Vom Tonkopf in den Lautsprecher
#1
Hallo,
als technisch interessierter, aber elektronisch relativ ungeschulter Tonbandler besteht, im Sinne besserer Verständlichkeit, Interesse an der Sortierung elektronischer Vorgänge in Tonbandgeräten.

In einem parallelen Thread geht es gerade um die Belebung der Wiedergabe-Spur 3-4 an einem Uher 734. Nun, die freundlichen Hinweise sind sicher gut aber ich komme nicht recht weiter, da mir Grundlagen fehlen.

Im Bestreben mit mehr System zu experimentieren, wächst in mir die Idee elektronische Vorgänge in Tonbandgeräten sortiert zu betrachten. Was haltet Ihr davon? Da es nicht an Schlachtgeräten (Kleinspuler) mangelt erscheint mir die Bereitstellung geeigneter Bauteile für Versuche und Erläuterungen einfach zu sein.

Konkret zum oben stehenden Thread:
Was passiert wenn ein bespieltes Band am Tonkopf von Hand vorbeigeführt wird. Über welche Wege (Bauteile etc.) kommt letztendlich ein Ton (Qualität später) aus dem Lautsprecher? Stelle mir vor, das Gehäuse und die Basismechanik (Wickelteller und Kopfträgerplatte) eines Kleinspuler-Schlachtgerätes nutzend, alles zu entfernen was nicht zum Thema gehört und dann nach dem Motto man nutze (nehme):
1. Den Wiedergabekopf
2. Ein bespieltes Band
3. Abgeschirmte Kabel
4. Trafo
5. ????
6. ????
7. ????
8. Lautsprecher
Und wenn dann parallel dazu die Schaltung noch aufgezeichnet würde, ein Traum!

Liebe Forums-Experten könnt Ihr euch vorstellen in etwa nach dem Motto
"... Also, wat is en Dampfmaschin? Da stelle mer uns janz dumm. Und da sage mer so: En Dampfmaschin, dat is ene jroße schwarze Raum, der hat hinten un vorn e Loch. Dat eine Loch, dat is de Feuerung. Und dat andere Loch, dat krieje mer später. ..."
vorstehenden Ansatz ggf. zu korrigieren und zu begleiten?

Gruß, Martin
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#2
Hallo Franz,

ich möchte die Frage nicht schnoddrig beantworten aber das Gesuchte kann man - gut verständlich - bereits alles in längst veröffentlichten Publikationen nachlesen.

Ich empfehle zum nachschmökern: W.Junghans, Tonbandgeräte Praxis, Franzis Verlag 1976, ISBN 3-7723-0092-8

vG

P.
Time flies like an arrow. Fruit flies like a banana. (...soll Groucho Marx gesagt haben, aber so ganz sicher ist das nicht...)
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#3
Hallo Franz,

Deine Punkte 5 – 7 lassen sich zu einem Punkt zusammenfassen: Verstärker.
Das Signal, welches ein Tonkopf liefert, ist nämlich viel zu schwach, um einen Lautsprecher damit zu betreiben.

Dein Wunsch, die Antwort mit einem Schaltplan zu illustrieren ist gleichzeitig sehr leicht wie auch sehr schwer zu erfüllen. Sehr leicht, weil im Internet unzählige Schaltpläne kursieren. Sehr schwer, weil das Verständnis der Funktion jedes einzelnen Bauteils profunde Kenntnisse der Elektronik, insbesondere der Wirkungsweisen von Widerständen, Kondensatoren, Spulen und Transistoren (resp. Röhren) voraussetzt. Wie ist Dein Kenntnisstand auf diesem Gebiet?

Vereinfacht gesagt ist ein gewisser Gesamtverstärkungsfaktor nötig, bis das Signal aus dem Tonkopf so weit aufgepäppelt ist, damit ein Lautsprecher damit etwas wie Zimmerlautstärke erzeugt.
Da ein Transistor (bzw. eine Röhre) allein diese Aufgabe nicht bewältigen kann, wird die nötige Gesamtverstärkung auf mehrere Transistoren/Röhren verteilt. Das können drei oder vier oder noch mehr sein. Wie das Problem im Einzelnen gelöst wird, ist dem Schaltungsentwickler überlassen.

Neben der Verstärkung hat die Elektronik noch eine weitere wichtige Aufgabe, die hier im Forum immer mal wieder als « Entzerrung » Erwähnung findet. Leider reagiert das Magnetband nicht auf alle hörbaren Töne von ganz tief bis ganz hoch in gleicher Weise. Gleiches gilt auch für den Tonkopf. Diese Ungleichheiten muß der Verstärker wieder ausgleichen. Auch für dieses Problem stehen dem Schaltungsentwickler viele Möglichkeiten offen. Für welche er sich entscheidet, ist seine Sache. Das Ergebnis muß stimmen, d. h. die Aufnahme muß sich idealerweise wie das Original anhören.

Das ideale Meßgerät für den Neugierigen ist eigentlich das Oszilloskop. Damit kann man sehr schön die Entwicklung des Signals von Stufe zu Stufe verfolgen, z B. wie die Amplitude des Signals von einer Stufe zur nächsten wächst. Hast Du so ein Gerät?

Ansonsten kann ich mich nur dem Rat von PeZett anschließen: geeignete Literatur besorgen (falls nötig nicht nur über Tonbandtechnik, sondern auch eine Einführung in die Elektronik und einige Grundschaltungen), lesen und dann die Theorie mit der Praxis in Gestalt vorhandener Geräte bzw. Schaltpläne vergleichen. Ziel ist letztendlich, beim Blick auf die Schaltung zu verstehen, was der Entwickler bezwecken wollte.

Es ist ein langer Weg … aber er ist gangbar.

Gruß
TSf
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#4
Ich stimme meinen Vorschreibern uneingeschränkt zu. Einen solchen Lehrgang wie von dir, Martin, gewünscht, den können wir hier glaube ich nicht leisten. Und es gibt ja genug Literatur in den Antiquariaten und in der E-Bucht zum Thema.

Ich möchte in diesem Zusammenhang hier aber dein Zitat aus dem Bömmelschen Physikunterricht in der "Feuerzangenbowle" korrigieren. Es muss heißen:

"Dat eine Loch, da kömmt de Dampf 'erein, und dat annere Loch, dat krieje mer später!"

Man kann sich davon ohne weiteres bei Youtube überzeugen.

Es wird nämlich oft nicht verstanden, dass es hier nicht um den Dampfkessel geht, sondern um die Maschine. Und damit sind die Dampfzylinder, Kolben, Schieber und zugehörige Steuerung nebst Kreuzkopf und Schwungrad gemeint. Das oft falsche Zitat mit der Feuerung würde sich auf den Dampfkessel beziehen. Der "große runde, schwarze Raum" ist in diesem Fall aber der Dampfzylinder!

Man mag mich jetzt als Korinthenkacker titulieren, aber als ehemaliger Dampflokführer ist es mir ein besonderes Anliegen, diese Fakten der Menschheit zu vermitteln. :!: thumbup

Denn obwohl ja jeder den Film fast auswendig kann, wird hier immer wieder falsch zitiert. Warum bloß? Mer weiß et nit. Big Grin

LG Holgi
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