Héraphone - Tonbandkoffer aus Nizza
#1
Die meisten französischen Tonbandgerätehersteller hatten ihren Sitz in oder nahe bei Paris, so z. B. die Firmen SERAM, Telectronic, Opelem, G.B.G. oder auch der Marktführer Philips, der in Suresnes westlich von Paris produzierte und dort heute noch mit der Zentrale von Philips Frankreich und einer Forschungsabteilung vertreten ist.

Aber auch in der Provinz wurden Tonbandgeräte hergestellt, so z. B. in Nizza, wo in den fünfziger und sechziger Jahren gleich zwei Produzenten ansässig waren.
Zum einen gab es da die Firma Radio-Star, ein schon seit den Zwanzigern etablierter Hersteller von Radioempfängern, von dessen außergewöhnlichen Tonbandgeräten hier schon die Rede war.
Und es gab die « Etablissements Charollais & Marsone », die ab den frühen fünfziger Jahren hier ihr « Héraphone » herstellten.
Wenn dieser Firmenname selbst den Experten unbekannt ist, so ist das kein Wunder. Das Unternehmen war extrem zurückhaltend, wenn es um die Bekanntgabe seiner Urheberschaft ging. Auf den frühen Exemplaren seiner Produkte findet sich nur die Modellbezeichnung Héraphone, kein Typenschild verweist auf den Hersteller. Auf späteren Exemplaren gibt es zusätzlich zur Modellbezeichnung noch einen Hinweis auf die Firma Pathé, was eher für mehr Verwirrung als für Klarheit sorgte.

Daß die Welt dennoch etwas über die kleine Firma erfahren hat, ist der französischen Zeitschrift « Le Magnétophone » zu verdanken, die Ende der fünfziger Jahre dem Unternehmen einen Besuch abstattete und die Firmengründer, die Herren Charollais und Marsone, interviewte. Der Bericht ist in der Ausgabe Nr. 6 vom Januar/Februar 1960 erschienen.

Nach meinem bisherigen Kenntnisstand war das Héraphone das einzige Modell, das die Firma Charollais & Marsone je produziert hat. Es hatte eine ungewöhnlich lange Produktionszeit, die von den frühen fünfziger Jahren bis weit in die Sechziger reichte und während der es nur geringfügige äußere Veränderungen erfuhr.

Schauen wir uns also dieses Héraphone etwas näher an.
Es handelt sich um einen großen Holzkoffer mit zweifarbigem Kunststoffüberzug. Die Farbtöne würde ich als elfenbein/mahagoni bezeichnen.

   

Links am Koffer befindet sich eine Klappe, hinter der sich Kabelfach und diverse Anschlüsse verbergen. Vorne findet sich eine große Lautsprecherabdeckung in Gestalt eines Messinggitters.

   

Beim Zerlegen des Geräts vergißt man leicht die Schraube am Boden, mit der der recht große Netztrafo fixiert wird.

   

Auch im geöffneten Zustand dominieren die beiden Farben elfenbein (die gesamte Deckplatte mit allen Schaltern und Knöpfen) und mahagoni (die Innenauskleidung des Deckels, die hier leider zwei unschöne Flecken hat). Der maximale Spulendurchmesser beträgt 18 cm.

   

Innen auf dem Deckel findet sich das kleine Héraphone-Logo, wie es die frühen Exemplare trugen.

Das hier gezeigte Gerät gehört noch zu den frühen Exemplaren. Es wurde ca. 1956/57 gebaut und trägt die Seriennummer 1240.

Zum Vergleich hier ein späteres Exemplar, gebaut ca. 1957/58, Seriennummer 1792.

   

   

Lediglich die Verteilung der dunklen und hellen Flächen auf dem Koffer wurde etwas geändert, die Gestaltung der Deckplatte und der Bedienungselemente wurde beibehalten.
Im Deckel hier bereits das größere Emblem in Form einer Metallplakette.

   

Noch spätere Exemplare tragen diese Plakette vorne an der Lautsprecherabdeckung. Zusätzlich gibt es hier auch den schon erwähnten Hinweis auf die Firma Pathé. Dazu später mehr.

   

Die Gestaltung der Deckplatte und die Bedienungselemente blieben über die gesamte Produktionszeit unverändert.

   

Links vorne sitzt ein großer Drehknopf, mit dem Netzschalter und Lautstärkeregler betätigt werden. Darüber das Magische Auge vom Typ EM 34.

   

Rechts wird mit einem zweiten Drehknopf die Laufwerkfunktion gewählt. Wiedergabe bzw. Aufnahme werden hier nur vorgewählt, der Bandtransport muß separat gestartet und gestoppt werden. Über diesem Drehknopf sitzt die Banduhr.

   

Zwischen den beiden großen Drehknöpfen findet man die getrennten Aussteuerungsregler für den Mikro- und den Radio-/Phonoeingang. Man hat also ein kleines Mischpult. Links und rechts davon sitzen die Start- und Stoptasten, über die man per Zugmagnet bei Aufnahme und Wiedergabe den Bandtransport startet oder anhält.

   

Am oberen Rand der Deckplatte sitzen die separaten Regler für Höhen und Tiefen. Zwischen den beiden Spulen zeigt eine Skala die Restlaufzeit des Bandes an.

   

Hinter der bereits erwähnten seitlichen Klappe befindet sich das Kabelfach. Darüber links der Netzspannungswähler, der, wie in französischen Geräten zu jener Zeit üblich, in seinem Inneren den Sicherungsdraht enthält. In der Mitte oben der Phono-/Radioeingang für Bananenstecker, darunter ein Schalter für die Trickfunktion, bei der sich bei Aufnahmen der Löschkopf abschalten läßt (surimpression), wenn man nicht komplett löschen will (effacement). Darunter befindet sich ein Hebel zur Anpassung des Frequenzgangs des Verstärkers an die gewählte Bandgeschwindigkeit 19 oder 9,5 cm/s. Ganz rechts finden sich Anschlüsse für Mikrophon, externen Lautsprecher und Kopfhörer. Die runde vierpolige Buchse in der Mitte dient dem Anschluß einer Fernbedienung für die Start-Stop-Funktion.

Zum Abschluß des Rundgangs noch ein paar weitere technische Daten:
Abmessungen B x H x T 44 x 23 x 35 cm, Gewicht etwa 15 kg.
Ein-Motoren-Laufwerk für 9,5 und 19 cm/s.
Zwei Köpfe für Halbspurbetrieb nach internationaler Spurlage.
Frequenzumfang: 50 – 7000 Hz bei 9,5 cm/s, 50 – 10000 Hz bei 19 cm/s.
Signal/Rausch-Verhältnis 40 dB.
Vierstufiger Verstärker mit den Röhren EF 40, ECC 83 und EL 84.
Eine weitere EL 84 als Hf-Generator, Magisches Auge EM 34 zur Aussteuerung.
Zwei Gleichrichterröhren EZ 80, eine liefert die Gleichspannung für den Verstärker, die andere den Gleichstrom für den schon erwähnten Zugmagneten.

Nach diesem ersten Blick auf das Gerät ist es vielleicht jetzt an der Zeit, die Schöpfer des Héraphones, die Herren Charollais und Marsone zu Wort kommen zu lassen.
Zunächst aber die Eindrücke des Reporters bei der Ankunft in der Firma:
Der Firmensitz befindet sich in Nizza, in der Avenue Saint-Lambert Nr. 98. Die Werkstätten befinden sich im obersten Stock eines Industriegebäudes, hoch über der Stadt. Auf der einen Seite dieses irreale Blau der Bucht, das man nur an der Côte d'Azur findet, auf der anderen die Gipfel der Voralpen. Dieses erfreuliche Schauspiel bietet sich einem durch die großen Fensterflächen und vom umlaufenden Balkon.

Zu Beginn der Besichtigung erzählt Herr Charollais, wie er sechs Jahre zuvor, also wohl 1953, den ersten Prototypen seines Amateurgerätes vorgestellt hat, damals noch mit 9,5 cm/s als einziger Bandgeschwindigkeit. Jeder, der damals Gelegenheit zu einer Hörprobe hatte, war über die Möglichkeiten und die Klangqualität des Apparats erstaunt. Die Société Commerciale et Industrielle (S.C.I.) Pathé erkannte das Potential dieses Geräts und übernahm unter dem Namen Héraphone-Pathé den Vertrieb. Die Herren Charollais und Marsone verließen daraufhin ihre bisherige Werkstatt in Beausoleil nahe Monaco und richteten sich in den sehr modernen Räumlichkeiten in Nizza mit einer Fläche von 300 Quadratmetern ein.
Von Beginn an hatte man als Kunden den sehr anspruchsvollen Amateur im Blick, also eine sehr begrenzte Käuferschaft, weshalb man nicht die Absicht hatte, die Produktion hin zu größeren Stückzahlen zu erweitern.

Beim Rundgang durch die Fabrik äußert sich Herr Charollais wie folgt:
« Um Apparate dieser Klasse zu erhalten, bedarf es ganz besonderer Sorgfalt bei der Herstellung. Die mechanischen Teile werden auf Präzisionsmaschinen gefertigt. Die Montage des Geräts nimmt eine beträchtliche Zahl an Stunden in Anspruch, was unerläßlich ist, wenn man eine perfekte und geräuscharme Mechanik mit langer Lebensdauer erhalten will. …
Ich möchte auf die Bedeutung der Qualität der Tonköpfe hinweisen. Der A/W-Kopf ist die « Seele » des Geräts und von seiner hohen Präzision hängt die Qualität des Endergebnisses ab. Wir produzieren diese Köpfe mit größter Sorgfalt selbst … nach einer Methode und einem Verfahren, das wir selbst entwickelt und umgesetzt haben. … Die Herstellung ist langwierig und teuer und erlaubt keine massive Erhöhung der Stückzahlen. »

Auf die Frage, ob die Banduhren importiert werden, antwortet er:
« Nein, solche Banduhren werden im Ausland produziert und um möglichen Schwierigkeiten bei der Einfuhr aus dem Weg zu gehen, fertigen wir die Banduhren selbst. »


Die Robustheit des Gerätes führt er auf die zentrale Trägerplatte des Chassis zurück, welche mittels einer 2,5-Tonnen-Presse aus Duraluminium gefertigt wird. Sie verformt sich nicht und erlaubt die präzise Montage aller wichtigen Bauteile. Darauf und auf den überdimensionierten Motor führt er auch die geringen Gleichlaufschwankungen von < 0,1 % zurück.

Im Laufe der Jahre wurde das Héraphone ständig weiterentwickelt und verbessert. Dabei flossen sowohl eigene Erfahrungen als auch Kundenwünsche ein.

Zum Schluß verrät er noch, daß in der Firma 15 Mitarbeiter beschäftigt sind, Männer und Frauen, größtenteils Techniker und Facharbeiter.

Wenden wir uns also dem Inneren des Héraphone zu. und schauen wir uns zuerst die Köpfe aus eigener Fertigung an.

   

Vor den Köpfen findet man ein Gewirr aus Bandführungen, aus Hebeln, die das Band von den Köpfen abheben und solchen, die es andrücken sollen. Hinzu kommen noch zwei Andruckfilze, wovon einer das Band links gegen die erste Bandführung drückt, der andere gegen den Kombikopf.
Betätigt werden all diese Hebel über ein Gestänge durch den Zugmagneten, sobald man die Start- oder Stop-Taste drückt. Gleichzeitig werden noch die Andruckrolle und der Bremshebel des linken Bandtellers bewegt. Der Anpreßdruck der Filze kann über Federn eingestellt werden.

Hier nochmal ein Blick auf die Köpfe aus der Nähe:

   

Die Umschaltung der Bandgeschwindigkeit geschieht mittels einer Aufsteckhülse, die, wenn sie nicht benötigt wird, ihren Platz in einer Halterung hinter den Köpfen findet.

   

Zusätzlich muß noch mit dem schon erwähnten Hebel im Kabelfach der Frequenzgang des Verstärkers angepaßt werden. Unter der Tonkopfabdeckung findet man auch einen kleinen Aufkleber mit der handschriftlich eingetragenen Seriennummer, hier 1792.

Ich glaube, diese Bilder geben schon einen Eindruck von der von Herrn Charollais erwähnten Sorgfalt, die man bei der Entwicklung und der Montage des Héraphone walten ließ.

Hier nun ein Blick von oben auf die Trägerplatte des Chassis:

   

Der Motor sitzt unterhalb der Platte rechts oben. Über einen langen Riemen treibt er eine Welle rechts unten an, an deren unterem Ende ein Reibrad sitzt, welches die Schwungmasse antreibt. Von der Tonwelle wird über einen Riemen der rechte Bandteller angetrieben. Für den schnellen Rücklauf wird ein Rad gegen eine Gummiauflage unter dem rechten Bandteller bewegt und treibt über einen Riemen den linken Wickel an. Durch diese Bewegung wird gleichzeitig der Riemen gespannt, während er bei Nichtbenutzung relativ lose hängt und nicht unnötig gedehnt wird. Insgesamt eine recht durchdachte Konstruktion, bei der alle Teile, besonders die Riemen, sehr reichlich dimensioniert wurden.

Ein Teil der Elektronik, besonders alles, was zu den ersten drei Verstärkerstufen gehört, einschließlich der Röhren EF 40 und ECC 83, ist oberhalb der Trägerplatte angebracht. Für Reparaturen an diesem Teil der Schaltung muß das Chassis nicht aus dem Koffer gehoben werden.
Unter der Abdeckung rund um das Magische Auge sitzt der A/W-Schieber.

   

Der Eindruck von Sorgfalt und Solidität setzt sich fort beim Blick auf die Unterseite des Chassis.

   

Rechts unten der große Motor mit dem Motorkondensator oben drauf, rechts oben die massive Schwungmasse und daneben das erwähnte Reibrad. Unten in der Mitte der ebenfalls recht große Netztrafo, der über eine Schraube zusätzlich auch am Boden des Koffers arretiert werden muß.
Links im Bild die beiden Röhren EL 84, dazwischen der Hebel für die Umschaltung des Frequenzgangs, im folgenden Bild in Großaufnahme.

   

Das folgende Bild zeigt im Vordergrund den Zugmagneten, im Hintergrund nochmal die Schwungmasse.

   

Hier ein Blick auf die beiden Gleichrichterröhren, die neben dem Netztrafo angebracht sind.

   

Der große Lautsprecher von Audax ist mit dem Chassis über einen Kabelstecker verbunden. Hier muß beim Ausbau des Chassis also nicht gelötet werden.

   

Wo man also hinschaut, findet man durchdachte Lösungen und sorgfältigen Aufbau. Am Material wurde nicht gespart. Alles ist sehr reichlich wenn nicht gar überdimensioniert.
Man spürt es auch bei der Bedienung. Die Drehregler wollen mit etwas (aber auch nicht zuviel) Kraft bewegt werden, die Schaltstufen der einzelnen Laufwerkfunktionen rasten sauber ein. Auch hier ist ein wenig (aber auch wieder nicht zuviel) Kraft nötig, der Zugmagnet verrichtet seine Arbeit mit einem satten « Klack ». Nichts wackelt, nichts hat zuviel Spiel. Auch nicht nach 60 Jahren. Der Käufer, der seinerzeit sein Héraphone erstmals in Betrieb nahm, hatte sicher ein Gefühl von Solidität und Zuverlässigkeit.

Was mußte der Käufer für ein Héraphone anlegen ?
Auch hierüber gibt die Zeitschrift « Le Magnétophone » Auskunft. Im Jahr 1960 kostete ein Héraphone 1560 Neue Franc. Laut französischem Statistikinstitut entsprechen 1000 NF des Jahres 1960 kaufkraftmäßig genau 1582,49 Euro des Jahres 2015.
Der örtliche Konkurrent Radio-Star bot etwas Vergleichbares, nämlich sein Modell 104, für 1440 NF an. Von Philips bekam man einen vergleichbaren Viertelspur-Koffer, das EL 3543 – genau wie die Halbspurvariante EL 3524 – für 1390 NF, jeweils zuzüglich Steuern in Höhe von ein paar Prozent des Nettopreises.
Unter den einheimischen Produkten lag man also preislich an der Spitze. Noch teurer waren nur die Geräte von Dauphin. Und natürlich die ausländische Konkurrenz. Ein Grundig TK 35 war damals in Frankreich für 2100 NF zu haben, ein Uher 195 für 2112 NF, und ein Telefunken Magnetophon 85 kostete 2200 NF.

Konnte der Käufer zufrieden sein ?
Was Solidität und Zuverlässigkeit betrifft, war das Héraphone sicher über jeden Zweifel erhaben. Im Vergleich zu den Philips-Geräten ist es wertiger und reparaturfreundlicher aufgebaut. Die Konstruktion weist keine offensichtlichen Schwachpunkte auf. Das Gerät mit der Nr. 1240 ist inzwischen restauriert. Ein paar Teerkondensatoren mußten getauscht und etliche Mechanikteile gesäubert und mit frischem Schmierstoff versehen werden. Typische Problemchen, wie sie nach 60 Jahren halt auftreten. Sonst nichts.
Was heute vielleicht Stirnrunzeln verursachen kann, ist ein Frequenzumfang, der laut Hersteller auch bei 19 cm/s nur bis 10000 Hz reicht. Das mag 1953, im Jahr der Entwicklung, noch etwa Stand der Technik gewesen sein, 1960 jedoch erreichten die großen Konkurrenten deutlich bessere Werte.
Man muß dabei aber berücksichtigen, daß der französische Radiohörer auch 1960 vor allem an den Klang der Lang- und Mittelwelle gewöhnt war. UKW-Rundfunk startete erst 1954 und wurde in der Folge nur sehr zögerlich ausgebaut, 1958 sogar um ein Haar wieder abgeschafft. Auch hierüber gibt « Le Magnétophone » Auskunft. In der Nr. 7 vom März/April 1960 wird berichtet, daß in Frankreich zu diesem Zeitpunkt gerade mal 15 UKW-Sender in Betrieb waren, während man in Deutschland bereits deren 60 zählte.
Besseren Klang kannte man in Frankreich vor allem von der Schallplatte. In vielen französischen Haushalten hatte man einen Koffer-Plattenspieler der Firma Teppaz aus Lyon. In Sachen Klang dürfte der für viele das Maß der Dinge gewesen sein. Mit seinem Lautsprecher im Deckel, ohne Resonanzvolumen und daher etwas plärrend, kam das Teppaz jedoch an den sonoren Klang eines Héraphone bei weitem nicht heran.
Man darf wohl annehmen, daß die Besitzer mit ihrem Héraphone zufrieden waren und es auch etliche Jahre hindurch blieben.

Wer waren die Käufer?
Hier kommt jetzt die schon mehrfach erwähnte Firma Pathé ins Spiel.
Ende des 19. Jh. von vier Brüdern Pathé gegründet, beschränkte sich die junge Firma zunächst auf den Import britischer Phonographen. Nach dem frühen Ausscheiden zweier Brüder trieben Charles und Emile Pathé das Geschäft voran durch die Aufnahme einer eigenen Produktion von Phonographen und durch den Einstieg in das Kinogeschäft. Noch vor dem Ersten Weltkrieg wurde in Joinville ein Gelände erworben, auf dem man ein Filmstudio errichtete. Pathé wurde zu einem der bedeutendsten Filmproduzenten und -verleiher weltweit.
Nach dem Ersten Weltkrieg erfolgte die Aufspaltung in eine Phonobranche, geführt von Emile Pathé, und eine Kinobranche unter Leitung von Charles Pathé. Letztere produzierte nicht nur Filme und betrieb Kinos, sondern fertigte und vertrieb auch Kameras und Projektoren, nicht nur für professionelle Bedürfnisse, sondern in verschiedenen Formaten auch für den Amateur.
Das einzige, was Pathé dem Amateur nicht bieten konnte, war eine Möglichkeit zur Filmvertonung. Da kam das Héraphone gerade recht. Mit der Übernahme des Vertriebs konnte Pathé dem Amateur nun alles aus einer Hand bieten. Zur Synchronisation des Héraphone mit den Filmapparaten bot Pathé unter dem Namen Synchromeca ein geeignetes Zubehör an.
Nach Auskunft von Herrn Charollais wurden tatsächlich zahlreiche Héraphone zusammen mit solch einer Synchronisiereinrichtung verkauft.

Was ist aus den Etablissements Charollais & Marsone geworden?
Keine Ahnung.
In einem 1964 erschienenen französischen Buch zum Thema Tonbandgeräte wird das Héraphone als noch immer auf dem Markt befindlich aufgeführt. Im französischen Handelsregister konnte ich keine Spur der Firma mehr finden.

Und meine persönliche Meinung?
Abgesehen von den technischen Qualitäten des Geräts gefällt mir ganz besonders die Gestaltung des Koffers.
Farben gehören zu jenen Gestaltungsmerkmalen, die dem zeitlichen Wandel des allgemeinen Geschmacks und dem Wandel der Mode ausgesetzt sind. Die Farbkombination elfenbein/mahagoni hat man beim Héraphone über die gesamte lange Produktionszeit beibehalten (man vergleiche einmal mit dem Telefunken Magnetophon 85, welches über einen ähnlich langen Produktionszeitraum hinweg mehrmals farblich völlig neu gestaltet wurde). Ist hier der Begriff « zeitlos » angemessen? Zeitlose Eleganz? Oder zeitlose Häßlichkeit? Auf mich wirkt diese Farbkombination keineswegs altmodisch, eher gediegen vornehm. Es ist für mich einer der schönsten Röhrenkoffer, die ich kenne, besonders die ältere Version mit der breiten dunklen Bauchbinde.

Gruß
TSF
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#2
Schöner Bericht thumbup Dieses Gerät hat wirklich Stil und sieht schön aus und vermittelt einen wertigen Eindruck. Es mag vielleicht etwas mehr als die Konkurrenz gekostet haben, bot aber meinem Eindruck aus diesem Bericht auch einen Gegenwert.
Gruß André
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#3
Jetzt erst lese ich diesen schönen Bericht über das kleine Filetstück.
Tolles Ding und noch so gut erhalten. Sehr interessant.

Danke!

Gruß
Peter S.
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