M15A - Tonmotordefekt und seine Beseitigung
#1
Seit einiger Zeit häuften sich in meinem Bekanntenkreis Probleme beim M15A Tonmotor quer durch die Fertigungsserien (läuft nicht an, zu hohe Stromaufnahme, Auslösen der Feinsicherung und/oder des Sicherungswiderstands, CE-Schluss in einem oder mehreren Endstufentransistoren).

Regelungskarte, Leistungstransistor und Wicklungen waren zumeist in Ordnung, die Motorwelle lief leichtgängig. Allerdings zeigte mindestens einer der beiden Hallgeber Widerstandswerte im kΩ-Bereich (normal wären 20...30Ω im Neutralzustand, 50-60Ω bei starkem Magnetfeld), und bei externem Antrieb des Ankers mit Hilfe einer Bohrmaschine war am Oszilloskop kein Hallsignal mehr auszumachen. Darum konnte je nach Anfangsstellung der Anker auch nicht anlaufen, was zu hohe Stromaufnahme durch die Wicklungen und das Auslösen der Sicherungseinrichtungen zur Folge hatte.

Die Ursache fand sich schließlich in fortgeschritten ausblühenden Kontaktstellen der Hallgeber. Zu den Motoren (Fabrikat Siemens) konnte ich zwar eine vollständige Dokumentation einschließlich Applikationsschaltungen auftreiben, nur die Hallgeber-Kennwerte musste ich an funktionierenden Exemplaren ermitteln. (Leider konnte hier sogar weder Kai Hilpert noch Erich Schleicher weiterhelfen, passende Ersatzteile führen auch sie nicht mehr.)

Diese Geber sitzen in zwei speziellen Kunststoffeinsätzen, die in entsprechend geformte Öffnungen am unteren Lagerschild des Motors eingeschoben werden. Hier zwei Exemplare eines (noch) funktionierenden M15A Tonmotors, links mit entferntem Schutzklebeband.

Innenseite:

[Bild: m15ahallgeber1.jpg]

Außenseite:

[Bild: m15ahallgeber2.jpg]

Ausschnittvergrößerung:

[Bild: m15ahallgeber4a.jpg]

Die Korrosion der Übergänge zwischen den eigentlichen Gebern und den Kontaktzungen der Einsätze scheint tatsächlich eine prinzipielle Schwäche der Motorkonstruktion zu sein, womit fünf Jahrzehnte später die M15A sich quasi als Elefant mit Achillesferse erweist. Hätte man damals geahnt, dass Materialunverträglichkeiten solche Spätfolgen entwickeln können, wären die Verbindungen der Hallgeber zu den Kontaktzungen sicherlich nicht punktgeschweißt worden.

Zunächst testete ich, ob sich die Übergänge durch Löten wiederherstellen lassen. Angesichts der winzigen Dimensionen ist dies kaum eine Arbeit für Anfänger, andererseits sind die Hallgeber nicht annähernd so hitzeempfindlich wie ich befürchtet hatte. Leider waren manche Anschlüsse so brüchig geworden, dass sie bereits beim scharfen Hinschauen zerbröselten. Das Resultat schaut zwar abenteuerlich aus, funktioniert aber immerhin: Mit zwei geflickten Gebern lief der Motor wieder kerngesund. (Manches Provisorium soll ja länger halten als das Original...)

[Bild: m15ahallgeber5.jpg]

Parallel dazu begab ich mich auf die Suche nach mechanisch passenden NOS Hallgebern, wie sie auch in Studer/Revox Maschinen verbaut sind. Leider haben diese erheblich abweichende elektrische Daten (Innenwiderstand, Speisestrom, Hallspannung), doch konnte ich dank der detaillierten Siemens-Dokumentation nach einigem Experimentieren den M15A Tonmotor endlich wieder ans Laufen bekommen. (Letztlich brauchen dazu nur die vier Hallgeber-Speisewiderstände passend erhöht zu werden.)

Nach Abgleich der Hallgeber-Speiseströme auf minimale Gesamtstromaufnahme der Ständerwicklungen ist diese nun im Leerlauf sogar noch etwas geringer als der Sollwert laut Handbuch. Weitere Resultate:

- die Hochlaufzeit bis zum Erreichen der Solldrehzahl ist halbiert,
- auch knapp unterhalb der Maximaldrehzahl (ca. 6100 UpM) sind quarzgeregelte 76 cm/s möglich (Hinweis darauf, dass die Hallspannungen ausreichen, um die vier Endstufentransistoren voll durchzusteuern),
- der Motor wird weniger warm (Hinweis darauf, dass durch die jeweils inaktiven Wicklungen tatsächlich kein Strom fließt), vibriert weniger stark und trägt nur noch unwesentlich zu Tonhöhenschwankungen bei. Hier eine HR-FFT-Analyse:

[Bild: m15amitneuenhallgebern38-1.jpg]

Gegenüber den Spitzen, die zur Tonwelle gehören (10 & 20 Hz), fällt die Umlaufsfrequenz des Motors (ca. 50 Hz) kaum noch ins Gewicht, was auf ein konstantes Drehmoment schließen lässt. Die Tonhöhenschwankungen bei 38 cm/s betragen DIN-bewertet 0,031 % bei Überband-Wiedergabe und 0,033 % nach Rückspulen. Ich denke damit lässt sich leben.

Das Oszillogramm der vier Wicklungsströme – viel sauberer bekomme ich das selten zu sehen:

[Bild: tr11kommutierung4mithallgeberh.jpg]

Leider erschwert dieser Umbau einen schnellen Laufwerkskartentausch, doch zumindest spielt danach eine flügellahme Maschine wieder zuverlässig.

Zum Schluss noch ein Totalschaden, den ich in einem weiteren Motor vorfand. Offensichtlich hat hier ein anderer Könner das vollbracht, wovor im SM explizit gewarnt wird, nämlich beim Löten die Anschlüsse zu verwechseln. Ungebremste 24V Wicklungsspannung brachen dem armen Geber im Nu das Genick:

[Bild: m15ahallgeber6.jpg]

[Bild: m15ahallgeber7.jpg]

Grüße, Peter
Grüße
Peter


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Ich bin, wie ich bin.
Die einen kennen mich, die anderen können mich.
(Konrad Adenauer)
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#2
chapó thumbup thumbup
Gruß Ulf

TF-Berlin
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#3
Und schon wieder Hut ab vor der Forschungsanstalt Krefeld!

Kommt man denn an die Hallgeber dran, ohne vorher den Motor ausgebaut zu haben?


Interessierte Grüße

TSD
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#4
Tondose,'index.php?page=Thread&postID=226186#post226186 schrieb:Kommt man denn an die Hallgeber dran, ohne vorher den Motor ausgebaut zu haben?

Praktisch nicht, aus zwei Gründen:
Der Tonmotor sitzt so dicht über der rechten Kufe, dass nicht genügend Platz ist, um die Hallgeber nach unten herauszuziehen.
Zudem müssen dafür erst die 13 Motoranschlüsse abgelötet und das Lagerschild abgeschraubt werden.
Letztere Prozedur habe ich zumindest ein wenig vereinfacht, indem ich die Anschlusskabel auf Flachsteckhülsen gelegt habe, als die Kabelenden vom ständigen An- und Ablöten immer brüchiger wurden.

Grüße, Peter


[Bild: tmhallgeber--2original-abschir.jpg]

[Bild: tmhallgeber--3mitgezogenenhall.jpg]
Grüße
Peter


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