Wir bauen uns ein Mikrofon!
#1
Liebe Forenmitglieder,

heute aus der Reihe "wir basteln uns ein gescheites Mikrofon": Das Großmembranmikro der Spitzenklasse!

Man nehme: ein spottbilliges Chinesenmikro von Ebay, jedoch mit vernünftigem, stabilem Metallbody, einen Bauteilesatz 'MP-V57' und eine RK-12-Kapsel, beides von microphone-parts.co.uk, ca. zwei Stunden Zeit und ein bisschen Werkzeug. Am wichtigsten ist ein guter Lötkolben mit bleistiftdünner Spitze.

Die Investition beträgt etwa 290,- €, dafür erhält der Bastler ein Großmembranmikro, das die meisten fertig käuflichen Teile der 300-800 €-Klasse locker hinter sich lässt!

Natürlich ist das wieder so eine Sache, mit der normale Leute und die meisten meiner Freunde nix anfangen können, aber das soll meinen Arsch nicht kratzen. Solche Sachen sind nun mal mein Hobby, ich löte für mein Leben gern und das Erfolgserlebnis, wenn man das Mikrofon das erste Mal anschließt, ist groß. Oder, wie in diesem Fall, erst mal nicht! Und hier im BMF wird es vielleicht sogar ein paar Leute geben, die den Bericht lesen... Wink

Aus diesen Teilen baut sich Holgi sein Großmembran-Mikrofon: Ein Spendergehäuse, das eigentlich mal ein Chinesenmikro für 23,- Euro war, Ein Teile- und Platinensatz sowie (das Wichtigste) eine handgefertigte Doppelmembrankapsel.
Ich liebe es, solche Tüten voller Bauteile und jungfräuliche Platinen in funktionierende Geräten zu verwandeln! Das ist wie ein Rausch!! 8o
   

Diese Kapsel ist ein Nachbau der legendären CK-12-Kapsel von AKG. Das AKG C12 ist in den 50er und 60er Jahren gebaut worden und war eines der besten und beliebtesten Studiomikrofone. Und wird natürlich auch heute noch eingesetzt. Allerdings ist das C12 ein Röhrenmikro.
       

Die beiden nur 3 µm starken Folienmembranen sind spiegelblank mit Gold bedampft. Dazwischen sitzt die Gegenelektrode aus massivem Messing mit vielen Bohrungen.
   

Jede der beiden Membranen und die Masseelektrode haben einen Anschlussdraht, wie man hier sehen kann. Unten, mit dem blauen Draht die Masseelektrode.
   

Im Gegensatz zu fast allen Neumann- und sonstigen Kapseln hat AKG meist (immer?) randkontaktierte Membranen.
Sonst sitzt der Anschluss genau in der Mitte, so wie hier:
   

Aber auch Neumann hat, begünstigt durch preiswertere Herstellungsverfahren, inzwischen teilweise dem Zentralanschluss abgeschworen (hier beim TLM102). Die Membran ist ohne Metallring am Rande verklebt:
   

Wenn man nur die Masseelektrode und eine der Membranen anschließt, hat das Mikro eine Nierencharakteristik. Schließt man beide Membranen an, bekommt es je nach Phasenlage eine Kugel- oder Achtercharakteristik.

Die beiden Platinen, doppelseitig kaschiert, sind in Größe, Form und Befestigung so gemacht, dass sie in die meisten Chinesenmikros passen.
Vier Befestigungslöcher sorgen dafür, das meist zwei davon verwendbar sind. Etwas Nacharbeit mit der Nadelfeile muss man aber einkalkulieren.
   

Die sehr gut gemachte, mit farbigen Bildern versehene Bauanleitung würde es auch einem elektronischen "Fast-Laien" ermöglichen, erfolgreich zu bauen. Für routinierte Löter wie mich ist sie fast schon zu ausführlich.
   

Nach etwa einer Stunde sind die beiden Leiterplatten fertig bestückt. Es werden nur hochwertige Bauteile geliefert, etwa Dale-Metallfilm-Widerstände und Wima-Kondensatoren.
Der FET und die passenden Arbeitspunkt-Widerstände sind schon beim Hersteller individuell ausgemessen; die drei bipolaren Transistoren sind von Markenherstellern, wie auch die Elkos.
   

Hier die Rückseite, damit man meine Lötstellen begutachten kann! Wink
Die Platinen sind hier schon mit Isolierlack versehen. Denn bei Kondensatormikros wird mit einem extrem hochohmigen Eingangskreis gearbeitet, der schon durch kleinste Ströme gestört wird. Kriechströme müssen daher unbedingt vermieden werden. Es werden darum auch alle Flussmittelrückstände mit Isoprop von den Leiterplatten abgewaschen. Die Platinen müssen absolut sauber sein! Ich sprühe die Unterseite zusätzlich mit Isolierlack ein.
   

Hier noch mal die Bestückungsseite. Man sieht, dass ich die Befestigungslöcher etwas befeilen mussten, damit sie passen.
Der kleine weiße Kippschalter oben auf der rechten Platine dient zum Umschalten der Richtcharakteristik, wenn man das möchte. Man kann zwischen Kugel (OMNI) und Niere (CARDIOID) wählen. Mit dem blauen Spindeltrimmer links wird zum Schluss die Polarisationsspannung für die Kapsel eingestellt, die der Spannungswandler auf der linken Platine erzeugt.
   

Nun ist die gute Kapsel auf das Innenchassis montiert. Genialerweise passen die Löcher in der runden Grundplatte genau zu der Halterung, obwohl vorher eine Elektretkapsel in dem Chinesengehäuse saß, die ganz anders befestigt war!
   

Die drei Anschlüsse werden nach unten durch die vorhandenen Bohrungen geführt. Man erkennt hier schön die vielen Löcher in der Masseelektrode durch die durchscheinende Goldbedampfung!
   

So, nun kömmt die Montage der Platinen an die Reihe! Vorher habe ich aber den Einsprachekorb wieder montiert, damit ich nicht versehentlich mit den Griffeln die hochempfindlichen Membranen berühre oder gar beschädige.
Hier sind die Platinen montiert und die Drahtverbindungen verlötet. Die Anschlüsse von der hochohmigen Kapsel sind übrigens aus teflon-isoliertem Silberdraht. Beide Platinen werden über zwei Drähte miteinander verbunden und die vordere schließlich mit dem XLR-Terminal.
   

Das fast fertige Mikro von der Vorder- und Rückseite. Man sieht bei dem Foto (rechts) der Wandlerseite, dass ich eine Leiterbahn unterbrechen und diese durch ein kurzes Drahtstück ersetzen musste. Das wurde nötig, weil der Kopf der Befestigungsschraube in dem etwas befeilten Loch diese Leiterbahn mit Masse verbunden hätte. Ich habe das aber rechtzeitig gemerkt und dann diese optisch etwas unschöne, technisch aber einwandfreie Lösung gewählt.
       

Stehen kann es zur Not auch. Aus dem Einsprachekorb habe ich die innere, feine Drahtgaze entfernt. Das soll angeblich einen glatteren Frequenzgang ergeben. Natürlich muss die Membran unbedingt gegen Feuchtigkeit und Essenreste Wink geschützt werden, weil diese Verunreinigungen sonst Kriechströme begünstigen und damit Krach- und Rauschstörungen produzieren.
Also bespricht man ein solches Mikrofon nur über einen Popschutz, der hier eher Spuckschutz heißen müsste!
   

Als letzte Maßnahme vor dem ersten Test muss noch die Polarisationsspannung der Kondensatorkapsel eingestellt werden. Diese wird mittels eines kleinen Gleichspannungswandlers auf der B-Platine aus der Phantomspannung erzeugt, dessen Ausgangsspannung mit dem blauen Trimmer justiert werden kann. Das Mikro wird mit 48 V versorgt und das Multimeter an den Widerstand mit dem Drähtchen (+) und Masse angeklemmt. Das Drähtchen wird hinterher natürlich wieder entfernt. Die Spannungsmessung direkt an der Kapsel ist nicht möglich wegen deren Hochohmigkeit. Die Spannung würde selbst bei der Belastung mit den 10 MOhm des DMM teilweise zusammenbrechen!
Die richtige Spannung ist dann immer ein Kompromiss! Es gilt: je höher selbige ist, umso rauschärmer und empfindlicher wird das Mikrofon, aber umso weniger verträgt es hohe Pegel; der max. SPL wird also kleiner (max. SPL= maximaler Sound Pressure Level). Bei ungefähr 70 Volt kollabieren die Membranen und werden von der Mittelelektrode angezogen. Das muss natürlich unbedingt vermieden werden. Man bleibt also etwa 10 V unter diesem möglichen Maximum und ist damit bei etwa 60 Volt, die ich hier rechts schon eingestellt habe.
       

Fertig!
Das Mikro ist zugeschraubt und kann seinen ersten Test an der Bandmaschine über sich ergehen lassen.
Das Neumann-Logo ist natürlich nur ein Gag! Ich hatte diesen Badge schon lange rumliegen und habe ihn einfach angebracht. Passt doch farblich ganz gut, oder? Das Chinesenmikro-Gehäuse ist natürlich nicht annähernd so gut verarbeitet wie ein Neumann. Es besteht aus lackiertem Zinkdruckguss und Stahl. Bei Neumännern ist es matt vernickeltes Messing und Edelstahl! Aber es erfüllt seinen Zweck.
   

Beim ersten Soundcheck kam erst mal der Schreck: außer lautem Rauschen und einem gaaanz leisen Signal kam nichts raus! Aber schon nach zwei Minuten hatte ich den Fehler gefunden. Das Beinchen des Feldeffekt-Transistors war nicht mit dem Schalteranschluss verlötet. Glatt vergessen... :whistling:
Aber nach der Korrektur dieses "Herstellungsfehlers" kam dann die Begeisterung. Das Mikro ist super! Kein Rauschen, seidenweicher Sound mit leicht crispen Höhen ohne Aufdringlichkeit, gute Rückwärtsdämpfung und beim Umschalten auf Kugelcharakteristik von allen Seiten gleich empfindlich. Hohe Ausgangsspannung.

Ich bin sehr zufrieden und bedaure es fast, dass ich kein Tonstudio habe, um meine Mikros mal richtig für Gesang oder akustische Instrumente einzusetzen!
Ich habe noch nie ein AKG C12 besessen, aber klanglich kann es auch nicht sehr viel besser sein als der "Nachbau-Klon", behaupte ich jetzt mal ganz frech.
   

Sicher ist das eine ziemlich spezielle Geschichte und viele Tonbandfreunde benutzen (und besitzen) heutzutage nicht mal ein Mikrofon, aber ich tue das relativ häufig und ich kenne einen hier im Forum, der sich in ein paar Wochen auf ein Band freuen kann, das mit diesem schönen blauen Mikrofon besprochen wurde thumbup ! Vielleicht interessiert sich ja auch der eine oder andere für dieses Thema und weiß nun schon mal, was da auf ihn zukommt, wenn er sich ein Großmembranmikro bauen will.

Der Frequenzgang der RK-12-Kapsel sieht so aus wie die blaue Kurve auf diesem Screenshot.
   

Wer in den Höhen einen etwas weniger brillanten Verlauf bevorzugt, kann die Kapsel RK-47 verwenden, die in den Mitten präsenter ist und in den Höhen leicht abfällt. Sie ist der Neumann U-47-Kapsel nachgebaut.

Gruß Holgi
Zitieren
#2
Moin Holgi,

schönes Ding, schöner Beitrag! Sieht sehr gut aus. Mit dem Gedanken selbst zu bauen, spielte ich auch schon öfter. Würde mich mal brennend interessieren, wie das klingt (na? na? Audiofile? Smile). Den Eigenbau mal blind gegen ein U87 oder UM57 zu halten wäre spannend.

hannoholgi,'index.php?page=Thread&postID=184719#post184719 schrieb:Aus dem Einsprachekorb habe ich die innere, feine Drahtgaze entfernt.

Das habe ich auch schon öfter gelesen. Werde es mal demnächst bei einem China-Bändchen Testen (die kann man auch mit wenig Geld aufwerten).

hannoholgi,'index.php?page=Thread&postID=184719#post184719 schrieb:Also bespricht man ein solches Mikrofon nur über einen Popschutz, der hier eher Spuckschutz heißen müsste!

Hier:
[Bild: abbey-1.jpg]
George und Paul mit nem U47. Für ebendieses bauten die Abbey Road Techniker den sogenannten "Spitshield" (= in etwa "Spuckschild"). Big Grin

Beste Grüße, Heiko
Zitieren
#3
Also mit 'nem Audiofile ist das so eine Sache... Ich spiele kein Instrument und meinen Gesang kann ich niemandem zumuten. Und einfach was vorlesen? Nee, das ist mir zu blöd. Ich kenne auch niemanden (mehr), der in 'ner Band ist oder so.
Im Sommer kommt vielleicht der Tom aus dem Westerwald wieder zu uns zu Besuch, der könnte sicher ein paar Gitarren(g)riffe einspielen mit den verschiedenen Mikrofonen, die ich habe (es ist auch ein Neumann dabei, allerdings nur ein TLM102). Aber bis zum Sommer ist es ja noch ein bisschen hin.
In den nächsten Tagen sollen wir hier in der Nacht -10 Grad bekommen! Sad

Hättest du denn ein U87 zum Vergleichen? Wenn ja, würde ich dir das Mikro auch mal ein paar Tage überlassen. Übrigens war da auch eine Spinne dabei, diese Klemmausführung, aber aus Metall und sehr ordentlich verarbeitet!
Ich habe auch noch ein gepimptes Behringer B-2 pro mit einer U47-Kapsel! Das klingt in meinen alten Holzohren einfach klasse.

Ich hatte ja immer gehofft, dass meine liebe Tochter mit ihrem Gitarrenspiel mal weiterkommt, aber da hat das Studium zur Zeit absoluten Vorrang... Und so wird das erst mal nix mit einem Soundbeispiel. :thumbdown:

LG
Holgi
Zitieren
#4
Hallo Holgi,

vielen Dank für den hübschen Bericht. Wußte garnicht, daß es diese spezielle DIY-Sparte gibt und von dem Lieferanten hatte ich auch noch nichts gehört.
Habe dort nach einer Schaltung gesucht oder wenigstens einer Angabe des verwendeten FETs aber außer der Bezeichnung NOS JFET, mit der ich nichts anfangen kann, nix gefunden. Nach weiterem Wühlen schwant mir, daß NOS kein technisches Attribut-Kürzel ist sondern für "New Old Stock" steht, was offenbar vielfach in der Audiobastler Szene benutzt wird für alte aber unbenutzte Originalbestände.
Bin dann auf einen LSK389 gestoßen, einen Nachbau des Toshiba 2SK389. Wird der verwendet ?

Bezüglich dem von Heiko "angeforderten" Audio-File:
Das ist doch ein Einsatzfall für die Nagra E und das neue Micro !
Warm angezogen, hinaus in die Natur und das Tirillieren der Vögel und das Schnauben der Hirsche aufgenommen !

Viel Freude an dem neuen Teil wünscht Kai
Zitieren
#5
Hallo Kai,

eine Schaltung wirst du da natürlich nicht finden, denn die wollen ja ihre Bausätze verkaufen. Außerdem sind die Platinen sehr eng bestückt und mit double layer versehen. Selbstmachen ist da nicht ganz einfach, zumal auch das Layout auf die Besonderheiten der Mikrofontechnik (extreme Hochohmigkeit, Oszillator ohne störenden Einfluss...) abgestimmt sein muss. Es handelt sich um eine optimierte, trafolose Schoeps-Schaltung.

Der verwendte Feldeffekt-Transistor ist ein guter alter N-Kanal-FET J305. Der Oszillator läuft mit einem 2N5551 und die Symmetrierungs- und Ausgangsstufe mit zwei 2SA1084.

Mit der Nagra wird das im Reportageeinsatz leider nichts, weil diese Mikrofone ja 48 V Phantomspeisung benötigen! Natürlich kann man batteriebetriebene P 48-Versorgungen kaufen oder bauen, aber dann hätte man immer noch ein zusätzliches Gehäuse zwischen Mikro und Nagra hängen.
Es gibt für die Nagra 4.2 zwar auch die Vorverstärker QPAU-T und QPU-T, die umschaltbar auf alle Arten von Mikrofonen incl. P 48 sind, aber einen davon hat meine leider nicht drin und einzeln/gebraucht suche ich schon seit Ende 2014 danach. Wird aber nie angeboten.

Die Nagra E kann auch nur T 12 und dynamische Mikros... Sad

Aber davon abgesehen kann man die klanglichen Eigenschaften eines Mikros mit Vogelstimmen auch kaum analysieren. Da müsste doch schon Gesang und/oder Gitarre/Klavier als Schallquelle genommen werden! Ich würde statt zu Vögeln auch lieber in den Harz fahren und Dampfloksound aufnehmen. Aber in Mono ist das auch wieder langweilig! Wink

LG Holgi
Zitieren
#6
Das ist doch mal was Neues, Danke für den Bericht!

Sind Micbuilders hier ein Begriff? Da wird so ziemlich jedes Thema ausführlich bekakelt, das mit Mikrophon-Selbstbau zu tun hat.

Manche Verrückte gehen ja sogar noch weiter und fertigen sich ihre Mikrofonkapseln (!) selber, siehe die beiden pdf-Anhänge. Damit geht's allerdings tief in die abenteuerlichen Gefilde die Feinmechanik, wo man über das, was man gerade tut und warum, noch präziser Bescheid wissen sollte als man handwerklich arbeiten muss.

Ende der 1970er Jahre habe ich meine ersten Impedanzwandler zusammengelötet. Zunächst mit der Schoeps-Schaltung experimentiert und dann eigene entworfen.

Beim Eingangs-FET gibt es übrigens eine Reihe Wahlmöglichkeiten, die z.T. auch Schoeps verbaut (hat): 2N3819, BC264, BF245, später auch 2SK107 oder 2SK170 ... die "richtige" Wahl ist - wie fast alles - Quelle endloser Fachdiskussionen. Die Symmetrierstufe (Emitterfolger) kann mit BC415/416 bestückt sein, oder BC560 oder äquivalent.

Hier ein Beispiel aus diesen Tagen ("vereinfachte" Schoeps-Schaltung ohne DC-Wandler) von dem ein gutes Dutzend Exemplar nach wie vor störungsfrei funktioniert. (Nur die Elkos sollte ich vielleicht mal wechseln, aber man kommt ja zu nix …)

[Bild: KM53_P48.jpg]

Nach einigen Monaten fing ich an, mich auch an Kondensatorkapseln zu versuchen:

[Bild: 34mm_DE.jpg]

(Zur Info: Die Membran musste sowieso ausgetauscht werden, der Dreck darauf hat den technischen Daten nicht sonderlich geschadet, und ich hatte sie vor dem Foto angehaucht, damit man die Gegenelektrode dahinter gut sehen kann.)

Diese Frühwerke funktionieren ebenfalls nach wie vor, heute verwende ich sie aber nicht mehr, vor allem weil ihre Rauscharmut inzwischen nicht mehr so unerreicht ist wie zu Beginn des Digitalzeitalters vor 35 Jahren.

Übrigens ist einer der beliebtesten, weil immer verfügbaren und zugleich härtesten Tests für Mikrofone - und natürlich auch Lautsprecher - unter den mir bekannten Profis (einschließlich mir selber) die menschliche Sprache! Vor allem, wenn man zwecks Direktvergleich den Sprecher leibhaftig zur Verfügung hat. Diesen Test bestehen ohnehin nur die wenigsten Schallfänger- und -werfer einigermaßen befriedigend, und die Unterschiede zwischen verschiedenen Modellen werden - manchmal schmerzlich - eklatant.

Eine Phantomspeisung selber zu bauen ist keine große Angelegenheit, batteriebetrieben ist es noch einfacher. Schade dass die Nagra E nicht damit ausgerüstet ist. Da muss man schon die 4.2 oder IV-S bemühen ....

Ach noch eins: Die gezeigte Doppelmembrankapsel mit gemeinsamer Gegenelektrode ist gegen Staub Schmutz und menschliche Ausdünstungen auf den Membranen gar nicht mal nicht so sehr empfindlich (was ein beklagenswertes Manko der Kapselbauweise früher Neumann U87 war). Die Achillesferse des RK12 dürfte vor allem der dunkle Isolationsring zwischen den Messingringen sein, die die beiden Membranen auf Spannung halten. Wenn man den bei Bedarf mit entsprechendem Reiniger abwischt, sollte man an dieser Kapsel lange Freude haben.

Nebenbei: Neumann hatte vor 35 Jahren eine geniale Konstruktionsidee verwirklicht (in Gestalt des U89), womit die Membranen zusammen mit allen übrigen Kapseloberflächen auf Masse liegt und so keinen Staub aus der Umgebung mehr elektrostatisch anziehen kann.

Grüße, Peter


Angehängte Dateien
.pdf   CondenserMicDIY.pdf (Größe: 527.86 KB / Downloads: 29)
.pdf   A PROFESSIONAL CONDENSER MICROPHONE - R. Williamsen 1963.PDF (Größe: 1.43 MB / Downloads: 27)
Grüße
Peter


_____________________

Ich bin, wie ich bin.
Die einen kennen mich, die anderen können mich.
(Konrad Adenauer)
Zitieren
#7
Vielen Dank für deine ergänzenden Ausführungen, Peter.
Und auch für die angehängten Dateien! Sehr interessant.

Ein kompletter Selbstbau incl. Kapselfertigung würde aber meine Fähigkeiten und meine Werkstattausstattung eindeutig überfordern! Es gibt ja auch heute so schöne und preiswerte Kapseln, von denen man früher nicht zu träumen wagte. Als Bezugsquellen habe ich bis jetzt nur zwei Onlineshops gefunden, nämlich diese:

http://micandmod.com/en/
und
http://microphone-parts.co.uk/

Da gibt es auch komplette Bausätze mit Gehäuse, Speisegerät (bei Röhrenmikros) und offenbar (wenn man die Userbewertungen liest) ausgezeichneten Ergebnisssen.
Schade, dass es auf diesem Gebiet so wenig Konkurrenz gibt, etwa auch in Deutschland.

Übrigens: "der dunkle Isolationsring zwischen den Messingringen" (...) "die die beiden Membranen auf Spannung halten" ist gar kein Ring, sondern der Umfang der messingenen Masseelektrode ist einfach mit selbstklebendem PVC-Band umwickelt!

Was noch? -- Ach ja, eine selbstgebaute Phantomspeisung habe ich natürlich, aber die läuft mit einem Steckernetzteil. Und meine Nagra 4.2 hat keine P48-Speisung, wie ich schon schrub! Der Mike-Eingang 1 ist mit einem QPSE-200-XOYO-Vorverstärker (für niederohmige dyn. Mikros) und der Eingang 2 mit einem QPM 3-5 (für T-Power-Mikros wie die Sennheiser MKH's) ausgerüstet.

Womit ist denn deine Membran bedampft? Gold sieht jedenfalls anders aus. Platin? Wink

Gruß
Holgi
Zitieren
#8
OT/
"Ich würde statt zu Vögeln auch lieber in den Harz fahren und Dampfloksound aufnehmen." thumbup
\OT

Gruß Bernd

Zitieren
#9
Ja, Bernd, so ist das, wenn man älter wird! Big Grin
Zitieren
#10
hannoholgi,'index.php?page=Thread&postID=184739#post184739 schrieb:Ein kompletter Selbstbau incl. Kapselfertigung würde aber meine Fähigkeiten und meine Werkstattausstattung eindeutig überfordern!
Meine inzwischen auch, aber wenn ich jetzt auch nur anfangen würde zu erzählen, mit welchen Provisorien und Improvisationen ich mich damals „durchgeschummelt“ habe, käme ich wahrscheinlich heute noch verdientermaßen auf den elektroakustischen Scheiterhaufen …

Wie auch immer, die Ergebnisse funktionierten - das einzige was für mich damals zählte -, und einige meiner besten Audioproduktionen habe ich mit den gezeigten Selbstbaukapseln hergestellt, die ich vor allem als Raummikrofone einsetzte, weil sie noch weniger rauschten als das menschliche Ohr(!).

hannoholgi,'index.php?page=Thread&postID=184739#post184739 schrieb:Es gibt ja auch heute so schöne und preiswerte Kapseln, von denen man früher nicht zu träumen wagte.
Stimmt. Meine selbstgestrickten Kugelkapseln beispielsweise fanden durch die M 960 von MG kongenialen Ersatz. (Leider gibt es m.W. die Kapseln dazu nicht einzeln.)

hannoholgi,'index.php?page=Thread&postID=184739#post184739 schrieb:Als Bezugsquellen habe ich bis jetzt nur zwei Onlineshops gefunden, nämlich diese:
Falls du Kapseln nach Neumann / MG Manier suchst, könntest du vielleicht hier fündig werden:
http://www.thiersch-mic.de/stm_produkte.html

hannoholgi,'index.php?page=Thread&postID=184739#post184739 schrieb:Schade, dass es auf diesem Gebiet so wenig Konkurrenz gibt, etwa auch in Deutschland.
Ich bin ziemlich sicher, dass das nicht lange so bleiben wird.

hannoholgi,'index.php?page=Thread&postID=184739#post184739 schrieb:… der Umfang der messingenen Masseelektrode ist einfach mit selbstklebendem PVC-Band umwickelt!
Aha. Scheint eine Maßnahme gegen frühzeitigen Isolationsverlust durch Ablagerungen aus der Umwelt zu sein.

hannoholgi,'index.php?page=Thread&postID=184739#post184739 schrieb:Was noch? -- Ach ja, eine selbstgebaute Phantomspeisung habe ich natürlich, aber die läuft mit einem Steckernetzteil.
Falls die Schaltung – wie das Schoeps'sche Original - leichte Unterspannung verträgt, genügen fünf 9V-Batterien als Energiequelle. Ich verwende einen 9V-Akkusatz, der bei mittlerer Stromaufnahme (2mA) tagelang hält.

hannoholgi,'index.php?page=Thread&postID=184739#post184739 schrieb:Und meine Nagra 4.2 hat keine P48-Speisung, wie ich schon schrub!
Habe ich nicht bemerkt, vermutlich weil in den Mails vorher von deiner neuen Nagra E die Rede war. Meine IV-S hat die DC-Wandler für beide Kanäle eingebaut. Als ich die Maschine bekam, kam ich nicht mal auf die Idee, dass die Module fehlen könnten.

hannoholgi,'index.php?page=Thread&postID=184739#post184739 schrieb:Womit ist denn deine Membran bedampft? Gold sieht jedenfalls anders aus. Platin? Wink
Ach ja - die schon fast abenteuerliche Story dahinter hätte ich beinahe vergessen…

Ganz zu Anfang hatte ich für meine Experimente eine Neumann CM 5, deren Membran dringend ersetzt werden musste, was Neumann damals aber nicht übernehmen wollte. Erst probierte ich das Nächstliegende: Alufolie. Deren Stabilität war aber nicht hoch genug, während der Montage riss sie beim geringsten Missgeschick und außerdem durfte sich dabei nicht ein Stäubchen zwischen Membran und Gegenelektrode setzen, weil dies bei den sich gegenüberstehenden unisolierten Metallflächen unweigerlich Kurzschluss bedeutet hätte.

Dann weckten metallisierte Plastikfolien mein Interesse, die als Umverpackung für Lebensmittel (oder auch manche Cassetten) dienten. Ein damaliger Studienkollege von mir, der später bei der Deutschen Grammophon landete, erzählt heute noch bei jeder Gelegenheit von diesen seltsam anmutenden Mikrofonen, die zwar überzeugend klangen, aber auf deren Membranen man Dinge lesen konnte, die man bei einem Mikrophon kaum erwartet hätte Big Grin

Ich wäre auch gewiss dabei geblieben - was interessierten mich damals die verständnislosen bis irritierten Blicke von Künstlern oder Kollegen? -, wenn diese Verpackungsfolien nicht so dick gewesen wären. Zu steife Folien reduzieren den Übertragungsfaktor der Kapsel, besonders zu den Höhen hin. Also brauchte ich dünnere. Diese Idee führte mich zu Anrufen bei mehreren deutschen Kondensatorherstellern. Ich wollte erfahren, welches PE-Rohmaterial sie für alubedampfte Wickelkondensatoren verwendeten und wie man daran kommen könne. Sie erzählten mir, dass in dieser Branche niemand diese Folien selber fertige, sondern fertig bedampft bezog. Zulieferer waren damals hauptsächlich die Hoechst-Tochter Kalle (die unter anderem auch Trägerfolien zur Magnetbandherstellung an Agfa und BASF lieferte) und Steinerfilm. So telefonierte ich mich unverdrossen weiter durch und bekam schließlich einen verständnisvollen Mitarbeiter dazu, mir Muster verschiedener Folientypen zukommen zu lassen.

Eine Woche später erreichte mich ein stattliches Paket mit allen Kombinationen aus Material und Dicke. Die dünnsten waren etwa 2µm und flogen herum wie Blattgold, die dicksten maßen 50µm, waren also für meine Zwecke ungeeignet. Am besten erwies sich eine 6µm Folie, deren Muster wog über zwei Kilo und hatte (rechnerisch) ca. 1400m Länge (!). Inzwischen ist die Rolle deutlich geschrumpft:

[Bild: PE_Folie_6.jpg]

Der Grund für meinen erhöhten Materialverbrauch war, dass ich nicht nur Membranen zum Experimentieren oder zum Kapselselbstbau brauchte, sondern auch als Ersatz für defekte Membranen alter Mikrofonkapseln, die sonst niemand reparieren mochte/konnte.

Vor einigen Monaten war Kollege und Freund Jörg Wuttke (wer kennt ihn nicht) bei mir auf Besuch, und bei unseren stundenlangen Fachsimpeleien kamen wir zwischendurch kurz auf Membranfolien zu sprechen. Beim Anblick meiner Musterrolle meinte er lachend, wenn eines Tages - aus welchem Grund auch immer - keine Rohfolien für Kondensatoren mehr hergestellt werden würden, es für die Mikrophonhersteller ziemlich düster aussähe, da deren geringer Bedarf alleine niemals eine weitere Produktion lohnen würde. Mit meiner knapp anderthalb Kilometer langen Musterfolie käme jedenfalls ein Hersteller wie Schoeps länger als ein Jahr aus, meinte er.

Grüße, Peter
Grüße
Peter


_____________________

Ich bin, wie ich bin.
Die einen kennen mich, die anderen können mich.
(Konrad Adenauer)
Zitieren
#11
Hallo Micro-Spezis,

beim Stöbern zu dieser Thematik (Suche nach "Schoeps Schaltung") bin ich auf eine sehr lesenswerte Magister-Arbeit zumThema
"Historische Entwicklung von Kondensatormikrofonen" gestoßen:

[PDF]die historische entwicklung von kondensatormikrofonen - TU Berlin
https://www2.ak.tu-berlin.de › ak_pub

Der direkt kopierte Link ist:

https://www.google.de/url?sa=t&source=we...WK5LPyzi1A

Der File heißt:
MeitzVolker_MagA.pdf , 104 Seiten, 4 MB , veröffentlicht im März 2005

Enthält eine Vielzahl von Mikrofonschaltungen, auch deutlich aufwendigere als die Standardschaltungen
und allein 20 Seiten Diskussion von Verzerrungen.

MfG Kai
Zitieren
#12
Danke Kai, interessante Arbeit! Habe die Teile mit den Formeln beim Lesen zwar weggelassen, aber sonst noch einiges daraus gelernt.

Schade finde ich es, dass es keinen Service gibt, bei dem man gegen bezahlbares Entgelt seine Mikrofone in einem schalltoten Raum mal durchmessen lassen kann (Frequenzgang/Rückwärtsdämpfung und Polardiagramm, meinetwegen noch Ersatzgeräuschpegel). Das ist eine echte Marktlücke! Oder es gibt ein solches Angebot, ich habe es bisher nur nicht im Netz gefunden. Sicher würden das nicht nur Selbstbauer in Anspruch nehmen, sondern auch Menschen, die alte, gebrauchte Mikros mal checken lassen wollen. Oder welche, von denen keine Daten (mehr) aufzutreiben sind.
Man schickt seine Mikros hin, bekommt sie nach zwei Wochen mit Messschrieb wieder und zahlt dafür 40 Euro pro Stück. Beispielsweise. Bei mehreren entsprechend weniger.

Aber wer, außer den Herstellern und diversen Uni-Instituten hat schon eine "anechoic chamber" und das zugehörige Messequipment? ?(
Zitieren
#13
Beim Thema Literatur sollten diese beiden "klassischen" Einführungen nicht fehlen - und Verzeihung, falls ich damit offene Türen einrenne:

Boré/Peus: Mikrophone
Wuttke: Mikrophonaufsätze

Die messtechnische Untersuchung von Mikrophonen ist alles andere als eine triviale Angelegenheit, wenn es sorgfältig geschehen soll. Den materiellen Aufwand hierfür - zusätzlich zum reflexionsarmen Raum - können sich im Grunde nur größere Forschungseinrichtungen, renommierte Hersteller, und Institute wie die PTB leisten.

Bei mir liegen diverse Laborberichte mit Messungen an Mikrophontypen mit großem Ruf, die entsprechenden Frequenzgänge in den Firmenprospekten wirken demgegenüber wie Märchen aus 1001 Nacht.

Grüße, Peter
Grüße
Peter


_____________________

Ich bin, wie ich bin.
Die einen kennen mich, die anderen können mich.
(Konrad Adenauer)
Zitieren
#14
Hallo Peter,
Weil ich 2 - SM58 besitze, würden mich die Daten hierzu schon interessieren, sofern Du Daten dafür hast.

Das SM58 hat sicher einen großen Ruf, man sieht es sehr häufig vor laufenden Kameras, obwohl es wahrscheinlich auch nur Durchschnitt ist.

Gruß
Manfred
Gruß
Manfred

Neu........ Uher Royal de Luxe. 2 & 4 Spur; 320nWb@0dB; 1,1V/2,2kOhm@0dB am Ausgang.
Zitieren
#15
mampfi,'index.php?page=Thread&postID=184763#post184763 schrieb:sofern Du Daten dafür hast.
Habe ich leider nicht.
Der simple Grund: Von Anfang an war/bin ich fast ausschließlich im Aufnahmebetrieb für sog. klassische Musik unterwegs, und da kommen dynamische Mikrofone nur äußerst selten zum Einsatz.
Hohe Empfindlichkeit, ausgewogene Richtcharakteristik, linearer Frequenzgang und saubere Impulswiedergabe gehören ohnehin nicht zu den primären Vorteilen eines dynamischen Sprach-/Gesangsmikrofons. Abgesehen davon ist bei Richtmikrofonen (Gradientenempfängern) generell der Tiefenfrequenzgang prinzipbedingt stark abhängig vom Besprechungsabstand, der jedoch bis heute für Messungen nicht genormt ist.

Allgemein kann ich den Wunsch nach präziser Information natürlich nachvollziehen. Andererseits möchte ich nicht das Risiko eingehen, Details öffentlich auszuposaunen, die Mikrofonhersteller in seltener Einmütigkeit - und mit gutem Grund - beharrlich unter Verschluss halten. (Ihr kennt das schon: Teile dieser Nachrichten könnten Teile der Bevölkerung verunsichern ...)

mampfi,'index.php?page=Thread&postID=184763#post184763 schrieb:Das SM58 hat sicher einen großen Ruf, man sieht es sehr häufig vor laufenden Kameras, obwohl es wahrscheinlich auch nur Durchschnitt ist.
Durchschnitt bei den dynamischen Mikrofonen, und das will was heißen.

Hier drei Links zu öffentlich zugänglichen Vergleichstests, wo einmal nicht nur aus Herstellerbroschüren abgeschrieben wurde. Bei den Kleinmembranern möchte ich empfehlen, Frequenzgänge und Polardiagramme aufmerksam zu studieren, denn diese Kurven wurden ausnahmsweise nicht vor der Veröffentlichung mit Oktavfiltern geradegebogen :whistling:

http://www.homerecording.be/forum/attachments/f35/12390d1356620655-pa9616_vergleichstest_kleinmembran_mikrofone.pdf
https://images.static-thomann.de/pics/atg/atgdata/document/review/184418_test_pa_06_05_kleinmembran_mikrofone.pdf
http://www.thomann.de/de/prod_pdfreview_9753-pa9753_vergleichstest_gromembran-mikrofone.pdf?look_mom_no_hands=4223

Grüße, Peter
Grüße
Peter


_____________________

Ich bin, wie ich bin.
Die einen kennen mich, die anderen können mich.
(Konrad Adenauer)
Zitieren
#16
Moin Manfred.

Das SM58 ist schon ein anständiges und gut brauchbares Mikro für den Bühneneinsatz. Da gibts nichts dran auszusetzen. Aber "berühmt" geworden ist es in erster Linie nicht wegen seiner unbestrittenen Qualitäten - das haben andere Hersteller genauso und besser hingekricht - sondern wegen seines ausgezeichneten Preis-Leistungs - Verhältnisses.

Dieses führte zu einer weiten Verbreitung, woraus viele Leute die (falsche) Schlussfolgerung zogen, dass es sich deshalb um "bestes Mikrophon wo giept" handelt. (Du nicht, ich weiß.)

Gruß Achim.

Holger, kuhle Sache! 1 hoch mit Mappe! (Nur das Gehäuse solltest du umlackieren...)
Zitieren
#17
Hallo Peter,

vielen Dank für den pdf-File von Bore'/Peus und den Hinweis auf den 20-teiligen Wuttke-Report !
...und für die 3 neuen in Deiner letzten Mail, die ich noch garnicht gecheckt habe.

Die Teilnahme hier im Forum und das Lesen Deiner Beiträge sind so lehrreich wie das Studium an einer Fern-Universität.
Mein persönlicher "Mikrofon-Horizont" wird jedenfalls sehr weit hinaus-gepusht.
Jetzt brauche ich nur noch die Zeit, alles Wort für Wort zu lesen (und nicht nur die Bilder anzugucken...).

Beipflichten möchte ich Dir noch in zwei Punkten:
Die menschliche Stimme als HiFi-Test-Signal:
Man kann selbst bei den meisten sehr sehr teuren Lautsprecherboxen in einem HiFi-Studio bei geschlossenen Augen sofort unterscheiden, ob man eine Stimme aus einem Lautsprecher oder aus einem Mund hört.

Technische Daten, deren Veröffentlichung die Bevölkerung verstören könnte:
Man sieht in den veröffentlchten Überalles-Frequenzgängen von Tonbandgeräten fast nie die (aus wissenschaftlichen Arbeiten bekannten) "Kopfspiegel-Resonanzen" im Bassbereich. Die werden offenbar durch geschickt gewählte diskrete Messfrequenzen und Spline-Interpolation zu unverdächtigen glatten Kurven verschönert.
Als ich das erste Mal an meinem alten Uher Royal und danach an einem Philips N4504 mit fast kontinuierlichem Sweep Frequenzgänge aufgenommen habe, traten die unübersehbar zu Tage, haben mich verstört, bis ich den Hintergrund erkannte.

Ich glaub, ich kann meinen Bibliotheksausweis zurückgeben,
hier gibt's so viel Nützliches zu lesen...

MfG Kai
Zitieren
#18
kaimex,'index.php?page=Thread&postID=184768#post184768 schrieb:Mein persönlicher "Mikrofon-Horizont" wird jedenfalls sehr weit hinaus-gepusht.
Na dann pushe ich gleich noch ein bisschen weiter mit diesem Link:

Stefan Weinzierl - Handbuch der Audiotechnik ( 2008 )

Autor des Abschnitts über Mikrofone (S. 313-421) ist Martin Schneider, derzeitiger Mikrofonentwickler der Fa. G. Neumann, Berlin.

kaimex,'index.php?page=Thread&postID=184768#post184768 schrieb:Als ich das erste Mal an meinem alten Uher Royal und danach an einem Philips N4504 mit fast kontinuierlichem Sweep Frequenzgänge aufgenommen habe, traten die unübersehbar zu Tage, haben mich verstört, bis ich den Hintergrund erkannte.
Mit naturwissenschaftlicher Sicht- und Vorgehensweise ist dies auch durchgängig meine Erfahrung: Je besser das Verständnis von Zusammenhängen, desto weniger Anlass zum Verstörtsein.

Grüße, Peter
Grüße
Peter


_____________________

Ich bin, wie ich bin.
Die einen kennen mich, die anderen können mich.
(Konrad Adenauer)
Zitieren
#19
Aufhören, Peter! Meine Festplatte läuft über! Wink thumbup

Danke für das Material!

LG
Holgi
Zitieren
#20
Jamomamo,'index.php?page=Thread&postID=184767#post184767 schrieb:(Nur das Gehäuse solltest du umlackieren...)
Nee, nu erst recht nich! Tongue

Die Lackierung ist sehr gut gemacht und hat eine schöne, seidenglänzende Oberfläche. Außerdem passt blau-metallic/gold und silber immer gut zusammen. Was würdest du denn vorschlagen? Lila? Hellgelb? Lindgrün? Schlüpferrosa?
Wenn, würde ich das Gehäuse strahlen und matt vernickeln lassen. Dann passt aber der verchromte Kopf nicht zu der edlen Erscheinung. Also bleibt es, wie es ist. Es kommt ja auch "auf de innere Werte" an!
Zitieren
#21
Wenn ich Testberichte von Mikrophonen (wie in Peter's PDFs bzw. Link) oder von Schallplattentonabnehmern lese, in denen dann doch auch bei teuren Systemen noch Mankos wie zuviel Präsenz, oder leider 'ne Mittensenke, zuviel Bass o.ä. genannt werden, frage ich mich immer, warum wurden denn nicht ein bis 2 OpAmps pro Kanal gegriffen, um diese Frequenzgangschwächen mit einer kleinen Korrekturschaltung auszubügeln ?
Bei den Tonabnehmern hab ich geargwöhnt, es könnte daran liegen, daß der Frequenzgang vielleicht garnicht so reproduzierbar ist, wie die veröffentlichte Einzelmessung suggeriert.
Bei den Mikrofonen habe ich jetzt in der von Peter bereitgestellten Literatur schon gelesen, daß es nicht einen Frequenzgang, sondern unterschiedliche für Direktschall von vorn, winkelabhängig von der Seite und für Diffusschall gibt. Sobald man sich aber für einen entschieden hat, kann man doch Entzerrungsmaßnahmen ergreifen oder die sogar Applikationsabhängig gestalten.
Gesehen hab ich sowas noch nicht.

Bei "High-End"-Produkten, die für z.B. >1000€ immer noch keinen linealgeraden Frequenzgang im wesentlichen Hörbereich zeigen, sind bei mir Verwunderung und Unverständnis besonders "high".

MfG Kai
Zitieren
#22
kaimex,'index.php?page=Thread&postID=184821#post184821 schrieb:nicht einen Frequenzgang, sondern unterschiedliche für Direktschall von vorn, winkelabhängig von der Seite und für Diffusschall gibt. Sobald man sich aber für einen entschieden hat, kann man doch Entzerrungsmaßnahmen ergreifen oder die sogar Applikationsabhängig gestalten. Gesehen hab ich sowas noch nicht.
Ich auch nicht. Warum? Weil es nicht gehen kann, denn die Natur lässt es nicht zu. Wäre so etwas realisiert worden, hätte es ein mittelschweres Erdbeben in der Fachwelt hinterlassen, denn dies wäre wirklich das Ei des Columbus.

Bei praktisch jeder Anwendung - die seltenen Ausnahmen wären Aufnahmen unter reinen Frei- oder Diffusfeldbedingungen, etwa unter einem Freiballon oder in einem sehr halligen Raum weit außerhalb des Hallradius - fällt Schall immer aus allen Richtungen auf das Mikrofon ein und wird je nach Einfallsrichtung mit dem dazugehörigem Frequenzgang des Mikrofons versehen, unter anderem weil ein Mikrofon bereits durch seine Anwesenheit das Schallfeld verändert.

Da dies ein richtungsabhängiger (und damit dreidimensionaler) Vorgang ist, kann er nicht durch eine Über-Alles-Entzerrung nach der Signalwandlung ersetzt werden, weil diese alle Schalleinfallsrichtungen gleich behandeln würde (quasi eine „eindimensionale“ Filterung). Eine für frontalen Schalleinfall optimierte Entzerrung würde deswegen die überlagerten Verfärbungen bei seitlichem Schalleinfall vergrößern, und umgekehrt.

Solche Effekte finden bei Großmembrankapseln in entsprechend vergrößertem Maßstab statt. Dies ist auch mit ein Grund, weswegen inzwischen diese Größen bei Übertragungen klassischer Musik in komplexen Schallfeldsituationen (beispielsweise als Orchesterstützen) sehr viel seltener verwendet werden als noch vor 30 Jahren.

Demgegenüber ist die Beliebtheit von Großmembranern als reine Solistenmikrofone ungebrochen. Mit einem Sänger in einem sehr trockenen Raum (d.h. bei fast reiner Frontalbeschallung unter Fast-Freifeldbedingungen im interessierenden Frequenzbereich) ist eine Filterung natürlich kein unlösbares Problem und wird auch oft und recht großzügig eingesetzt. Hier geht es meist nicht um Linearität, sondern um einen überzeugenden Klangeindruck, weswegen ein und dasselbe Mikrofon bei zwei verschiedenen Stimmen durchaus sehr unterschiedlich gefiltert werden muss, damit das Ergebnis den jeweiligen Klangvorstellungen entspricht.

Übrigens: Wer sich intensiver mit solchen und verwandten Themen beschäftigen möchte, kann Jörg Wuttkes Anmerkungen zu Mikrofonen sich auch als Video zu Gemüte führen. Auf http://www.sengpielaudio.com/Wuttke.htm (etwas herunterscrollen) findet sich dazu eine umfangreiche Übersicht.

Grüße, Peter
Grüße
Peter


_____________________

Ich bin, wie ich bin.
Die einen kennen mich, die anderen können mich.
(Konrad Adenauer)
Zitieren
#23
Hallo Peter,

köstlich, der Herr Wuttke !
Hab mir gerade mal das erste Video angesehen,
mit vielen Spitzen gegen die Großmembran-Mikrofone (das sollte Holgi vielleicht besser nicht angucken),
hat mehr Unterhaltungs- und Informationswert als die meisten TV-Infotainment und -Comedy-Sendungen.

Vielen Dank für diesen Link !

MfG Kai
Zitieren
#24
kaimex,'index.php?page=Thread&postID=184827#post184827 schrieb:mit vielen Spitzen gegen die Großmembran-Mikrofone (das sollte Holgi vielleicht besser nicht angucken),
Seit Jahrzehnten kenne ich Jörg Wuttkes vorgetragene Argumente bis ins Detail, sie sind vom naturwissenschaftlichen Standpunkt auch nicht zu widerlegen. Nicht ohne Grund hat die Firma Schoeps bis heute beharrlich von der Fertigung von Großmembrankapseln Abstand genommen. Ich könnte auch eine Reihe mehr oder weniger despektierlicher Äußerungen anderer Mikrofonkonstrukteure über Großmembraner zitieren, nicht zuletzt des Neumann-Spezialisten Gerhart Boré, den ich noch persönlich kennenlernen durfte und der - neben vielem anderem - als „Vater des U87“ (nach dem U47 vermutlich DAS Mikrofon mit großer Doppelmembrankapsel schlechthin) in die ELA-Geschichte eingegangen ist.

Dies alles tangiert Holgi und sein Mikrofon aber nur peripher, unter anderem weil ich bislang nicht den Eindruck gewonnen habe, dass er es für besonders „kritische“ Anwendungsfälle verwenden möchte, wovon ich im vorigen Posting ein Beispiel gab.

Zu meiner Studienzeit Ende der 1970er Jahre hatte ich durch glückliche Fügung der Umstände Johann-Nikolaus Matthes jahrelang als quasi-Privatlehrer und Mentor zur Verfügung, der für seine Kammermusikproduktionen fast ausschließlich Großmembranmikrofone verwendete, auch und besonders für Streichinstrumente, welche gegen Verfärbungen, Kapselresonanzen und andere Wandler-Unschönheiten ausgesprochen sensibel sind - oder wie Jürg Jecklin es einmal einprägsam formulierte: Hohe Streichinstrumente sind wohl die klanglich am höchsten vollendeten Instrumente. Sie haben einen Klang, der für Verfärbungen sehr empfindlich ist. Ein ungeeignetes Mikrofon macht aus einer Stradivari blitzartig eine billige Fabrikgeige. Quelle: http://www.voesd.at/files/tt10aufnahmen.pdf

Unschwer abzusehen, dass der Kontakt zwischen diesen beiden hochkarätigen Spezialisten (Wuttke und Matthes) nicht ganz reibungsfrei verlaufen würde, um es einmal behutsam auszudrücken (ja, auch Entwickler und Anwender müssen nicht zwangsläufig einer Meinung sein, vor allem nicht, je mehr sie von ihrer Sache verstehen). Doch die mit den Großmembranmikrofonen entstandenen Aufnahmen (hier vor allem SM69 und U87) des Alban Berg Quartetts klingen noch heute überzeugend und haben damals alle nur möglichen Schallplattenpreise abgeräumt. Dies wiederum mag sich ein kleinmembranüberzeugter Mikrofonentwickler zusammenreimen - wenn er es kann.

Auch ich kann auf eine lange Reihe Aufnahmen zurückblicken, die ich ausschließlich mit Großmembranern durchgeführt habe und denen sich - selbst wenn man es weiß - in diesem Punkt nichts Nachteiliges nachsagen lässt.

kaimex,'index.php?page=Thread&postID=184827#post184827 schrieb:hat mehr Unterhaltungs- und Informationswert als die meisten TV-Infotainment und -Comedy-Sendungen.
Ja, und genauso empfinde ich ihn auch im alltäglichen Umgang: Eine ausgesprochene Bereicherung auf allen Ebenen - und das umso stärker, je mehr man sich selber im Fach auskennt. Schön ist das, wenn man gute Lehrer hat.

Grüße, Peter
Grüße
Peter


_____________________

Ich bin, wie ich bin.
Die einen kennen mich, die anderen können mich.
(Konrad Adenauer)
Zitieren
#25
Hallo Holgi,
soll ich Dich beim Dieter Bohlen (DSDS) anmelden ???

Mit dem Mikro schaffst Du es auch bis zum Recall thumbsup

LG
Konrad
du hörst mit deinen Ohren, also vertrau deinen Ohren mehr als den Messwerten
Zitieren
#26
Wenn du mich zum Feind haben willst, denn man tau!
Aber bei solchen Veranstaltungen benötigt man doch eher so ein kabelloses Dynamisches. Und noch ein bisschen mehr, was ich auch nicht habe. Sad
Zitieren
#27
..na Sowas...seit einem Jahr liegt hier eine neue SCT2000 Kapsel herum und vor ein paar Tagen habe ich für 21 Euro eine Chinesengurke wegen des Gehäuses gekauft....ohne das ich Deinen Thread hier kannte.
Bei mir soll aber eine Röhre (5840) da rein.

Gruß,

Holm
Zitieren
#28
Hallo, ich weiß der Beitrag ist schon älter aber ich konnte sonst kein richtiges Forum finden wo man sich mit dem Thema Mikrofon beschäftigt, habe den Beitrag hier gefunden, ist ne tolle Arbeit die ich hier gesehen habe ! und habe auch gleich ein anliegen, und zwar habe ich ein Mikrofon ( kein Spitzen Modell ) es handelt sich um das Neewer NW-800, ich hatte es schon mal offen weil es knisterte habe es sauber gemacht und verdächtige Lötstellen nachgearbeitet, und ich muss ehrlich sagen die Kapsel sah für mich nicht wirklich toll aus eher so ein billig teil und das Knistern ist teilweise immer noch da, meine frage hierzu ist es möglich eine neue Bessere Kapsel einzubauen ?, wen ja welche wäre das und würde vom gössen Verhältnis auch passen, würde mich über eine Antwort freuen Danke.
Zitieren
#29
Hallo,

das NW-800 ist genau das Modell, dessen Gehäuse ich für meinen Umbau genommen habe (dass die Typenbezeichnung etwas anders lautet, hat nichts zu sagen). Deshalb weiß ich, dass es sich leider nicht um ein extern polarisiertes, "echtes" Kondensatormikrofon handelt. Das wäre bei dem Preis auch nicht zu realisieren!

Es handelt sich dabei um eine Back-Elektretkapsel mit einem dahinter angeordneten Impedanzwandler. Ich weiß, dass diese Mikros recht ausgewogen klingen und verhältnismäßig wenig rauschen (ich hatte es vor dem Ausschlachten mal angetestet), aber es ist nun mal kein Großmembranmikro, egal, was der Beschreibungstext aussagt.

Eine echte Kondensatorkapsel kannst du da leider nicht einbauen, weil ein wichtiger Bestandteil der Schaltung, der Spannungswandler für die Polarisationsspannung, nicht vorhanden ist. Es bleibt dir also nur der Umbau oder der (preiswertere!) Neukauf eines Mikrofons. Das darf aber nicht unter 100 Euro kosten, sonst ist es wieder nix!...

LG Holgi
Zitieren
#30
Puh ich kann mit einigen der begriffe nix anfangen aber im groß und ganzen heißt es das ich das NW 800 nicht umbauen oder aufrüsten kann da es der Aufbau an sich nicht zulässt, ok danke dann weiß ich beschied.
Zitieren
#31
Ichigo,'index.php?page=Thread&postID=206870#post206870 schrieb:Puh ich kann mit einigen der begriffe nix anfangen
Dafür hat man heute doch sogenannte Suchmaschinen! Wink
Da kann man "Elektret-Mikrofon" oder "Kondensatormikrofon" eingeben. Du weißt doch: wer nicht fragt, bleibt dumm! thumbup
Zitieren
#32
Ja das ist richtig Big Grin, ich nutze google eigentlich immer aber in diesem fahl war meine suche leider erfolglos, in dem Kondensator Mikrofon Bereich bin ich neu hatte sonst immer Eigenbau Mikrofone aus alten Headset oder anderen Bauteilen
Zitieren


Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste