Die Geschichte der weltersten COMPACT CASSETTE und der völlig unbekannten EINLOCH CASSETTE von PHILIPS - Uwe H. Sültz...
#1
Die Geschichte der Compact Cassette –
Niemand ahnte Anfang der 1960’er Jahre etwas von dem Geheimprojekt CC. Weder den Amerikanern, noch den Japanern wurde es bekannt. In zwei Werken arbeiteten PHILIPS-Entwickler an zwei unterschiedlichen Projekten. Die Vorgabe war, ein Diktierband und das dazugehörige Aufnahme- und Wiedergabegerät zu entwickeln. Das Bandmaterial war Ferro und 3,81mm breit.

Da beide Werke nichts voneinander wussten, also strengste Geheimhaltung, entstanden zwei voneinander unabhängige Systeme! Im Werk in Hasselt entstand die uns heute noch bekannte Zweilochcassette. In Wien wurde eine Einlochcassette entwickelt. Eine erste Demonstrationscassette für ihren entwickelten Cartridge Recorder entwickelte PPI und DGG.

PPI war die Firmengruppe PHILIPS PHONOGRAPHISCHE INDUSTRIE, DGG war die DEUTSCHE GRAMMOPHON GESELLSCHAFT. Bereits 1962 gründeten die PPI und die DGG die GRAMMOPHON-PHILIPS-GROUP. 1971 entstand aus den beiden Firmengruppen der Medienkonzern POLYGRAM.
Auf der Einloch-Demonstrations-Cassette sind vier Musiktitel aufgespielt, u.a. LET’S DANCE von DAWE CARROLL – alles in MONO.

Die welterste COMPACT-CASSETTE nach dem Zweiloch-Prinzip entstand in Belgien bei PHILIPS. Sie ist schwerer als die nachfolgenden Compact-Cassetten-Modelle, u.a. auch von AGFA, BASF usw. Mit Schrauben UND MUTTERN wurde sie zusammengeschraubt. Es fehlten lediglich die Löschsicherungen. Eine der ersten Demonstrations-Cassetten nannte PHILIPS – KLINGENDE KOSTPROBEN – aus dem Hause MERCURY RECORDS.

Die Zweilochcassette ist zuerst fertig geworden, sie wurde dann der Öffentlichkeit am 8. Januar 1963 vorgestellt! VON DER EINLOCHCASSETTE ERFUHR DIE ÖFFENTLICHKEIT NICHTS! … Es hätte also auch alles ganz anders kommen können!!!

Auf den gezeigten Bildern ist eine der noch wenig existierenden EINLOCH-CASSETTEN, sowie die welterste ZWEILOCH-CASSETTE zu sehen. Beide Cassetten sind in neuwertigem Zustand aus dem Jahr 1962.
Weitere Compact-Cassetten zeigen die Entwicklung in Design, Technik und Bandmaterial. PHILIPS angagierte sich stark in bespielten Compact-Cassetten, hier eine kleine Auswahl! Ebenso sind Test- und Einstellbänder zu sehen.


http://www.lokalkompass.de/luenen/ratgeb...81015.html


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#2
Ich ahne zwar, dass die "Ausrottung" des Irrglaubens, das Compact-Cassetten-System sei als Diktiermedium entwickelt worden, aussichtlos sein dürfte - sogar Wikipedia verbreitet diese Parole immer noch. Es ist mir ja ein wenig peinlich, aber weil ich Jahre an Arbeit in die Sache gesteckt habe, verrate ich ganz bescheiden, wo die Geschichte der CC wie der Wiener Einlochkassette (anhand von Aussagen eines unmittelbar beteiligten Zeitzeugen) korrekt dargestellt ist: in der aktuellen Ausgabe des Buchs ZEITSCHICHTEN als e-book (PDF-Datei): http://www.beam-ebooks.de/ebook/40085 (€ 19,95)

Und zwar unter der Überschrift "Philips-Werk Hasselt entwickelt das "2-Loch-Minicassetten-System" (das Philips-Werk Hasselt liegt übrigens in Belgien). Der dortige Entwickler Lou F. Ottens sprach zunächst stets von einem "pocket recorder" (was schon einmal gegen "Diktiergerät" spricht), die Bezeichnungen Compact-Cassette und Compact-Cassetten-Recorder erschienen erst 1965 (jedenfalls kannte die FUNKSCHAU diese Bezeichnungen vorher nicht: im September 1965 berichtete sie über die "neuerdings Compact-Cassette genannte Ausführung" [K.T. (Tetzner, Karl), Zwei Kassettensysteme - und wie weiter?, FUNKSCHAU 1965, Heft 17, Seite 452], die Vorstellungen 1963 liefen unter der Bezeichnung "taschen-recorder 3300".

Also, wenn man es genau nimmt, dürfte man anno 1963 ff. bespielte Kassetten nicht "Compact-Cassette" nennen. Zumal sie auch nicht die erste Zweiloch-Kassette war: von den bekannteren Ausführungen wären hier in erster Linie die RCA-Cartridge und, hört hört, die Protona-Minifon-Bandkassette (6,3 mm Bandbreite) aus Hannover zu nennen, deren Bandführungsprinzip - Bandführungen gehören ins Gerät, nicht in die Kassette - um einiges ambitionierter war als das der CC mit ihrer spritzguß-abhängigen Azimut-Präzision.

F.E.
ZEITSCHICHTEN, barrierefreier Zugriff im "GFGF-Buchladen", URL https://www.gfgf.org/de/b%C3%BCcher-und-schriften.html (ca. 240 MB)
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#3
Hallo,

Danke für den aufschlußreichen Bericht.
Welche waren denn die ersten kommerziell bespielten MusiCassetten aus dem Hause Philips/Phonogram/Polygram/Deutsche Grammophon?

Viele Grüße
Sebastian
Ob analog oder digital, es rauscht überall. ~:-9~

Pioneer D-05 | Grundig DAT-9000 | Philips DCC 951 | Philips DCC 600 | AIWA HD-S 200 | Roland EDIROL R-09 HR
Grundig CT-905 | Blaupunkt RC-1950 (Yamaha K-640) | Philips FC-870 | Philips FC-880 | Philips FC-950 | marantz SD-62 | Technics RS-BX701 | Harman Kardon TD 4500 | Grundig M100 CF
marantz CP-430 | Sony TCD-05 Pro
Telefunken DA 1000 | Telefunken HA 880 | Philips DFA 888 | Philips FA 950 | Grundig FineArts V11 & CF4 am PC
Telefunken IR-310
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#4
Die erste Erwähnung eines "Kassetten-Tonbandgerät(s) mit bespielten Bändern" finde ich in der FUNKSCHAU 1965, Heft 6, Seite 134, und zwar geht es um den Cassetten-Recorder 3301, dessen Frequenzgang auf 100 Hz bis 7000 Hz (kein Schreibfehler!) erweitert wurde. Weiter heißt es:

"Die erste Serie der Musik-Kassetten umfaßt 24 Stück, die mit Musik aus dem Repertoire der Philips-Ton-Gesell- schaft bespielt sind und von ihr vertrieben werden. Später wird auch Musik aus dem Repertoire anderer Schallplattenfirmen hinzukommen. Die Urheberrechte sind mit Entrichten des Kaufpreises von 24 DM für eine Kassette abgegolten, die Laufzeit entspricht der einer beidseitig abgespielten Langspielplatte."

Inhaltlich gleichlautend http://de.wikipedia.org/wiki/Musikindustrie: "Die Markteinführung der MusiCassette (MC) durch Philips begann 1965."

In Heft 10 / 1965, Seite 250, berichtet die FUNKSCHAU von einer Philips-Pressekonferenz ("Die Philips-Tonband-Cassette wird von weiteren Firmen übernommen"):

Musik-Kassetten der folgenden Marken werden angeboten bzw. sind in Vorbereitung: Audio Fidelity, Brunswick, Coral, Decca, Deutsche Grammophon, Fontana, Mercury, Metronome, Philips, Polydor und Verve. Zur Zeit sind in Deutschland 50 Titel lieferbar, mindestens 30 weitere folgen bis Jahresende. ... ab Frühjahr 1966 ... werden ... von den batteriebetriebenen Recordern 750.000 ... 1.000.000 Stück verkauft sein.


F.E.

(Total- und Teil-Edit nach Archiv-Suche ...)
ZEITSCHICHTEN, barrierefreier Zugriff im "GFGF-Buchladen", URL https://www.gfgf.org/de/b%C3%BCcher-und-schriften.html (ca. 240 MB)
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#5
Laut Bericht des Westfalen-Blattes zur Produktions-Einstellung von Compact Cassetten bei arvato (Bertelsmann) ging im Sommer 1969 die erste bespielte MusiCassette bei der damaligen sonopress in Gütersloh vom Band.

http://www.westfalen-blatt.de/index.php?...73f7f399d7

Viele Grüße
Sebastian
Ob analog oder digital, es rauscht überall. ~:-9~

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#6
Friedrich Engel,'index.php?page=Thread&postID=157678#post157678 schrieb:Die Urheberrechte sind mit Entrichten des Kaufpreises von 24 DM für eine Kassette abgegolten, die Laufzeit entspricht der einer beidseitig abgespielten Langspielplatte."
Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: 24 DM für eine halbe Stunde Musik in (damals) sehr bescheidener Mono-Qualität.
Was für ein Wahnsinns-Geld im Jahre 1965. Obwohl - eine LP war mit knappen 20 D-Mark auch kein Sonderangebot.

Gruß
Thomas
Manche Tonträger werden mit jedem Ton träger.
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