Audio Technica AT 20SL
#1
Eigentlich müsste dieser Bericht ja ins AAA Forum, da es hier um ein Tonabnehmersystem und kein Tonband geht, aber das ständig aufploppende Geschwurbel da drüben schreckt mich ziemlich ab. Immerhin kann auch ein Plattenspieler ähnlich den Tonbandgeräten schon zu den „obsolete media“ gezählt werden, vielleicht ist der folgende Beitrag daher hier nicht am schlechtesten aufgehoben.
Es muss 1986 gewesen sein, als ich bei einem Kurzurlaub in München mein Studentenbudget mit nach meiner Erinnerung 360,- DM ziemlich überlastete und mir mein erstes ordentliches Tonabnehmersystem kaufte. Das Besondere an diesem System ist der Nadelschliff, eine Shibata Nadel, die zur Abtastung von Quadrophonieplatten entwickelt wurde und Frequenzen bis 50 kHz wiedergeben können soll. Es handelt sich dabei im Prinzip um eine elliptische Nadel, der vorne noch 2 Facetten angeschliffen wurden, womit der Verrundungsradius kleiner wird und die Nadel noch in die Bäuche der kleinsten Halbschwingungen passt. Im normalen Stereobetrieb ist dies natürlich unerheblich und ich denke, ich konnte schon damals keine 20 kHz mehr hören, heute sind es vielleicht noch 10 kHz, die mich mein Gehör wahrnehmen lassen, das nur vorweg, weil es unten dann noch einen „Hörtest“ geben wird.
Es geht also um dieses hübsche Tonabnehmersystem:

   

Es war dann mehrere Jahre bei mir in Betrieb, bevor es einem Ortofon VMS 30 weichen musste, was, wenn ich ehrlich bin, keine für mich hörbare Verbesserung darstellte. Aber manchmal gönnt man sich halt mal was Neues. Seit dieser Zeit war das alte AT System bei verschiedenen Plattenspielern immer mal wieder im Einsatz, ohne jedoch übermäßig viele Spielstunden absolvieren zu müssen. Es ist also schwierig bzw. unmöglich eine Gesamtstunden Laufzeit des Diamanten anzugeben
Da ich die Gelegenheit habe, mir mit einem professionellen Mikroskop den Nadelschliff ansehen zu können, interessierte es mich natürlich, wie die Nadel dieses alten Systems aussieht. Das Problem mit Lichtmikroskopaufnahmen ist immer die extrem geringe Schärfentiefe, die eine Beurteilung des Zustands von dreidimensionalen Objekten üblicherweise nur zulässt, wenn man davor sitzt und mit dem Feintrieb das Objekt quasi abrastert. Seit einiger Zeit gibt es aber brauchbare Dekonvolutionssoftware, die aus mehreren Einzelbildern ein von vorne bis hinten einigermaßen scharfes Bild des Gesamtobjekts erstellen kann. Das musste ich natürlich ausprobieren. Dazu kommt, dass man tatsächlich noch Originalnadeln bekommt, NOS zwar, das heißt, die Gummis sind nicht unbedingt neuwertig aber der Diamant entspricht der alten Form und man kann vergleichen, wie sich alt gegen neu verhält.
Schreiten wir also erstmal zur Bestandsaufnahme des Zustands der alten Nadel. Hier die alte Nadel in der Ansicht von schräg vorne bei 10facher Vergrößerung. Man sieht die beiden Shibatafacetten und andeutungsweise den Abschliff, den die Plattenrille der Kante zugefügt hat.

   

Das Ganze noch einmal in 20facher Vergrößerung, dabei wird die Abnutzung der Nadel schon sehr gut sichtbar.

   

Vor allem wenn man im Vergleich die Neue Nadel unters Mikroskop legt. Bei 10x sieht der Unterschied noch nicht dramatisch aus

   

Die 20x Vergrößerung bringt den Unterschied aber schon deutlich hervor

   

Da ist man natürlich gespannt auf die messtechnische Auswirkung. Das TA-System ist hier an einem Luxman PD-370 montiert, als Vorverstärker dient ein Yamaha C-6, der offenbar eine recht günstige Eingangskapazität aufweist, da die Überhöhung bei ca. 10 kHz und nachfolgender steiler Abfall des Frequenzgangs hier nicht zu beobachten ist. Das ist ja typisch für MM-Systeme, die auf Grund der hohen Impedanz der Spule kritisch auf die Abschlusskapazität des Verstärkereingangs reagieren.
Von der Abnutzung sollte in erster Linie der Frequenzgang betroffen sein, da hohe Frequenzen durch den großen Seitenverrundungsradius der Nadel nicht mehr sauber abgetastet werden können. Dieser Effekt sollte umso ausgeprägter sein, je weiter innen die Rille mit der Hochtoninformation auf der Platte liegt. Da bei den üblichen Messplatten die Frequenzgangbänder eher außen liegen, sieht das Ergebnis der Messung gar nicht mal dramatisch schlecht aus, viel besser jedenfalls, als ich es für den Grad der Abnutzung der alten Nadel erwartet hätte:

   

Die alte Nadel verliert im schlechteren Kanal bei 17 kHz gerade mal 4 dB gegenüber der unbenutzten Nadel und weist eine etwas größere Kanalungleichheit auf, die aber meinem Verständnis nach nicht auf die Abnutzung zurückzuführen sein kann. Möglicherweise hat die Magnetisierung einer der beiden Stäbchenmagnete, die Teil des Generators sind, nachgelassen. Was den Klang mehr beeinflusst als die Schwäche ab 10-15 kHz ist die Präsenzsenke, die aber offensichtlich ein Charakteristikum des ganzen Systems darstellt und auch bei der neuen Nadel zu beobachten ist.
Hier ist der Originalfrequenzgangschrieb, wie er dem System vor 30 Jahren beilag:

   

Der Einbruch bei Frequenzen rund um 5 kHz um etwa 2 dB ist auch hier zu sehen.

Bei den Verzerrungswerten ist es natürlich auch nicht egal, wo auf der Platte der Messtrack liegt, hier ungefähr in der Mitte, Messton 1 kHz, 0dB was bei der alten Nadel zu Verzerrungen von knapp 3% führt, die Verzerrungsprodukte liegen typisch für Plattenspieler in einer Orgelpfeifenformation vor, K3 ist hier üblicherweise immer kleiner als K2. Die Höhe der Verzerrungen würde bei anderen HiFi Geräten wohl als inakzeptabel betrachtet werden, Plattenspieler haben da ihre eigenen Privilegien und zeigen auch wie unempfindlich das Gehör zumindest für manche Arten von Verzerrungen ist.

   

Die neue Nadel brachte es auf wesentlich bessere Werte, 0.5 -1% wobei interessanterweise auch der Rauschgrund etwas 5dB tiefer liegt (gemessen wurde hier allerdings THD und nicht THD+N).

   

Die Tiefenresonanz ist bei der alten und der neuen Nadel gleich, das Verspröden der Gummis der Nadelaufhängung kann ja ein Problem darstellen. Diese Nadeln scheinen davon nicht betroffen zu sein, ich habe auch den Verdacht, dass das Gummilager in Silikon ausgeführt ist, das ja bekanntlich nicht zum Aushärten neigt.
Interessant ist vielleicht auch der Vergleich zu einem anderen Audio Technica System, dem AT OC9 MLII, ein MC System, das bei dieser Messung zwischen 1 und 2 % THD liegt, allerdings hat dieses System auch schon so manche Spielstunde am Buckel und ein gewisser Verschleiß ist anzunehmen.
Hier noch einmal der Frequenzverlauf beider Systeme mit rosa Rauschen, der Pegel wurde jeweils um 10 bzw 30dB abgesenkt, damit man die Kurven besser unterscheiden kann:

   

Messtechnisch sind also durchaus Unterschiede festzustellen, was euch natürlich fragen lassen wird, wie stark machen sich diese Unterschiede gehörmäßig bemerkbar. Der Vergleich alter zu neuer Nadel ist insofern recht einfach, da man hier nur den Nadeleinschub wechseln muss, alle anderen Parameter bleiben gleich, wie etwa Laufwerk, Arm Auflagekraft, Tonarmhöhe und was man sonst noch alles als klangbeeinflussend ansehen kann. Lästig ist nur, dass man sich schlecht erinnern kann, wie was geklungen hat, bevor man die Nadel gewechselt hat. Ich habe daher mit Hilfe eines CD Recorders eine Digitale Aufnahme eines Stücks angefertigt und dann mit der anderen Nadel im Direktvergleich versucht herauszufinden, ob gröbere Unterschiede zwischen Alt und Neu bestehen.
Als Programmmaterial diente mir vor allem Helen Reddy, mit ihrer klaren Stimme kein schlechter Prüfstein und außerdem ein paar alte Stones Titel. Wie an Hand der Messungen schon anzunehmen war, ist der Unterschied nicht allzu groß. Insbesondere in den Außenrillen klingen beide Systeme für mich gleich, je weiter innen abgetastet werden muss, desto klarer wird, welche Nadel montiert ist. Ganz innen ist ein deutliches Nachlassen der Klarheit von Zischlauten zu vernehmen, es klingt dann etwa wie wenn die Dame lispeln würde. Beckenschläge scheinen auch etwas an Glanz zu verlieren und alles hat einen leicht bedeckten Charakter. Die Unterschiede sind aber, wie schon erwähnt, erstaunlich marginal, ich hätte hier mehr erwartet und ich könnte mit dem alten System gut leben, hätte ich nicht die neue Nadel. Außerdem werden jetzt viele einwerfen, könnte die alte Nadel die Rillenflanke beschädigen, ich glaube es zwar nicht, da der Diamant glatt abgeschliffen ist und keine Ausbrüche aufweist, aber was weiß man schon, sicher ist sicher.
Der Vergleich mit dem MC System ist insofern weniger aussagekräftig, als dass es auf einem anderen Plattenspieler mit anderem Arm und anderer Phonovorstufe betrieben wird, es sind hier also viele Unterschiede, die auf den Klang Einfluss nehmen können, wenngleich meine Erfahrung nach das System bei Weitem der wichtigste Faktor ist. DasOC9 ist bekannt für seine gute Auflösung und den schlanken Bassbereich, etwas, das sich auch in diesem Direktvergleich bestätigte. Was einem dann lieber ist, ist wohl Geschmacksache und die Entscheidung, was man als besser oder schlechter ansieht, kann getrost dem jeweiligen Hörer überlassen werden.
Viele Grüße
Lukas
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#2
Hallo Lukas,

danke für den informativen, ehrlichen & technisch "bodenständigen" Bericht.

Mich wundert schon seit langer Zeit, daß sich anspruchsvolle Plattenspieler-Nutzer mit den kleinen Unvollkommenheiten der Frequenzgänge (wie Bass-"Schlankheit", Präsenz-Senke) ihrer Systeme so einfach abfinden. Wenn man einen separaten Vorverstärker mit Standard RIAA-Entzerrug verwendet und damit auf den Line-Eingang seines Verstärkers geht, dann wäre es keine technische Großtat, die kleinen Mankos mit einem weiteren dazwischen-geschalteten Equalizer, der den Bass-Abfall kompensiert und ebenso die Präsenz-Senke, zu elimieren.
Mich wundert, daß es sowas nicht kommerziell als Zusatzgerät gibt, für die, die es nicht selber bauen können.

MfG Kai
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#3
Gute Aufnahmen der Nadel thumbup So manche behaupten ja gern, Diamanten unterlägen keinen Verschleiß und würden sich nie abnutzen...

Ja, das Analog-Forum ist so eine Sache, da kommen immer die ganz, ganz Schlauen angerannt, um aus jeden noch so kleinen Pups gleich eine Grundsatzdiskussion mit wetteifernder Besserwisserei loszutreten, das macht dann nach kurzer Zeit schon keinen Spaß mehr, weil das eigentliche Thema verdrängt wird.

An den Feinheiten hört man die Nadel. Ich habe auch ein VMS 30, welches für sich sehr gut ist. Ich habe neben Ortofon noch das Lyra Delos und da hört man gerade bei den Feinheiten deutlich mehr Detail heraus. Insbesondere bei metallischen Anschlägen, wo es sehr komplexe Modulationen gibt. Es hängt natürlich auch vom Musikmaterial ab, bei manchen hört man die Unterschiede mehr, bei anderen weniger, dann noch die Gesamtkette samt Hörgewohnheiten.

Die von Dir abgebildete Nadel beginnt gerade kritisch zu werden, von daher ist der Hörunterschied noch nicht dramatisch, die Platten stecken eine Abtastung damit noch weg. Dennoch die für mich richtige Entscheidung, den Einschub zu erneuern, die meisten AT-Systeme sind es wert.
Gruß André
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#4
lukas,'index.php?page=Thread&postID=207362#post207362 schrieb:Der Einbruch bei Frequenzen rund um 5 kHz um etwa 2 dB ist auch hier zu sehen.
Entschuldige, aber das ist kein "Einbruch"! Ein Einbruch ist eine steilflankige Senke oder Zacke im Frequenzgang, die einen Makel darstellt. In diesem Fall ist es eine sanfte Delle, die gerade mal 2 dB ausmacht.

--> "Diese Nadeln scheinen davon nicht betroffen zu sein, ich habe auch den Verdacht, dass das Gummilager in Silikon ausgeführt ist, das ja bekanntlich nicht zum Aushärten neigt."

Bei Audio-Technica ist die Lagerung des Cantilever schon seit jeher mit einer Silikonmasse ausgeführt. Mein ältestes AT war (ich habe es nicht mehr) ein AT 12 XE von 1978, da war das auch schon der Fall.

LG Holgi
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#5
Von Jürgen Heiliger, der hier nicht mehr aktiv ist, hat mich eine e-mail erreicht, die auf diese Frequenzgangsenke um 5 kHz eingeht, das will ich euch natürlich nicht vorenthalten:


mal etwas weiter ausholend....
Das AT-20 SLa wurde für die Wiedergabe der sogenannt CD-4 kodierten Quadroplatten entwickelt. Also den Platten wo die beiden rückwärtigen Kanäle diskret mit den Rillen-Informationen vorhanden sind. Die Frequenzen 20 Hz bis 20kHz sind für die vorderen Kanäle, die rückwärtigen Kanale werden in den Frequenzen auf 28kHz bis 45 kHz aufgezeichnet.
Da über den Abschlusswiderstand bei einem Tonabnehmersystem die sogenannte Resonanzfrequenz mit bestimmt wird, bzw. diese sich verschieben lässt, wird somit auch der Frequenzverlauf beeinflusst.....
Im Falle des AT-20 SLa bedeutet dieses unter anderem auch die Delle bildet sich aus.
Was nun aber die meisten nicht wissen, alle CD-4 Dekodereingänge besitzen als Eingangswiderstand deshalb auch einen Eingangswiderstand von deutlich über 50kOhm, nämlich meist 80 kOhm.
Schließt man also ein AT-20 SLa an einem PhonoEingang/-Pre mit einem 80 kOhm ab ist diese Senke von der Du sprachst eben auch nicht mehr vorhanden und der Frequenzverlauf ist wesentlich "glatter" zu nennen.
Ich habe vor Jahren auch endsprechende Messungen gemacht (nur leider gab es da noch nicht so Programme wie den Audiotester).... Hilfsmittel war / ist eine Messplatte der RCA. Auf dieser befindet sich ein Sweep 20-20.000 Hz den ich mir damals mittels eines RTW 1206D an den Ausgängen eines SABA 8280 ansah und somit auf eine ½ dB Genauigkeit bewerten konnte.
Da der SABA sowohl einen normalen Phono Eingang (47kOhm) als auch einen CD-4 Eingang (80 kOhm) besitzt war auch die von mir benannte Unterschied leicht zu eruieren.

Übrigens mittels der Eingangskapazität verändert man nicht direkt den Frequenzgang sondern lediglich das Einschwingverhalten des Phonoeingangs.
Dies lässt sich leicht mittels Oskars und einer endsprechenden Platte (Rechtecksignal 1 oder 10 kHz) überprüfen.
siehe dazu auch folgenden Beitrag bei mir im Forum....
http://new-hifi-classic.de/forum/index.php?topic=6120.0


Gruß
Jürgen
Viele Grüße
Lukas
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#6
Auf Jürgens e-mail hin habe ich mir die original Bedienungsanleitung noch einmal angesehen und hier ist als empfohlene Abschlussimpedanz für Stereo 47kOhm und für CD4 Anwendungen 100kOhm angegeben. Das Ganze ziemlich kleingedruckt als Fußnote in der Modellübersicht der verschiedenen Familienmitglieder dieser Baureihe, die hier beim AT11E (eliptischer Schliff) beginnt und im Prinzip bis zum AT15Sa (Shibata) reicht. Das AT20SLa ist ebenfalls angeführt aber explizit wird darauf hingewiesen, dass AT15 und AT20 baugleich sind, das 20er aber eine ausgesuchte Reihe ist, deren technische Daten geringeren Schwankungen unterliegen.

Es gab offensichtlich auch noch ein Modell AT20SS, wie ich einem Testbericht der Zeitschrift HiFi Stereophonie 8/79 entnehme. Der Unterschied dürfte in einem anderen Nadelträger liegen, der beim SS dünner ausgeführt wurde, angeblich bestand er dort aus Bor, während das SLa einen aus Aluminium hatte. Darüber schweigt sich allerdings meine Bedienungsanleitung aus, auch erscheint ein AT20SS nicht in der Familienmitgliederauflistung, mögliccherweise war das AT20SS, als ich mein System erstand, schon nicht mehr am Markt.

Hier noch einige Messungen aus der zitierten Zeitschrift. Dem System attestierte Karl Breh akzeptable Preis Leitungs Relation für ein System der Spitzenklasse. Leider werden in dem Artikel keine Angaben zum Abschlusswiderstand bei der Messung gemacht. Die nach wie vor bestehende Delle bei 5kHz und der relativ starke Abfall über 20 kHz könnten tatsächlich ein Indiz für eine Fehlanpassung mit 47kOhm sein.

   
Viele Grüße
Lukas
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#7
Wieso ist das eine Fehlanpassung, wenn Audio Technica selbst für Stereoanwendungen 47 kOhm angibt? Wird hier nicht aus einer Mücke ein Elefant gemacht? Huh
Die "Delle" beträgt auf dem Messschrieben nur ~1 dB, das hört niemand! Außerdem haben auch andere TA-Systeme keinen linealglatten Frequenzverlauf. Der höhere Abschlusswiderstand hat nur zur Folge, dass sich die Resonanzfrequenz des Schwingkreises auf höhere Frequenzen am Ende des Frequenzumfangs bei 40 kHz verschiebt, damit die CD4-Platten abgetastet werden können. Eine Beeinflussung bis herunter zu 5 kHz halte ich da für ziemlich unwahrscheinlich, auch, wenn Herr H. das auf seinem Peakmeter erkannt haben will. Der erzählt nämlich auch viel, wenn der Tag lang ist!
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#8
Die obere Resonanzfrequenz eines MM- Tonanabnehmers wird im Wesentlichen durch die Induktivität der Spule des Wandlers und der parallel liegenden Kapazität (Thomson'sche Schwingungsformel) bestimmt. Die Kapazität setzt sich zusammen aus der eigenen "Streu"-Kapazität der Spule, der Kabel-Kapazität und der Eingangs-Kapazität des Verstârkers. Zusammen bildet das einen Tiefpass zweiter Ordnung, der bei ungenügender Bedämpfung zu einer Resonanzüberhöhung am oberen Ende des Übertragungsbereiches führt.
Die Spulen- Induktivität bildet außerdem mit der ohmschen Komponente der AbschlußImpedanz einen Tiefpass erster Ordnung, der einen merklichen Frequenzgangabfall bei niedrigeren Frequenzen bewirken kann. Vergrößern des Widerstandes bewirkt eine Verringerung diese Effektes, weil die zuständige Zeitkonstante L/R beträgt. Vergrößern des Widerstandes schiebt diese Grenzfrequenz (nicht Resonanzfrequenz) nach oben. Eine (meist) höherliegende Resonanzüberhöhung des Tiefpasses zweiter Ordnung macht aus dem Abfall eine Delle.
Bei dieser Betrachtung darf man nicht vergessen, daß die Wandlerspule selbst einen Serienwiderstand und parallel vorgestellten Verlustwiderstand hat, die oft durch Wirbelstromeffekte auch noch Frequenz-abhängig sind. Dadurch wird das Verhalten des Systems weiter modifiziert.

Ende der 60er , Anfang der 70er Jahre hatte ich einen ELAC Miracord 50H mit STS444 System. Die waren im Datenblatt mit 500 mH Kanal-Induktivität angegeben. Obwohl ich kein langes Kabel dran hatte, lag die Eigenresonanz deutlich unter 20 kHz. Daraufhin habe ich den Vorverstärker so modifiziert, daß er sich im Eingang wie eine negative Kapazitat verhielt, die zusammen mit den übrigen Kapazitäten die Resonanz auf 20 kHz hochzog.

MfG Kai
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#9
hannoholgi,'index.php?page=Thread&postID=207549#post207549 schrieb:Wieso ist das eine Fehlanpassung, wenn Audio Technica selbst für Stereoanwendungen 47 kOhm angibt? Wird hier nicht aus einer Mücke ein Elefant gemacht? ...

Moin, moin,

wenn ich mich recht an das Telefonat mir Jürgen erinnere, hat es wohl in den Siebzigern eine Reihe von Quadro-tauglichen Tonabnehmern gegeben, deren Prospekte auch tatsächlich den empfohlenen, korrekten Abschluss-Widerstand angegeben hatten.

Der war dann aber recht schnell wieder aus den Veröffentlichungen verschwunden. Warum? Kaum ein Standard-Verstärker bzw. -Receiver hat so einen Eingang (gehabt). Wer also sein System mit z.B. 87 kOhm bewarb und es an den Kunden mit Stereo-Verstärker bringen wollte, der drängte sich selbst aus dem Geschäft. Also bekamen die Prospekte häufig eine Fussnote oder nicht einmal das.

Übrigens hat Jürgen im Telefonat noch darauf hingewiesen, dass auch Elac-Abnehmer mit vdH-Schliff durchaus Quadro-tauglich sein würden, wenn denn solche mit 87 kOhm abgeschlossen würden ...

Tschüß, Matthias
Stapelbüttel von einem ganzen Haufen Quatsch
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#10
Du kannst auch mit einem M75 und "normaler" elliptischer Nadel CD4 Platten abtasten. Der CD4 Indikator am Vorverstärker zeigt regelmäßig an.

Und zum Thema Eingangswiderstand: ein Sansuii 2000X (reiner Zufall, dass es der ist - mir fiel letzthin die Schaltung in die Finger), hat ja zwei Phonoeingänge. Einer ist mit 68 kOhm abgeschlossen, der andere mit 180 kOhm. Und jetzt?

Gruß
Michael
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#11
Das kann einen ganz vernünftigen Hintergrund haben.
Der Widerstand, den man vorn in der Schaltung sieht, ist nur eine Komponente des Eingangswiderstandes. Auch ohne diesen Widerstand hat jeder Verstärker schon einen Eingangswiderstand, der abhängt vom verwendeten aktiven Bauelement (Röhre, Bipolartransistor,JFET, OP) , seinem Arbeitspunkt , Bias-Widerständen und der eingesetzten Gegenkopplung. Dieser Widerstand muß größer als der gewünschte Eingangswiderstand sein. Durch Parallelschalten des vorn im Schaltbild sichtbaren Widerstandes bringt man den wirksamen Eingangswiderstand auf den Sollwert. Beispiel: Wenn der Verstärker selbst bereits einen Eingangswiderstand von 75 kOhm hat (den ich aber der Schaltung nicht ohne weiteres ansehe), muß ich 150 kOhm vorn parallelschalten, um auf 50 kOhm zu kommen. Die 150 kOhm sind also zwar das, was ich vorn sehe, sind aber nicht der Eingangswiderstand.
Es hat edle PreAmps gegeben, in denen man diese Shunt-Widerstände und zusätzliche Kapazitäten umschalten konnte, um auf diese Weise den Frequenzgang zu optimieren. Letzteres macht natürlich nur Sinn, wenn die Kapazität nicht ohnehin schon zu groß ist.

MfG Kai
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#12
Der Sansui hat nichts mit Quadro am Hut. Von daher sind zwei unterschiedliche Eingangswiderstände irgendwie komisch und für mich nicht unbedingt nachvollziehbar. Üblicherweise haben die verwendeten Emitterschaltungen auch Eingangswiderstände von mehreren Hundert kOhm. Aber das schweift ab. Es geht hier ja um das AT20SL ...

Gruß
Michael
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#13
Moin, moin,

schaut Euch einfach die Übersetzung von Hans-Joachim Röhrs im oben verlinkten Thread an. Da steht einiges über die Wirkungen der Widerstände drin ...

Warum sich der eine oder andere Hersteller nicht immer an den (nicht existenten) Standard hält, wissen wir alle nicht. Hat vielleicht mit dem Aufwand (Kosten) für den Phono-Zweig zu tun? Was für ein Glück für die Hersteller externer Phono-Vorverstärker ...

Tschüß, Matthias
Stapelbüttel von einem ganzen Haufen Quatsch
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#14
Zur Hochzeit der MM-Systeme hatte Yamaha einen passenden Preamp, der schon fast legendäre C-2(a,x), bei dem man auch die Eingangsimpedanzen bis 100k schalten konnte. Denn neben der passenden Kapazität ist das die zweite Größe zur sinnvollen Anpassung. Die 47kOhm bildeten sich mit der Zeit als Quasistandard heraus, obwohl es meines Wissens nie einer Norm entsprach, weil einfach keine gab.
Gruß André
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#15
Sehr schöne Bilder deren Aussagekraft hinsichtlich der Einsatztauglichkeit ich dennoch nicht so ganz einzuordnen vermag. Ich persönlich beschäftige mich seit Langen nicht mehr damit. Mein AT13EAV spielt aktuell an meinem Lenco L60 vollkommen zufrieden stellend über den Phono meines Musical Fidelity Caruso. Übrigens mit einer Ersatznadel obwohl ich eine ungespielte Originale besitze. Ich war nur bisher zu faul die dran zu stecken. :whistling:

Wenn man sich mal damit abfindet das die Schallplatte ein technisch unvollkommenes, dafür jedoch emotional total befriedigendes Medium darstellt, macht die Beschäftigung damit richtig Spaß. Die bitterbösen Debatten um solche Sachverhalte kenne ich zu genüge und erzeugen in mir mittlerweile nur noch ein leichtes Gähnen.

Ich persönlich denke das man etwas Hartes nur mit etwas noch Härterem wirklich abnutzen kann und bitte mir meine ebenfalls unvollkommene und durch nichts zu beweisende Meinung zu belassen... Big Grin

P.S. Wer seinen Klang wirklich entscheidend verbessern möchte sollte nicht über Systeme und Nadeln sondern über eine Plattenwaschmaschine nachdenken....

VG Martin
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#16
leserpost,'index.php?page=Thread&postID=207574#post207574 schrieb:Ich persönlich denke das man etwas Hartes nur mit etwas noch Härterem wirklich abnutzen kann und bitte mir meine ebenfalls unvollkommene und durch nichts zu beweisende Meinung zu belassen... Big Grin

VG Martin

Es ist nun mal unser Schicksal, dass überall dort, wo wir den makroskopischen Bereich, der unserer Alltagsbeobachtung zugänglich ist, verlassen, uns die Physik immer unverständlicher wird. Das fängt bei der Oberflächenphysik an und endet bei der Quantenphysik oder Relativitätstheorie, die mir wohl immer verschlossen bleiben wird.
Die Tatsache, dass nur etwas härteres geeignet ist eine Werkstück zu bearbeiten, ist die typische Alltagsbeobachtung. Wenn wir uns in atomare Größenordnungen begeben, dann hat die Oberfläche eines Körpers andere Eigenschaften als sein Inneres, weil hier die Atome sich nicht mehr in einem dreidimensionalen Kristallgitter befinden, sondern quasi einseitig in der Luft hängen. Diese oberste Atomschicht hat andere physikalische Eigenschaften, als die darunterliegenden, daher können die Oberflächenschichten auch durch weicheres Material abgetragen werden, das ist wohl ein langwieriger und mühsamer Prozess, aber er findet statt. Bei einer Diamantnadel wünschen wir uns natürlich, dass er möglichst langsam vor sich geht und uns die Nadel lange gute Dienste tut.
Was mich bei dem Vergleich zwischen der abgenutzten Nadel und der neuen überrascht hat und was wohl ein bißchen untergegangen ist, ist der geringe klangliche Unterschied, den ich wahrnehme. Die Abnutzung ist deutlich zu sehen und weniger deutlich zu hören, das war es eigentlich, was ich sagen wollte.
Dass der Frequenzgang (vermutlich anpassungsbedingt) eine kleine Brillianzsenke aufweist, ist mir erst bei der Messung aufgefallen, ich würde mir nie einen Kopf darüber machen, wenn ich das System einfach mit einem anderen, das vielleicht etwas brillianter klingt vergleichen würde. Welches der beiden Systeme klingt richtig? Das kann ich einfach nicht beantworten, weil ich dass Original nicht kenne. Und selbst wenn, bedeutet das nicht, dass mir "richtig" auch gefallen muss, darüber bin ich irgendwie hinweg. Vielleicht hat mich der HiFi Bazillus längst verlassen und das Streben nach einem vermeintlichem Ideal, das ohnehin eine Chimäre ist, ist nicht mehr als eine Erinnerung an die eigene Jugend.

Insofern ist mir die Position Martins nicht fremd, das AT13 spielt perfekt, was soll es schon mehr sein...
Viele Grüße
Lukas
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