Ich heirate eine Familie - Technische Peinlichkeiten in Fernsehserien
#1
An Weihnachten und zwischen Silvester wiederholt zdf_neo in den letzten Jahren immer wieder diese ganzen alten Serien, beim zappen bin ich - mal wieder - über diese Serie gestolpert.

Gegenüber meiner Lieblingsfamilienserie „Die glückliche Familie“ - die ja vor Allem in der dritten Staffel eigentlich immer unglücklicher wird und wo ich auch sagen muss, dass die Folgen wo sie in Amerika sind irgendwie mächtig überzogen wirken, was auch dadurch kommt, dass die amerikanischen Rollen natürlich alle synchronisiert sind und das Alles sehr künstlich wirken lässt - muss ich sagen, dass ich bei „Ich heirate eine Familie“ aus dem Fremdschämen nicht mehr raus komme.

Da sind zum einen die beiden wohlerzogenen Lausbuben die mit ihren kleinen Streichen eigentlich nie was schlimmes machen und die Mega oberflächliche Trinentochter, die außer Zicken und Pferde gut finden sonst gar nix macht, außer schlechte Noten schreiben. Letztendlich geht es immer nur um Konsum und wer wem wieder was kauft, hier tauscht er seinen Porsche gegen eine Familienkutsche, weil ein Auto ja reicht, da kauft sie aber ebenfalls eine Familienkutsche, damit er einen Porsche behalten kann und am Ende der eingebildeten Tochter noch ein Pferd, obwohl sie es eigentlich nicht verdient hat und dann lachen Alle, bevor das Bild einfriert.

Wie müssen die Leute in der DDR das empfunden haben, was für ein oberflächlicher westdeutscher Schmarrn?

Dann sind auch Dinge echt unliebsam zusammengebastelt. Es geht ja darum, dass ein recht gut betuchter Werbegrafiker eine Frau mit ihren bereits 3 existierenden Kindern heiratet und die dann gemeinsam in ein Haus ziehen. Er arbeitet aber auch von zuhause und wenn die Kinder nicht in der Schule sind, ist die Frau dennoch außer Haus arbeiten.

In der Folge mit dem Pferd muss der eine Lausbub nun zwischendurch mal wieder etwas materielles anfertigen, es geht um ein Geschenk für eine Schulfreundin, die am nächsten Tag Geburtstag hat. Nun hört man plötzlich unfassbar fetzige Instrumentalmusik durch die Wohnung wummern, die eher klingt als würde Max Greger 50er Jahre Hits mit seinem Orchester verwurschteln, also echt 1983 zur Hochzeit der kommerziellen NDW und Synthipop hört doch der Junge bestimmt nicht so altbackenen Kram. Der Hausherr sitzt im Arbeitszimmer und kann bei dem Lärm nicht arbeiten. Er macht sich also auf die Suche nach der Ursache und findet diese im Wohnzimmer: Eine Schneider Team Kombo mit einem der beiden Lausbuben davor, der asynchron irgendwelche Regler nach links dreht, während die Musik permanent lauter wird, das Cassettenlaufwerk auf Play geschaltet ist und keine Schallplatte aufliegt - man sieht genau, dass der Arm auf der Auflage liegt - der dann sagt „Na Werner, heiße Scheibe, was?!“, Werner (alias Peter Weck) ist ein Bisschen entnervt und bittet ihn dann Musik abzuschalten, er könne so nicht arbeiten.

Der Junge erklärt dann er müsse seiner Schulfreundin eine Platte aufnehmen, weil die Freundin Geburtstag habe, die Platte sei aber von einem Kumpel geliehen und er müsse sie Morgen zurück geben, nach einem ziemlich unsinnigen Wortwechsel kommt die Mutter in den Raum und fragt was los sei, man erklärt ihr den Sachverhalt und ihr Vorschlag ist, dass er ja für die Aufnahme keine Lautsprecher bräuchte und sie währenddessen doch einfach Abstöpseln soll.

Der Junge tut das dann mit einem debilen Grinsen und die Mutter leicht hysterisch „jetzt kann er so viel aufnehmen wie er will und du kannst deine Arbeit machen!“, alle lachen und freuen sich des Lebens, der Junge drückt die Play Taste des Cassettendecks, während wieder keine Platte aufliegt.

Absolut keine Logik. Warum nicht einfach die Lautsärke senken oder die Aufnahme ohne Ton über den Verstärker oder über Kopfhörer machen. Ich meine sogar die Anlage hätte kanalgetrennte Pegelregler für die Aufnahme gehabt.

Wobei ich auch meine, dass ALCs häufig mit dem Lautstärkeregler gekoppelt waren, ich hatte mal so eine billige Liegekompaktanlage, wenn ich da während der Aufnahme leider drehte, nahm der Pegel auf der Cassette zu, kann aber auch sein, das ein Defekt war oder Einbildung, da war ich noch sehr jung, aber Viele waren früher der Ansicht die Aufnahme würde bei einfachen Geräten besser, wenn man einfach den Verstärker lauter dreht.

In einer anderen Folge, die ich vor längerem mal gesehen habe ist es realistischer. Da hören die Beiden Eltern ein Lied im Radio, sie sagt dann „das ist unser Lied“, wieder eine Nichtssagende Instrumentalmelodie, die klingt wie von der Ziehung der Lottozahlen im Mai 1978, worauf der eine Junge dann sagt „wenn ich es das nächste Mal im Radio höre nehme ich es auf.“

Gesagt getan. Die Eltern gehen später noch mal schick essen und als sie wieder kommen, steht ein kleiner Radiorecorder mit Batterien im Schlafzimmer mit Memozettel dran „hier euer Lied kam vorhin im Radio, Ein Stück vom Anfang fehlt.“, das halte ich wiederum für wahrscheinlicher und realistischer als die Situation mit dem Schneider Turm.

Trotzdem schäme ich mich als Technikfreund oft fremd, wenn ich So Szenen in Filmen oder Serien sehe, wo Leute als Technikfreaks oder Profis dargestellt werden und man einfach sofort merkt, dass die keine Ahnung haben.

Bei Big Bang Theory richten die Nerds einmal ein 5.1 System für die neue Mieterin ein, es wird dann danach gefragt ob ihr Dolby oder DTS lieber sei, DTS sei basslastiger. Keine Ahnung wer sich den Quatsch ausgedacht hat. Ich finde die gesamte Serie eher schwach, aber sowas recherchiert man doch mal, wenn man keine Ahnung hat.

In der Kinder und Jugendserie „Endlich Samstag“ in der es um die gleichnamige Band geht, die in einem alten Lokschuppen üben ist das ähnlich. Die angeblichen „Techniker“ haben einfach null Ahnung von Technik und man merkt das immer, wenn die beiden „Soundmänner“ am Mischpult stehen und wie verrückt an allen Reglern drehen, während die Band spielt, die drehen an Allem nur an nix sinnvollem und als die Polizei eine Probe unterbricht werden einfach mal 2 Kanäle mittendrin hochgezogen, anstatt den Master runterzuziehen, dennoch wird die Musik schlagartig leiser. Ich habe das eine Zeit lang immer zum fremd schämen geguckt, weil ich es echt blöd finde, wenn auf solche Details nicht geachtet wird, ich meine sogar, man hätte deutlich gesehen, dass das Equipment gar nicht angeschlossen war.

Das ist mir heute übrigens auch in einem Paukerfilm
Aufgefallen, die Jukebox war einfach komplett aus.

Im Video von Wired For Sound fährt Cliff Richard auf Rollschuhen mit einem TPS-L2 Walkman von Sony durch die Gegend, dabei hat er die passenden Kopfhörer mit den orangenen Polstern auf, der Walkman ist gut sichtbar an seinem Gürtel angebracht. Man sieht deutlich, dass da keine Cassette drin ist und er nicht läuft. Wer macht so einen Blödsinn? D

Vielleicht ist euch sowas ja auch schon aufgefallen.

LG Tobi
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#2
Hi Tobi,
im Grunde bin ich ja deiner Meinung. Da wir ja aber alle wissen wie bei Film und Fernsehen getrickst, gefakt und geschummelt wird sehe ich über solche Dinge einfach drüber weg.
Ich sag zu mir - reg dich nicht drüber auf, du kannst es eh nicht mehr ändern - und wenn es zu bunt wird schalt ich einfach ab.

Wolfgang
VG
Wolfgang
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#3
Wolfgang, du schreibst mir aus der Seele!
Im Grunde merken das doch die Nullachtfuffzehn-Zuschauer auch gar nicht. Das fällt nur solchen Freaks wie uns auf! Und letztlich wird die Handlung dadurch ja auch nicht beeinträchtigt.

LG und g. R.
Holgi
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#4
Die Serie lief damals fast zeitgleich mit "Diese Drombuschs" an. Für mich waren letzte immer um Längen unterhaltsamer und sympathischer und haben bis heute Kultstatus. "Ich heirate eine Familie" war sowas zum Nebenhergucken, wenn gerade nichts besseres lief. Diese mangelnde Detailliebe passt, auch wenn sie mir damals nicht aufgefallen ist, für mich in's Bild.
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#5
DOSORDIE,'index.php?page=Thread&postID=214826#post214826 schrieb:Nun hört man plötzlich unfassbar fetzige Instrumentalmusik durch die Wohnung wummern (...)

https://www.youtube.com/watch?v=iutwKZF9JDw#t=24m30s
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#6
DOSORDIE,'index.php?page=Thread&postID=214826#post214826 schrieb:… das Cassettenlaufwerk auf Play geschaltet ist und keine Schallplatte aufliegt - man sieht genau, dass der Arm auf der Auflage liegt …
Na ja, er könnte ja schon fertig mit Überspielen gewesen sein, die Platte sauber weggepackt haben und – mangels Hinterbandkontrolle – die fertige Aufnahme nochmal abgehört haben. (Das erklärt natürlich nicht den Blödsinn mit den Lautsprechern.)

Im ernst, solche Kinkerlitzchen regen mich auch furchtbar auf. In einem Tatort (möglicherweise Stuttgart) packt sich der geplagte Ermittler abends bei sich aufs Sofa und hört (prima!) „Never Going Back Again“ von Fleetwood Mac. In der Studioversion, muß ich dazusagen. Leider sieht man, daß es der erste Schnitt auf der Seite ist, das ist so nie auf Platte erschienen. Und das Label ist auch völlig verkehrt, die stimmen bei Aufnahmen von laufenden Schallplatten überhaupt nie.

Im Film Radio Rock Revolution sieht man beim durchstöbern des Archivs spritzgußgefertigte Singleschallplatten (die mit der eingepreßten Stroboskopmarkierung, die – ich schweife ab – interessanterweise nur für 33 Umdrehungen paßt), die es in den 60er-Jahren noch gar nicht gab.

Und überhaupt sieht man, wann immer eine Senderegie gezeigt wird, die unmöglichsten Dinge auf Bildschirmen, insbesondere bunte Riesenhüllkurven, die zu nichts passen und unmögliche Arbeitsabläufe, wie sämtliche Regler am Pult wild geöffnet oder so.

Als einer, der selber jahrelang Sendungen gefahren hat, geht mir sowas natürlich auf den Keks.


Hanebüchene Grüße

TSD
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#7
Ja vor Allem, bei ner Familienserie kann ich da noch eher drüber weg sehen, als bei einem Film wo es tatsächlich um Radio als solches geht und solche Abläufe eigentlich wichtig oder entscheidend sein sollten.

Das mit dem Labels ist mir neulich auch aufgefallen, als wir die Webserie „Wishlist“ geschaut haben, da werden öfter mal Platten aufgelegt, da lief dann ständig bösartige Elektro Mucke, die definitiv neu war, es mussten also moderne Maxis aus dem Techno und Electrobereich gewesen sein. Ich habe dann aber eine Platte von A&M Records gesehen, die definitiv eine LP war und das Label war auch garantiert von vor Mitte der 80er.

Den Plattenspieler wollte ich mir da auch noch mal genauer angucken, ich meine nämlich einen Panasonic Schriftzug gesehen zu haben, der sah aber aus wie ein 1210er Hanpin Klon, der Schnitt war aber so schnell, dass ich mich sich geirrt haben kann. In dem Moment hat’s mich aber stark gewundert.

@timo: ja genau die Szene wars ^^, ich sehe auch grad dass der Junge irgendwo an der Klangregler Sektion rumdreht, was echt noch weniger Sinn macht.
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#8
DOSORDIE,'index.php?page=Thread&postID=214876#post214876 schrieb:@timo: ja genau die Szene wars ^^, ich sehe auch grad dass der Junge irgendwo an der Klangregler Sektion rumdreht, was echt noch weniger Sinn macht.

Übrigens konnte ich mich, entgegen meiner obigen Aussage, beim erneuten Sehen doch an die Szene erinnern - und daran, daß mir die Sache mit den abgezogenen Lautsprechersteckern schon damals im Alter von zehn Jahren unlogisch vorkam.

Was die "heiße Platte" angeht: Eine Sekunde lang dachte ich, eine gewisse Ähnlichkeit zu "One Step Beyond" von Madness herausgehört zu haben, aber dann klang's doch deutlich spießiger. Es gab mal Platten mit GEMA-freier Instrumentalmusik für die Untermalung selbstgedrehter Videos, könnte schon fast sowas sein. Smile

Die beschenkte Tanja scheint solche Musik allerdings tatsächlich zu mögen. Bei 1:30 im gleichen Video sieht man, wie sie morgens zu recht ähnlichen Klängen (hier etwas gitarrenlastiger, Ricky King lässt grüßen) aufsteht. Natürlich wiederum in einer Lautstärke, die den armen Werner gleich mit aus den Federn reißt.
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#9
Naja am ehesten erinnert mich das schon eher so an Shakin Stevens oder so, oder speziell an diese Rock‘n‘Roll artigen Dire Straits Stücke wie „Twistin by the Pool“. In den späten 70ern/frühen 80ern gab es ja durchaus diese Rockabilly Welle. Das Sounddesign ist ja dann gerade nach der NDW sehr vom überbrillianten halligem cleanen Sound geprägt, was auch starken Einfluss auf die Rockmusik hat und viele Rock Platten aus der Zeit nach 83/84, wo so der Bruch zu FM Synths und digitaler Klangerzeugung ist, klingen dann stark nach poppig und Gitarren fallen in den Hintergrund.

Aber da finde ich das was Tanja zum Aufstehen hört schon direkt progressiver, allerdings passt ihr spiessiger Polkatanz dazu mal so gar nicht.

Ja klar sowas hat man oft in solchen Serien, man will wahrscheinlich wirklich die Rechte an den damals angesagten Hits sparen. Bei der glücklichen Familie besteht die Songauswahl vor allem in der ersten Staffel selten aus bekannten Stücken, aber das was die Jugendlichen hören oder was im Radio kommt ist definitiv zeitgemäß.

Nur Maria und Flori hören echt eigenartige Musik, die ist auch immer instrumental und einmal kommt Maria heim und hat eine Platte mitgebracht, irgendwas „die Tanzplatte des Jahres“ artiges, was damals schon outdated war, aber bei meinem Opa war das auch so, da gabs auch jede Menge „Trompetenhits“ und so, mag vielleicht stimmen, dass das den Leuten aus der Generation zu dem Zeitpunkt gefallen hätte. In der ersten Staffel waren da auch auffällig viele Geräte von Grundig, Fernseher, Videorecorder und die gute 7500er Serie. Als sie ins neue Haus ziehen wird das leider auch durch einen Schneider Turm ersetzt, möglicherweise war Grundig in den ersten beiden Staffeln Sponsor.

LG Tobi
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#10
Das Musikstück ist gar nicht so schlecht, eigentlich. Smile IHEF war wirklich eine ausgesprochen gefällig gemachte Serie. Mehr aber auch nicht. Timmo Niesner, der den älteren Sohn Markus spielte, ist übrigens inzwischen ein recht gefragter Synchronsprecher.

Aber technische Fehler in Filmen sind eher die Regel. Kurz vor Weihnachten lief als Schlefaz "Mr Dynamit - Morgen küsst uns der Tod" - ein deutscher Versuch, einen James Bond-Abklatsch zu produzieren. In dem Film wollte der Superschurke (der regelmäßig mit seiner elektrischen Eisenbahn spielte, dann eine Flasche Grappe exte und sich dann in einen Teppich einrollte) eine "DC-8" kaufen - also ein Flugzeug. Die Außenaufnahmen mit Flugzeugen zeigten wahlweise eine Sud Aviation Caravell, eine Boeing 707 oder eine DC-8. Und Oliver Kalkofe und Peter Rütten, die den Flim zerpflückten, ist das noch nicht mal aufgefallen.
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#11
Tondose,'index.php?page=Thread&postID=214872#post214872 schrieb:Im ernst, solche Kinkerlitzchen regen mich auch furchtbar auf. In einem Tatort (möglicherweise Stuttgart) packt sich der geplagte Ermittler abends bei sich aufs Sofa und hört (prima!) „Never Going Back Again“ von Fleetwood Mac. In der Studioversion, muß ich dazusagen. Leider sieht man, daß es der erste Schnitt auf der Seite ist, das ist so nie auf Platte erschienen. Und das Label ist auch völlig verkehrt, die stimmen bei Aufnahmen von laufenden Schallplatten überhaupt nie.
Auch wenn ich es für unwahrscheinlich halte, aber es könnte der Sampler "Stereoplay Highlights 10" gewesen sein, da ist es der erste Titel auf Seite A.


Grüße und kommt gut ins neue Jahr

96k
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