Übertragungsmischpult Sennheiser M 101 vorgestellt...
#1
Seit zwei Jahren besitze ich ein Sennheiser M 101 Übertragungsmischpult.

Für 120 Euro habe ich es damals aus der Bucht gefischt und freue mich bis heute jedesmal, wenn ich es hervorhole über den tollen optischen und technischen Zustand. Hochwertigste Studiotechnik für kleine Übertragungswagen und andere mobile Erfordernisse zugeschnitten, im kompakten Format und prädestiniert für die Benutzung mit den Mono-Nagras IV-L und 4.2. Diese haben eine spezielle Buchse für den Mischpultanschluss, an der auch die Betriebsspannung von 18 V vom Batteriefach anliegt. Sennheiser hat das Mischpult ziemlich lange angeboten, ich vermute, etwa von 1970 bis 1980. Der Neupreis ist mir nicht bekannt, dürfte aber im Bereich knapp unter 1000,- DM gelegen haben.
Es gab zu dem Pult in gleicher Größe und Ausführung noch ein Kontrollgerät namens ML 101, das im wesentlichen aus zwei Leistungs-Verstärkerzügen und einem eingebauten Lautsprecher nebst Schaltern besteht und zum Mithören per Lautsprecher oder Kopfhörer Vor- und Hinterband, sowie zum Vorhören der Mischpulteingänge herangezogen werden kann. Es können Kommandos auf das Nutzsignal aufgesprochen oder an Kopfhörer (Reporter/Kameramann) gegeben werden.

Das Pult M 101, das in der Grundfläche etwa einer Nagra entspricht (35 × 23 cm), besitzt ein Gehäuse aus grau lackiertem Messingblech und einen ebensolchen Deckel. Es wiegt immerhin mit Batterien 6 kg.

Damit ihr überhaupt wisst, wovon ich spreche, hier zunächst mal ein paar Fotos des M 101. Der ursprüngliche Bügel-Tragegriff, mit dem man das Gerät auch schräg aufstellen konnte, fehlt leider. Ich brauche mir wohl auch keine Hoffnungen zu machen, einen solchen bei der Seltenheit des Teils noch jemals auftreiben zu können...

               

Das Gerät ist natürlich nur in Monotechnik ausgeführt, kann aber anschlussmäßig sehr universell belegt werden. Es hat vier Eingänge, deren gesamte Verstärkerelektronik sich auf steckbaren, in einer Minute auszubauenden Einzelmodulen befindet. Daneben gibt es ein Summenmodul, das außer der Pegeleinstellung am Ausgang auch die Aussteuerungskontrolle mittels Spitzenspannungsanzeiger ermöglicht. Ein Pegeltongenerator lässt sich einschalten und liefert am Ausgang bei offenem Summensteller ein Signal von 1 kHz und 0 dB (0,775 V an 600 Ohm). Ein Klangregelnetzwerk ermöglicht im Summensignal die Absenkung oder Anhebung von Höhen und Bässen im Bereich von etwa ± 12 dB. Diese Klangregler können wahlweise auch auf den 4. Eingangskanal geschaltet werden.
Jeder Kanalzug besitzt eine symmetrisch beschaltete Kleintuchelbuchse am Eingang (es gab später auch wahlweise eine Version mit XLR-Buchsen). Die Eingangsimpedanz (1 kHz) liegt bei >1 kOhm, bei eingeschaltetem Abschwächer 1,8 kOhm. Dieser Abschwächer ist in vier Stufen von 0 bis 60 dB schaltbar, zusätzlich ist die Gegenkopplung der ersten Verstärkerstufe noch um weitere -20 dB stufenlos regelbar. Es können dadurch Eingangssignale von 0,1 mV bis 1,55 V verarbeitet werden, was allen Arten von Quellen vom dynamischen Mikro bis zur Bandmaschine entspricht!
Zuschaltbar ist 12 V Tonaderspeisung für die Sennheiser MKH-Mikrofontypen, sowie ein Trittschallfilter, das mit 10 dB/Oktave unterhalb 100 Hz wirkt.

Zwischendurch hier ein paar Fotos vom Innenleben. Die Vorverstärker sind durchweg mit rauscharmen Siliziumplanar-Transistoren vom Typ BC 560 bestückt. Die Eingänge sind trafosymmetrisch.
Die Fotos zeigen das M 101 mit ausgebauten Modulen und das leere Gehäuse mit den Steckleisten, ein Kanalmodul, das Summenmodul, einen der Eingangsübertrager und nochmals ein Kanalmodul auf seinem Schaltbild.
Die Kanalfader sind selbstverständlich welche aus deutscher Fertigung (sowas gab es damals noch!) mit 100 mm Schiebeweg.

                       

Die Stromversorgung wird im Normalfall durch zwei große, in Reihe geschaltete 9 V-Batterien realisiert, die aber kaum noch erhältlich sind. Ich habe Anfang des Jahres noch ein paar ergattert.

   

Als ich das Gerät bekam, war anstelle der Batterien ein längsgeregeltes Netzteil (Sonderzubehör) eingebaut, das 18 V bei 150 mA abgibt. Das habe ich zwar noch, aber ich habe es ausgebaut. Da, wo die Kaltgerätebuchse saß, habe ich eine Blindplatte aus Alublech draufgesetzt. Man sieht es auf dem nächsten Bild im Vordergrund links. Und was da aussieht, wie ein Druckschalter aus Alu, ist der Entriegelungsknopf für den Batteriefachdeckel.

   

Weiterhin kann die Gleichspannungsversorgung aus der angeschlossenen Nagra erfolgen, wofür sich ein entsprechender Schalter auf dem Summenmodul befindet. Die Nagra hat, wie erwähnt, eine spezielle Buchse für Mischpulte, deren Eingangspegel an der Nagra fix ist, also hinter dem Pegelregler eingespeist wird, und aus der auch die 18 V-Speisung des Mixers erfolgt.

       

Beide Geräte miteinander verbunden:

       

Wenn wir uns die einzelnen Eingangsmodule betrachten, finden wir bei jedem von ihnen diese Bedienungselemente:
Oben die verschraubbare Kleintuchelbuchse, dann der Schalter für die Tonaderspeisung, darunter der Eingangsabschwächer von 0 bis -60 dB, rechts unterhalb mit dem "V" befindet sich der Vorhörtaster, der nur mit angeschlossenem Kontrollgerät (oder einer entsprechenden Eigenbauvorrichtung) funktioniert. Dann schließlich das Gegenkopplungspoti und das Trittschallfilter.

   

Auf dem Summenmodul findet man außer dem mit einem roten Knopf versehenen Summenfader und dem erwähnten Umschalter Nagra/Batterie noch den Ein/Aus-Schalter und die beiden Potis des Entzerrers für Höhen und Tiefen. Direkt unterhalb des Drehspul-Instruments befinden sich zwei weitere Schiebeschalter, von denen der linke dem Einschalten des Pegelgenerators und der rechte dem Umschalten des Klangregelnetzwerks vom Summenkanal auf den Kanal 4 dient. Auf dem mittleren Foto ist der Pegelton gerade eingeschaltet. Wenn das Instrument 0 dB zeigt, tut es auch das Modulometer der Nagra. Damit es das wirklich tut, musste ich allerdings den Festwiderstand vor dem Ausgang des M 101 durch einen Trimmer ersetzen und diesen entsprechend einpegeln. Vorher war da eine Abweichung von rund 2 dB...
Der Batterietestknopf rechts gibt wohl kaum Rätsel auf, und oben dann schließlich die beiden Ausgangsbuchsen und eine dritte, die es ermöglicht, den Knotenpunkt des Mischpults mit einem zweiten, baugleichen zu verbandeln, sollten dem Toningenieur die vier Eingänge nicht reichen!

Die Ausgangsleistung wird übrigens durch eine Gegentaktendstufe mit sehr niedrigem Ausgangswiderstand erzeugt.

           

Ganz zum Schluss möchte ich euch die technischen Daten des M 101 aus der Micro-Revue Nr. 8 (1976) nicht vorenthalten! Hai-End-Frieks werden ob der auf dem Papier recht bescheidenen Werte vielleicht die Nase oder sonstwas rümpfen, aber in der Studiotechnik waren realistische Eigenschaften gefragt, die für den Einsatz beim Rundfunk mehr als ausreichend waren.

   

Soweit die Vorstellung dieses kleinen professionellen Mischpults; so kurz wie möglich, so ausführlich wie nötig!

Ich kannte das M 101 schon seit meinen jugendlichen "Tonbandamateur"-Tagen aus Sennheisers Micro-Revue, hätte aber natürlich nie für möglich gehalten, dass ich selbst mal eines besitzen würde! Und das, so muss hier mal ganz eindeutig gesagt werden, ist allein durch ein großes Online-Auktionsportal möglich geworden. Über andere Kanäle hätte ich zu Lebzeiten sicher nie ein M 101 gefunden, noch dazu in so hervorragendem Zustand. thumbsup An dem Mischpult gab es, als ich es erhielt, übrigens nichts zu reparieren! Nicht mal ein Regler krachte... Ich habe es nur gereinigt und den Ausgangspegel richtig eingestellt. Das war eben noch deutsche Wertarbeit!

Die Module, aus denen das M 101 aufgebaut ist, gab es bald schon auch einzeln zu kaufen, so dass man sich ein maßgeschneidertes Pult daraus aufbauen konnte.

Obwohl es etwas speziell war, hoffe ich euch nicht gelangweilt zu haben. Wenn doch, kann ich es auch nicht ändern! Tongue

LG Holgi
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#2
Von Langeweile kann gar keine Rede sein - ich habe zu meiner Anfangszeit mit diesem Pult noch arbeiten können Big Grin

Das erste Mal muss so um 1979 gewesen sein, als der WDR-Cheftonmeister - sowas gab es damals noch - mir ein Exemplar aus seinem Privatbesitz zur Verfügung stellte für einen Konzertmitschnitt in Luxemburg für die Serie "Internationale Musikfestspiele" (besser mono als gar nichts, meinte er). Ich hatte das Teil vorher nie ausprobiert, doch es bestach sofort durch seine absolute Zuverlässigkeit, es war solide, vielseitig, sofort intuitiv zu bedienen und narrensicher.

Als Stereoversion hätte es so manchen Einsatz eines Studer 169 überflüssig gemacht, das ich demgegenüber als ziemlich sperrig, unhandlich und mechanisch zu empfindlich empfand, besonders die aufsteckbare PPM-Brücke, die zugleich als Tragegriff diente und nach kurzer Zeit beunruhigend wackelte.

Dass das Sennheiser allerdings so lange anstandslos funktionieren würde, hätte ich kaum für möglich gehalten - herzlichen Glückwunsch!

Grüße, Peter
Grüße
Peter


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Ich bin, wie ich bin.
Die einen kennen mich, die anderen können mich.
(Konrad Adenauer)
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#3
Ich hatte fast vermutet, dass du dich auf diesen Beitrag zu Wort meldest. Wink
Was mich mal interessieren würde ist, wer dieses Mischpult gebaut hat! Ich glaube mich zu erinnern, von einem Fremdhersteller gelesen zu haben, der das Teil im Auftrag gefertigt hat. Das gilt auch für diverse Messgeräte aus dem Sennheiser-Programm.

Gruß Holgi
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#4
hannoholgi,'index.php?page=Thread&postID=197804#post197804 schrieb:wer dieses Mischpult gebaut hat!
Das weiß ich leider nicht, ich habe es auch vorher nie von innen gesehen.
Sieht ein bisschen nach Siemens aus ...

Grüße. Peter
Grüße
Peter


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(Konrad Adenauer)
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#5
Beim Anblick dieses herrlichen Gerätes kriege ich feuchte Augen. Es ist wunderschön aber leider geht es mir wie dem Trinker der von dem Lokal steht und bitterlich weint. Als ihn ein mitfühlender Passant fragt, ob er kein Geld hätte antwortet er: "Geld hab ich genug aber keinen Durst."
Und ich hab nichts zum mischen. Sad
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#6
Big Grin Big Grin Big Grin thumbsup
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#7
Hallo Holgi,

danke für den tollen Bericht und die schönen Fotos. Es ist immer begeisternd zu sehen, wie diese Technik auch heute noch Freude bereiten kann.

Viele Grüße aus Köln

Klaus
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#8
Die Elektronik läuft, wenn ordentlich entworfen, sicher auch noch gut genug an zwei Kamera-Akkus a' 7,2....8,5 V.
Ansonsten kann man erwägen, aus einem (fast) beliebigen Akku mit einem Aufwärtswandler 18 V zu erzeugen. Der Platzbedarf wäre kleiner als für die Originalbatterien vorgesehen. Geeignete Applikationsschaltungen gibt es bei den einschlägigen Wandler-IC-Herstellern.

Ein früherer Bundespräsident würde zum Gerät sagen: Na dann misch mal schön.

MfG Kai
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#9
Wegen der Stromversorgung mache ich mir überhaupt keine Sorgen. Zum einen ist es nur ein Stück meiner Sammlung, das nur selten wirklich genutzt wird, zum andern zieht das Pult nur rund 40 mA und es gibt die einfache Möglichkeit, zwei Batteriehalter für je sechs Mignonzellen in Reihe zu schalten, wenn die 9V-Blöcke mal am Ende sind. Wahrscheinlich halten anständige Alkalizellen sowieso länger als die alten Zink-Kohle-Blöcke.
Zudem kann sich das M101 ja auch aus der Nagra versorgen, auch bei deren Anschluss ans Netzteil!

Gruß Holgi
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#10
Nachdem der Faden nun fast ein Jahr alt ist, kann ich ergänzend noch schreiben, dass ich inzwischen das Problem der praktisch nicht mehr erhältlichen 9V-Großblöcke gelöst habe.
Ich habe einen winzigen Step-up-Wandler eingesetzt, der aus vier Babyzellen (Größe C) gespeist wird. Man erkennt ihn unscharf rechts unten im Batterieschacht auf dem ersten Foto.
Der macht aus den 6 V, die diese Alkalibatterien zur Verfügung stellen, rund 18 V für den Eingang der Stabilisierungsschaltung des M101. Da der Mixer nur ca. 40-60 mA zieht (je nachdem, ob die 12 V-Tonaderspeisungen zugeschaltet sind oder nicht), dürften die Babyzellen viele Stunden reichen. Vielleicht sogar länger als die 9 V-Laternenbatterien, die es nur als Zink-Kohle-Version gibt (gab).
Damit der Wandler — der übrigens einen angeblichen Wirkungsgrad von 94 % hat — die Batterien nicht leerlutscht (der EIN-Schalter des Mischpults liegt ja hinter dem Wandler), musste ich einen zweiten Schalter nebst LED einbauen (zweites Foto). Die LED, die nur mit 5 mA betrieben wird, ist in diesem Fall wirklich nötig, damit ich das Auschalten des zweiten Schalters nicht vergesse! Huh

Die Stabilisierungsschaltung im Summenmodul des Pultes macht aus den 18 V dann 12,5 V. Das funktioniert, bis die Speisespannung auf etwa 14 V abgesackt ist. Inzwischen habe ich auch alle alten Elkos in den Kanalmodulen getauscht, so dass der Mixer bestimmt noch viele Jahre mixen kann! ^^

           

LG Holgi
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#11
Die Bauweise erinnert mich an die TFE Tonmischpulte in Modultechnik der 80er Jahre war aber schweineteuer und für mich leider unerschwinglich.

Ich besitze von TFE einen 10 Band Equalizer mit DIN Buchsen der kostete damals um die 500,- DM
Wissen ist Macht, nichts wissen macht nichts
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#12
Hallo Holgi,

wie immer eine ganz tolle Vorstellung. Danke

Viele Grüße

Klaus
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