Wolfen oder Gorzów Wielkopolski?
#1
Weil mir auch persönlich und aus unterschiedlichen Gründen an einer Klarstellung gelegen ist, muss ich die leidige Behauptung nochmals aufgreifen, nach der Agfa Leverkusen die Magnetbandtypen PER und / oder PER 525 bei ORWO in Wolfen habe fertigen lassen (Shamrock 044???, Beitrag 8, danach weitere von mir, insbesondere, sozusagen stellvertretend, http://forum.studerundrevox.de/viewtopic...=24&t=2968, ab 14. Februar 2014).

Ich habe dieser Tage mit einem früheren Kollegen gesprochen, der bei Agfa Leverkusen/München lange Jahre u.a. für die Konfektionierung der Studiobänder zuständig war und demzufolge Augenzeuge der PER-Fertigung in München bzw. Leverkusen ist. Er versicherte mir nachdrücklich, die bewusste Behauptung sei, vornehm ausgedrückt, abwegig. (Was sich, wie zu lesen, selbstverständlich mit meinem Kenntnisstand deckt.)

Des Zusammenhangs wegen: ich habe schon "oben" das Folgende als wahrscheinliche Quelle des Gerüchts bezeichnet. Agfa Leverkusen hat Anfang der 1970er Jahre in Gorzów Wielkopolski, früher Landsberg an der Warthe, nahe der Westgrenze Polens, technische und personelle Hilfe beim Aufbau einer Magnetbandproduktion geleistet. Gefertigt wurden dort u.a. Studio-, Compact-Cassetten- und Computerbänder. Die Produktion dieses - seit langem nicht mehr existierenden - Werkes verblieb ausschließlich im COMECON- bzw. RGB-Bereich. Mein oben genannter Kollege war dort für den Aufbau der Konfektionierung, ein anderer meiner Agfa-Bekannten für den Aufbau der Meßtechnik zuständig.

Wem der fremde Klang "Gorzów Wielkopolski" nichts sagt, wird sich wohl daraus "Wolfen" zusammengereimt haben.

F.E.
ZEITSCHICHTEN, barrierefreier Zugriff im "GFGF-Buchladen", URL https://www.gfgf.org/de/b%C3%BCcher-und-schriften.html (ca. 240 MB)
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#2
Friedrich Engel,'index.php?page=Thread&postID=169152#post169152 schrieb:Des Zusammenhangs wegen: ich habe schon "oben" das Folgende als wahrscheinliche Quelle des Gerüchts bezeichnet. Agfa Leverkusen hat Anfang der 1970er Jahre in Gorzów Wielkopolski, früher Landsberg an der Warthe, nahe der Westgrenze Polens, technische und personelle Hilfe beim Aufbau einer Magnetbandproduktion geleistet.

Das dürften dann die Stilon-Bänder gewesen sein, die ja auch teilweise auf der Verpackung auf die Agfa-Lizenz verweisen.

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/co...n_Agfa.jpg
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#3
Timo, schönen Dank für den Link - wieder eine Lücke im Archiv gefüllt. Wie ich beim "Hinterher-Recherchieren" gesehen habe, war das Bild garnicht so leicht zu finden. Auch die offizielle website von Stilon - etwa http://www.stilon.com.pl/plikinewen/kalendarium.php - berichtet nur unscharf von dieser anscheinend längst vergessenen Episode der Firmengeschichte. WWW ist also immer noch nicht allwissend - auch ein Trost.

F.E.
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#4
Hallo,

als Ergänzung zu Timo:
In der Schachtel wird sich das Band AN 25 DOUBLE PLAY HIFI LOW NOISE befunden haben.

Friedrich,
mir ist immer noch nicht klar, warum die AGFA den Technologie Transfer über den "Eisernen Vorhang" getan hat.
"Gutmenschen" waren die Geschäftsführer damals auch nicht.
Die haben sich doch diese Leistung in irgendeiner Form bezahlen lassen, in einem Wirtschaftgebiet das ständig Geld aus dem Westen brauchte.
Mir fällt sofort der Begriff: "Gestattungsproduktion" ein.
Wer glaubt denn ernsthaft, das die Bänder nicht in den Westen geliefert wurden?
Sei es unter einem anderen Namen.

Das Gleiche gilt auch für die MBF Dessau und dem Werk in Ungarn welches die BASF mit aufgebaut hat.

Natürlich ist es ja auch denkbar das die Regierung der Bundesrepublik Deutschland die Kosten übernommen hat, im Zuge der West-Ost Entspannung.

Es wäre sehr schön, wenn Du mal etwas mehr zu diesem Thema schreiben könntest.

Viele Grüße
Volkmar
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#5
Volkmar,

Dein Engagement ist immer noch bemerkenswert.

Leider ist meine Antwort auf Deine berechtigte Frage ernüchternd kurz: ich weiß nichts über Gründe und Absprachen; da hätte ich wohl schon sehr weit oben in den entscheidenden Gremien von Agfa, Gevaert oder Bayer sitzen müssen. Wollte ich jetzt mit Spekulationen beginnen, wäre damit niemandem geholfen. Und um die Sache zu rekonstruieren, bräuchte man Zugang zu den Protokollen der Vorstandssitzungen - das gelingt vielleicht der nächsten Generation, falls sich da noch jemand für derlei Komplexe interessiert.

Interessieren täte es mich aber schon ...

F.E.
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#6
Wenn es auch schon Jahre her ist, bin ich doch beim Stöbern auf dieses PDF zur Filmfabrik in Polen gestoßen.
Leider nur in polnisch, wenn man es autom. übersetzt, ist alles verschoben und durcheinander. Viell. hat aber jem. bessere techn. Möglichkeiten, das lesbar hinzubekommen, falls es überhaupt noch interessiert.
Es sind ein paar Infos zu Produkten und dem Ursprung des Werkes durch der AGFA zu entnehmen.

https://yadda.icm.edu.pl/.../Eckert_Mode...3_2013.pdf

Jedenfalls klappt der Link, wenn man ihn ins Google kopiert.
Viele Grüße,

Matthias
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#7
Hallo Tonband-Freunde,
die Firma green lake hat ab 1990 mit der Firma Stilon Magnetics spzoo einen Vertriebsvertrag für die gesamte Westwelt und Afrika abgeschlossen. Auf dieser Basis wurde das AGFA identische Bandmaterial mit 730m (Schnürsenkel) auf Herz und Nieren getestet und ab ca. 1992 mit einer Meterangabe auf dem Bandrücken versehen. Gleichzeitig wurde der Karton komplett neu designt.

Bei vielen Besuchen des Werks wurde auch das Thema BASF oder AGFA OEM-Fertigung mit der Geschäftsleitung besprochen. Laut dem damaligen Firmeninhaber ( nicht der STILON sondern der daraus herausgetrennten STILON magnetics) war dies niemals der Fall.

Bei einem späteren Treffen mit der Geschäftsleitung der Dessauer Magnetband (ging aus dem Werk in Wolfen hervor) wurde dieses Thema ebenfalls angesprochen und auch von diesem verneint.

Beide Firmen haben aber bestätigt, dass die Bänder den AGFA-Bändern in allen Punkten identisch sind, Meßwerttechnisch gesehen. Viele der damaligen Privatsender in Deutschland haben dies bestätigt, nachdem deren Techniker die Bänder zum testen erhielten. Bis zur Umstellung der Senderstudios auf Digital wurden von green lake einige tausend Bänder verkauft.

Ca. 1993 räumte STILON magnetics ein Lager mit zig tausend 13er, 15er und 18er Spulen mit Band. Der gesamte Posten ging damals an Conrad Elektronik. Etwa zwei Jahre später wurde der Posten von Conrad über einen Sonderverkauf angeboten und, soweit mir bekannt, auch restlos verkauft.

Vor der Umstellung der Kartons waren die Bänder in recht unansehentlichen grünen Kartons mit brauner Schrift verpackt. Leider habe ich keinen dieser Kartons mehr.
Die Firma STILON wurde dann an eine französische Firma verkauft, war da im Besitz des polnischen Staats. In diesem Zug wurde auch die Firma STILON magnetics wieder in den Konzern übernommen und liquidiert.

Bis zuletzt lief die Produktion von Schnürsenkeln, Audio- und Videokassetten.
Alle meine Angaben betreffen nur das PX 5005.


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Gruß vom Bodensee
Gerd
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#8
Friedrich, meine Erinnerung deckt sich mit deiner was die "Landsberg Bänder betrifft....ist eine sehr schöne Stadt geworden mit einem 1a Autobahnring, bin im Sep. wieder zum Geburtstag meines dort seit 20 Jahren lebenden Bruders wieder für ein paar tage zur "Ausnüchterung" dort.
M.f.G.
justus



 Onkyo TX8050; TA2760; Philips N4520;  2x Grundig TS1000; TK19;24;27 ; 2x Pioneer RL1011L; Telefunken M3000;  M3002L;  Uher 4000 Report L; Report 4400; Report Monitor 4200;  Tesla B41; Mikro Seiki DQ44; Heco Victa 601 

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