Wenn Bandmaschinen erzählen könnten
#1
Nach dem Umzug hat sich bei uns inzwischen soweit alles beruhigt. Ich war heute wieder in meinem Tonbandzimmer um meine Kontrolle zu machen. Ich lasse alle Geräte so nach und nach mal ein Band abspielen und versuche dabei festzustellen, ob noch alles in Ordnung ist. Als ich dabei bei meiner B90 von Tesla ankam, kam mir ein Gedanke. Die Geschichte der B90 kenne ich ja, die habe ich selbst im Laden gekauft, genau so, wie eine, meiner beiden B115. Wäre es nicht schön, wenn man die Geschichten der anderen Geräte auch kennen würde, wenn die Geräte erzählen könnten, wie die Grundig im Thema "Der verhinderte Tonbandfreund" Es wäre doch spannend, zu erfahren, was meine Sammlerstücke in ihrem langen Leben so alles mitgemacht und erlebt haben. Wie wurden sie von ihren Vorbesitzern genutzt und behandelt. Manchen Geräten sieht man es ja an, wenn sie nach der Auktion hier ankommen, das sie es nicht leicht hatten. Wer seinem Tonbandgerät die Kopfabdeckung abreißt, der quält vielleicht auch seinen Hamster. Ein liebevoll gepflegtes Gerät mit zerbröselder Andruckrolle hatte wohl genauso wenig "Auslauf" wie der Rassehund im Zwinger auf dem Hof, der an der Kette liegt. Ein kleines Röhrengerät hat in seinem langen Leben wohl wirklich viel arbeiten müssen, (man merkt es an den abgeschliffenen Bandführungen) wurde aber trotzdem sorsam behandelt. Das Gehäuse sieht noch gut aus, alle Knöpfe sind noch dran und original. Die (das) Uher-Report, die (das) vielleich gegen ihren (seinen) Willen zum Staatsdienst verpflichtet wurde aber viel lieber bei spannenden Reportagen dabei wäre. Der Kassettenrecorder aus dem Russisch-Sprachkabinett, er hätte bestimmt auch gerne fetzige Beatmusik im Zeltlager oder auf einer Gartenparty gespielt. Oder das Diktiergerät, welche Beschwerden, Verweise, oder Geschäftsbriefe wurden ihm wohl anvertraut. Na ja, schön wäre es ja, mal zu erfahren, was mit den Geräten alles so passiert ist.
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#2
Im ersten Moment fand ich die Vorstellung auch interessant, aber wenn ich's so recht bedenke... ich glaube, man würde sehr viele Geschichten hören, die sich sehr ähnlich sind. So etwa:

"Ich wurde 1972 (+- 5) in einem kleinen Radiogeschäft in ... gekauft. Die Zeit bis 1980 verbrachte ich, ab 1975 zunehmend weniger genutzt, im Wohnzimmer der Familie des Käufers, angeschlossen an eine Toplader-Kompaktanlage der Marke .... Dann drängte die Frau im Hause erfolgreich auf die Anschaffung einer wohnzimmerreundlicheren, kleineren Anlage. Ich wurde gut verpackt in einem Schrank (im Keller, auf dem Dachboden) verstaut. 1990 holte man mich wieder hevor und verkaufte mich per Zeitungsinserat an einen Tonbandfreund, dem allerdings schon bald der Sinn nach einem größeren Gerät stand. Ich wurde in der Folgezeit mehrfach verkauft, zunächst über Zeitungen, ab 1999 dann über Internet-Auktionshäuser. Seit 2001 bin ich in den Händen eines Sammlers, der offenbar beabsichtigt, mir bis zu meinem oder seinem Ableben die Treue zu halten."
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#3
[Bild: b90kl.jpg]


Gut, spinnen wir den Gedanken mal weiter, vielleicht wird es ja doch ganz interessant.

"Ich heiße B90 und wurde 1977 in Pardobice (CSSR) bei Tesla geboren. Der volkseigene Handel der DDR importierte mich und stellte mich in einen Radioladen der HO in Schwerin. Ich muß wohl ein sehr außergewöhlicher Gast gewesen sein, denn die Leute starrten mich irgendwie komisch an. Lag es etwa an der seltsamen Anordnung meiner Bandteller oder weil solche Geräte wie ich sehr selten in dem Geschäft anzutreffen waren. Ein Plattenspieler, er hieß Mister-Hit, kam wohl aus Polen, sagte zu mir "Was bist Du den für eine". Meine Kumpels von Unitra, die ZK-120 will wohl keiner mehr". Ich antwortete ihm "Sei froh, das es mich gibt, Du kannst ja nur abspielen, Deine Freunde, die ZK-120 können auch aufnehen aber ich bin vierspurig und kann 18er Spulen tragen. Ich kann auch automatisch aufnehmen und das in zwei Geschwindigkeuten". Der Mister-Hit hielt es dann wohl für besser, ruhig zu sein. An einem schönen Tage im November 1977 kam dann ein junger Mann in das Geschäft. Er war sehr stark sehgeschädigt, sonst hätte er mich ja im Regal, hinter dem Ladentisch stehen sehen. Als die nette Verkäuferin ihm nach seinem Begehren fragte, antwortete er " Haben Sie ein Tonbandgerät, vierspurig sollte es sein und möglichst 18er Spulen sollten draufpassen. Er sagte ihr auch noch das er ein Tonbandgerät brauche, um die Blindenhörbücher aus Leipzig "lesen" zu können. Freundlich sagten dann die Verkäuferin "Da habe ich etwas für Sie, ist gestern gerade geliefert worden. Die Dame drehte sich zum Regal um und griff nach mir, ein anderes Tonbandgerät schien wohl nicht in dem Laden zu sein. Sie stellte mich dann vor dem jungen Mann auf den Ladentisch und sagte, Das ist ein B90 von Tesla. Sofort begannen mich die tastenden Hände des sehbehinderten Mannes zu begutachten. Er fragte wozu meine vielen Knöpfe alle gut sind. Die Verkäuferin verwies auch auf meine Aufnahmeautomatik die man bei Bedarf zuschalten kann. "Hoffentlich ist die nicht so schlecht, wie die von den Kassettenrecordern" sagte der junge Mann und bat um eine Vorführung. Mein Netzstecker kam in die Steckdose unter dem Ladentisch, neben mir wurde noch der Mister-Hit hingestellt. Ausgerechnet er sollte mich füttern, eine Langspielplatte von so einem Volkskünstler aus dem Thüringer Wald wurde aufgelegt. Die Verkäuferin drückte dann auf meine Aufnahmetaste und drehte den Start-Schalter. Vorher hatte sie natürlich noch ein Band eingelegt. Ich versuchte aus dem, was der Mister-Hit mir anbot, das Beste zu machen. Es schien mir wohl gelungen zu sein. Nachdem mein zukünftiger Besitzer, denn soviel hatte ich schon mitbekommen, sich alles erklähren lassen und auch selbst ausprobiert hatte, legte er für mich 1050 DDR-Mark auf die Ladentheke. Ich kam in den Pappkarton, in dem ich auch geliefert worden bin und wurde aus dem Laden getragen. Zuhause angekommen, befreite mich mein Besitzer aus dem dunklen Gefängnis. Er stellte mich auf ein Wandklappbett, neben einen REMA-Receiver und - einem Mister-Hit. Mein Diodenkabel wurde mit dem Radio verbunden an dem auch schon der Plattenspieler hing. Mein junger Mann stellte aber den UKW-Bereich an dem Radio ein und suchte einen Sender. Es rauschte und knisterte aber dann fand er wohl, den Sender, den er suchte. Die erste Sendung, die ich aufnehmen durfte, war eine Oldie-Sendung vom RIAS mit Lord Knut. Ich mußte das Band mehrmals zurückspulen, denn mein Besitzer machte sich mit meinen Bedienungselementen vertraut. Er probierte eine Aufnahme, spulte zurück, "Zu laut", stellte den Aufnahmeregler etwas zurück und probierte noch einmal. "Scheiße, zu leise" hörte ich ihm fluchen. Beim dritten Mal klappte es dann. Meine Automatik wurde auch probiert aber mein junger Mann war davon wohl nicht sehr begeistert. Er benutzte sie später nur noch, wenn er Tonbandbriefe für seinen Schulfreund Ulli aufnahm. Wie ich schon sagte, er ist sehgeschädigt und hat deshalb wohl ein gutes Gehör. Wir fanden uns zusammen und ich gab mein bestes. Leider nicht immer zur vollen Zufriedenheit meines Besitzers, denn die Konstrukteure bei Tesla hatten wohl nicht alles richtig bedacht. Mein Besitzer war mit einem Radiotechniker befreundet, dem erzählte er von meinen Schwächen und hatte auch Vorschläge, was man verbessern konnte. Der "Fernsehfritze" verstand sein Handwerk sehr gut, er gewöhnte mir bald meine Macken ab. Leider hatte er nicht immer die nötigen Ersatzteile. So stand ich schon mal drei Wochen in der Werkstatt, bis die neuen Riemen geliefert wurden. Wie schon gesagt, ich sollte auch diese Blindenbänder aus Leipzig abspielen. Nicht alle "Leser" dieser Bücherei gingen damit pfleglich um. Da waren Bänder einfach geknotet, wenn sie gerissen waren oder mit Pflaster geklebt. Das ging mir ganz schön auf die Führungsbolzen und die Köpfe. Na ja, Kopfwaschen war sowieso öfter angesagt. Mein Besitzer war da sehr genau. Vor jeder Aufnahme wurde meine Kopfabdeckung abgenommen. Mit den Fingern befühlte er dann die Bandführung und sagte, "Kann ja nicht schaden" und reinigte mich mit einem Wattestäbchen. Ich nahm dann auch seine Schallplatten auf Band auf und gab mir, wie damals im Geschäft große Mühe dabei. So recht zufrieden war mein junger Mann mit dem Ergebnis wohl nicht, denn er verbannte den Mister-Hit aus der Anlage. Das REMA-Andante Radio verschwand in das elterliche Wohnzimmer und zierte dort die Schrankwand. An meine Seite stellte er dann eine Ziphona-Anlage, die bestand aus einem Radio-Tuner, einem Verstärker mit zwei Boxen und einem Plattenspieler Granat mit magnetischem Tonabnehmer. Nun konnte ich zeigen, was ich konnte aber leider nur in mono, denn für stereo war ich noch nicht eingerichtet. Zu mir gesellte sich dann später noch eine B93, die sah fast so aus wie ich, denn sie hatte das gleiche Laufwerk, nur sie konnte Stereo. Nun bin ich abgemeldet, dachte ich so bei mir, denn jetz hatte er ja was er wollte, eine Stereo-Maschine. Aber es kam anders. Mein Besitzer kaufte noch ein Mischpult, ein Mikrofon hatte er schon für mich gekauft. Er besuchte einen Lehrgang für Amateur-Schallplattenunterhalter, ja so hieß das damals in der DDR, heute sagt man wohl DJ dazu. Als er seine Prüfung bestanden hatte, ich rechne es ihm hoch an, das er sich unter den Sehenden behaupten konnte, bekam er auch die Staaliche Spielerlaubnis. Soviel ich weis, hat er die heute noch und hält sie in Ehren, wie alles seine Sammlerstücke. Nun ging das Tingeln los, hier eine Frauentagsfeier, da eine Hochzeit, auch mal Jugendtanz oder Brigadeabend. Ich mußte immer mit, zusammen mit dem Verstärker, dem Mischpult und dieser B93, diese alberne Zicke, die wollte immer nicht zurückspulen, hatte sich sehr affig. Als diese Ziege wieder mal nicht wollte, lieh mein Besitzer vom Wirt der Kneipe in der er gerade zur Silvesterparty spielte, eine ältere aber noch sehr rüstige Dame namen B54 aus. Die spielte auch meine Bänder sehr gut ab. Da war dann das Urteil für die zickige B93 gesprochen, sein Freund, der Radiotechniker machte der Dame nochmal so richtig Dampf und dann wurde sie verkauft. Mein Besitzer kaufte dann von dem Wirt die B54, es war eine schöne Zeit, die Zusammenarbeit war gut. Irgendwann bekamen wir beide, die B54 und ich neue Tonköpfe, wir wurden auf Spurgleichheit eingestellt. Später kaufte mein Herr dann eine B115, es war eine richtige Stereomaschine. Leider konnte ich nicht alle Bänder abspielen, die sie aufnahm, denn sie lief mit 19,05 cm/s was ich nicht konnte. Aber die langsamen Bänder konnte auch ich spielen. Den Mister-Hit habe ich übrigens nie wieder gesehen. Mein Besitzer schimpfte auch sehr auf ihn, denn er hatte wohl so einige Platten versaut. Ich stehe heute noch in seiner Sammlung neben der B54 und der B115 sowie einigen anderen Geräten. Ab und zu bekomne ich nochmal ein Band aufgelegt und darf zeigen, was ich trotz meines Alters noch kann. Meistens bekomme ich das Band, welches ich damals als aller erstes aufgenommen habe, dan mit dem Lord Knut vom RIAS. Die B54 und die B115 können ja selbst erzählen, was sie so alles erlebt haben, denn überall war ich nicht dabei.

Hoffentlich bin ich jetzt nicht zum Schriftsteller abkommandiert, das überlasse ich lieber Leuten, die davon mehr verstehen.
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#4
[Bild: b54.jpg]

Die "Titelheldin" dieser Geschichte

Ich bin nun die B54, von der meine Vorrednerin, die B90 schon gesprochen hat. Wie gesagt, sollte ich bei einer Party für eine B93 einspringen, die rumzickte und nicht das tun wollte, wofür sie gemacht war.

Aber erstmal zu meiner Vorgeschichte. Auch ich stamme aus Pardubice (CSSR) und kam im Tesla-Werk zur Welt. Es muß so Anfang der 70er Jahre gewesen sein, als die geschickten Hände einer Fließbandarbeiterin mich in mein Plastegehäuse einbauten. Ich bestand dann die Gütekontrolle und durfte in die DDR reisen. Bestimmt war ich für den Verkauf in einem Warenhaus in Wismar (Meckl.) Es war schon sehr kalt als ich die lange Reise antrat. Muss wohl so kurz vor Weihnachten gewesen sein, als ich in der Abteilung „Rundfunk und Fernsehen“ des Warenhauses in ein Regal gestellt wurde. Neben einem Kofferradio mit Namen „Stern Dynamic“ fand ich meinen Platz. „Du bist ein Tonbandgerät, wirst hier bestimmt nicht alt“ sagte es zu mir. Es dauerte auch nicht sehr lange, mit dem Sternradio konnte ich mich garnicht richtig anfreunden, da kam so ein Mann an den Ladentisch und fragte den Verkäufer im mürrischen Ton, „Was ist das da für ein Ding, neben dem Radio?“ „Ein Tonbandgerät.“, bekam er zur Antwort. Dieser Mensch wollte mich doch nicht etwa kaufen, dachte ich noch so bei mir aber da passierte es schon. Ich wurde kurz vorgeführt, der Mann zeigte kein großes Interesse für meine technischen Fähigkeiten, wollte nur wissen, was ich kosten sollte. 925,- Ostmark wanderten in die Ladenkasse und ich wieder in meinen Lieferkarton. Der Mann, der mich gekauft hatte, klemmte sich den Karton unter den Arm und trug mich zu seinem Auto, öffnete den Kofferraum und warf mich hinein. „Habe ich wenigstens für meine Alte was zu Weihnachten murmelte er vor sich hin als er in das Auto stieg. Bei ihm zu Hause angekommen, ahnte ich schon, daß es mir hier nicht sehr gut ergehen würde, überall stank es nach Zigarettenqualm, das gefiel mir überhaupt nicht. Ein paar Tage lag ich dann, in meinem Karton, auf dem Kleiderschrank im Schlafzimmer. Dann kam der Weihnachtsabend. Ich wurde geholt und der Frau überreicht. Sie packte mich dann aus. „Ein Tonbandgerät, was soll ich damit? Hättest lieber eine Küchenmaschine kaufen sollen, Du Dummkopf!“ Da wusste ich, daß ich hier nicht willkommen bin. Da landete ich auch schon wieder in dem Pappkarton und wurde zu den anderen Geschenken gestellt. Der Mann, er hieß übrigens Heiner war für die nächste Zeit nicht gut auf seine Frau zu sprechen, immer gab es irgendwie Streit. Wie ich später mitbekam, war dieser Heiner Schankwirt in einer Gaststätte in einem Nachbarort. Immer kam er fast besoffen nach Hause, schrie herum und rauchte eine Zigarette nach der anderen. Der Januar verging, da kam dieser Heiner für ein paar Tage nicht nach Hause, auf einem Weiterbildungslehrgang sei er, hieß es. Die Frau erinnerte sich an mich und holte mich aus dem Karton. „Was soll ich nur mit Dir anfangen“ sagte sie dann und stellte mich auf einen Tisch. Sie nahm ein kleines Buch zur Hand und begann darin zu lesen. Auf dem Umschlag des Buches stand mein Name B54. Die Frau schien sich wohl doch ein wenig für mich zu interessieren. Sie studierte meine Bedienungsanleitung, denn diese war das Buch, welches sie las. Dann öffnete sie meinen Deckel und verglich mich wohl mit einem Bild in dem Buch, fasste an meinen linken Schalthebel, „Aha, das ist der Netzschalter, Nr1 auf dem Bild“ und so ging es dann weiter. Stück für Stück machte sie sich mit mir vertraut. Nun war es soweit, ich bekam ein kleines Band aufgelegt, ein Mikrofon hatte ich in meinem Zubehör ja mitgebracht. Die gute Frau machte alles so, wie es in dem Buch stand. Ich belohnte ihre Mühe mit einer schönen Aufnahme ihrer Stimme. Stolz auf ihren ersten Erfolg, wollte sie nun Musik aufnehmen, hätte sie doch das Buch nur weiter gelesen. Ein Kofferradio wurde aus der Küche geholt und vor mein Mikrofon gestellt. Dann suchte sie einen Sender, der Musik spielte. Meine Aufnahmetaste wurde gedrückt und ich begann, wenn auch ungern die Musik aus dem Radio mit dem Mikro aufzunehmen. Ein alter Schlager wurde im Radio gespielt, der mein Schicksal wohl für immer besiegeln sollte. „Heinerle, Heinerle, so heißt mein Hampelmann“, die Frau schien sich über das Lied zu amüsieren, wusste aber nicht, was sie mir damit, wenn auch ungewollt antat. Als dann ihr Heiner von seinem Lehrgang zurückkam, musste ich ihm das Lied vorspielen. Als ich so vor ihm auf dem Tisch stand, dachte ich so bei mir, Na, ob das gut geht?. Der Mann hatte wohl ordentlich einen getrunken, er stank erbärmlich nach Schnaps und Bier und dann dieser Zigarettenqualm. Als er das Lied hörte, es war noch nicht einmal zu Ende, riss dieser Grobian meinen Stecker aus der Steckdose, knallte meinen Deckel zu, packte mich und warf mich in eine Truhe, die im Hausflur stand. Er hatte nicht einmal meinen Netzschalter auf „0“ gestellt. Mir taten schon nach kurzer Zeit alle meine Antriebsräder weh, denn sie standen ja dauernd unter Last.

Eines Tages holte dieser Mensch mich wieder aus der Truhe heraus, ich dachte, er hätte mir verziehen. Aber er schleppte mich mit in seine Kneipe, wo ich im Schankraum aufgestellt wurde. Ein Gast hatte ihn wohl darum gebeten. Ich musste dann ein Band abspielen, welches dieser Gast mitgebracht hatte. Ein Fußballspiel war darauf aufgenommen. So konnte ich wenigstens mithelfen, den Streit zwischen dem Gast und diesem Heiner zu schlichen, in welcher Minute das entscheidende Tor denn gefallen sei. Zu gern hätte ich dem jungen Mann Recht gegeben, denn er war mir symphatischer als dieser Heiner. Dann stand ich noch einige Zeit im Gastraum der Kneipe. Ich musste alles ertragen, vor allem diesen Qualm. Ein Kellner, dem ich wohl im Wege stand, räumte mich dann in einen Lagerraum, wo ich eine ganze Zeit zubrachte. Meinen Netzschalter hatte immer noch keiner ausgeschaltet.

Es war wohl 1983 als in dieser Gaststätte eine Silvesterparty stattfand. Gäste waren geladen und ein junger Mann aus dem Ort sollte dort Musik machen. Er brachte eine B90 mit, mit der ich dann noch viele Jahre zusammenarbeiten sollte. Auch eine B93 war mit von der Partie, wie zum Anfang schon gesagt, war diese Dame sehr zickig. Sie wollte einfach nichts tun, war sich wohl zu fein für die Arbeit. Der junge Mann ärgerte sich sehr über ihr Benehmen. Der Heiner, welcher der Wirt in dieser Kneipe war, erinnerte sich an mich. Er fragte den Kellner, ob er wüsste, wo das Tonband hingekommen sei. Der Kellner holte mich dann aus dem Lagerraum und stellte mich zu dem Musiker auf den Tisch. Dieser räumte die zickige B93 zur Seite und begann mich zu begutachten. Seine Hände erkannten schnell, was ich für eine war, er war stark sehgeschädigt aber das hat die B90 ja schon erzählt. Er erkannte auch, daß es mir bis jetzt nicht sehr gut ergangen sein muß, sofort stellte er meinen Netzschalter auf „0“. Welche Erleichterung ging mir durch meinen Antrieb. Nach kurzer Zeit erbat er sich vom Kellner einen feuchten Lappen, mit dem er mir erstmal so richtig meine Frontplatte schrubbte, das tat gut. Nur so richtig sauber bekam er mich auf die Schnelle auch nicht. Mein Stecker kam in die Steckdose und mir wurde ein Band aufgelegt, Man war ich stolz, es war ein 18er. Auch wenn die Spulen an den Seiten und hinten überstanden, ich brauchte mich vor meiner zukünftigen Kollegen der B90 nicht zu verstecken. Ich konnte auch ihre Bänder spielen. Auf dem Band war wohl eine Aufnahme, die mein neuer Freund als sein Bezugsband bezeichnete. Dem Kellner erklärte er, er sei das erste Band, welches er mit der B90 aufgenommen habe und damit überprüfe er nach Gehör, ob die Spur stimmt. Auf dem Band waren Oldies, aufgenommen von einem Radiosender namens RIAS kommentiert wurden die Titel von einem Lord Knut. Ich gab mir die größte Mühe, meinen neuen Freund an diesem Abend nicht zu enttäuschen. Auch wenn es mir sehr schwer fiel, denn mein Getriebe hatte unter der langen Anspannung sehr gelitten. Nach ein paar Titeln, die ich abgespielt habe, bestellte mein Freund beim Schankwirt einen Schnaps, ein Klarer sollte es sein. War er etwa auch so ein Trinker, na wenigstens hatte er ein Herz für uns Tonbandgeräte. Aber er trank den Schnaps nicht, er nahm mir meine Tonkopfabdeckung ab, tauchte sein Taschentuch in den Schnaps und wischte damit meine Tonköpfe ab. Na gut, es war ein Notbehelf aber ich fühlte mich mit sauberen Köpfen gleich etwas besser. Später gab es dann nochmal Ärger, natürlich mit dem Heiner, der den Schnaps wohl nicht zum Tonkopfputzen genommen hatte. Mein Freund wusste nichts von meiner Vorgeschichte, er wollte einem Gast nur einen Musikwunsch erfüllen. Welcher das war, kann man sich denken. „Heinerle, Heinerle, so heißt.... weiter kam ich nicht. Mir wurden die Bandspulen heruntergerissen und in einen Mülleimer geworfen. Dann bot er meinem Freund an, er könne dieses „Mistding“ womit dieser Heiner nun wieder mich meinte, kaufen. 500,- Mark wollte er für mich haben. Am 2. Januar wurde mein Freund dann mein neuer Besitzer. Fast einen ganzen Monatslohn hat er für mich gegeben. Als ich dann bei ihm zu Hause war, ging es mir wieder an den Kragen aber diesmal nicht im schlechten Sinne. Alle meine Bedienhebel und Knöpfe schraubte er ab und warf sie ins Spülwasser. Meine Frontplatte wurde mir auch abgenommen, sie bekam die Bürste zu spüren, bis sie wieder schön grau war. Mein neuer Besitzer befühlte meine Antriebsräder, stellte fest, das es wohl nicht sehr gut um mich bestellt war. Da muß Klaus ran, hörte ich ihn sagen. Sollte ich schon wieder verkauft werden, entsprach ich doch nicht seinen Vorstellungen. Der Klaus war aber ein versierter Radio- und Fernsehtechniker, er nahm sich meiner Leiden an. Alles was irgendwie schadhaft war, wechselte er aus, ich fühlte mich wie neu gebaut. Auch an meinem elektrischen Teil schraubte dieser Klaus herum. Er stellte alle Parameter neu ein, ich sollte mein Bestes geben können. Klaus erbat von meinem Besitzer ein Band für die Kontrolle der Spurlage, er bekam natürlich das, mit dem Lord Knut. Dann war ich regelmäßig bei dem Klaus in Behandlung, da mein Besitzer, wie schon gesagt sehgeschädigt war, Er konnte mich nicht so gut instand halten, auch wenn er es gern tun würde. Ich arbeite viele Jahre bei meinem jetzigen Besitzer. Wie die B90 schon erzählte, war er Amateur-Schallplattenunterhalter. Schallplatten spielte er auf seinen Veranstaltungen aber nie, dafür waren wir ja da. Meine Kollegen, die B90 und später die B115 nahmen die Schallplatten bei unserem Besitzer zu Hause auf Band auf. So war die Arbeit für ihn viel leichter. Die Platten wurden dadurch auch sehr geschont. Da ich nur relativ klein und leicht bin, etwa nur halb so viel, wie die B90, nahm mein Freund und Besitzer mich fast überall mit hin. Manchmal bedauerte er nur, daß ich nicht auch mit Batterien spielen konnte. Ich war eben fast überall dabei, wie man so schön sagt, „Wo die Kuh den Schwanz hebt“. Da wurden Musikstücke getauscht, ich lief die ganze Nacht. Vom Fernsehen nahm ich auf, die Formel-1 zum Beispiel, denn die aktuelle Westmusik konnte man ja nicht so einfach kaufen, damals in der DDR. Vom Radio bekam ich oft die NDR-Schlagerparade oder die Internationale Hitparade zu fressen. Auch wenn es manchmal etwas rauschte, mein Besitzer war mit meiner Arbeit immer zufrieden. Einmal begegnete ich sogar noch dem Heiner wieder. Wir waren wider einmal in seiner Gaststätte zum Musik machen. Das Tanzparkett war voll, als ich die Polonaise – Blankenese spielte. Das war eine Stimmung unter den Gästen. Ein junges Lehrmädchen, heute sagt man wohl Azubi dazu, sollte ein Tablett mit vollen Biergläsern durch die Menge tragen. Es kam, wie es wohl kommen sollte. Das Mädchen bekam ungewollt von einem Tanzpaar eine Schubs und kam ins Stolpern das volle Tablett fiel auf mich. Man, war ich voll, so musste es meinem Erstbesitzer wohl so manches Mal ergangen sein. Schnell wurde mein Stecker aus der Steckdose gezogen um mich vor großem Schaden zu bewahren. Ich wurde auf den Kopf gestellt und konnte so einen großen Teil des Bieres wieder loswerden. Nach zirka einer Stunde versuchte es mein Besitzer nochmal mit mir, na ja es ging aber so richtig nicht. Der Klaus musste wieder ran, um mir meinen Kater auszutreiben. Er schaffte es auch. Mein Lautsprecher war aber dahin, es gab einen neuen. Ach ja, der Heiner, obwohl das Lehrmädchen nichts dafür konnte, brüllte er sie an, wie tollpatschig sie doch sei und ob sie nicht wüsste, wie teuer Tonbandgeräte sind, hatte er doch etwas für mich übrig oder hasste er mich noch so sehr, das er mir diesen Unfall gönnte? Es vergingen noch einige Jahre in denen wir zusammen Musik machten. Es Kassettendeck SK3000 gesellte sich noch zu uns. Als dann die B115 in unser Team kam, wurde die gute alte B90 in den wohlverdienten Ruhestand versetzt. Das heißt nun nicht, daß sie keine Bänder mehr spielen durfte, nur sie brauchte nicht mehr so oft mit auf Tour. Nur dann, wenn es einer von uns Neueren, (obwohl ich ja eigentlich die ältere bin) nicht so ganz gut ging, sprang sie nochmal ein. Was wir beide, die B90 und ich bis jetzt leider vergessen haben, unsere Magnetton-Oma, die Smaragd, die war ja auch noch da. Sie war das erste Tonbandgerät unseres gemeinsamen Besitzers, allerdings wie ich auch, gebraucht gekauft. Bewahren wir die Ehre vor dem Alter und lassen die Oma selbst erzählen. Ich lebe noch heute bei meinem Besitzer, ab und zu bekomme ich auch ein Band aufgelegt und darf noch zeigen, was ich kann. Es ist manchmal auch das Band das jede von uns schon hatte, außer unsere liebe Oma, denn sie kann kein Vierspur, natürlich das vom RIAS mit dem Lord Knut.
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#5
@Gerald:

Es macht mir Spaß, Deine Stories zu lesen, und ich vermute, mit dieser Ansicht nicht alleinzustehen. Weiter so! Smile

Gruß, Wolfgang
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#6
[Bild: tesla115.jpg]


Ja, ich bin nun die Dritte im Bunde, die hier zu Wort kommen darf. Mein Name ist B115 und auch ich komme aus der Tschechei. Wie die beiden anderen, die hier schon erzählt haben, wurde ich im Tesla-Werk in Pardubice hergestellt. Als HiFi-Stereotonbandgerät sollte ich in der DDR verkauft werden. Ich weis nicht genau, warum, aber irgendwie fühlte ich mich von Anfang an nicht so richtig wohl in meinem Gehäuse. Es lag wohl daran, daß in dem Werk, in dem ich zusammengeschraubt wurde, die Planerfüllung an erster Stelle stand. Da war dann nicht all zu viel Zeit für die sorgfältige Arbeit. Recht bald sollte ich den Klaus kennenlernen, von dem hier schon die Rede war aber davon später.

Also, ich wurde in die DDR geliefert, kam in eine kleine Stadt in Mecklenburg nahe der Hafen- und Werftstadt Wismar. In einer Konsum-Verkaufsstelle für Rundfunk und Fernsehen sollte ich „unter das Volk“ gebracht werden. Als ich am 17.11.1984 dort ankam, griff die Verkaufsstellenleiterin gleich zum Telefon. Sie rief einen Kunden an, „Das bestellte Tonbandgerät ist da“, hörte ich sie sagen. Ich wurde garnicht erst ausgepackt, kam so wie ich angekommen war, in den Lagerraum. Gott sei Dank, war dort geheizt und ich konnte mich von der langen Fahrt im Lieferauto erholen.

Am nächsten Tag kam dann der Kunde, den die Verkäuferin benachrichtigt hatte. 2300,- Ostmark brachte er mit, die er für mich bezahlen sollte und ein bespieltes Band, welches von der B90 aufgenommen wurde, wie ich später erfuhr. Ich wurde aus dem Lager geholt und endlich durfte ich auch aus diesem muffigen Karton heraus. Von meiner schönsten Seite wollte ich mich zeigen, leider stand der Karton verkehrt herum und der Kunde bekam zuerst meine Rückseite zu Gesicht. Das schien ihn wohl nicht weiter zu stören, denn seine Hände griffen nach mir. Obwohl ich auch senkrecht betrieben werden kann, wurde ich auf den Rücken gelegt. Der Mann, der mich kaufen wollte, war sehr stark sehgeschädigt, aber das haben die anderen beiden ja schon erzählt, nur kannte ich sie bis dahin noch nicht. Also dann ging es los, der junge Mann begutachtete mich von allen Seiten. „Schade, das da nicht ein Deckel über alles zu ist“ sagte er. Schnell hatte er einen, meiner Schwachpunkte erkannt. Alle meine Bedienungselemente liegen ungeschützt, frei auf der Frontplatte. „Wie leicht kann da etwas abbrechen“. Wie Recht er hatte, ich sollte es recht bald merken. Ich wurde dann eingeschaltet, nachdem mir zwei Lautsprecherboxen, die von einem Plattenspieler geliehen waren, angeschlossen wurden. Einen eigenen Lautsprecher habe ich nicht aber dafür zwei echte Endstufen. Mein zukünftiger Besitzer hätte es wohl lieber, wenn ich einen Lautsprecher hätte. Nun wurde mir das Band aufgelegt, welches der Mann mitgebracht hatte. „Mit diesem Band möchte ich hören, ob diese Maschine mit meinen anderen übereinstimmt“ erklärte er der Verkäuferin. Leider war dieses Band in Mono und auf „9“ aufgenommen. Ich konnte garnicht beweisen, was in mir steckt. Auf diesem Band waren Oldies, die mein Zukünftiger vom Radio aufgenommen hatte. Ich bemühte mich, dieses Band so gut wie möglich wiederzugeben, was mir wohl auch gelang. Er war jedenfalls mit mir zufrieden. Ich erfuhr dann noch aus dem Gespräch, das die Aufnahme vom RIAS gemacht wurde und der Ansager Lord Knut heißt. Dann gab der junge Mann das Geld für mich hin und ich musste wieder in den Karton. Erst wollte mir das garnicht behagen, doch dann war ich ganz froh, denn draußen war es nass und kalt. Als wir dann draußen auf der Straße, vor dem Laden waren, sagte mein neuer Besitzer „Du bist ja ganz schön schwer, warst ja auch teuer genug“. Er brauchte mich aber nicht sehr weit tragen. Neben uns hielt ein Auto, die Tür wurde geöffnet und eine freundliche Männerstimme sagte: „Komm, ich fahre Dich schnell nach Hause. Hast das Tonband wohl bekommen“. Ich landete auf dem Rücksitz des Autos in dem, im Gegensatz zu dem Lieferwagen vom Vortage schön geheizt war. So kamen wir bei meinem Besitzer zu Hause an, der freundliche Kraftfahrer trug mich hinein und half mich noch auspacken. Ich kam in eine gute Gesellschaft. Das war die B90, die ja schon bekannt ist und die B54, neben einem Kassettedeck, der Ziphona-Anlage und dem Mischpult. Als ich dann da war, durfte die alt erwürdige B90 ihren wohlverdienten Ruhestand antreten. Doch „ausgedient“ hatte sie noch lange nicht. Wie schon erwähnt, ich hatte auch so meine Schwächen. Das fing kurz nach meinem Kauf an. Mein neuer Besitzer hatte es schon befürchtet, er strich mir über die Frontplatte, weil er einen meiner Knöpfe suchte. Obwohl er sehr vorsichtig war, passierte es doch. Knack machte es, ich verkniff mir ein „Autsch“ und einer meiner Schieberegler war abgebrochen. Eine weitere Macke hatte mein neuer Freund auch recht bald gefunden. Da er nun ein gutes Gehör hat, stellte er fest, daß meine Köpfe wohl doch nicht so ganz richtig standen. In den Musikpausen kam immer, wenn auch leise, die Aufnahme von der Rückspur des Bandes durch. Nun sollte ich den besagten Klaus endlich kennen lernen. Ich kam, wie sollte es auch anders sein, wieder in den Karton. Dazu kamen noch die Papiere, die ich beim Kauf mitbekommen hatte. Garantieurkunde und Schaltplan waren das. Ein Band war auch noch dabei, natürlich das, vom RIAS, mit dem Lord Knut. Als wir dann in der Werkstatt ankamen, stellte ich fest, daß ich den Klaus doch schon kannte, es war der freundliche Autofahrer, der mich und meinen Besitzer am Tag meines Kaufes nach Hause gefahren hatte. Ich wurde dann recht bald aus dem Karton geholt und der Klaus nahm sich meiner an. Zuerst wechselte er den abgebrochenen Regler aus, dann nahm er sich meine Köpfe vor. Zuerst bekam ich so ein Messband aufgelegt, Ihh, was waren da für hässliche Pfeiftöne drauf. Doch an Hand dieser Töne konnte der Klaus wohl feststellen, was mir fehlte. Nun legte er das Band auf, das ich schon kannte, das, na ja, Ihr wisst schon. Klaus baute mich dann wieder zusammen und informierte meinen Besitzer, daß er mich wieder abholen könne. Der freute sich über die schnelle Hilfe seines guten Freundes, denn bald sollte ich meinen ersten großen Auftritt haben. Es war so kurz vor Weihnachten, das mein Besitzer „Freizeit-DJ“ äh Amateur-Schallplattenunterhalter war, ist ja schon bekannt. Eine Weihnachtsfeier der Konsum-Verkaufsstellen im Ort sollte mein Debüt sein. Da es nicht all zu viele Personen waren, durfte ich ganz allein auftreten, man was war ich stolz. Die Verkäuferin aus dem Radioladen brachte zwei Lautsprecherboxen mit und ich musste in den, nein diesmal nicht mehr der Karton, Stoffüberzug. Eine dankbare Arbeitskollegin meines Besitzers hatte ihn für mich genäht. Das SK3000 und ich hatten für ihr Autoradio ein paar Kassetten bespielt. Der Abend kam und ich wurde ich das Hinterzimmer einer Gaststätte getragen. „Weinstube“ nannte sich das. Ich bekam einen Platz auf einem Tisch, zu meinen Seiten kamen die Boxen. Der Strom wurde eingeschaltet und mein Besitzer ließ mir erstmal Zeit, mich von der Kälte draußen zu erholen, ich durfte mich in Ruhe warmlaufen. Nach dem gemeinsamen Abendbrot ging es dann los. Ich bekam ein Band aufgelegt, diesmal nicht das mit dem Lord. Es war eines mit gemischter Musik. Aktuelle Hits waren darauf und auch ein paar Stimmungsschlager. Die Stimmung war toll, ich tat was ich konnte. Ich muß mich wohl doch etwas übernommen haben. So ziemlich zum Schluss spielte ich den Titel von diesem Wendehals als Blankenese oder so. Meine Endstufen hielten das nicht mehr aus. Plötzlich versagte mir die Stimme und Rauch quoll aus meinen Lüftungsrillen. Bevor ich dann das Bewusstsein verlor hörte ich noch, die mir schon vertraute Stimme des Freundes meines enttäuschten Besitzers: „Bring es morgen zu mir in die Werkstatt, das kriegen wir wieder hin“ Ich fühlte mich so schlecht, hatte ich doch meinen ersten großen Auftritt so verpatzt. Ob ich jetzt umgetauscht werde, dachte ich so bei mir als ich am nächsten Tag in der Werkstatt des Freundes landete. Der Klaus, den ich nun schon fast so gut kannte, wie meinen Besitzer, heilte mich auch diesmal. Ich bekam zwei neue Schaltkreise und irgend so ein Schaltungsfehler, der den Schlammassel verursacht hatte, wurde auch noch beseitigt. „Das die Kiste nicht schon früher abgeraucht ist, wundert mich“ sagte Klaus dann zu meinem Besitzer. Er hatte auch mir wieder Mut gemacht, denn das könne jetzt nicht mehr passieren sagte er noch. Wie recht er hatte, mir geht es heute noch sehr gut. Die beiden vor mir haben ja schon viel von unserer gemeinsamen Arbeit erzählt, da brauche ich mich wohl nicht zu wiederholen. Wo mag dieser Klaus nur heute sein, der uns Tonbandgeräten immer hilfreich zur Seite stand, wenn unser Besitzer, trotz seiner Bemühungen, es nicht immer allein konnte. Ihr wisst ja warum. Ich denke mal, er ist heute irgendwo in den alten Bundesländern, hat sich weitergebildet. Vielleicht baut er heute Sat-Anlagen für den Digitalempfang oder wartet in irgendeiner großen Softwarefirma das Computersystem. Musik haben wir dann noch bis zur Wende regelmäßig gemacht, danach nur noch in Familien- und Bekanntenkreis.

Mein Besitzer ist heute Mitglied in einem Spulentonbandclub, den er über das Internet gefunden hat. Da gibt es auch so ein Forum, wo über uns diskutiert wird. Was wir so für Macken aber auch Vorzüge gegenüber der modernen Tonspeichertechnik haben. Einige Clubmitglieder verfügen auch über ein umfangreiches Fachwissen. Sie stehen dann den weniger Erfahrenen mit guten Ratschlägen zur Seite, wenn es uns wieder einmal nicht so gut gehen sollte. Ich kann da aus eigener Erfahrung berichten, ein Clubfreund war schon bei meinem Besitzer zu Hause. Einer polnischen Kollegin von mir, einer ZK246 ging es sehr schlecht. Dieser Mann, schade nur, das er so weit weg, in der Türkei wohnt, hat ihr geholfen. Ohne sie genauer zu kennen und ohne so einen Schaltplan, wie der Klaus ihn manchmal gebraucht hat. Die alte Dame ist nun wieder ganz ok. Neulich hat sie gerade wieder das Band gespielt, als mein Besitzer uns alle wieder mal überprüft hat. Na Ihr wisst schon, das mit dem Lord Knut vom RIAS.
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#7
Na, endlich bin ich an der Reihe. Dieses „Jungvolk“ lässt ja keinen zu Wort kommen. Da meint doch diese B90, sie wäre die älteste. Ja, irgendwie hat sie ja Recht, sie ist die älteste, die unser Besitzer damals als neu im Laden gekauft hat. Aber die älteste in der Sammlung bin nicht einmal ich. Abgesehen von der kleinen Bändi, die ich leider nicht mehr kennen gelernt habe, bin ich aber die dienstälteste hier.

Ja, Ihr ahnt es vielleicht schon, ich bin die Magnetton-Oma namens Smaragd. In meinem Ausweis, sprich Begleitschreiben, steht „Heim-Bandtongerät BG20/5 „Smaragd““. Warum nannten die mich nicht einfach Tonbandgerät, na, die werden es schon wissen, die mich entwickelt und gebaut haben. Am 26.08.1961 war ich fertig, so steht es als Stempel auf meinem Chassis. Ich bin ein Erzeugnis des „VEB (Volkseigener Betrieb) Messgerätewerk Zwönitz. Auf mein Gütezeichen, die „1“ im Dreieck, bin ich auch heute noch sehr stolz, sagt es doch dem Fachmann, welche technischen Fähigkeiten und Qualitäten ich habe. Sicherlich kann ich aus technischer Sicht mit diesen jungen Dingern nicht mehr ganz mithalten aber ich glaube, verstecken muß ich mich nicht hinter ihnen. Sollen die erstmal so lange leben wie ich.

Als ich dann, wie gesagt, fertig war, kam ich leider nicht in ein Kaufhaus oder ein Radiogeschäft, wie so viele Schwestern von mir. Ich wurde für den Dienst an einer Schule in der DDR verpflichtet und war nun ein Lehrmittel, so stand es zumindest an der Tür von dem Kabuff, wo ich meinen Ruheplatz hatte, wenn Dienstfrei war. In diesem Raum gab es allerhand lustiger Dinge. Da war so ein dicker Globus, der immer neben mir im Regal stand. Ich träumte manchmal, ich wäre ein Reporter-Gerät und könnte in einer schönen Tragetasche rund um die Welt reisen. Dafür war ich aber ganz bestimmt zu schwer mit meinen 18 Kg. Wenn ich dann im Dienst war, musste ich meistens solche Bänder abspielen wo sowas drauf war, was sich „Stoff“ nannte aber mit Gewebe hatte das nichts zu tun. Den Stoff den ich kannte, war der an meiner Lautsprecherabdeckung. „Stoff“ nannte man die Themen, die im Unterricht behandelt wurden. Das waren klassische Literaturstücke, die als Hörspiel dargeboten wurden oder Texte in fremden Sprachen, meist russisch, welche die Schüler mir nachsprechen mussten. Dann waren auch solche Bänder dabei, wo ich mit einem Dia-Projektor zusammenarbeiten musste. Immer dann, wenn ein Dia aus der Serie fertig besprochen war, ertönte ein Signal, der Lehrer musste dann das Dia im Projektor wechseln.

Es gab aber auch Tage, an denen mir die Arbeit an der Schule besonders viel Freude machte. Das Unterrichtsfach hieß „Klassenfest“ oder so. Da bekam ich keine Sprachbänder oder die mit dem Piepton, sondern ein Lehrer oder die Schüler, deren Eltern auch ein Tonbandgerät hatten, brachten Bänder mit Musik mit. Leider konnte ich sie nicht alle spielen, es waren welche dabei, mit so neumodischen Kram wie Vierspurtechnik. Damit kam ich einfach nicht klar. Na ja, die Zeit verging und ich verbrachte noch einige Jahre im Schuldienst. Eines Tages bekam ich dann Unterstützung von solch jungen Dingern, die sich B47-Student nannten. Sie kamen aus der CSSR, waren viel leichter und moderner als ich und sie konnten Vierspur. Dafür aber keine 18er Spulen und schnell auf 19,05 cm/s konnten diese „Hüpfer“ auch nicht. Also, manchmal wurde ich doch noch gebraucht, wenn auch nicht mehr so oft. Aufgenommen habe ich in meiner Dienstzeit nur ganz selten, vielleicht zwei- oder dreimal. Einmal war ein großes Jubiläum an der Schule, sie hatte wohl irgend so einen Jahrestag ihres Bestehens. Ich stand neben dem Rednerpult in der Festaula und musste diese Ansprachen von Frieden und Sozialismus, Freundschaft zur Sowjetunion usw. mitschneiden. Auch der Chor der Jungen Pioniere hat gesungen „Brüder zur Sonne, zur Freiheit“, und „Druschba – Freundschaft“, ich ließ es über mich ergehen. Einmal hatte ich eine Aufgabe, die mir sehr unangenehm war und die beiden Schüler, die es betraf, taten mir irgendwie leid.

Es war an einem schönen Sommertag, so kurz vor den großen Ferien, ich wurde in des Zimmer des Schuldirektors getragen, wo ich vorher noch nie war. Den Direktor kannte ich schon, von der Festansprache in der Aula. Ich wurde in ein Fach der Schrankwand gestellt, mir wurde ein Band aufgelegt und ein Mikrofon angeschlossen. Das Mikrofon wurde im Bücherregal versteckt, die Schüler sollten wohl nichts von meinem Tun mitkriegen. Als es dann soweit war, und die „Armen Sünder“ das Zimmer betraten, wurde ich eingeschaltet und die Aufnahme gestartet. „Was habt Ihr euch dabei gedacht!“ donnerte der Direktor los, er dachte garnicht an mich. Mein Aufnahmepegel war ja nicht richtig eingestellt und als dieser Kerl so losbrüllte, dröhnte mir der Kombikopf von dem hohen Aufsprechstrom und ich kniff die grünen Leuchtsektoren meines magischen Auges ganz fest zusammen. Die beiden Jungen, sie gingen wohl in die 6. Klasse, hatten sich aus einer alten Tür ein Floß gebaut und sind damit auf den kleinen See, der hinter dem Schulgebäude lag, hinaus gepaddelt. Natürlich wurden sie vom Hausmeister erwischt, der wohl nicht viel übrig hatte für Abenteuer. Er verpetzte die Jungen beim Direktor. Sie bekamen beide einen Verweiß. Mir wurde der Text noch auf das Band gesprochen, dann musste ich zur Sekretärin ins Büro und ihr alles erzählen, sodas sie es mit der Schreibmaschine abschreiben konnte. Ich wünschte, mir wäre die Aufnahme misslungen, ob ich die beiden Schüler dann vor einer Strafe bewahren hätte können?

Dann stand ich noch eine Zeit wohlbehütet in diesem Lehrmittelkabinett. Meine jüngeren Kollegen bekamen noch Verstärkung durch eine B57, die auch von Tesla war. Sie konnte den Dia-Projektor schon allein steuern ohne den Lehrer. Ich wurde nur noch ganz selten gebraucht, für die ganz alten Bänder, die noch mit „19“ liefen. Irgendwann wurden auch die durch modernere ersetzt, welche die Tesla’s spielen konnten. Ich wurde dann endgültig pensioniert.

Ende der 70er Jahre beendete ein Schüler die Schulzeit. Er hatte die 10. Klasse absolviert und die Prüfungen mit „Gut“ bestanden. Ich kannte diesen Schüler schon. Er war sowas wie Lehrmittelwart und unter anderem dafür verantwortlich, daß. wenn eines von uns Lehrmitteln gebraucht wurde, wir dann zur Stelle waren. Er fragte den Direktor, was denn mit dem alten Tonbandgerät sei, ob es noch gebraucht wird und ob er es haben kann. „Das werfen wir sowieso bald weg“ sagte der Direktor. „Nimm es mit“, „Melde Dich aber noch im Sekretariat“. Mein zukünftiger Besitzer zahlte einen kleinen Obolus in die Schulkasse und schon war ich seine erste „richtige“ Bandmaschine. Er kaufte für mich noch ein Langspielband, 500 Meter auf einer 18er Spule. Dann ging es zu ihm nach Hause.

Dort angekommen, stellte er mich erstmal seinen Eltern vor, die waren nicht so sehr begeistert von mir. „Na noch so ein Krachkoffer.“, sie meinten wohl, der Plattenspieler mit Namen Mister-Hit, der schon da war, mache auch nur Krach. Irgendwie hatte sie ja recht, so unter uns gesagt, was der von sich gab, von Klang konnte da wohl nicht die Rede sein. Dann machte mein neuer Besitzer mich mit dem alten Röhrenradio „Dominante“ bekannt. Ich freute mich, ein Partner in meinem Alter. Auch diesen Mister-Hit lernte ich kennen, er stand oben auf dem Radio und fühlte sich dort recht wohl. Er glaubte, ich wolle ihn von dort vertreiben aber warum sollte ich das, außerdem wäre ich wohl viel zu schwer für diesen Platz. Ich platzierte mich neben dem Radio, denn dieser Platz war für mich und meinen Benutzer viel bequemer. Ich wurde angeschlossen, an Strom und Radio, und eingeschaltet. Danach lief ich mich erstmal so richtig warm, denn ich hatte ja schon einige Zeit ungenutzt in dem Lehrmittelkabuff gestanden. Mein Besitzer holte erstmal ein kleines Band hervor, es war nicht viel größer als meine Bandteller. Er legte es mir auf und sagte: „Das ist noch von meiner Bändi, schade, daß sie nicht mehr da ist.“ Meinen Geschwindigkeitsumschalter stellte er auf „9“ denn mit dieser Geschwindigkeit sollte die Bändi eigentlich auch laufen. Gut, nach einem Druck auf meine Wiedergabetaste spielte ich das Band ab. „Das ist Frank Schöbel.“, sagte mein neuer Besitzer, „Ich habe da früher mit der Bändi mal eine Schallplatte von ihm überspielt“. Man, war das ein Gejaule, mir fiel gleich der Hund unseres Hausmeisters ein, der wimmerte auch so jämmerlich, wenn er wieder mal seine Tracht Prügel bekommen hatte. Das Jaulen lag aber nicht an den künstlerischen Fähigkeiten des Sängers, sondern eher daran, das die kleine Bändi wohl nicht viel von Normgeschwindigkeit und Gleichlauf hielt. Vielleicht konnte sie es auch nicht besser. Zu verstehen war ja, was der Frank da sang. „Du brauchst ein Buch vom Funkverkehr, und gibst dein Geld fürs Tonband her...“. Es war das so genannte Taschengeldlied, welches da zu hören war. Von dem Frank habe ich dann noch einige Titel selbst aufnehmen können, die sogar mir gefielen. Wollte der wirklich vom Nordpol zu Südpol zu Fuß gehen? Armer Frank, dachte ich mir immer, wenn ich diesen Titel spielte.

Also ich war endlich „Zu Hause“ und durfte das tun, was mir wirklich Spaß machte. Vorbei waren die Zeiten der Russisch-Bänder und der Piepton-Dias, ich durfte endlich Musik aufnehmen und abspielen, so wie es meinem Besitzer auch gefiel. Dann kam eine Zeit, wo ich dachte, nun ist mein Ende gekommen. Nach ein paar Tagen begann mein Besitzer, mich in meine Bestandteile zu zerlegen. Er hatte aber eine richtige Ansicht, er war der Meinung, daß ich nach fast zwanzig Jahren Schuldienst eine gründliche Reinigung mehr als nötig hatte. Wie Recht er hatte. Nur ehrlich gesagt, ich traute es ihm nicht so richtig zu, wie Ihr schon wisst, ist er sehr stark sehgeschädigt. Alle Teile, die er mir abbaute, sortierte er sorgfältig in kleine Schachteln und stellte sie der Reihe nach auf, so, wie er sie ausbaute. Wehe es kam ihm jemand dazwischen, der vielleicht auch helfen wollte, da konnte er ganz schön sauer sein. Als ich dann so, fast in Einzelteilen da lag, nahm er ein Teil nach dem anderen und befühlte es. Einige Teile, die aus Kunststoff waren, landeten im Fit-Wasser, einer Spülmittellösung, andere, aus Metall, polierte er mit einem Lappen. Meine graue „Dienstfrontplatte“ sah fast aus, wie neu. So nach und nach baute er mich dann wieder zusammen. Ich bekam einen neuen Riemen, obwohl der alte noch nicht kaputt war. Neue Röhren gönnte er mir auch. Richtig geölt und wieder beisammen, fühlte ich mich gleich ein paar Jahre jünger. Irgendwann tauschte mein Besitzer dann meine graue, gegen eine schöne rotbraune Frontplatte aus. „So gefällst Du mir besser“ sagte er zufrieden. Und dann ging es los, erst mit ein paar Probeaufnahmen, denn ich sollte mich mit dem „Dominante“ richtig anfreunden. Dann aber gab es die langen Nächte. Stundenlang war ich aufnahmebereit neben dem Radio. Mein Besitzer hatte einen „Westsender“ eingestellt, namens NDR, und hörte das Nachtprogramm. Wenn ein Titel angesagt wurde, der ihm zu gefallen schien, drückte er meine Aufnahmetaste. Es klappte recht gut mit uns und mein Besitzer war mit mir sehr zufrieden. Einmal, da wurde mir ganz komisch um mein Motorenherz. Im Radio sprach der Ansager von „Wonderland“ und „Moscow“ Mein Besitzer war ganz aufgeregt, er fasste auf meinen linken Bandteller und befühlte den Vorrat an Band, der da noch war. Um ein neues Band aufzulegen, dafür reichte die Zeit nicht mehr. „Hoffentlich reicht das Band“ sagte er. Dann war der Sprecher fertig mit seiner Ansage und meine Aufnahmetaste wurde gedrückt. „Whommm“ klang es aus dem Radio, der Titel begann. Im Rhythmus der Musik zwinkerte ich mit meinem magischen Auge und zeigte so den Pegel der Aufnahme an. Minuten des Bangens vergingen. Immer wieder fühlte mein Besitzer nach dem weniger werdenden Bandwickel. Hoffentlich reicht das Band. Es wurde knapp, die letzten Takte verklangen gerade, ein Druck auf meine Stopptaste, dann die Erlösung. Etwa 30 cm Band waren noch auf der Spule. Ich glaube, am liebsten hätte mein Besitzer mich geküsst. Er freute sich sehr über die gelungene Aufnahme. Später erfuhr ich, daß dieser Titel in der DDR verboten war. Hätte ich mir sowas in meinem aktiven Schuldienst überhaupt erlauben dürfen? Aber ich war ja in Pension und da konnte mir keiner was. Ich habe diesen Titel dann noch sehr oft gespielt, auch um ihn an die Freunde meines Besitzers weiterzugeben. Irgendwann gab das gute alte Röhrenradio seinen Geist auf, irgendwas mit dem Netztrafo stimmte da nicht mehr. Ein „REMA-Andante, ein Stereo-Steuergerät (so hieß das damals, heute sagt man wohl Receiver dazu) mit zwei Lautsprecherboxen wurde angeschafft. Ich durfte natürlich gleich an dessen Tonbandanschluss. Auch wenn ich nicht stereotauglich bin, spielte ich über dieses Radio aber am Radio war die Mono-Taste gedrückt. So kam meine Musik auch aus beiden Lautsprechern. Und, ich brauchte mich nicht mehr mit dem Mister-Hit um den einen Anschluss am Radio streiten, es war für jeden einer da. Der Mister-Hit versuchte dann in Verbindung mit dem Radio eine Stereowiedergabe. Gut, zu hören war was aber Stereo, denke mal so als alter Röhrenkoffer, ist doch etwas anderes. Ich nahm dann auch einige Schallplatten auf Band auf. Mein Besitzer wollte seine Platten schonen und sie nicht mehr dauernd diesem Mister-Hit anvertrauen. Ich kannte aber schon besseres Futter. Irgendwie klang doch alles so blechern.

Neben der Musik liebte mein Besitzer auch Hörspiele, ich musste viele davon aufnehmen. Wenn sie meinem Herrn gefielen, archivierte er die Bänder, wenn nicht, durfte ich sie wieder löschen und neu bespielen.

Eines Tagen kam dann die B90 zu uns. Ich dachte, jetzt muß ich wohl endgültig in den Ruhestand. Nein, so undankbar war mein Besitzer nicht. Wer bald gehen musste, war der Mister-Hit. Ich bekam dann seinen Anschluss am Radio, wie ich bald merkte, war er nur zur Wiedergabe. Den Aufnahmeanschluss bekam die B90. Nun lernte auch ich den Lord Knut kennen, auch wenn ich ihn nicht selbst aufgenommen habe. Ich stand ja daneben als die Aufnahme gemacht wurde. Ein- oder zweimal bekam auch ich dieses Band, als es noch nicht ganz voll war. Die B90 hatte die Spur 1-4 bespielt, das entsprach meiner Spurlage. Auch wenn die Wieder ein klein wenig leiser war, mein Besitzer war immer noch mit mir zufrieden, als er mir dieses Band auflegte. „Du bist zwar schon sehr alt aber doch noch dicke da“ sagte er dann. Ich hatte inzwischen ja schon gut zwanzig Jahre Tonbandleben hinter mir. Dann wurde es etwas ruhiger um mich, denn wie gesagt, ich war schon reichlich alt. Mein Besitzer hält mir aber bis heute die Treue, trotz der Neuanschaffungen. Die Sache mit dem Schallplattenunterhalter kennt Ihr ja schon, ein paar Mal durfte sogar ich mit zum Auftritt. Nicht nur, das ich darauf sehr stolz war und das mein Besitzer mir vertraute, es machte sogar Spaß und dabei bekam ich auch meinen Spitznamen. Ich glaube, es war dieser Klaus, von dem schon die Rede war. „Willst Du mit dieser Magnetton-Oma etwa noch Musik machen?“ fragte er freundlich. Er müsste ja eigentlich meine Qualitäten kennen, er war doch vom Fach. Er hat es auch nicht böse gemeint aber ich hatte meinen Namen weg.

Viele Jahre lebe ich nun schon bei meinem Besitzer, auch wenn ich nicht mehr so hart arbeiten muß, wie zu Anfang, Wenn er mich doch einmal braucht, weis ich seine Treue und Fürsorge zu belohnen.

Ach ja, das muß ich Euch noch erzählen. Wie Ihr ja nun wisst, genieße ich meinen wohlverdienten Ruhestand in einer, doch schon recht umfangreichen Sammlung, die aus vielen meiner Verwandten besteht. Ich glaube, ich brauche mich wegen meines Alters nicht vor den UHERs und der ReVox schämen.
Es war Ende des Jahres 2004. Wie schon bekannt, ist mein Besitzer Mitglied in einem Spulentonbandclub. Auch wenn ich von diesem neumodischen Computerkram nicht viel verstehe, soviel weis ich, da gibt es so eine Internetseite „Bandmaschinen.de“ oder so. Na ja, da gibt es auch ein Forum, wo man Erfahrungen tauschen kann. Mein Besitzer ist auch regelmäßig dabei. Also, wie gesagt, Ende 2004 fragte ein Fernsehteam beim Betreiber dieser Seite an, ob er nicht wüsste, wo man ein Ost-Tonbandgerät aus den 60er Jahren herbekommen kann. Für den RBB wollten die einen Film drehen, „Gegen die Grenze“ sollte er wohl heißen. Man brauchte dafür eben so eine Magnetton-Oma wie mich. Der Andreas, der diese Seite fachmännisch betreut, wusste, das es mich gibt, und wo ich zu finden bin, also verwies er an meinen Besitzer. Das Fernsehteam nahm mit ihm Kontakt auf. So kam es dazu, daß ich auf meine alten Tage noch ein Filmstar werden sollte. Mein Besitzer putzte mich noch einmal so richtig, bevor das Filmteam mich holte. Er erklärte ihnen sogar meine Bedienung, denn ich wollte und sollte im Film ja richtig dastehen. Nur ganz allein ging ich nicht auf „Schauspielertournee“, ein Röhrenradio mit Namen REMA begleitete mich, es bekam in dem Film auch eine Rolle. Nun sind wir wieder zu Hause und genießen die Ruhe. Auch ich bekomme von meinem Besitzer ab und zu nochmal ein Band aufgelegt, es ist zwar nicht das mit dem RIAS-Lord, der wohl Knut heißt oder war das bisschen anders? Dieses Band ist ja vierspurig und das kann ich bekanntlich nicht, dafür bekomme ich „Wonderland“ mit „Whommm“ äh Moscow.

Edit:

Stellvertretend für alle möchte ich mich doch noch eimal zu Wort melden: Am 26.02.2005 hat mein Besitzer mal im Internet nach dem RIAS-Lord gesucht und dies dabei gefunden: Der Knut schreibt sich richtig "Knud" und die Sendung auf dem Band, von dem hier immer die Rede war, hieß "Evergreens a Go Go"

Und dies noch ganz kurz, Ihr wundert Euch, daß von mir kein Bild in dem Text ist, wie bei meinen Vorrednerinnen. Den Avatar, (ich habe auch schon etwas dazugelernt) den mein Besitzer hier in Forum benutzt, der zeigt eine Teilansicht meiner Frontplatte.
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