzent von Donna Summer. Ihr "I Feel Love" elekrisierte mich im Sommer 1977. Was für ein Sound! Noch nie gehört! Zu der Zeit lebte ich bei Freunden in einer Landkommune bei Cuxhaven. Wir wurden von der Polizei beschattet, weil dieser Bauernhof als Versteck für den von der RAF entführen Hans-Martin-Schleyer galt. Und dann kam dieser Song buchstäblich des nachts aus dem Äther zu mir. Wie ein Außerirdischer. Eine Erleuchtung!
Wir fuhren spätabends nach Cuxhaven, um was trinken zu gehen. Mit meinem alten VW Käfer 1300. Gebraucht gekauft. Der sah von innen genauso aus. Darin ein einfaches Radio. Nachts lief bei mir immer das englischsprachige RTL aus London, was über Mittelwelle nach Sonnenuntergang auch in Cuxhaven empfangbar war. Im Auto dann. Um uns herum Dunkelheit. Wald. Wiesen. Felder. Heide. Totale Einsamkeit. Über uns das Firmament mit der Milchstraße. Und RTL aus London spielten in die norddeutsche Einsamkeit "I feel love". Der Empfang war schlecht. Der Sender ging ständig weg. Ständig mußte man nachjustieren. Rauschen. Verzerrungen. Space Night! Ich war begeistert. Dieser Song war natürlich ein Prototyp für alles, was danach kommen sollte. Dance. House. Techno. Und davor war nur noch Kraftwerk. Eine der wichtigsten Bands in der Musikgeschichte. Sie haben alles verändert! Die einzige weiße Band, die maßgeblichen Einfluß auf afroamerikanische Musik hatte. Die hatten nämlich Funk und Soul! Hier mit einem späten Song von 1978 "Das Modell".
Diese alten Singles klingen erstaunlicherweise immer noch sehr gut. Das nur selten gespielte Album von Diana hat nur etwas mehr Bass. Einen wirklichen Höhenverlust oder Störgeräusche nehme ich tatsächlich nicht wahr - eben mal auf die Schnelle verglichen. Waren Singles (45rpm) vielleicht robuster, weil das Material härter war? Wurden ja auch in Musikboxen eingesetzt ...
Ich war ein Fan von Disco. Das Tanzen. Diese Lebensfreude. Hedonismus rules. In der Disco. Schöne Menschen. Und natürlich schöne Frauen an diesen Orten, oder in meiner Phantasie, weil alle besser angezogen - obwohl die geschlechtliche Orientierung schon spätestens seit Glamrock keine Rolle mehr spielte - ähh, wobei ich, altmodisch wie ich bin, immer noch hetreo orientiert war und bin. Selbst mein Kleidungssil änderte sich. Die langen Haare blieben noch länger - eine Reminiszenz an die Hippie-Zeit und an den Kampf, den es brauchte, diese langen Haare als Jugendlicher zuhause durchzusetzen.
Es war eine schöne Zeit. Der DJ wurde wichtig. Die Musik gefiel mir natürlich nur in ausgewählten Fällen. Die Soundtracks von Filmen wie "Car Wash" oder "Saturday Night Fever" begeisterten mich bereits 1977. All das ist um so erstaunlicher, da mein Schwerpunkt damals ab 1977 eindeutig auf New Wave, Lärm und Experimentellem lag - aber mit meiner musikalischen Geschichte auch kein Wunder. Mir gefällt vieles. Da bin ich nicht festgelegt.
Wo habe ich das erlebt? Wo ging man zu dieser Musik aus, um zu schauen, um vielleicht zu tanzen. Was waren die Clubs, in die man ging? In Mönchengladbach war das Günter Netzers ehemaliges Lovers' Lane (auf der Waldhausener Straße 55, ein winziger Club, der schnell rammelvoll war), aus dem damals bereits der Sunrise Club geworden war, der trotz Disco zu New Wave tendierte, und damit eine interessante Mischung darstellte. Richtig Disco war dann eher der Bus Stop (riesengroß und irgendwo hinter dem Mönchengladbacher Hauptbahnhof in einer Industriebrache - keine Ahnung mehr, jedenfalls mit mit gewaltiger Licht- und Tontechnik und überall roch es nach Parfum), in Cuxhaven war es der Club Haneseat (in einem Keller am Kämererplatz, winzig) und dann waren da noch die Clubs in Düsseldorf und Köln, wo man sich die Nächte um die Ohren schlug. Ein ganz anderes Kaliber. Die Großraumdiskotheken Colombo, Morocco. Wahnsinn. Was für ein Sound. Was für ein Licht. Viel Glas, auch die Treppen. Und Stahl. Was für ein Luxus. ... An Düsseldorf erinnere ich mich nicht mehr an Namen und Orte, außer an die, die mit Disco nichts am Hut hatten. Da wäre dann das Creamcheese zu nennen, dem Urknall einer Discothek für mich als 17-jähriger, aus dem nach Umzug Anfang 1977 das Cream in der Altstadt wurde. Das Cream war ein gigantischer Laden mit gigantischem Sound ...
So hatte ich heute aufgrund des Geburtstages von Diana Ross einen schönen Tag mit viel Bewegung
Olaf, der eher passiv seit Jahren hier mitliest und sich an den fachlichen Beiträgen über Tonbandgeräte erfreut