Physiotherapie für betagte Kalotten
#1
Physiotherapie für betagte Kalotten

Vor nunmehr fast 45 Jahren, im Sommer 1973, habe ich ein Paar 37 mm Kalottenmitteltonstrahler (Originalton Isophon) KM11/135 gekauft. Die wurden beworben mit einer für damalige Verhältnisse sehr niedrigen Resonanzfrequenz von nominal 400 Hz (laut Katalog sogar 380 Hz) und einem "Übertragungsbereich" von 300-20000 Hz. Der gefällige Frequenzgangschrieb deutete eine Verwendbarkeit von ca. 500 Hz bis weit über 10 kHz an. Ankopplung wurde ab 600 Hz empfohlen.
Hier ein Auszug mit ihrer Beschreibung im Isophon-Katalog von 1976:
   
1973 gab es auch noch eine 4 Ohm Version.
Die wollte ich in geplanten Eigenbau-3-Kanal-Aktivboxen verwenden, bei denen die 10-Zoll Bass-Chassis sich nur bis etwa 450 Hz am erzeugten Schall beteiligen sollten.

Als ich die Mitteltöner-Eigenschaften messtechnisch überprüfte, wurde ich "maßlos" enttäuscht, denn die realen Resonanzfrequenzen lagen bei 550 und 600 Hz.
Das setzte sich fort bei der Frequenzgangmessung, die ich, um nicht auf Raumeffekte reinzufallen, im elterlichen Garten durchführte: Chassis in Schallwand auf den Rasen gelegt, Abstrahlung in den oberen Halbraum, sprich Himmel. Messung mit einem Rohde&Schwarz-Schallpegelmesser, dem ich auf diese Weise einen Tag Freigang aus einem Uni-Institutsschrank verschaffte. Anders als im veröffentlichten Frequenzgangschrieb fiel der Schalldruck bereits von etwa 700 Hz an abwärts um 12 dB/Oktave ab, wie es unterhalb der Eigenresonanz der Brauch ist. Außerdem wurde die Kurve durch zwei unerfreuliche Einbrüche bei ~ 3kHz und 7.5 kHz verunziert.
Daraufhin habe ich in einem Brief an den Isophon-Kundendienst in Berlin mein Leid geklagt und höflich um Überprüfung der mitgesandten Mitteltöner gebeten und um Umtausch gegen Exemplare, die den Promotiontexten entsprächen.
6 Wochen später bekam ich eine Antwort, in der behauptet wurde, die Resonanzfrequenzen lägen mit 500 und 520 Hz an der oberen Toleranzgrenze und außerdem könne man sie durch "Prüfung des Lautsprechers zwischen 100 und 10000 Hz mit einem Sinusgenerator - 10 Watt eingestellt bei 1000 Hz - leicht um 50 Hz senken".
Die von mir bemängelten Einbrüche führten sie auf "Raumeinflüsse" zurück, bei ihrer Kontrolle hätten sie dergl nicht feststellen können.

Ich habe die Chassis später durch 5 cm Kalotten eines anderen Herstellers ersetzt.

Seitdem lagen sie als "Altlasten" untätig in meinen Bastelvorräten herum.

Als ich vor kurzem meinen Lautsprecher-Impedanz-Messapparat mal wieder Software-mäßig renovierte und nach einem Test-Objekt suchte, fiel mein Auge auf die ausgemusterten Kalotten und der Gedanke kam auf, "mal sehen, wo die jetzt resonieren".
Der erste Test mit Daumendruck auf die Kalotte (nicht so stark, wie es die Kinder in den Kaufhäusern machen) führte zu dem Eindruck, daß die Sicke wohl ausgehärtet sei, denn sie gab kaum sichtbar nach.
Die erste Kaltmessung führte dann auch zu einer Resonanzfrequenz fr=840 Hz, Rdc=3.62 Ohm.
80 Minuten Massage mit 30 Hz 2.9 Veff (2.3 Watt) trieb dem Teil schon etwas Steife aus dem Bewegungsapparat : fr=759 Hz.
Nach weiteren 85 min mit 30 Hz 3.65 Veff (3.6 W) nahm die Beweglichkeit weiter zu : fr=687 Hz.
3 3/4 h später war fr nur noch 645 Hz, Rdc=3.79 Ohm.
Nach 2 h mit 22 Hz 3.67 V wurden 634 Hz erreicht.
Ab Mitternacht hab ich dem Teil Ruhe gegönnt und am nächsten Tag kurz vorm zweiten Frühstück (gegen 10 Uhr) wieder kontrolliert : fr~760 Hz (Rdc=3.62 Ohm), also rückfällig geworden.

3 Tage später hab ich die Therapie in ähnlicher Weise fortgesetzt und dabei die applizierte Spannung/Leistung allmählich ungeduldiger und mutiger werdend erhöht. Weitere Details möchte ich euch aber ersparen und fasse die Ergebnisse in ein paar Bildern zusamen:
Bild 1 zeigt den Impedanz-Verlauf für 9 Zustände im Verlauf dieser Mess-Serie im Frequenzbereich 200 Hz bis 20 kHz.
   
Kurve 1 ist der Ausgangszustand vor Behandlung, Kurve 9 das bislang maximal Erreichte direkt nach Anwendung: fr~495 Hz. Die Resonanz hat auf der rechte Seite eine Nebenschulter, die mitwandert. Außerdem gibt es eine stationäre Resonanz bei etwa 1400 Hz (vermutlich des inneren Hohlraums). Oberhalb 2 kHz sieht man den induktiven Impedanzanstieg. Unten der Gleichstromwiderstand, der durch Erwärmung von ca. 3.62 Ohm auf bis zu 4 Ohm zunahm.
Das wird etwas klarer im nächsten Bild, in dem statt |Z| nun |Z-Rdc| dargestellt ist.
   
Das Verhalten der Resonanzfrequenz über die einzelnen Stationen der Physio-Therapie zeigt das nächste Bild.
   
Es wurden 14 mal für 2 bis 5 Stunden unterschiedliche Spannungen/Leistungen bei anfangs 30 Hz, später 20 Hz appliziert, nachts ausgesetzt und am nächsten Tag oder später fortgesetzt, hier als Events 1-21 markiert, nicht in korrekter zeitlicher Skalierung. Die Resonanzfrequenz konnte von anfangs 838 Hz auf minimal 495 Hz herabgesetzt werden, mit zuletzt fast 10 Watt Massage-Leistung. Der Endzustand liegt jedoch derzeit bei etwa 670 Hz.
Das letzte Bild zeigt den Bestzustand kurz nach Applikation (blau), den Zustand einen halben Tag später (grün) und zum Vergleich mein zweites (bislang unbehandeltes) Exemplar der KM11/135 (rot, fr~890 Hz).
   

Fazit:
Mit Elektro-Massage kann man alten Kalotten durchaus zu mehr Beweglichkeit verhelfen. Kräftige Wirkung erfordert aber auch, nahe an die Grenzen der Belastbarkeit heranzugehen.
Der unmittelbar nach Anwendung erreichbare Zustand ist jedoch nicht von anhaltender Dauer, sondern eine gewisse Steifigkeit kehrt zurück.
Speziell im vorliegen Fall waren die vom Hersteller behaupteten Eigenschaft nicht erreichbar (und nie vorhanden gewesen).
Die Chassis erscheinen mir nach wie vor nicht sonderlich geeignet zum Einsaz als Mitteltonkalotten.

Als ich vor kurzem mal im Internet schaute, was man da noch zur KM11/135 finden kann, sah ich, daß sie
gelegentlich bei ebay angeboten werden, zB im Dezember 2017 mit der Originalbeschreibung von wegen fr=400 Hz etc., und zuletzt im Januar 2018.
Mein Tip: Einfach nicht glauben, es sei denn der Verkäufer kann es beweisen.

Zum krönenden Abschluß ein Blick auf den Arbeitsplatz des Experimentators:
   
Im Vordergrund das DUT: KM11/135/4, rechts davon der Massage-Apparat, ein kleiner Endverstärker mit dem TDA1516Q, gekühlt von einem ausgemusterten PC-Lüfter (12V), weil der Kühlkörper des IC sonst so heiß wird, daß man nicht mehr anfassen mag. Beides gespeist von einem China-Schaltnetzteil für 15 V/4A, wegen der offenen Netzanschlüsse links mit einem Sicherheitshinweis ausgestattet.
Der Oszi dahinter (zusammengebaut in den 60er Jahren) ist übrigens oben offen, weil ich da gelegentlich hineingreifen und an bestimmten Stellen drücken muß, um die Zeitablenkung wiederzubeleben.
So soll man es auf keinen Fall machen !
Trotzdem habe ich hier (im Gegensatz zu den "Labormitteilungen" eines anderen Forianers) noch "keinen gewischt gekriegt".

MfG Kai
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#2
Hach Kai, dann wird es mal aber Zeit das du auch mal das kribbelnde erlebnis erleben darfst Tongue
https://www.youtube.com/watch?v=RSEEgQQTi0A
Ich putze hier nur...
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#3
Hallo,

danke für den netten Link.
So ein Erlebnis habe ich durchaus schon gehabt im vorigen Jahrhundert. Da bat mich mal ein Kollege in der Mittagspause, nach dem Lumineszens-Display (s)eines Laptops zu sehen, das war wohl nicht mehr hell genug oder ... Also Rückseite geöffnet, darin gefummelt und plötzlich einen furchtbaren Reiz bekommen, der mich so in die Höhe springen ließ, daß die Kollegen im Hintergrund, die mit Kaffee-Trinken, Schiffe versenken, der Begutachtung des "Girls der Woche" in der Bildzeitung beschätigt waren, anerkennende Bemerkungen machten, sie hätten mich noch nie mit so sportlichem Elan in Bewegung gesehen. Ich war an die Speisung der Lumineszens-Röhre mit etwa 600V Wechselspannung geraten, glücklicherweise an einer Stelle, die über kleine Kapazität an den Generator gekoppelt war, so daß da nicht viel Strom fließen konnte.
Danach wurde gelästert, ob man das Gerät vielleicht künftig zu Therapie-Zwecken oder als Speisung für den persönlichen Elektrozaun um den eigenen Labortisch umbauen sollte, damit der Werkzeugschwund abnähme.
Ich wurde übrigens erst nach Jahrzehnten der Tätigkeit in Labors mit allerlei offenem elektro-technischem Gerät wenige Jahre vor Erreichung des Rentenalters zur "Elektro-Fachkraft" ausgebildet mit der Befähigung, an Sicherungskästen arbeiten zu dürfen. Das lag nicht an veränderten Notwendigkeiten, sondern daran, daß erst zu dieser Zeit unter den zuständigen Vorgesetzten Sicherheits- bzw. Verantwortungsbewußtsein entstand, vermutlich unter dem Druck neuerer Vorschriften.

MfG Kai
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#4
Hallo Kai,

erstmal: "Respekt", für Deine Ausdauer!

Mir scheint, wenn Du etwas herausmessen willst, dann WILLST Du das messen.

Das Thema "alte Sicken" beschäftigt den einen oder anderen von uns ja vor allem bei bröselndem Schaumstoff. Ich habe es anhand meiner Focal auch zu Gummi-Sicken gelernt (hart).
Über die Alterung von Kalotten habe ich mir tatsächlich noch nie Gedanken gemacht.

Jetzt lerne ich also, der hier und da unbefriedigende Klang alter Boxen mag durchaus auch an den Kalotten liegen, die eben nicht mehr den Spezifikationen entsprechen (oder nie entsprochen haben).

An eine "Rehabilitation" der alten Sicken glaube ich tatsächlich nicht. Die von Dir beschriebene Form der "Alterung" wird wohl kaum auf müde Sehnen oder ein Gläschen zuviel am Vortag zurückzuführen sein. Und eine Änderung der Zusammensetzung eines Materials wird sich nicht durch Bewegung rückgängig machen lassen. Mutet man einem reduziert flexiblem Material Bewegung zu, wird es wohl eher weiteren Schaden nehmen. Vielleicht an anderer Stelle.

Bleibt die Frage, ab wann solch "Alterung" beginnt merkbar zu werden.
Ich befürchte aber, für einen Serientest unterschiedlich alter Isophons hast Du rein zufällig nicht genug unterschiedlich alte Kalotten herum liegen. Schade.

Tschüß, Matthias
Stapelbüttel von einem ganzen Haufen Quatsch
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#5
Hallo Matthias,

danke für Dein Interesse an dieser Thematik.
Ein bischen leitet mich natürlich immer noch ein Rache-Gedanke darüber, erst bei diesen Produkten durch unzutreffende Bewerbung hereingelegt, und dann noch mit fadenscheinigen Argumenten abgespeist worden zu sein.
Andererseits werden im Lautsprecherbau überall allerlei Materialien verwendet, die nicht über Jahrzehnte ihre ursprünglichen Eigenschaften behalten.
Trotzdem empfinde ich es immer noch als Frechheit/Zumutung, wenn mir ein Lautsprecher-Hersteller sagt, um die versprochenen Eigenschaften zu erhalten, müsse ich die Chassis erst 1-2 Stunden mit zB 10 Hz 5-10 Watt weichmachen für den Einsatz. Davon war im implizit geschlossenen Kaufvertrag bestimmt nirgends die Rede.
Im vorliegenden Fall scheinen die Sicken aus dem gleichen, vielleicht etwas stärker getränkten Gewebe-Material zu bestehen.
Ich hab versucht, mal eben schnell freihändig mit Compact-Kamera ein Foto davon zu machen. Doll ist es nicht geworden, aber das Wesentliche ist wohl doch erkennbar:
   
Meine Hypothese ist, daß die Tränkung die Sicke hat steif werden lassen. Ob die Bewegungs-Therapie nun dazu führt, daß die Tränkung wieder weicher wird oder ob sie "mikro-zerbröselt" wäre eine Anschlußfrage. In letzterem Fall würde ich allerdings nicht mit der nach Massage beobachteten Teil-Wiederversteifung rechnen. Bei der Behandlung wird die Spule und ihr Umfeld recht warm, der Kupferwiderstand stieg um immerhin ca. 10 % an. Das konnte ja ein temporäres Weichwerden fördern.
In meinen Regalen lungern auch noch ausgemusterte 25 mm Hochton-Kalotten rum. Da ist mir aufgefallen, daß die "außen rum" geführten Zuleitungen zur Schwingspule mit einem Kleber getränkt sind, der vermutlich mal zäh elastisch war wie ein Pattex-Faden. Jetzt ist das Zeug aber starr & steif und hält die Kalotten an den Durchführungsstellen fest wie zwei Drahtbügel. Hier zwei unscharfe Schnappschüsse davon:
       

Eine andere Frage ist, ob ständiger normaler Betrieb bei allenfalls Zimmerlautstärke (was meist Leistungen << 1 Watt bedeutet) ausreicht, diese Versteifungsprozesse zu verhindern, oder ob man dazu die Chassis des Nachts aus ihren Frequenzweichen heraus-schalten müßte auf 10 Hz Generatoren mit ~ 5-10 W für jedes.

Es gibt also nicht nur an Tonbandgeräten allerlei zu prüfen und zu pflegen....
Wer noch nicht das ganze Jahr benötigt, um seine TBG-Sammlung der Reihe nach durchzuchecken, sollte vielleicht auch mal seine Lautsprecher auf Einhaltung der Soll-Daten überprüfen und nötigenfalls Pflege-Maßnahmen ergreifen Big Grin.

Als sparsamer Mensch habe ich es tatsächlich vermieden, noch mehr solcher Reinfälle zu erleben, was mir bis auf ein paar kleinere Fehlkäufe bei C... auch gelungen ist.
Falls Du geeignete Testkandidaten hast, können wir darüber reden...

MfG Kai
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#6
kaimex,'index.php?page=Thread&postID=218775#post218775 schrieb:Eine andere Frage ist, ob ständiger normaler Betrieb bei allenfalls Zimmerlautstärke (was meist Leistungen << 1 Watt bedeutet) ausreicht, diese Versteifungsprozesse zu verhindern, oder ob man dazu die Chassis des Nachts aus ihren Frequenzweichen heraus-schalten müßte auf 10 Hz Generatoren mit ~ 5-10 W für jedes.

Hallo Kai,

schleichende Aushärtungsprozesse von Klebern oder Kunststoffen (...viele Kalotten sind ja aus diesem Material) lassen sich so sicher nur eingeschränkt unterbinden. Hier sind ja oftmals auch Umwelteinflüsse (Sonneneinstrahlung, Wärme, usw usw) mit von der Partie. Deshalb werden Deine Erfahrungen auch nicht zwingend auf andere Chassis übertragbar sein. Immerhin könnten wir die Nagelprobe machen, denn wenn ich mich recht erinnere habe ich ein Paar dieser MT-Kalotten vor gefühlten 100 Jahren mal in ein Selbstbauprojekt implantiert, welches noch eingemottet (und seit Jahren nicht genutzt) irgendwo bei mir herumsteht. Da könnte ich ja mal reinsehen, ob das wirklich die identischen Modelle sind, ob es spür- und fühlbare Verhärtungen gibt usw. Ich habe mich damals aber gewiss nicht um die exakte Einhaltung der Daten geschert - die verwendeten Frequenzweichen legen den Übergang erst bei deutlich über der genannten 600 Hz fest (...zumindest daran kann ich mich noch recht gut erinnern).
Als Bassist werkelt in den Boxen ein Isophon PSL "irgendwas" (immerhin mit Gusskorb, was ja schon ein bischen teurer war). Den HT Bereich deckt eine Alu-Kalotte ab, von der ich eigentlich keine Materialveränderung erwarte.
Was allerdings die bereits damals von Dir quasi im Neuzustand der MT ermittelten Toleranzabweichungen von den Herstellerangaben angeht, bin ich genauso enttäuscht wie Du. Immerhin erhob Isophon zu der Zeit für sich den Anspruch, eine anspruchsvollere Käuferschaft zu bedienen. Wer damals weniger hätte ausgeben wollen, hätte Heco oder Monacor gekauft. So bleibt der bittere Beigeschmack, dass diese Lautsprecher doch höheren Fertigungstoleranzen unterlagen, als die Hersteller zugegeben haben.

Gruß
Peter
Time flies like an arrow. Fruit flies like a banana. (...soll Groucho Marx gesagt haben, aber so ganz sicher ist das nicht...)
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#7
Hallo Peter,

ein Vergleich wäre sehr interessant, nicht nur, wenn du genau die gleichen Mitteltonkalotten verwendet hast.
Bei aktueller Recherche hab ich keine Fimenkataloge aus dem Kaufjahr 1973 mehr gefunden. Im Isophon-Archiv
http://www.lup-berlin.de/archiv/index.html
http://www.lup-berlin.de/archiv/Katalog/index.html
http://www.lup-berlin.de/archiv/Katalog/index2.html
sind die zeitlich nähesten die von 1975 und 1976. Die enthalten mehrere Versionen mit unterschiedlich starken Magneten (Feldstärke, Gesamtgewicht, Bauhöhe) und Flanschgrößen (11 & 13 cm Kantenlänge). Bei einer davon (KM11/130, etwas schwächerer Magnet, niedrigere Bauhöhe, weniger Gewicht) wird 550 Hz als Resonanzfrequenz angegeben, was auch auf eines meiner Exemplare damals zutraf, bei den anderen steht 380 Hz, was mir nach den o.a. Erfahrungen unglaubwürdig erscheint. Aber ich will Dich nicht animieren, deshalb die alten Boxen auszumotten und die Mitteltöner rauszunehmen.
Als Bass hab ich damals übrigens die PSL245 verwendet, deren Partialschwingungs-freier Übertragunsbereich etwa bei 450 Hz endete. Wenn die Kalotten erst ab oberhalb 600 Hz verwendbar gewesen wären (nach meiner Messung fielen sie bereits ab 700 Hz nach unten mit 12 dB/Okt. ab) dann hätte man dazwischen noch was zu überbrücken gehabt oder besser (wie heute wieder üblicher) einen kleinen Kolben-Lautsprecher genommen (oft "Breitband" genannt, mit leicht erreichbarer Resonanz <= 250 Hz ).

Für den Fall, daß ich Dich bei der Hochton-Kalotte mißverstanden haben sollte: Nicht das Kalotten-Material sondern das der Sicke ist potentieller Delinquent. Das wird doch bei der Alu-Kalotte nicht auch aus Alu bestehen oder ?

Toleranzangaben hab ich in den Herstellerdaten nicht entdeckt. Wenn 520 Hz obere Toleranzgrenze war (so im Antwortschreiben) und im Katalog 380 Hz steht (auf dem Chassis ist 400 Hz aufgedruckt) dann wären das +36.8 % bzw, 30 %. Meine eigene (Kalt-) Messung hatte 550 & 600 Hz ergeben. Ich unterstelle heute, daß die damals die Dinger erst weich massiert haben...

Wenn ich mir heute diese Kataloge ansehe, vermittelt mir das keinen Avantgarde- oder besonderen Anspruchs-Eindruck, sondern erscheint mir eher hausbacken. Aber ich habe keine von Heco oder Monacor aus der Zeit zum Vergleich.

Die Angelegenheit hat nicht nur den Alterungsaspekt: Wenn es so ist, daß Lautsprecher-Eigenschaften insbesondere in Resonanznähe selbst im Neu-Zustand wegen der verwendeten Materialien stark von ihrer jüngsten Temperatur- und Bewegungs-Vergangenheit abhängen, dann dürfen sie eigentlich erst ab einer deutlich höheren Frequenzuntergrenze eingesetzt werden, weil sonst das Übertragungsverhalten und in passiven Systemen das Zusammenspiel mt der Frequenzweiche davon abhängig wird. Das ließe sich bei Mittel- und Hochton nötigenfalls reasisieren, nicht aber beim Bass. Dort ist der Resonanzbereich Untergrenze des Übertragungsbereiches und oft immer noch höher als wünschenswert.
Wenn ich dann lese, daß man die Thiele-Small-Parameter "tunlichst" nicht bei dafür ausreichenden wenigen milliAmpere sondern bei einer Betriebsleistung von einigen Watt messen sollte, dann höre ich diesbezüglich "die Nachtigall gewaltig trampeln".

MfG Kai
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#8
Hallo Kai,

Zitat:...Kaufjahr 1973...
So alt sind meine MT wohl nicht. Kaufjahr dürfte irgendwo bei 1979/80 gelegen haben.

Zitat:...Aber ich will Dich nicht animieren, deshalb die alten Boxen auszumotten und die Mitteltöner rauszunehmen...
Zu spät - die Neugierde ist geweckt. Ich muß jetzt "nur noch..."

Zitat:...Als Bass hab ich damals übrigens die PSL245 verwendet...
Nur nebenbei angemerkt - der von mir verwendete Bass-LS war definitiv kleiner, könnte PLS 230 geheißen haben.

Zitat:...Wenn ich mir heute diese Kataloge ansehe, vermittelt mir das keinen Avantgarde- oder besonderen Anspruchs-Eindruck, sondern erscheint mir eher hausbacken....
Das verwundert mich nicht - damals machte man noch nicht so "blumig-aggresssiv" Werbung wie heutzutage. Ich besitze noch diverse Kataloge aus der Zeit und man beschränkte sich damals wirklich oft auf die Ablichtung nüchterner Zahlen. Das lässt sich m.E. auch bei anderen technischen Produkten beobachten.

Zitat:...Für den Fall, daß ich Dich bei der Hochton-Kalotte mißverstanden haben sollte: Nicht das Kalotten-Material sondern das der Sicke ist potentieller Delinquent. Das wird doch bei der Alu-Kalotte nicht auch aus Alu bestehen oder ?...
Das habe ich ehrlich gesagt gar nicht bedacht aber aus der Nähe betrachtet... ...ja - da ist was dran, das Sickenmaterial muß nachgibig sein. Ergo muss ich meine Aussage zur Alu-Kalotte zurücknehmen - auch hier sind Änderungen in den Materialeigenschaften denkbar.

Zitat:...Dort ist der Resonanzbereich Untergrenze des Übertragungsbereiches und oft immer noch höher als wünschenswert.
Wenn ich dann lese, daß man die Thiele-Small-Parameter "tunlichst" nicht bei dafür ausreichenden wenigen milliAmpere sondern bei einer Betriebsleistung von einigen Watt messen sollte, dann höre ich diesbezüglich "die Nachtigall gewaltig trampeln"....
Was sich mit zumindest meinen Langzeiterfahrungen deckt: bei einer gewaltigen Schar von Bassisten muß man in der Tat einiges an Leistung umsetzen, bevor die Nachtigall zumindest im Tiefsttonbereich überhaupt hörbar "trampeln" kann (um es mal umgekehrt auszudrücken ) Das erklärt m.E. Einiges und lässt hinsichtlich der Deutung solcher Parameter in der Tat aufhorchen.

Gruß
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#9
kaimex,'index.php?page=Thread&postID=218794#post218794 schrieb:Nicht das Kalotten-Material sondern das der Sicke ist potentieller Delinquent. Das wird doch bei der Alu-Kalotte nicht auch aus Alu bestehen oder ?

Bei Hochtönern bzw. Hochtontreibern ist es nicht unüblich, das Kalotten (das Diaphragma) und Sicken aus einem Stück und einem Material bestehen, auch bei Alu oder Titankalotten.

Gruß Ulrich
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#10
Hallo Kai,

soeben eröffnete ich meine ausgemotteten Boxen - die MT, die ich damals verbaute, hören allerdings auf die Bez. "KM11/150/4FM" (also knapp daneben...). Sie direkt messtechnisch mit den Deinen zu vergleichen, wird dann nicht viel bringen. Auf der http://wegavision.pytalhost.com/Isophon/...eite17.jpg habe ich mir allerdings mal die angegebenen Herstellerdaten angesehen. Als Resonanzfrequenz stehen dort 400 Hz geschrieben. Ob dies eingehalten bzw. nach zig Jahren noch so ist, kann ich ja mal gelegentlich ermitteln. Aber das wird heute nichts mehr werden. (Aussenarbeiten)
Nebenschauplatz "HT mit Alu-Kalotten": ob hier die Kalotte durchgängig aus Alu ist oder ob es eine Sicke aus einem anderen Material gibt, kann ich an diesem LS leider nicht erkennen (es sei denn, ich würde den LS zerstören...). Also lasse ich das besser.

Gruß
Peter
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#11
Hallo Peter,
PeZett,'index.php?page=Thread&postID=218979#post218979 schrieb:Sie direkt messtechnisch mit den Deinen zu vergleichen, wird dann nicht viel bringen
neugierig bin ich trotzdem.
Nach den Unterlagen im 75er oder 76er Katalog unterscheiden sich die beiden Modelle hauptsächlich durch die Induktion im Luftspalt:
KM11/135/4 : 13500 Gauß
KM11/150/4 : 15000 Gauß
Beide haben nominell 4 Ohm.
Die Flanschgrößen sind gleich : 112 mm,
die Bauhöhen (52 bzw 60 mm) und Gewichte (1,45 bzw 1,18 kg) etwas verschieden.
Verwunderlicherweise korrelieren Bauhöhe und Gewicht nicht. Vielleicht wurde in den KM11/150 ein anderes Magnetmaterial und weniger Eisen verwendet.
Die alten Kataloge behaupten für beide 380 Hz Resonanzfrequenz. Bei meinen ist allerdings auch 400 Hz aufgedruckt.

MfG Kai
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#12
...dann will ich mal versuchen, Deine Neugierde in nicht allzu ferner Zukunft zu stillen.

Gruß
P.
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#13
Das Unterfangen muß noch ein wenig warten. Das Ausgraben und Schleppen schwerer Hifi-Gerätschaften sind momentan nicht möglich. ;(
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#14
Stark verzögerte Rückmeldung. (Sorry, aber die Prioritäten liegen oftmals woanders... ;( )

Die Resonanzfrequenzmessung am (in den letzten Jahren ruhig gestellten) KM11/150/4FM ergab ~ 580 Hz, also doch deutlich über der Werksangabe. Ob man den Töner wieder mit konsequenter "Massage" in die Werksangabe zurück bringen kann (...sofern überhaupt Fres jemals auf den angegebenen 400 Hz gelegen hat...), habe ich aber noch nicht probiert.

Gruß

Peter
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#15
Hallo Peter,

vielen Dank für die Rückmeldung.
Ich hatte zwischendurch keine Langeweile...

Werde ich zum Anlaß nehmen, mein(e) Exemplare demnächst mal wieder zu prüfen, inwieweit die Kalotten Sicken-Gicht die Resonanzfrequenz seit den letzten Messungen angehoben hat

MfG Kai
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