Jaki Liebezeit ist tot
#1
2017 wird vielleicht doch ein 2016 mit neuer Typenbezeichnung.

Jaki Liebezeit, legendärer Can-Schlagzeuger ist gestorben:

http://www.deutschlandradiokultur.de/zum..._id=377113

Ich weiß leider nicht mehr, von wem das Zitat stammt, Jaki sei wie ein Drumcomputer mit defekter Humanizing-Funktion gewesen.
Gleich werde ich mir nochmal von "Monster Movie" das Stück "You Do Right" anhören, in welchem er aus einem einfachen Lum-pen-pack-Rythmus nach und nach ein unglaubliches Schlagzeuggewitter erzeugt.

*seufz*

niels
Wer bei Stereoaufnahmen kein Gegenspur-Übersprechen haben möchte, sollte Halbspur-Maschinen verwenden.
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#2
... komme gerade aus dem Kino, wo ich den Film "The Arrival" zum wiederholten Male sah. Ein Film über die Relativität der Zeit. ... und nun lese ich diese Nachricht. Jaki Liebezeit ist verstorben. Ein wirklich großer Musiker. Die Gruppe Can begleitete mich durch meine Jugend. Meine arabischen Freunde aus Syrien schätzen Can und das Schlagzeugspiel, weil es so viele arabische Einflüsse zu hören gab, ohne zu wissen, daß es deutsche Musiker sind. Sie wollten mir nicht glauben. ... In den letzten Jahren sah ich ihn noch zweimal live auf der Bühne. Einmal 2004 in Antwerpen gemeinsam mit Burnt Frledmann, einem Musiker der eher lose mit der intelligenten Technoszene verbunden war und zuletzt 2013 im Kölner Kunsthaus Rhenania, wo er in der Gruppe Drums Off Chaos mit zwei weiteren Schlagzeugern (Reiner Linke, Maf Retter) spielte. Sein Spiel klang niemals alt, immer sehr gegenwärtig und manchmal wie aus der Zeit gefallen. Sein Schlagzeug hätte auf ewig weiterspielen können. Zuviel der Worte ... ich weiß.
Olaf, der eher passiv seit Jahren hier mitliest und sich an den fachlichen Beiträgen über Tonbandgeräte erfreut
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#3
... natürlich ist heute ein entsprechender Gedenktag. Die Ergebnisse meiner kleinen Reise in die Zeit möchte ich euch nicht vorenthalten. Zunächst ab ins Fotoarchiv. Dort tatsächlich noch Fotos vom Konzert mit Jaki Liebezeit in Antwerpen entdeckt. Leider war das nicht allzu ergiebig.
   
Hier ein Bild, wo Jaki in einer Doppelbelichtung mit Burnt Frledmann im Hintergrund spielt. Dazu aus meinem Tagebuch:
22.15 Uhr. Auftritt Burnt Friedman & The Nu Dub Players feat. Jaki Liebezeit: Stark Rythmus-orientiert. Die Anwesenheit musikalischer Geschichte - also Can - ist unverkennbar. Mouse on Mars und To Rococo Rot fallen mir als aktuellere Bezüge ein. Zu Beginn gefielen sie mir sehr gut. Der mittlere Teil hat in seiner Beliebigkeit doch an vielen Stellen gelangweilt. Deutsches Gedaddel. Nicht unsympatisch. Jaki Liebezeit spielt ohne klassische Bass Drum. Steht auch in den eher improvisierten Teilen mit seinen Beats für eine erdige Verbundenheit. Und hier schreibt einer, der seinen Erguß gerne in einem langweiligen Feuilleton einer überregionalen Zeitung veröffentlicht sehen würde. So what!" Später spielten auch noch Michael Rother (früher Neu, Harmonia) & Dieter Moebius (Harmonia). Scheint ein Krautrock-Event gewesen zu sein. Damals wurde das gerade wiederentdeckt ...
   
Hier noch einmal Jaki Liebezeit alleine. Mit einer komischen digitalen Knipse geschossen. Miese Auflösung. ... Freunde drehten damals eine Doku über Friedmann und in der Folge über Liebezeit. Beides ist nie fertig geworden. Schwer zu verkaufen. Das war mir damals schon klar. Von daher von meiner Seite Zurückhaltung, obwohl ich immer Fan von Can war. Die 70er Jahre waren Can-Zeit, doch 2004? ... und voriges Jahr verstarb der Freund, der diese Idee maßgeblich realisieren wollte. Noch keine 50 Jahre alt. Vorbei ... Freunde angerufen ... suchen gerade nach dem Material. Ein Freund wurde fündig. Schickte mir soeben Videomaterial ...
   
Hierbei handelt es sich um Standbilder aus dem Video. Leider ist meine Hauptschnittsoftware gerade nicht verfügbar, deshalb wurde das Bild nun mit Premiere ProCC 2017 exportiert. Leider fand ich auf die Schnelle nicht die Exporteinstellungen für Stills. Deshalb sind diese Bilder nun leider zerzerrt, da als 720x576 exportiert und nicht in der richtigen Auflösung 768x576 ... auch das interessiert keinen mehr. Man schaue sich nur TV an. Alles ist möglich ...
   
Hier spaziert Jaki Liebezeit durch die Kölner Maybachstrasse. Erzählt über Rhytmus. Takte, die abhängig von Kulturen sind. Das er z.B. für den 4/4 Takt Entsprechungen in der Umwelt findet ...

Während das geschrieben wird, wurden alte LPs und Tonbänder von Can hervorgeholt und gehört. Alles gekauft und aufgenommen in der Zeit, wo es aktuell war. Die Reise geht weiter zurück in die Vergangenheit. Dabei stieß ich auf das Album Flow Motion von 1976, welches tatsächlich in Kunstkopf Stereo abgemischt wurde.
   
Es klingt eigenartig dumpf und suppig über Lautsprecher. Der Kunstkopf-Effekt wird natürlich erst mit Kopfhörer erlebbar. Deshalb meine alten offenen Sennheiser H424 von 1974 aktiviert ...
   
Das Hörerlebnis war jetzt nicht so prickelnd. Es fehlt generell an Dynamik. Die Höhenwiedergabe ist unpräzise. Klar, man erlebt den Raum anders, aber ist das nicht auch nur ein Effekt, der sich irgendwann verbraucht? Sind nicht alle Fortschritte im Audiobereich nur Effekt? Wird Musik schlechter, wenn ich sie Mono und mit einem Rauschen höre? ...
   
Neue Platte von Can hervorgeholt. Soon Over Babaluma von 1974. Schöne Platte. Tolles Cover. Hat so einen metallischen Look ...Leider hat die Hülle etwas gelitten. Das Cover ist zwar top gepflegt (meine LPs sehen aus wie neu), aber die Folie, die damals den Druck auf dem Cover schonte, ist leider an einer Stelle eingerissen. Ist wahrscheinlich beim Hineinschieben der Platte ins Regal passiert. Kann man so etwas kleben? Schade ... Dizzy Dizzy und Quantum Physics ... und irgendwann entschwindet es in der Zeit. Es ist Krautrock und doch zugleich weit davon entfernt. Schön.

Monster Movie. Die erste Can-LP von 1969. Die Niels gestern zum Gedenken hören wollte. Ja. Ja. You Do Right.

   
Future Days von 1972 liegt nun auf dem Bandteller. Schönes Album. Future Days. Moonshake. Mit dem japanischen Sänger Damo Suzuki ... Die LP lieh ich mir 1977 von einem Freund, um sie aufzunehmen. Damals studierten wir noch Elektrotechnik ... Das Band Revox 601 zeigt keierlei Alterserscheinungen. Auf der Aluspule steht notiert, wann es abgespielt wurde. Seit 1984 nur viermal. ...

Übrigens: Die ersten Can-Alben bis 1974 wurden alle auf zwei Revox A77 aufgenommen. "Wir spielten direkt in die Bandmaschine. Es gab nichts dazwischen geschaltetes. Keine Effekte. Nichts." Dies sollte sich später bei der Digitalisierung auszahlen, denn weil die Aufnahmetechnik so simpel war, konnte man bei der Bearbeitung sehr hohe Qualität erreichen. ... (Zitat von Irmin Schmidt und Angaben stammen aus dem Booklet zu The Lost Tapes)

Muß jetzt leider wieder arbeiten, aber die Musik läuft weiter. Sacrilege. Die Remixes-Do-CD von 1997. War das Album, was ich in Kalifornien hörte auf den endlosen Highways in der Sierra Nevada und im Death Valley auf den Weg nach Las Vegas ...

... Da fällt mir ein: habe auch mal einen Film mit Irmin Schmidt gemacht. Im August 1991. Im Zusammenhang mit der Popkomm. Als Dankeschön schenkte er mir seine Solo-CD Impossible Holidays. Es war meine erste CD und damit der Grund, warum ich mir meinen ersten (Revox-) CD-Player zulegte.

Soviel zu meiner Zeit- oder Entdeckungsreise, die teilweise sehr privat geriet und später noch mit The Lost Tapes begleitet wird. Lost and found. Wiederentdecktes Material aus dem Inner Space Studio ...
Olaf, der eher passiv seit Jahren hier mitliest und sich an den fachlichen Beiträgen über Tonbandgeräte erfreut
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