Gedanken an Jens und die Akai
#1
[Bild: Akai%20von%20Jens.JPG]
Hallo Leutchen,

womit beginne ich am besten???

1)
Ok...vielleicht wisst Ihr ja noch, dass ich die Akai GX630DB von unserem lieben, leider viel zu früh verstorbenen Jens (Esla) gekauft habe.

Habe mich danach –zigmal gefragt, warum ich das tat, brauchte das Geld doch eigentlich für Mopedreparatur oder eine Bahnfahrt oder auch für eine neue Brille.
Und eine GX630DB hatte ich schließlich auch schon, allerdings nicht gut eingestellt, justiert, eingemessen....weiß der Geier.

Die Antwort ist, dass ich Jens von seinen Beiträgen her sehr mochte, er hatte mich sogar mal in Schutz genommen, als es mir nicht so gut ging.
Er schrieb im Forum so fundiert, besonnen, intelligent und war für mich als Anfänger ein Vorbild, „wie man hier sein sollte“.
Fairer als er konnte sich keiner verhalten....und meine Güte:
Was hat der für eine Geduld mit Anfängern gehabt !

Ich dachte für mich:
Der wusste, wie ich Bandmaschinen mag...der wäre damit einverstanden...der könnte verstehen, dass mir was an einer Maschine liegt, die aus fachkundigen Händen käme...
Wäre er einverstanden???
Was, wenn nicht?

Ich dachte an sein Angebot, mit den Jungs zu skypen.
Hätte ich das tun sollen? Ich habe doch gar nicht soviel Fachliches zu sagen und eh schon viele Kopfschmerzen vom Computer.

Nein...er würde es schon akzeptieren...obwohl...verschenkt hätte er sie vielleicht im letzten Moment an jemand anderes...logisch, wir kannten uns zu wenig....

Ich wollte nicht, dass sie nach ebay geht.
Und dann hätte sie vielleicht jemand ersteigert, der Jens gar nicht kannte.

Ich hatte richtig lange gewartet, eh ich bei Andre anfragte, ob sie noch zu haben wär.
Muß man auch bei Sowas eine „Trauerzeit“ einhalten, würde es sonst geschmacklos rüberkommen?

Mich ärgerte richtig, dass der Thread mit dem Verkauf seiner Geräte so blöd lief.
Eigentlich wollte ich somit auch ein Zeichen setzen: Einer macht von dem Angebot Gebrauch, die Akai bleibt sozusagen „im Club“, „in der Familie(?)“.
Ich stellte mir vor, viele von uns würden etwas brauchen oder kaufen, und wir unterstützen damit ein wenig die Familie.

Wie es dann gelaufen ist, ist ja bekannt, und es ist mittlerweile Vergangenheit.



2)
Schmerztabletten-Andre hat sich verhalten, wie der vorbildliche Vorzeige-Ebayer, wie wir uns ihn alle wünschen.
Rucki-Zucki stand also die Kiste hier auf der Matte.
Verpackt vom Profi, die hätte aus dem Auto fallen können, da wäre nichts abgebrochen.
Gelernt ist eben gelernt!
Stolz dachte ich:
Da siehste gleich den Unterschied: Forianer – Normalmensch.
„Wir“ wissen eben, wie man es richtig macht!

Der Platz im Wohnzimmer war schon seit der Zusage freigeräumt, ich war heiß darauf, sie anzuschließen...auszuprobieren.
Wie würde sie sich anhören?
Wie würde sie aufnehmen?
Potis können nicht knarzen...sie ist ja von Jens...hihi!

Und dann:

Gar nichts!

Sie stand ohne Test, ohne Musik auf dem Schrank...irgendwie wollte ich überhaupt nicht mehr wissen, wie es ist, sie einzuschalten.Nicht mal den Stecker steckte ich in die „Dose“.

Kann einer so was Blödes verstehen???

Ich konnte es mir selber nicht erklären.
Tag um Tag verging, und ich wollte sie nicht anrühren.
Ständig hatte ich das Bild von Jens vor Augen, was er in seinem Avatar hatte.

„Das ist doch nicht so, als wenn Du eine x-beliebige Kiste bei Ebay geschossen hast!“
schien er zu sagen.

Nun stand sie da, ich machte mir Vorwürfe. Ich konnte nicht mal Andre schreiben, ob und wie sie lief, ich benutzte sie ja nicht!
Andre fragte bei mir an, dachte, es sei was nicht in Ordnung.
Warum soll denn bitte was nicht in Ordnung sein,
sie ist doch schließlich von Jens!
Also.



3)
Dann:
Coleman Hawkins im Radio!
„Body & Soul“ , „It`s The Talk Of The Town”

Die Aufnahmen machte ich wie immer mit der M15A von meinem allerbesten Bandmaschinenfreund hier aus dem Forum.
Doch dann war mit einem Schlag alles klar:

Diese Musik war gemacht für die Akai vom Jens!

Schnell eine Verbindung zum Verstärker, Akai eingeschaltet....alles war selbstverständlich!
Die großen Anzeigeinstrumente leuchteten in warmem Licht, die Maschine lief und es war eine wunderbare Musik!
Coleman Hawkins auf der Akai!
Klasse!
.
Ein einziges LPR 35 hatte selbst ich noch da, und nun begriff ich wieder mal, welch hohe Kunst Euer „Einmessen“ doch ist. Besser geht`s nicht!
Vorband gleich Hinterband, die Regler gehen alle sehr fein, nichts klappert, nichts klemmt, es ist eine große Freude.

Und in diesem Augenblick, als Coleman Hawkins lief und etwas später Miles Davis und ich ständig diese wunderbar großen akai-typischen VU-Meter beobachtete und mich förmlich von ihnen gefangen fühlte,
wurde mir sehr bewusst, dass irgendwann auch meine Maschinen verkauft, verschenkt oder entsorgt würden.
Dieser Gedanke macht mich traurig.
Wir denken immer, wir müssen die Maschinen vorm Aussterben bewahren.....die werden wahrscheinlich noch existieren, wenn es uns mal nicht mehr gibt!

Egal...weg mit den schweren Gedanken.

Soll die Akai meinetwegen daran erinnern, dass es irgendwann vorbei sein wird. Das macht sie nämlich täglich, ob ich es will oder nicht, vielleicht gibt sich das ja mit der Zeit....
Daß ich aber auch mein Leben sinnvoll nutzen will, dass es Spaß machen kann, und daß das Tonbandeln eine fröhliche Sache ist!
Eine quietschfröhliche Sache.
Und eine Sache, die Leute zusammenbringt, weil sie die gleichen Interessen haben.
Eine Bereicherung für mich auf jeden Fall.
Und es ist eine Sache, die auch Jens soviel Spaß gemacht hat.
Deswegen hat er mit seinem Werkzeug an den Schrauben gedreht, hat selbst erst diese „hohe Wiedergabequalität“ ermöglicht.
Er hat sie geputzt und mit Sicherheit geliebt, seine Lebenszeit reingesteckt.

Und ich werde sie gut behandeln, das ist mal sehr sicher.
Und wenn ich damit Musik höre, bin ich wirklich sehr dankbar...

„DANKE LIEBER JENS“

sagt

Ralf
10. 11. 2012
[Bild: F%FCr%20Jens.JPG]
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#2
Ja man kann nichts mitnehmen in die ewigen Jagdgründe, eine alte Weisheit. Deshalb sollte man ab einem gewissen Alter die Sammlung verkleinern anstatt zu vergrößern. Um das Andenken zu wahren fällt mir was ein: man könnte eine kleine Kapsel in das Gerät tun mit einem Foto von Jens und etwas Text dazu.
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#3
Hallo Ralf,

eine wirklich sehr schöne Geschichte. Mittlerweile kann ich voll Stolz sagen, das 4 Forinaner absolut toll gehandelt haben und ein bisschen der Jens bei uns bleibt. Ich hoffe, das der Peter auch so eine schöne Geschichte schreiben tut, obwohl die SABA in einem nicht ganz so tollen Zustand war wie die GX630. Wer über die Grundig TS925 und Philips N4416 schreibt, steht in den Sternen.
Vielen Dank lieber Ralf, dass Du es geschafft hast eine rührende Geschichte zur GX zu schreiben.

Liebe Grüsse Andre
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#4
Lieber RalfB ,

dein Bericht ist deshalb so schön , weil Du sehr tief in Dein Innerstes blicken läßt.

Das ist gerade heutzutage sehr , sehr selten geworden.

Wenn man zwischen Deinen Zeilen liest , offenbart sich hier
ein überaus liebenswerter Mensch , mit viel Gespür und Gefühl für den " anderen ".

Ich freue mich schon auf eines unserer weiteren Telefonate !

Bis dahin
Wolfgang
Revox A76 , A78 , B285 , B739 , B750 , B760 , B790 , C36 , C115 , C221 , D88 , E36 , G36 MKI , Lautsprecher Agora B , STUDER A 68 , A 81R , A 721 , 1 x A 730 , 1 x A 62 ( 9,5 / 19,0 cm/ sec ) , 1 x B 62 , ..... C37.... meine absolute Lieblingsmaschine ..... Telefunken 1 x M 5 A mono ...... 2 x M 5 B stereo ..... Grundig TK- 6 L .. TK - 42  ...2 mal TK 46...Telefunken Musikus 504 V ........ S.A.B.A. M.E.E.R.S.B.U.R.G --- S.T.E.R.E.O. - G .

Plattenspieler E M T 9 4 8
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#5
Zitat:Wenn man zwischen Deinen Zeilen liest , offenbart sich hier
ein überaus liebenswerter Mensch , mit viel Gespür und Gefühl für den " anderen ".

Das kann ich nur voll und ganz bestätigen :winker:.

Ein sehr schöner Bericht, lieber Ralf.

Lieben Gruß von
Peter
Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.
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#6
Hallo Ralf,
ich bedanke mich für dein Posting :winker:
Ein Posting, daß sehr zum Nachdenken anregt = Daumen hoch!
lG Walter

SUCHE:

Kofferradio LOEWE Opta LORD 92 368, 92 369 (Vorgänger vom T70)
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#7
Smile Ich bin nicht oft im Forum hier, und habe deshalb den Gesprächsfaden erst jetzt gelesen. Ich weiß auch nicht, um was es sich in der Vergangenheit handelte, jedoch beim lesen... Huh
Deshalb möchte ich eigentlich mit der Signatur von Peter antworten:
Zitat: Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.
Mit nachdenklichen Gruß
Rolf
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#8
Manchmal fehlen einem aber auch schlicht die Worte. Beim Lesen von Ralfs Geschichte musste ich auch erst mal ein paar Mal schlucken beim Nachdenken.

Schade nur, dass man bei den meisten Menschen erst nach deren Tod feststellt, wie sehr sie fehlen. Man vergisst nur allzu leicht, und das ganz besonders im Familienkreis, den Menschen die ihnen gebührende Wertschätzung zu zeigen und ihnen die Nähe zu geben, die sie brauchen. Es ist gewiss nicht immer leicht, weil jeder auch seine Ecken und Kanten hat, man nennt es auch Charakter. Aber es wäre eine herrlich großzügige Geste, darüber hinwegzusehen, und nicht gleich wegen jeder "Kleinigkeit" zu fauchen. Und, wenn mal deutlichere Worte gesprochen werden müssen, sollte man erst mal innehalten und darüber nachdenken, statt dumm zu tun.

Ich wünsche uns allen eine tolle Zeit nicht nur hier im Forum, und haltet nicht mir eurem Fachwissen hinterm Berg! Das wäre bestimmt auch im Sinne von Jens.

Gruß
Jochen
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#9
Hallo,

mich hat Ralf´s Beitrag am Montag komplett von der Rolle
genommen. Ich war im vergangenen Jahr recht lange aus dem Rennen und
hatte selber einige Schicksalschläge zu verdauen, so daß mir das Fehlen
von Jens erst bei meinen Postings im Januar aufgefallen ist. Aber
irgendwie habe ich immer gedacht: "Laß mal, wer weis was ist und
irgendwann rufst Du ihn einfach mal an...". Es ist schon echt zum ko...
das es gefühlt immer die Falschen erwischt und das ich immer denke,
nicht rechtzeitig zum Hörer, Stift oder Headset gegriffen zu haben.
Schade auch das der Verkauf von Jens´ Geräten so an mir vorbeigegangen
ist, eines hätte sicher einen Ehrenplatz in meinem Zimmer bekommen. Aber
auch so werde ich Jens und seine unkomplizierte Art nicht vergessen.

der tommy.
Was ich suche: Teile oder ganze Maschinen von Akai: GX-260, 265, 266, 267 und GX-77.
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#10
Hallo Tommy,

tut mir leid, daß Du es so erfahren mußtest und daß es Dich unvorbereitet getroffen hat Sad


Ich wollte mit dem Thread eine "Gedenkminute" anregen zeigen, daß wir auch ein kleines bißchen auf unsere Freunde hier aufpassen sollten.
Manchem geht es vielleicht gar nicht so gut und man kriegt nichts mit....
Damit will ich es bewenden lassen.


Gruß von Ralf
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#11
Seine Werkstatt hat bei mir einen Ehrenplatz bekommen.
Sergey, bau mal die Katze aus dem Fernseher, die fängt langsam an zu stinken!
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#12
Wenn Ihr wüsstet, wie mich die ganze Geschichte immer noch auf Trab hält, glaubt Ihr eh nicht. Mittlerweile sind fast alle Geräte weg aber so ein Ladenhüter blieb noch, der so unheimliches trieb. Die Akai GX630DB und so einige andere waren keine solchen Trotzmaschinen wie die Grundig TS925. Ich weiss mit 100%iger Sicherheit, das die Maschine gut lief und Jens viel Arbeit investiert hat. Kaum bei mir zu Hause fing die Maschine an, all Ihre Unarten an den Tag zu legen. Immer hatte ich das Gefühl, Jens sagt zu mir: "Siehste Andre hab ick Dir doch jesacht, det die Kiste een loofen hat." Aber bei Jens lief sie ja dann. Bei jedem Handgriff, hatte ich das Gefühl er steht hinter mir und leitet die Hände und Gedanken. Das war alles sehr eigenartig, zumal immer wieder ein neuer Fehler kam. Den Abschuss lieferte der Capstanmotor. In allen 3 TS925 sind von einer Fachwerkstatt überholte und ultraschallgereinigte Motoren eingebaut worden. Welche machte Zicken? Die von Jens.
Meine und eine andere liefen die gleiche Zeit und ohne das typische Gequietsche. Also wieder auf die Kiste, kaum offen: Quietschen weg.
Aber ich kann Euch nun sagen, jetzt läuft sie einwandfrei und ich glaube, wenn Ihr mich auch für bescheuert erklärt, da war was. Ich hab oft mit Jens repariert und hab diese Stimme immer noch im Ohr, wie er mich durch Schaltpläne jagte oder mir erzählte wie er die Frontplatte der Grundig TS925 zu lange gebadet hat, so dass sie weiss war.

Ich find es ganz toll wie eben so einige Forianer für Jens gehandelt haben und wieviele heute noch einen Gedanken an Ihn hegen.

Gruss Andre
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#13
Hallo Ralf,

eben erst habe ich Deine Geschichte gelesen. Sehr schön und berührend geschrieben. Mehr Worte dazu wären weniger, was mich betrifft.

Gruß, Anselm

Edit: Etwas hat sich erledigt.
Früher war mehr UHER. Cool Meine UHER-Erinnerungen
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