19.01.2016, 12:22
nick_riviera,'index.php?page=Thread&postID=184954#post184954 schrieb:Unabhängig von allen Sinnhaftigkeitsüberlegungen wäre es ein interessantes Planspiel, sich mal genau zu überlegen, wie billig man so ein Gerät realisieren könnte. Gibt es z.B. noch Hersteller, die Tonköpfe herstellen ?Ja, die BBC bezieht soweit ich weiß immer noch Köpfe neu und es wird vermutet, dass eben diese Firma auch eine US-Schmiede für solche Oldtimer-Upgrades mit neuen Köpfen beliefert. Habe ich gerade erst im Tapeheads-Forum gelesen.
Insgesamt waren jedenfalls sogar die billigsten Spulen-Portables im Vergleich zu heutiger Unterhaltungselektronik eine reine Materialschlacht. Das Castelli S3000 (italienische Produktion, Spulen bis 13 cm wenn mich nicht alles täuscht, Halbspur-Mono mit 4,75 und 9,5) ist von der Machart das Billigste was mir auf dem Sektor je begegnet ist und trotzdem mechanisch noch relativ aufwändig. Ich hab mal versucht, den Preis auf heutiges Kaufkraftniveau umzurechnen und bin auf unter 100 Euro Neupreis gekommen!
Der Aufbau: relativ dünnes (Augenmaß 1,5 mm) Stahlblechchassis, Schwungmasse mit etwas über 6 cm Durchmesser, ein kleiner DC-Motor (wird sogar im SM als "motorino", also "Motörchen" bezeichnet!), Antrieb über diverse Hebelagen und Reibräder aus Gummi und Kork. Eine Platine für alles (Netzteil, Verstärker usw.).
Allerdings stammt das Design von 1968/69, da war Elektronik noch verhältnismäßig teuer. Vieles von dem was hier mechanisch gelöst ist, könnte man heute elektronisch machen und damit Fertigungsaufwand sparen. 3 Motoren (Direktantrieb, maximal mit einem Capstan-Riemen), elektronische Geschwindigkeitsumschaltung usw. DC-Motoren gibt es praktisch geschenkt, bleiben noch Chassis, Wickelteller und Schwungmasse samt Lager als wesentliche mechanische Teile. Ach ja und die Andruckrolle muss irgendwie bewegt werden, entweder per Zugmagnet oder Hebel von den Laufwerkstasten. Um ein Blechchassis wird man allerdings nicht herumkommen schätze ich, das treibt die Fertigungskosten in die Höhe. Und wenn man ins High-End-Segment will, sollte man tunlichst eher Motoren nehmen die nach Waschmaschine aussehen und nicht nach Kassettendeck. Da geht es vielen Leuten um Optik. Mit AC-Synchronmotoren wird die ganze Kiste aber gleich wieder aufwändiger. Andererseits planen wir hier an einem Budget-Gerät für Hipster, die nehmen vermutlich nie den Deckel runter. Ist also eher eine Frage der richtigen Werbung. Für DIE Klientel könnten wir noch ein paar ausgelutschte Röhren irgendwo gut sichtbar einbauen (ohne Sockel, Pins durch Löcher stecken und umbiegen) und orange LEDs drunter setzen.
Auf alle Fälle halte ich ein Spulentonbandgerät für deutlich weniger komplex als einen Videorecorder, wir reden hier von recht simpler Bandführung ohne Einfädel-Automatik und stationären Köpfen, an denen das Band vorbeiläuft. Nicht von Omega-Umschlingung und rotierender Kopfscheibe usw. usw. Auch der Kassetten-Lademechanismus ist ja bei Video schon nicht ganz trivial.