Ein langer Aufbruch in ein schnelles Ende: Stereotronic
#1
Niels hat mich aufgefordert mal wieder etwas vorzustellen. Mehrfach. Ich tue ja, was mir gesagt wird. Manchmal.

Doch was nimmt man? Zu lang darf die Vorstellung nicht werden, sonst liest es wieder keiner. Noch lebende Personen oder Firmen darf sie nicht thematisieren, weil ich hier ja nicht editieren darf. Boxen waren das letzte mal dran, davor Tonbandgeräte …

Kennt Ihr „Stereotronic“?

Als ich vor einigen Jahren plante, was ich erwerben dürfe und was nicht - schließlich will ich mir die Bude nicht all zu voll stellen - stieß ich auf der Suche nach dem, was den Füllstand sicherstellen könnte, in einem alten HIFI-JAHRBUCH [1] auf die Marke „Stereotronic".

Diese Marke kann für sich in Anspruch nehmen, eine der Wenigen zu sein, die das Produkt, das sie eigentlich hatte verkaufen wollen, für dessen Verkauf sie gegründet worden war, nie auf den Markt gebracht hat. Denke ich mal.

Wer also war „Stereotronic“ und warum?

   

Aus den USA kennen wir eine Menge „Garagen-Geschichten": Ein Fan kann sich die Marken-Anlage nicht leisten, findet sie vielleicht sogar unzureichend, kommt auf die Idee, sich seine HiFi-Anlage selber zu basteln, benutzt dafür Papas Werkbank. Freunde entdecken das Ergebnis, wollen auch so ein Gerät. Bald darf das Familien-Auto nicht mehr in die elterliche Garage, bis der Platz für die vielen Angestellten nicht mehr ausreicht, und der Unternehmer in ein Fabrik-Gebäude umziehen muss. Zu diesem Zeitpunkt ist der weltweite Erfolg sicher und tönt der Ruf des HiFi-Helden wie ein Donnerhall.
Wer über Stereotronic recherchiert, der gewinnt bald den Eindruck, mit dieser Marke muss es genau so gewesen sein. Und hier und da wurde das von Schreibern in Foren auch genau so kolportiert: Ein Paar Studenten, die sich ihre Stereo-Anlage zusammen gebastelt haben, so etwas wie ein Geheim-Tipp wurden ... Doch dann wurde ihre Firma von einem bösen Konzern übernommen, der nichts besseres zu tun gehabt hatte, sie einzustampfen. Kein Donnerhall.
Oder, die Firma hat es gar nicht gegeben. Schließlich findet man in alten Magazinen und in den üblichen Quellen so gut wie nichts über Stereotronic. In den umfangreichen Listen von Wumpus Welt der Radios ist Stereotronic ebenso wenig zu finden wie im Tuner Information Center.
Und wird die Marke einmal irgendwo erwähnt, dann oft nur der Name und kein Produkt: Die erste Werbung für Stereotronic findet sich wohl in der Oktober-Ausgabe 1965 der HIFI-STEREOPHONIE. Der Dipl. Ing. Gert Redlich schreibt in seiner Inhalts-Übersicht für das Magazin: „... Stereotronic aus Pforzheim bewirbt ganzseitig den neuen Stereo-Klang“ [2], um für die Juni-Ausgabe 1966 hinzu zu fügen, „... und wieder wird kein Produkt benannt.“ [2] Für die September-Ausgabe kommentiert er, „... aber wir wissen immer noch nicht, was die wirklich verkaufen wollen und bei wem man das sehen kann – unglücklich.“ [2]

Ein Phantom? Eine Fatamorgana?


Da sitze ich vor einem hochkant auf die Seite gestellten Verstärker und schaue dorthin, wo vor ein paar Minuten noch die Bodenplatte gewesen war. Naja, eher gewissermaßen da durch, wo vor ein paar Minuten die Bodenplatte gewesen war, auf das darunter. Jetzt nicht mehr darunter, sondern frei liegend und nicht nur auf den ersten Blick etwas verwirrend.

   

Die meisten Bauelemente erkenne ich. Kondensatoren. Widerstände. Kabel. Nur die Anordnung, gewissermaßen frei durch den ursprünglich leeren Raum zwischen den flachen Seitenwänden des Gehäuses gespannt, scheint mir eher ungewohnt. Denn nur selten öffne ich alte Sony Bandmaschinen. Und dies ist keine Sony-Bandmaschine.

   

Nach ein paar Minuten „Blick“, dem ersten folgte ein zweiter, ein dritter und so weiter, scheint sich das Wirrwarr etwas zu entwirren, sogar zu strukturieren. Denn die Elemente sind tatsächlich nicht frei gespannt, jedenfalls nicht frei durch den leeren Raum. An die Unterseite der oberen Gehäuseplatte sind Elemente geschraubt, so Röhrensockel oder Halterungen, an denen Lötstellen sitzen, auf die die eben schon genannten Bauelemente direkt aufgelötet sind. Sie spannen sich also nicht als schwebendes Gittergeflecht durch den leeren Raum, sondern vielmehr mehr oder minder sternförmig von einem Röhrensockel usw. zum nächsten Röhrensockel usw. Und tatsächlich ließe sich der Widerstand als Widerstand, der Kondensator als Kondensator identifizieren, sogar anhand dem Ausgangspunkt am Sockel 1-2-3 an der zugehörigen Schaltung identifizieren; wenn denn dort der „Sockel 1-2-3“ eingetragen und identifizierbar sein sollte. Wenn auch – zumindest optisch – nur mit Mühe, weil alte Kondensatoren eine oft nur schwer lesbare Bezeichnung haben und weil die flinken Finger der Erbauer, eher Erlöter, das Netz der Bauelemente mindestens in zwei übereinander gelegenen Ebenen geflochten haben; meist ohne Isolierung an den blanken Litzen. Sonst wäre es ja keine blanken Litzen. So, in Ebenen, sind sie auf dem Schaltplan auch nicht gezeichnet.
Wenn ich mir jetzt überlege, daran etwas reparieren zu sollen …

   

Während mir die Unterseite des Verstärkers nach ein paar Minuten „Blick“ doch fast schon das Versprechen anzudeuten scheint, ich könne in der Lage sein, das Geflecht zu durchschauen, gar zu beherrschen, es verstehen, sieht das bei den hinter die Frontseite des Gerätes gesetzten Teilen noch anders aus. Es fehlt die Möglichkeit zum „Blick“!
Wo die Front von vorn noch recht aufgeräumt aussieht, erstrecken sich hinter den Dreh-Reglern und -Schaltern eben solche Sterne von Bauelementen und Kabeln, die aber eben weniger frei zugänglich, sichtbar, dafür teils hinter der Bodenplatte des Gerätes eben nur nicht ganz verborgen sind. Und die an den Lötlippen der Regler und Schalter befestigten Widerstände usw. sind mit ihrer jeweils anderen Seite direkt und unmittelbar an irgendeiner Halterung an der Unterseite der Basisplatte des Verstärkers angelötet.
Frontplatte abschrauben, abklappen und an deren Rückseite löten ist hier nicht möglich. Vielmehr wäre hier das eine oder andere … Dutzend … Beinchen abzulöten und dann „abklappen“ und hoffen, dass man nichts abzulöten vergessen hat. Das dann bricht. Oder reißt.

Immerhin. Die erste Erkenntnis: Ich habe einen Röhrenverstärker! Und zwar einen ohne Platinen.
Irgendein „HiFi“-Logo steht nicht drauf. Und „HiFitronic“ heißt er auch nicht.


Der Begriff High Fidelity war in den Zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts in den USA entstanden. Ich habe darüber einmal umfangreich recherchiert und geschrieben, enthalte euch das Ergebnis aber vor.
Tatsache ist, schon Anfang der Dreißiger Jahre wurde die Verwendung des Begriffs von der US-Amerikanischen Fachpresse als sinnentleerte Floskel abgetan und die Telefunken befand den 1934 verabschiedeten HiFi-Standard der Radio Manufacturers Association (RMA) schon 1935 als „überflüssig“ [3], seine Definition sei veraltet.
Trotzdem blieb der Standard in den USA bis zum Jahre 1958 relevant, bis sich vor allem neue Firmen zu einem Verband, dem Institute of Hi-Fi Manufacturers (IHFM), zusammen gefunden hatten, der einen neuen Standard verabschiedet und begonnen hatte, eine Idee von „High Fidelity“ zu vermarkten, sie sogar ein halbes Jahr lang, ab dem 17.04.1958, auf einem Stand auf der Weltausstellung in Brüssel präsentiert hatte.

Die hiesigen Radio-Hersteller hatten den Begriff bereits in den fünfziger Jahren eingeführt, sich dabei natürlich an die alte Verwendung gehalten gehabt, hatten „Hi-Fi“ weniger als Ausdruck besonderer Qualität benutzt, eher als so eine Art Ausstattungsmerkmal: „Hi-Fi“ stand für eine besondere Lautsprecher-Ausstattung oder für das Vorhandensein oder die Möglichkeit der Abschaltung der Loudness. Solche Geräte waren nicht zuletzt für den Export gedacht und in Übersee auch erfolgreich gewesen. Der Erfolg kam aber nicht von der „HiFi“ -Taste am Blaupunkt-Radio, sondern durch die allgemein gute Qualität solcher Geräte, die das übliche Qualitätsniveau der amerikanischen Radio-Sets genauso übertraf wie den HiFi-Standard der RMA.
Aber es war den Radio-Herstellern halt nicht um den „richtigen“ Klang, sondern – vor allem im eigentlich „Mittelwellen-Land“ USA - um den angenehmen Klang gegangen. Das Ziel war es gewesen, aus den Vorgaben, die sich aus der Verkaufbarkeit (Preis, Größe, Design) ergaben, ein Optimum heraus zu holen. Selbst den zahlungskräftigen Kunden befriedigte man lieber mit mehr Exklusivität, denn mit „High Fidelity“. Zumal niemand so genau wusste, was das eigentlich war oder sein sollte. Denn was High Fidelity tatsächlich sein sollte, das verschwieg auch das IHFM.

Ein paar Wackere, weit östlich eines kleinen gallischen Dorfes, machten sich nach 1962 trotzdem daran, eine eigene Definition dessen zu finden, was „High Fidelity“ in Deutschland sein könnte oder sein sollte; 1965 wurde des Ergebnis im Entwurf vorgestellt.
Was auch immer man von dem resultierenden Standard des dhfi halten mag und ob man ihn für die Entwicklung des HiFi-Marktes in der Bundesrepublik für ausschlaggebend hält, oder nicht: mit dem Nahen des Standards brachten plötzlich Hersteller „HiFi-Komponenten“ auf den Markt, die dies vorher nicht getan hatten, präsentierten ihre Geräte teils schon auf der Funkausstellung in Stuttgart (27.08.-05.09.1965). Als Marketing-Instrument war der Standard Gold wert gewesen. Zumindest Göldchen.

Und mein Stereotronic Verstärker? Das „HiFi“-Logo des dhfi trägt er nicht. Er trägt überhaupt keinen Hinweis auf „High Fidelity“. Genauer gesagt trägt er Hinweise auf gar nichts.

Wenn ich mir die Anleitung für den Stereotronic Steuerwagen Model 27 durchblättere, in der auch der Verstärker beschrieben ist, dann stoße ich exakt einmal auf den Begriff „HiFi“: In den Hinweisen zur Bedienung wird auch die Vorbereitung für die Inbetriebnahme des Plattenspielers beschrieben: ein „HiFi-Plattenspieler“ [4]. Von Dual. Den stelle ich hier nicht vor. Könnte ich zwar. Tue ich aber nicht.

High Fidelity? In meiner Kindheit und Jugend, in den siebziger Jahren, hatte ich oft und gerne vor der alten Musiktruhe meiner Eltern gesessen und fasziniert der Stereo-Demonstrations-Schallplatte gelauscht.
"Stereo“ war interessant; da passierte etwas: ein Pieps links, ein Pieps rechts ... Mit dem Begriff „Hi-Fi“ hätte ich wahrscheinlich nichts anfangen können. Und das dürfte tatsächlich dem Gros der Bevölkerung so gegangen sein.

Mitte der Sechziger Jahre hatte in der Bundesrepublik noch keinesfalls eine flächendeckende Versorgung mit auch nur Stereo-Rundfunk, mit Stereo-Schallplatten oder mit Stereo-Tonbändern bestanden. Erst 1966 hatte der Bayrische Rundfunk, als letzter Sender in Westdeutschland, stereophone Sendungen ins Programm genommen und waren in der alten Bundesrepublik bis 1965 überhaupt erst um eine Million Stereo-Empfänger verkauft gewesen. Und „in“ waren, vor allem bei der Jugend, tragbare Radios und Tonbandgeräte, und die waren fast durchgängig monofon gewesen.
Mensch hatte bislang monophon gehört. Oder Mensch hörte Musik in der richtigen Welt. Raumklang inbegriffen.

War der Markt in der zweiten Hälfte der Sechziger Jahre denn „reif"? Ja! Für Farb-Fernsehen.
Welcher Händler heute sagt, „natürlich habe ich HiFi verkauft", der hat in einem HiFi-Fachgeschäft gearbeitet. Mein Radio-Fernseh-Händler um die Ecke hat Fernseh-Geräte verkauft. Und es hat in der Bundesrepublik der Mitte Sechziger Jahre weit mehr Fernseh-Fachhändler, als „was auch immer"-Händler mit HiFi-Geräten in der Ausstellung gegeben. In Stück, in Quadratmeter-Präsentationsfläche und in Kilogramm-Ware.

Noch 1965 setzte DER SPIEGEL „HiFi“ quasi mit „Stereo“ gleich: „… Trotz hoher Kosten wählen von Jahr zu Jahr mehr Deutsche das räumliche Hören - vom Fachmann Stereophonie genannt als neuen guten Ton des 20. Jahrhunderts. Klirr und Brumm herkömmlicher Wiedergabetechnik weichen stereophonem Ohrenschmaus - ein Übergang, den Deutschlands Funk- und Phonofirmen auf ihrer Funkausstellung 1965 als „Sprung aus der Einöde der schlichten Allerweltswiedergabe in die paradiesische Landschaft des herrlich profilierten Wohlklangs“ bezeichneten. ...“ [5]

Ein Hinweis auf „Stereo“ war ein Ausdruck von Modernität gewesen. Ein Hinweis auf „HiFi“ erzeugte nicht nur in diesen Zeiten eher die Frage „was ist das?"
Ich habe jedenfalls noch in den späteren Siebzigern beigebracht bekommen: HiFi ist „20 bis 20.000 Herz“ und, dass man das zu einem erheblichen Teil sowieso nicht hört.

Vielleicht ist eben das der Grund, warum Mitte der Sechziger Jahre eine neue Marke entstand und den Namen „Stereotronic“ bekommen hatte, und nicht „Hifitronic".
Stapelbüttel von einem ganzen Haufen Quatsch
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#2
Röhrenverstärker machen mir Mut. Nicht, dass ich sie reparieren wollte oder könnte. Aber der übersichtliche Aufbau, den Röhrenverstärker in der Regel von zumindest oben zur Schau tragen, erwecken in mir den Eindruck, ich könne sie reparieren, zumindest verstehen. Ist ja nicht viel dran. Und sie machen „Licht“ und Glühlampen konnte ich schon als Kind wechseln.
Nur unten drunter darf man halt nicht kucken.

   

Drei schwarze Kisten mit Knubbeln deuten an, es handelt sich um einen Stereo-Verstärker. Ich sach‘ ja, das kann ich verstehen.
Der Trafo ist unbezeichnet. Die Teilenummer 651-123 [6] finde ich nicht eben aussagekräftig. Ebenso wenig die der beiden Ausgangs-Übertrager, 653-243 [6]. Immerhin ist hier eine andere Nummer aufgestempelt: AT6133.

Auf den Röhren steht nicht Stereotronic, nicht Telefunken, Valvo oder Lorenz. Toshiba und manchmal auch Hitachi sind die Hersteller. Was? Und auch „EF-irgendwas“ finde ich nirgendwo aufgestempelt. Stattdessen sind die Glühkörper mit „7189A“, „6AN8“ und „12AX7“ bezeichnet. Wie? Amerikanische Typen aus Japan?

   

Die 7189A ist eine Pentode, sei eine „aufgewertete“ 6BQ5. Eine was?
Maximal 12 Watt Verlustleistung bei 300 Volt DC Anodenspannung, nennt Tubeworld für die amerikanische EL84-Version 6BQ5, deren „aufgewertete“ A-Fassung ihre Leistung bei 440 Volt spielt (6,3 Vh, 0,76 Ih, 440 VaMax, 400 Vg2Max, 13,2 PaMax, 2,2 Pg2Max) [7].
Das wird auch gebraucht, denn der Verstärker arbeitet mit bis zu 460 Volt. Eine EL84 lebt da nicht lange. Zudem sind in der A-Version die Pins 1 und 6 beschaltet. Pin 1 ist mit Pin 2 und Pin 6 mit Pin 9 verbunden.
Sylvania (General Electric) schreibt zur Verwendung auf dem Datenblatt zum Typ 7189: „The Types 7189 and 7189A are beam power pentode audio amplifiers designed for service in the output stage of high quality audio amplifiers or other equipmet requiring high power output at relative low distortion. Type 7189A differs from Type 7189 in having a higher Grid No. 2 voltage rating and in specifying the internal connections to Pin No. 1 and No. 6.“ [8]
Russische Militär-Röhren werden zum Beispiel bei audiokaram.org als Ersatz empfohlen. Das jedoch mit dem Hinweis verbunden, die nur beim qualifizierten Händler zu kaufen, denn unter dem selben Namen scheinen sich Röhren mit sehr unterschiedlichen Eckwerten im Angebot zu befinden.

Die 6AN8 [9] ist eine Triode-Pentode. Sylvania schreibt dazu, der „medium-mu“ Trioden-Teil könne als „low-frequency oscillator, sync-clipper, sync-seperator or phase-splitter“ verwendet werden. Der „sharp-cutoff“ Pentoden-Teil wäre als „reactance tube, IF, Video or AGC amplifier“ einsetzbar. [10]
Einen wirklichen Ersatz-Typ gibt es nicht. In einschlägigen Foren wird eine ECF812 empfohlen, die aber nur ähnlich ist und auch nicht an jeder Straßenecke liegt. Ein Umbau auf eine Hybrid-Schaltung mit EC88 und EL95 wird bei Tube-Town vorgeschlagen, ebenso ein Umbau der Heizleistung und Verdrahtung für den Einsatz einer ECL86. Macht eher keinen Sinn.

Die Doppel-Triode 12AX7 ist die amerikanische Version der ECC83. Immerhin. Das scheint einfach.
General Electric schreibt, die „miniature high-mu twin triode“ verfüge über zwei separate Kathoden. Sie sei „espacially suited for use in resistance coupled voltage amplifiers, phase inverters, multivibrators, and numerous industrial-control circuits where high voltage gain is desired.“ [11]. Sie kann mit Heizspannungen von 6.3 und 12,6 Volt umgehen.

Sollten hier also ein paar Deutsche Garagen-Schrauber ein amerikanisches Radio ausgeschlachtet haben?
Vorn drauf gibt es auf meinem Verstärker jedenfalls keinen Hinweis auf die Konstruktion. „Stereotronic“ steht drauf. Mehr nicht. Und außerdem ist da noch ein ganz realer „Strahlenstern“ aufgedruckt.

   

"Der SEL-Strahlenstern bürgt für technischen Fortschritt, für Leistung und Erfahrung. Funk-Navigationsanlagen für Verkehrsflugzeuge tragen ihn ebenso, wie man ihn auf Fernsehsendern und in Fernsprechämtern der Bundespost findet. Überall dort, wo höchste Präzision verlangt wird, wo höchste Anforderungen gestellt werden, steht dieser Stern.
Der SEL-Strahlenstern verbindet Schaub-Lorenz mit SEL (Standard Elektrik Lorenz AG). SEL hat 37.000 Mitarbeiter. Dieses Unternehmen ist mit führend auf weiten Gebieten der Nachrichtentechnik: elektronische Bauelemente, moderne Datenverarbeitungsanlagen, Kabel und Leitungen, Fernsprechanlagen und Fernschreiber, Funktechnik - vom Großsender bis zu Kleinfunkanlagen - und vieles mehr.
SEL steht mit ihren weiten Erfahrungen in Entwicklung und Fertigungstechnik hinter jedem Schaub-Lorenz-Gerät. Der Schaub-Lorenz-Ingenieur, der Ihren Empfänger entwickelt hat, steht in engem Erfahrungsaustausch mit seinen Kollegen, der Rundfunk- und Fernsehsender zu entwickeln oder zu fertigen versteht.
Den SEL-Strahlenstern auf Ihrem Gerät können Sie als besonderes Gütezeichen werten.
“ [12]

Immerhin. Hinten auf meinem Verstärker ist eine Seriennummer aufgestempelt: „SEL1090“ auf dem einen, „SEL1357“ auf dem anderen Verstärker.

   

Also SEL?
Das Entstehen der SEL geht letztlich auf Monopol-Regelungen in den USA zurück. Die dortigen Aufsichtsbehörden beschäftigen sich nämlich regelmäßig mit den Konzernen, die so etwas wie eine marktbeherrschende Stellung erreicht haben. In den USA der Vorkriegszeit waren die Unternehmen, die sich mit Kommunikationselektronik beschäftigt hatten, des öfteren Ziel solcher Anti-Trust-Untersuchungen gewesen: Die Radio-Group ebenso wie Bell. Und zur Bell-Gruppe hatte die Western Electric gehört, die 1925, quasi in vorauseilendem Gehorsam, ihre internationalen Beteiligungen abgestoßen hatte, um eben nicht dem Risiko ausgesetzt zu sein, zerschlagen zu werden. Diese „International Western Electric“ angelte sich der bis dato eher unbedeutende Konkurrent der AT&T, die International Telephone & Telegraph aus Puerto Rico.

Die US-amerikanischen Rohstoffhändler und Investoren Sosthenes und Hernan Behn hatten um 1914, als Bezahlung für ihre Lieferungen, die Puerto Rico Telephone Company erhalten. Sie kauften die Cuban-American Telephone and Telegraph Company und eine Beteiligung an der Cuban Telephone Company zu und vereinigten sie schließlich unter dem Dach der 1920 gegründeten International Telephone & Telegraph Co., die bald auch in Nordamerika Fuß zu fassen versuchte.
Anstatt nachhaltig in dem durch Bell dominierten Telefonmarkt der USA tätig zu werden, kaufte Behn weltweit Beteiligungen an Telefon- und Elektronik-Unternehmen ein, erwarb schließlich in der zweiten Jahreshälfte 1925 auch die International Western Electric Co. Inc., zu der auch Firmen wie die japanische NEC oder die britische Standard Telephones & Cables, Ltd. gehört hatten, und die, nach der britischen Tochter, nun in „International Standard Electric Co.“ umbenannt wurde.
Mit Standard ging ITT dann auch nach Deutschland. In der Oktober-Ausgabe 1929 von ELECTRICAL COMMUNICATIONS, der Hauszeitung der International Western Electric und später der International Standard Electric, tauchte erstmals die Ferdinand Schuchhardt Berliner Fernsprech- und Telegraphenwerk AG unter den „Assiciated and Allied Companies“ [13] der International Standard Electric Corporation auf. Insgesamt siebzehn solcher Partner nannte die Liste in Europa, Australien, Süd-Amerika und Asien.

Während die ITT selber auch in den USA tätig gewesen war, hatte zum Vertrag mit der Bell-Gruppe die Zusage gehört, dass die Firmen der bis dato International Western Electric in den USA nicht als Konkurrenten von AT&T auftreten dürften. Vielleicht erklärt sich so, dass die International Standard-Gruppe, mit ihren siebzehn Tochtergesellschaften, nicht sofort unter das Dach der ITT aufgenommen worden war, die Firmen sogar weitgehend selbstständig blieben.
In der Frühlings-Ausgabe von ELECTRICAL COMMUNICATIONS von 1931 wurde den Kunden der International Standard die Beziehung zur Muttergesellschaft erklärt:
The International Telephone and Telegraph Corporation was organized to cooperate and assist technically and financially in the general development of electrical communications in a broad international sense, as well as to develop truly national systems operated by the nationals of each country in which the International Corporation is or may become interested. The International Corporation was not organized with a single profit-making purpose to itself nor with the desire of imposing american practices in its foreign activities. there appeared to be a fruitfull field of service to be rendered in bringing together under one general organized electrical communications system, and the extensions by the International Corporation to the Associated Companies of the technical and financial facilities and direction that might be needed for their intensive and efficient development. The best American practices have been suggested but never imposed. On the contrary, the International Corporation has always ready and quick to adjust american practices to local conditions and to adopt such local practices as were conductive to the successful development of the various entities. The combined an co-ordinated effort to the Associated Companies of the International System is today justifying the plans and purposes of the founders of the Corporation."
Die bisherigen „Assiciated and Allied Companies“ wurden nun „Licensee Companies". [14]

Bereits in der Januar-Ausgabe 1931 zählte das Magazin [15] ganze zweiundsiebzig Partner-Firmen der ITT auf. Darunter in Deutschland, neben Schuchhardt, die Creed Telegraphenapparate GmbH, die Gesellschaft für Telephon- und Telegraphenbeteiligungen mbH, die Lorenz AG und die Standard Elektrizitäts Gesellschaft AG, die ursprünglich 1929 als Joint Venture der britischen Standard und der AEG gegründet worden war. Zur SEG gehörten nun die Mix & Genest AG, die Telephonfabrik J. Berliner AG und die Süddeutsche Apparatefabrik GmbH.
Und ab der Juli-Ausgabe 1935 verschwand Schuchardt als „Licensee Company“ [16] aus der Auflistung von ELECTRICAL COMMUNICATIONS und als einziger deutscher Lizenznehmer war nunmehr die Standard Elektrizitäts Gesellschaft AG genannt, die wohl dann alle deutschen Interessen und Firmen der ITT koordinierte. Dazu gehörte wohl ebenso der bereits 1932 zugekaufte Drahttonband-Pionier Echophon und später das, mit freundlicher Unterstützung der neuen Regierung in Berlin, 1940 von der Stadt Pforzheim erworbene Radio-Unternehmen G. Schaub Apparatebau.

Nicht nur die Zerstörung von Standorten im Krieg und die Gründung der DDR machten eine Umstrukturierung der Standard Elektrizitäts Gesellschaft AG notwendig, in deren Verlauf auch ein neuer Firmenname und eine voran gestellte Marke erfunden wurden. Es entstand also 1954 die Marke „Schaub-Lorenz“ und 1958 die SEL, die Standard Elektrik Lorenz AG. Bald, 1961, wurde dem neuen Konzern auch ein Mehrheitsanteil des Radio-Unternehmens Graetz einverleibt, das kurz zuvor bereits den Bandgeräte-Hersteller Saja übernommen hatte.


Ein SEL also. Aber ein „Schaub-Lorenz"?

Während die SEL große Erfolge als Lieferant für die Bundespost und andere staatliche Firmen gefeiert, im Auftrag des Versandhauses Quelle den größten Transistor-Computer der Welt gebaut hatte, geriet Mitte der Sechziger Jahre nicht nur die Rundfunk- und Fernsehproduktion der Marken Schaub-Lorenz und Graetz immer mehr unter Druck. Der Rundfunk-Markt stagnierte.

Schon Ende der Fünfziger Jahre hatten auch Graetz und Schaub-Lorenz „Hi-Fi“ thematisiert gehabt. So lieferte Schaub-Lorenz ein Weltsuper 450-Radio mit „HiFi-Tonteil“ [18] - was auch immer das bedeutet haben mag. Und Graetz bewarb seinen Schallkompressor damit, dass „der internationale Qualitätsbegriff High Fidelity ... in der Plastik dieser Raumklangwiedergabe zur Wahrheit geworden ...“ sei. Plastik? Wegen der „wesentlichen Vergrößerung des Klangvolumens für den gesamten Tonbereich“ [19] - was auch immer das bedeuten mag.
Doch war das nicht eher „amerikanisches HiFi“ nach dem früheren Verständnis der Hersteller von Radio-Sets gewesen? Und würden die bisherigen Kunden der eingeführten Marken ein Experiment „Hi-Fi“ nach den modernen Vorstellungen annehmen? Und würden die Fans des Neuen die Hi-Fi-Geräte der alten Marken akzeptieren? Brauchte es vielleicht eine neue Marke, neben Schaub-Lorenz und neben Graetz? Eine Marke, die schon dem Namen nach „Modernität“ signalisierte und damit die entsprechende Zielgruppe ansprechen konnte?

Für mich ist „Stereotronic“ ein Produkt eben dieser Überlegung.
An ein Paar Studenten, die sich ein Hifi-Gerät gebastelt hatten, weil sie die Komponenten von The Fisher und H.H. Scott nicht hatten bezahlen können, glaube ich eher nicht.

Und, keine Frage, die Stereotronic-Vertriebsgesellschaft mbH residierte unter der selben Adresse in Pforzheim, an der auch die anderen Rundfunk-Marken des SEL-Konzerns angesiedelt gewesen waren. Und Stereotronic war, neben Schaub-Lorenz, Graetz und der SEL, seit Anfang 1967 Mit-Herausgeber des INTERFUNK-Magazin gewesen.

   

Wie auch immer: Relevante Informationen über eine Stereotronic ohne SEL habe ich nicht gefunden. Ihr?
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#3
   

Ein Blick ins Innere meines Tuners STT-102 erweckte vertraute Gefühle. Ist DAS wirklich ein Tuner aus den Sechzigern?! Ja, ist er: Die großen Neuberger-Elkos datieren ihr Geburtsdatum auf den Februar 1966. Elkos lügen nicht.

   

Während der Verstärker ein frei verdrahtetes Wirrwarr zeigt, eröffnet das Innere des Tuners einen Blick auf moderne Platinen. Während die Bauelemente des Verstärkers mit kurzen und meist nicht isolierten Strippen oder direkt mit ihren Beinchen miteinander verlötet sind, sind die signalführenden Leitungen zwischen den Platinen des Tuners mit RCA-Steckern versehen. Die Versorgungsspannung ist mit gelöteten Verbindungskabeln ausgeführt, die geradezu eingenäht zusammengefasst und sorgsam geführt zwischen den Platinen verlegt sind. Selbst kürzeste Kabelbrücken sind isoliert, Abschirmungen massiv.

   

Sind der Verstärker und dieser Tuner wirklich miteinander verwandt?
Die Front des Tuners STT-102 zeigt ebenso den Schriftzug „Stereotronic“. Auch die Farbe der Frontplatte ist die gleiche, die Abmessungen jedoch nicht: Der Verstärker ist etwa einen Zentimeter höher als der Empfänger. Bei dem einen Gerät sind die Beschriftungen oberhalb, bei dem anderen unterhalb der Bedienelemente angebracht. Die Frontplatte des Tuners ist mit vier Schrauben von außen am Chassis befestigt, die des Verstärkers zeigt hingegen keine solche Schraubenköpfe.

   

Während die Fronten der beiden Stereotronic immerhin eine Verwandtschaft zeigen, ist eine solche an den Rückseiten nicht ablesbar: Der Verstärker hat eine zweiteilige, roh belassene Rückwand, deren Beschriftung mit Hilfe einer aufgeklebten Alu-Folie erfolgt ist.

   

Der Tuner hingegen ist rückseitig in der Farbe der Frontplatte lackiert und die Beschriftungen sauber aufgedruckt.

   

Während der Verstärker lediglich die bereits erwähnte, aufgestempelte Seriennummer zeigt, veröffentlicht der Tuner seine Marken-, seine Typenbezeichnung und die Typennummer, dazu die Gerätenummer. Natürlich sind ebenso die Anschlusswerte benannt.
Acht Paar RCA-Buchsen bietet der Verstärker und nur einen DIN-Anschluß für Monitor. Der „Radio“-Eingang ist also per Cinch ausgeführt. Der Tuner hingegen stellt zwei DIN-Anschlüsse bereit. Der eine regelbar, der andere fest eingestellt. RCA-Buchsen zum Anschluss an den Stereotronic-Verstärker kennt der Stereotronic-Tuner nicht.

   

Auch die Netz-Anschlüsse sind unterschiedlich. Ebenso die Gehäuse-Konstruktion.

   
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#4
Ganz anders die „kleinen“ Stereotronic. Verstärker und Tuner der Serie 101 wirken wie aus einem Guss.

   

Eine Vollholz-Kiste auf zwei Füßchen und einem Steg. Unterhalb einer mittig angesetzten Gürtellinie unterlegt ein Blech-Streifen die Bedien- und Anzeige-Elemente. Beide Geräte, Verstärker und Tuner, kommen im gleichen Design daher, unterscheiden sich äußerlich nur anhand der mit dem Blechstreifen unterlegten Elemente: Der eine hat mehr Regler, der andere eine Skala.

… Zusammen mit … zwei Klangstrahlern STL 101 steht eine perfekte HiFi-Anlage zur Verfügung, die in der Tat keine ernsthafte Gefährdung des für derartige Anschaffungen zur Verfügung stehenden Budgets darstellt. ...“ [73], ordnete das INTERFUNK-Magazin die Anlage 101 Ende 1967 ein.

Schaut man die beiden kleinen Stereotronic von etwas weiter weg an, kann man den Eindruck bekommen, dies seien tatsächlich zwei flache Komponenten im Metall-Gehäuse, jedoch mit Holz-Hütchen.
Doch hat das Holz-Hütchen eben keine gelochte Front, hinter der sich Lautsprecher oder Röhren verbergen verbergen, wie es in dieser Zeit bei den Radiogeräten oder früher bei Verstärkern noch üblich gewesen sein mag.

   

Der hell betonte und damit dominant wahrgenommene Bedienbereich verzerrt die Wahrnehmung des Gesamt-Ansicht etwas: vor allem auf Bildern scheinen diese Stereotronic irgendwie kleiner, als sie sind. Das Vorurteil befördert, zumindest aus heutiger Sicht, die häufige „Bildunterschrift“ mit den Technischen Daten und der Angabe „2x 9 Watt“ für den Verstärker, was den, aus heutiger Sicht, in die Nähe von „Teleton“ und „Neckermann“ zu bringen scheint. Schaut man die Komponenten von hinten an, hat man diesen Wahrnehmungs-Effekt nicht und wird deutlich, Verstärker und Tuner sind durchaus von beachtlicher Größe, konkurrieren in ihrem Ambiente mit zeitgenössischen Grundig oder Kirksaeter.

   
   

Die beiden 101 sehen nicht nur von außen ähnlich aus. Auch die Konstruktion macht deutlich, dass sie aus dem selben Stall kommen. Jeweils drei Schrauben lösen die Papp-Rückwände; sie sitzen bei beiden Geräten an gleicher Stelle, sind gleich ausgeführt und im jeweiligen Chassis in der selben Weise gefasst. Jeweils vier Schrauben lösen die Chassis vom Gehäuse; sie sitzen bei beiden Geräten an gleichere Stelle, sind gleich ausgeführt und im jeweiligen Chassis in selber Weise gefasst.

   

Um das Chassis schließlich vom Gehäuse trennen zu können, müssen bei Verstärker und Tuner jeweils die lediglich auf ihre Achse gesteckten Dreh-Knöpfe und -Schalter abgezogen werden. Übrigens sind auch diese - abgesehen vom Tuning-Knopf - identisch ausgeführt und somit untereinander austauschbar. Das Chassis wird dann nach hinten heraus gezogen; lediglich beim Verstärker muss zunächst ein Masse-Kabel vom Chassis abgeschraubt werden.

   

Nur: mit der Konzeption der jeweiligen großen Geschwister haben die kleinen Stereotronic nichts zu tun. Weder mit dem einen noch mit dem anderen.

Wer die Knöpfe abzieht, der mag ein Unterleg-Filz vermissen, das verhindert, dass sich Schleifspuren auf dem dünnen Zier-Blech bilden. Solche könnte man jederzeit nachrüsten. Ihr Fehlen ist aber auch das einzigste, was auf den Versuch einer Kostenersparnis in der Fertigung der Serie 101 hinweist.

   

Die Chassis sind solide gemacht und hochwertig verarbeitet. Nahezu alle Schrauben sind mit Lack fixiert. Alle Kabel sind ordentlich geführt. Die Endstufen-Transistoren sind außen auf die seitlichen Stehbleche der Chassis aufgeschraubt und somit gut gekühlt, gleichzeitig vom Rest des Verstärkers abgeschirmt, und die beiden Kanäle so weit wie konstruktiv möglich voneinander getrennt. Im Gegensatz zu manch anderem zeitgenössischen Verstärker, bei dem die Transistoren, von außen zugänglich, auf der Rückwand des Gerätes sitzen, sind sie beim STV101 vom Holzgehäuse geschützt.

   

Die Holz-Gehäuse selber sind vergleichsweise dickwandig ausgeführt und gut verarbeitet. Beide Geräte benützen eine Glühlampe als Betriebsanzeige, die durch ein rotes Plexiglas scheint, das bei Verstärker und Tuner an der gleichen Stelle sitzt. Beim Verstärker sorgen zwei über die gesamte Tiefe des Gehäuses angeordnete Loch-Reihen im Geräte-Boden, unter dem Spalt zwischen Chassis und Außenwand, für die Belüftung der beiden Transistoren-Paare. Ansonsten sind die Gehäuse von Tuner und Verstärker nahezu identisch. Das trifft auch auf die in englischer Sprache beschrifteten Papp-Rückwände zu - Radio lässt grüßen -, die lediglich mit Hilfe von Aufklebern lokalisiert sind.

   

In zumindest identischer Weise sind auch die Trägerplatten für die meisten Bauelemente ausgeführt. Die Platinen sind sicherlich noch nicht „gedruckt", die Leiterbahnen dicker, als später bei industriell hergestellten Platten üblich. Doch immerhin zeigen sich die meisten der Bauelemente in dieser moderner Weise miteinander verbunden, was den Service an den Geräten erleichtert.

   

Die Bauelemente stammen von Valvo, SEL, Frako, ERO, Preh, Roederstein, CBF, Görler usw. und machen, nach fünfzig Jahren, alle samt einen guten Eindruck; lediglich die Metall-Hülsen der Glas-Sicherungen zeigen an Tuner und Verstärker weißes Oxid.

   

Meine Verstärker sind im Netzteil mit 5000µF CBF-Elkos von 1967 und 1968 ausgestattet. Zur „Verstärkerung“ hat der Konstrukteur pro Kanal zwei Germanium PNP-NF-Leistungstransistoren Valvo AD139 verwendet, wie sie wohl um 1960 auf den Markt gekommen sind (IF: 100 mA; UF: 2 V; Isp: 25 µA; ß (beta): >30; N: 13 W; Imax(Ic): 1 A; Umax(Ucb): -32 V; Umax(Uce): -16 V; f g(FT): 10 kHz; tmax j: 90 °C. lt. radiomuseum.org). Das Valvo Datenblatt vom August 1963 ist im Netz verfügbar [20].

   

Zweimal neun Watt nennt das HiFi-JAHRBUCH [1] als Ausgangsleistung für den Verstärker. Beispielsweise B&O hat die selben Transistoren im Beomaster 900 zum Einsatz gebracht, der mit 2x 6W aufwartete. Klein+Hummel verwendete sie neben anderen im Telewatt TS100A, den die FONO FORUM in der Februar-Ausgabe 1966 in eine „obere Mittelklasse“ einordnete.

   
   

Zum Jahresende 1967 widmete das INTERFUNK-Magazin dem STT-101 eine dreiseitige Vorstellung mit der Beschreibung seiner Schaltung.
Hier kann man nachlesen, in der HF-Vorstufe sei kein „selbstschwingender Mischer“ verwendet worden, stattdessen ein „… Aufbau mit getrenntem Oszillator und Mischer. … Die hierfür erforderliche hohe Selektion wird durch ein abstimmbares Bandfilter vor dem Mischer erreicht ...“, das mit „… zwei Paketen des 4-fach-Drehkos abgestimmt wird ...“ und „… die Oberwellenmischung so stark … reduziert …, daß in der Praxis keine Störungen auftreten.
Ein Vorstufen-Transistor GM760 böte eine günstige Rauschzahl und gleichzeitig eine größere Stromverstärkung als übliche Typen; Werte, die beim Durchstimmen des Frequenzbereiches nahezu konstant blieben. Zwischen der Basis des Transistors und dem Emitter des Oszillators läge eine vorgespannte Diode, die ab einem definierten Schwellwert die Eingangsspannung begrenzt und die Übersteuerung von Großsignalen verhindert. Eine Kapazitätsdiode GA102 würde die „… Aufgabe der Automatischen Scharfabstimmung (AFC) ...“ übernehmen.
Im ZF-Verstärker sei die „Anfangsbandbreite auf etwa 180-200 kHz festgelegt.“ Bei hinreichend starken, „stereowürdigen“ Signalen gibt der Begrenzer die Bandbreite bis 230 kHz frei. Die ZF-Regelung soll dafür sorgen, dass sich die Bandbreite bei stärkeren Signalen nicht mehr ändert. Das Spannungsverhältnis zwischen Nutz- und Störsignal liegt im Ratio-Detektor bei 3,8 dB bei einer Bandbreite von bis zu 600 kHz, im ZF-Verstärker bei 4,5 dB.
Der Stereo-Decoder arbeitet nach dem Prinzip der Hüllkurven-Spitzengleichrichtung mit Hilfe zweier entgegengesetzt gepolter Diodenpaare. In dem einen Paar entsteht das linke, in dem anderen das rechte Stereo-Signal. Als Hilfsträger wird das Produkt eines übersteuerten Pilottons verwendet, was zur Bildung der 2.Harmonischen von 38 kHz führt.

   

Julius Karl Görler in Berlin hatte nicht nur fertige Empfänger im Angebot gehabt, sondern auch eine Vielzahl von Radiokomponenten, bis hin zu Modulen, aus denen Kunden komplette eigene Radios hatten aufbauen können [21]. Industrie-Kunden waren ebenso Motorola, Siemens und Bogen, wie Thorens, Servo-Sound und Radiobell gewesen.
Jedoch geriet Görler in der zweiten Hälfte der Sechziger Jahre in schweres Fahrwasser, was schließlich zu einem Verlust der Unabhängigkeit geführt hatte: 1969 übernahm die Körting GmbH aus Grassau die Mehrheit bei Görler [22]. Und Körting stand unter der Kontrolle von Neckermann.

   

Der STT-101 baut auf OEM-Elemente von Görler auf. Jedoch scheint mir der Stereotronic alles in allem solider aufgebaut, als so mancher andere zeitgenössische aber auch jüngerer Tuner mit gleichen Wurzeln.

Hat also Stereotronic den Verstärker entwickelt und gebaut und beim Tuner ein Kleid rund um einen Görler gestrickt?

Eher nicht.
Ein ehemaliger Werksangehöriger verriet den Machern von hifimuseum.de, sie seien in Belgien entwickelt und gefertigt worden: „... Zu dem Verstärker STV101 liegt mir die vollständige original Servicemappe + Garantiekarte vor. Zusätzlich habe ich Blaupausen (bzw. Kopien davon) von Radiobell, Branch of Telephone Manufactoring Company, Antwerp-Belgium mit Konstruktions- bzw. Mess-Unterlagen mit einem Freigabevermerk von Charles Schepers. …“ [23]

Die Bell Telephone Manufacturing Company (BTMC), war 1882 als Belgische Tochtergesellschaft der US-Amerikanischen Bell Telephone Company gegründet und 1890 vollständig in die internationale Struktur der späteren Hardware-Schmiede des Bell Konzerns, der Western Electric, eingegliedert gewesen und schließlich 1925 als Teil der International Western Electric an die ITT verkauft worden [24].
Radiobell hatte zu den siebzehn Firmen gehört, die ELECTRICAL COMMUNICATIONS [13] als Partner und später als Lizenznehmer aufgelistet hatte. Die BTMC war frühzeitig einer der bedeutendsten Hersteller von Telefon-Systemen in Europa gewesen, wurde 1987 von der französischen CGE übernommen, die ihrerseits 1991 in Alcatel Alsthom umbenannt wurde. Dort landete beispielsweise auch die Telefon- und Datenverarbeitungs-Sparte der SEL.
„Radiobell“, die Radiosparte der BTMC, blieb dem ehemaligen amerikanischen Mutterkonzern noch eine gewisse Zeit verbunden, wie spätere Prospekte aus den Dreißiger Jahren zeigen [25]. Es dürfte wohl das KnowHow der amerikanischen Bell gewesen sein, das in Belgien auf Lizenzbasis weiterhin verwendet worden war und die Firma unabhängig von den Patent-Inhabern im Europäischen Radiomarkt gemacht haben dürfte. Die ITT und in Deutschland ebenso Lorenz, war nämlich nicht Teil der Patent-Austauschvereinbarungen der großen Welt-Radiounternehmen gewesen. Und von irgendwo her musste die Technologie, die man in die Radios baute, ja kommen. Nach dem Krieg kam das Rundfunk-KnowHow dann von Görler.

   

Auf „Hi-Fi“ hatte der Entwickler in Belgien und die Auftraggeber in Pforzheim für die Serie 101 weniger Wert gelegt: STEREOtronic halt.
Bei den „kleinen“ Stereotronic fällt zunächst einmal die Leistung des Verstärkers auf. 2x 9 Watt Dauerton-Leistung kann man in den Technischen Daten des STV-101 finden. Das ist mehr, als so manch Radiogerät dem eingebauten Lautsprecher zugeführt hatte, mehr als mancher Transistor-Receiver um 1970 bot. Ausreichend? Es ist aber weniger, als das dhfi als Mindest-Anforderung für die neue HiFi-Norm vorgeschlagen hatte.

Kein Wunder also, dass das INTERFUNK-Magazin kurz vor dem Jahresende 1967 unter dem Titel „Din 45500 – durchaus erschwinglich“ [73] nur den STT101 vorgestellt hatte. Der STV101 hatte der Norm nicht entsprochen.

Aus dem einen (ausreichend?) oder anderen Grund (Norm), wuchs die Leistung beim STV-201 auf 2x 18 Watt. Hätte wachsen sollen. War sie gewachsen? Ist die Serie 201 tatsächlich in den Handel gekommen?
Sollte sie gekommen sein, dann immerhin im selben Kleid und mit den selben Abmessungen, wie die Vorläufer der Serie 101.

Bei mir stapeln sich zwei Paar der kleinen Radiobell-Stereotronic und hier und da sehe ich andere in Kleinanzeigen. Immer die Serie 100. Bisher noch keine 200.
Immerhin dürfen mich ein Paar Böxchen der Serie 201 ihren „Unterbringer“ nennen. Das bedeutet … was?

   

Die Ausstattung des Verstärkers ist zeittypisch: DIN-Anschlüsse für Plattenspieler mit Magnet- und Kristall-System, für Radio, Tonband (Aufnahme und Wiedergabe kombiniert) und Aux. Auch die Lautsprecher-Ausgänge sind in DIN ausgeführt, die Anschlüsse für den linken und den rechten Kanal weitest möglich voneinander getrennt.

   

Der Verstärker kennt eine Klangregelung nach Höhen und Tiefen, sowie Kanal-Balance.

   

Das HiFi-JAHRBUCH weist darauf hin, dass der Pegelregler „Frequenzlinear“ [1] arbeitet, also keine dauernd geschaltete Loudness kennt. Es gibt einen Umschalter für die Betriebsart zwischen mono und stereo, sowie Höhen- und Tiefen-Filter.

   

Interessant finde ich, dass dem Quellen-Umschalter ein weiterer Pegel-Regler zugeordnet ist, mit dem sich eine Vorverstärkung regeln lässt. Welcher andere Verstärker aus der zweiten Hälfte der Sechziger Jahre hat das gleich noch?

   

Auch der Tuner ist zeittypisch mit DIN-Anschlüssen ausgestattet. Allerdings besitzt der Tuner zwei davon, so dass sich neben dem Verstärker auch ein Aufnahme-Gerät direkt anschließen lässt. Für die Antenne ist ein damals üblicher 240 Ohm-Anschluss vorhanden.

   

Der Stereotronic STT101 sieht deutlich anders aus, als das Gros der zumindest deutschen Konkurrenten, die oft mit großformatigen Skalen für Mittelwelle und Kurzwelle, oft auch für Lange Welle daher kamen. Der Görler ist ein reiner UKW-Empfänger! Dementsprechend schmal ist die Skala, die allerdings von unter 88 bis 108 MHz reicht. Hierzulande auch noch nicht unbedingt der Standard dieser Zeit.

   

Einen ähnlichen, zeitgenössischen belgischen Görler hatte ich schon von Servo-Sound vorgestellt.
Wenn auch nicht riesen-groß, so ist das Tuning-Rad doch immerhin mit einem Gewicht ausgestattet, das den schnellen Senderwechsel angenehmer gestaltet. Ein Ratiomitten-Instrument erleichtert die Abstimmung.

   

Ein weiteres Ausstattungs-Detail ist ein Drehschalter, mit dem sich zwischen „Aut.", „Sil.“ und „Man.“ umschalten lässt. Die Vorstellung im SEL-Magazin übersetzt das mit „Automatik, Stummabstimung, manuell“. „Sil.“ für „Silence“?

   


Zumindest als „skurril“ wird das Design der Stereotronic heute gerne bezeichnet. „Häßlich“ ist ein anderes Wort, das ich hier und da hörte: „... die Typen 101 ... waren nicht nur (für uns Hifi Freaks) grundhäßlich, sie sind qualitativ auch maximal der unteren Mittelklasse zuzuordnen. …“ [23] meint Gert Redlich in seinem Online-Museum.
Ein Designer, ein Entwickler, aber auch der Kaufmensch, der ein Produkt in Auftrag gibt, die Fertigung genehmigt, der tut dies auf der Basis einer Prognose, der geht ein Risiko ein. Bequem hingegen der, der nichts investiert und im Nachhinein, wohl möglich nach Jahrzehnten aus den dann gültigen Kriterien und Erfahrungen heraus eine Bewertung nach seinen Maßstäben vornimmt. Aussagekräftig? Wofür? Für seinen Geschmack. Wer hingegen manch Leserbriefe in Fono-Magazinen früherer Zeiten nachließt, der kommt auf die Idee, viele Menschen hätten das damals anders gesehen, hatten gefragt, warum „HiFi-Geräte“ so teuer und vermeintlich aufwendig sein müssten.

   

Die Qualität? Auch unter der Marke „Marantz“ hatte es selbst in den Siebzigern nicht nur „Boliden“ gegeben: ein Blick in den Rosita-Katalog [26] bestätigt dies. Es hilft nicht, die kleinen Modelle der vermeintlichen Edelmarken einfach zu ignorieren und sich die Szene schön zu denken. Und „HiFi Freaks“ [23] hat es in der Bundesrepublik nie genug gegeben, damit auch nur ein einziger Großserienhersteller von denen hätte leben können.
Der „HiFi-Freak“ [23], so die Idee der SEL, sollte die „102“ kaufen. Derjenige, der Musik in Stereo hören wollte, der hatte in den 101 eine Alternative, die mit zeitgenössischen Einsteiermodellen mithalten konnte, die vielleicht einen Aufstieg für den bisherigen Radio-Betreiber bedeuteten. Und besonders viele Verstärker der vermeintlichen Traum-Marken hatte es anno 1967 auf dem deutschen Markt nicht gegeben. Vor allem nicht mit zweistelligen Sinus-Watt-Leistungen pro Kanal.

Zweifellos muss man sich an das Design gewöhnen, um den kleinen Stereotronic etwas abgewinnen zu können. Doch vielleicht hatte eine Idee dahinter gesteckt. Man sollte sich solche Geräte nicht in moderne Acryl- oder Metall-Racks denken, ebenso wenig in Fernseh-Schränke in Gelsenkirchner Barock stellen. Auch die geschwungenen „Flower Power"-Möbel standen kaum in einem Gros der Haushalte.
Mitte der Sechziger waren klare Linien in Palisander, mit schlanken Armaturen „in", „was junge Leute Klasse finden“ [27], wie ein Möbel-Hersteller meinte. Und so warb die SEL: „… Stereotronic Hi-Fi-Komponenten passen ideal in Schrankwände oder Wandregale. ...“ [28].

An anderer Stelle habe ich Blaupunkt-Komponenten der Siebziger vorgestellt. Vor allem die Receiver mit quer gestreiftem Holz-Look auf der Front [29, Bild 3 unten] schienen mir zunächst abstrus. Bis ich sie mir in einer zeit-typischen Schrankwand vorgestellt habe. Sie werden darin nicht schöner; vielmehr verschwinden sie als eigenständiges Design-Objekt und fügen sich als „Knopf-Erweiterung“ der Schrankwand ein. Nichts für den „HiFi-Freak“ [23]. Deshalb steht auch nicht „HiFi“ auf den kleinen Stereotronic drauf. Übrigens auch nicht „Highend".
Stapelbüttel von einem ganzen Haufen Quatsch
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#5
Und die „großen“ Stereotronic?
Insgesamt drei Serien „Stereotronic“ listete das HIFI-JAHRBUCH für 1967/68 [1] auf; hier sind allerdings schon zwei Generationen gemischt vorgestellt, erkennbar an der „hunderter“ Stelle in der Bezeichnung.
Die kleinen Modelle, STT-101 und STV-101, später dann STT-201 und STV-201, scheinen mir ausschließlich als Komponenten angeboten gewesen. Bei den großen Modellen zeigt das Jahrbuch bereits zwei Serien: die 102 und die 202. Die 102 laufen mir hin und wieder über den Weg. Einige haben angehalten. Immer „102“. 202 sind mir noch nicht unter gekommen.
Was auffällt: Für die Serie 202 wurden andere Abmessungen als für die 102 genannt! In der Serie 202 sind die Abmessungen von Tuner und Verstärker identisch!!

Das INTERFUNK-Magazin hatte in seiner ersten Ausgabe von 1967 einen Artikel mit der Beschreibung der technischen Grundlagen des Tuners veröffentlicht und ihn mit der an den Entwickler gerichteten Aufforderung eingeleitet: „... Konzipieren Sie einen HiFi-Stereo Tuner, der kompromißlos allen Forderungen moderner HiFi-Technik gerecht wird, ohne Rücksicht auf die Kosten …“ [30]

Der ehemalige Mitarbeiter der SEL behauptet gegenüber dem Internet-Museum, die „... vornehmere ...“ Serie sei „... in Pforzheim entwickelt (unter Dr. Jan Harmans) und in Rastatt gefertigt …“ [23] worden. Das ist bestenfalls die halbe Wahrheit. „... Johann Leber war der Entwickler des AM-Teils des STT102 …“ gewesen. [23] Dem will ich nicht widersprechen.

Dr.-Ing. Jan Harmans (geb. 17.02.1912) war in Dresden geboren und hatte dort studiert, 1936 graduiert und 1940 seinen Doktor verliehen bekommen. Zunächst hatte er Elektronik für Flugzeuge entwickelt und war 1949 zur SEG gekommen. Mitte der Sechziger Jahre entwickelte er Rundfunkgeräte der Marke Schaub-Lorenz und war z.B. Autor des Artikels „Trends in Radio- and Television Receiver Components in Germany“ für ELECTRICAL COMMUNICATIONS [31] gewesen. Später wurde er als Honorarprofessor an die Universität Stuttgart berufen.
Ob der genannte Johann Leber der selbe ist, der noch 2013 Tipps für die Instandsetzung eines Steuergerätes ITT 6000 gepostet hatte, als „Redakteur“ von radiomuseum.org?

Den Verstärker STV102 stellte das INTERFUNK-Magazin 1967 [30] nicht vor. Und Gert Redlich kommentiert zur SEL-Werbung der Februar- und der März-Ausgabe der HIFI-STEREOPHONIE für 1967, „... Die SEL Tochter Stereotronic aus Pforzheim bewirbt ganzseitig den neuen Stereotronic Stereo-Tuner mit 47 Silizium Transistoren - jetzt wissen wir, was die wirklich verkaufen wollen. Doch warum bewerben sie nicht den zugehörigen tollen Vollverstärker?“ [2]

Vielleicht, weil der „tolle Vollverstärker“ [2] so gar nicht nach SEL aussieht. Nicht von außen und erst recht nicht von innen. Selbst die Frontplatte hat andere Abmessungen als die des STT-102, an der die Mitarbeit von SEL-Ingenieuren von Zeitzeugen behauptet wird!
War vielleicht der „passende“ Verstärker einfach nicht rechtzeitig zur geplanten Vorstellung fertig geworden?


Wer diese Frontplatte des „tollen Verstärkers“ abnimmt und die freie Aussicht auf das Chassis genießt, dessen Blick fällt übrigens auf eine Bezeichnung „SM-83". Nicht STV-102!

Im Forum von Audiokarma.org fragt ein Interessent nach der Herkunft seines ITT-Plattenspielers. Auf dessen Rückseite findet sich die Beschriftung „Made in Japan by Pioneer“ [32]. Und radiomuseum.org zeigt den Tuner ITT SMX-100, „An ITT Worldwide Product - Made in Japan by Pioneer.“ [33]

   

Und selbst einige der Lautsprecher-Chassis aus dem Steuerwagen-Set, dem zwei meiner großen Stereotronic entstammen, tragen die Marke „Pioneer“.

   

Also Pioneer? Zumindest passt die Bezeichnung SM-83 auf einem Pioneer Röhrenverstärker.

Pioneer hatte zu den Marken aus dem Land der Kirschblüte gehört, unter der Röhrenverstärker angeboten gewesen waren. Der SM-83 ist einer dieser Verstärker gewesen.
Hierzulande nicht. Erst im Oktober 1966 bekam das Unternehmen überhaupt eine eigene Repräsentanz auf dem alten Kontinent: die Schweizer Pioneer Electronics (Europe) AG [34]. Die sorgte für Distributionen in der Schweiz, Österreich, Frankreich, England, Italien, Belgien, Holland und der BRD. C. Melchers & Co. aus Bremen übernahm die Vertretung, wie auch die von Sony.
Bis dahin war der Hersteller Fukuin hierzulande vor allem als Lieferant anderer aktiv gewesen. Im Januar 1970 wurde die Schweizer Niederlassung sogar geschlossen und die Europa-Zentrale nach Belgien verlegt [35], nicht nach Deutschland.

Nozomu Matsumoto hatte 1937 seinen ersten Lautsprecher vorgestellt und gründete im Januar des folgenden Jahres die Fukuin Shokai Denki Seisakusho (ab 1941 „Fukuin Denki Seisakusho Yugen Gaisha"). Die Firma baute vor allem Lautsprecher und Tonabnehmer für Plattenspieler, wurde im Mai 1944 OEM für die Tokyo Shibaura Denki (später Toshiba) und ließ im Dezember 1946 die bereits etablierte eigene Marke für den Export in die Welt der Langnasen und Rundaugen schützen: „Fukuin Pioneer". [36]
Die ab Mai 1947 Fukuin Denki Kabushiki Kaisha (Fukuin Electric Works, Ltd.) brachte im April 1955 den ersten eigenen Plattenspieler, im Juno dann den ersten Vollverstärker auf den Markt. Im September 1957 folgte der erste Receiver und im Dezember 1958 der erste Stereo-Verstärker. [37]

In den US-amerikanischen HiFi-Magazinen tauchte Fukuin Electric wohl 1957 das erste Mal auf. Beispielsweise in der Mai-Ausgabe des AUDIO MAGAZIN präsentierte der Hersteller seine „3-Way System Components“ [38]: Lautsprecher-Chassis zum Aufbau von 3-Wege-Boxen. Im Mai 1958 kam „The ultimate FM-TunerFT-10 [39] in die Werbung.

Auf den ersten Blick scheint die Röhren Verstärker-Linie der Sechziger Jahre vielfältig. Auf den zweiten Blick wird nicht nur an Äußerlichkeiten klar, dass Fukuin einen modularen Entwurf verfolgt hatte, bei dem Geräte mit mehr oder weniger der selben Verstärker-Schaltung, mit leicht unterschiedlicher Ausstattung, unter verschiedenen Seriennamen und sogar als Receiver auf den Markt gekommen waren.

Im „Annual Product Preview Issue 1962“ in ihrer August-Ausgabe präsentierte die amerikanische AUDIO in der Abteilung „Integrated Amplifiers“ den neuen Stereo-Verstärker: „... The newly announced Pioneer Model SM-801 is a professional quality stereophonic amplifier incoporating on one chassis two power amplifier - each channel with a maximum rated output of 45 watts - and two extremly sensitiv and highly versatile preamplifiers. With its high output, it is ideally suited for use in large concert halls, auditoriums, or other similar applications that call for a large amount of driving power. …“ [40]
Im folgenden August zeigte die Vorschau dann den SM-500, „... a stereophonic control amplifier with a maximum output of 36 watts per channel, which may be combined for a monophonic output of 72 watts. …“ [41] In der Werbung war er bereits in der Juni-Ausgabe präsent gewesen [42]. Und er scheint bereits weitgehend mit dem SM-83 identisch, wie man auf Audiokarma.org in einer Kurz-Vorstellung des SM-803 nachlesen kann: „We believe this amp is pretty much identical so the SM-83 (based on comparing it to the schematic), and there is also another variation SM-500.“ [43]. Tatsächlich veröffentlichte Pioneer für den Service eine gemeinsame Schaltung „SM-83 (SM-500)“, aus der ich keine Unterschiede zwischen den Modellen heraus lesen kann.
Ein SMT-83 findet sich in der Vorschau für Vollverstärker in der August-Ausgabe der AUDIO von 1965 (S.38). Schwer zu sagen, ob dies der eigentlich SM-83 ist, weil ich einen „SMT-83“ tatsächlich nur in der Tabelle in diesem einen AUDIO MAGAZIN gefunden habe. Dort findet man folgende Daten: 2x 40W IHF, 2x 28W RMS, 1% THD (full power) / 0,3% THD (0,1W), 15-100 kHz Freq. Resp. (1W +/- 1dB), 60 dB Hum&Noise (below rated power output), Impedance 8/16 Ohm, Damping Factor 13, Headphone 4-16 Ohm. [44]

Es scheint also, Fukuin hatte zunächst mit der Serie 800 einen Verstärker auf den Markt gebracht, der auch ein professionelles Publikum ansprechen sollte. Der 500 mag das reine Heim-Gerät gewesen sein, das sich, mit doppelter Ausgangsleistung, auch monofon betreiben ließ. Unterschiede finden sich auch in der Ausstattung, so in den verwendeten Übertragern.

   

Und wie passt meiner da rein?
Von außen sichtbar verzichtet er (wurde verzichtet?) auf eine kanalgetrennte Klangregelung, darf jeweils Höhen und Bässe für beide Kanäle gemeinsam regeln. In Anbetracht einer nur durch keine Isolierung getrennten NF- und Heizströme in meinem Verstärker, vielleicht keine notwendig schlechte Entscheidung, auf weitere Komplikationen verzichtet zu haben.

   

Im Innern scheint sich auf den ersten Blick nicht viel zu unterscheiden: Obenauf, auf der oberen Platte des Chassis, zeigt mir meine Neu-Erwerbung neun Röhren, vier Elkos, ein Trafo und zwei Übertrager.
Insbesondere die gewickelten Kupferdrähte sollen mein Gerät jedoch nach der Meinung der Fachleute von radiomuseum.org zum großen Geschwister des bekannteren Serienmodells machen: „… Trotz der geringeren Leistung sind hier mit dem AT6133 grössere Ausgangsübertrager verbaut als im Pioneer-Original (AT6123). Bei einer ohnehin recht mageren Kerngrösse von EI78 wurde hier die Paketstärke von 26 mm auf 40 mm vergrößert ...“ [45], also fast auf die Norm eines EI84b [46]. „... Das entspricht einer Leistungssteigerung im Bassbereich um den Faktor 1,5 oder in Fakten: Der Pioneer erzielt seine Maximalleistung von 30 W gerade mal hinab bis 110 Hz, der Stereotronic erreicht mit 25 W bei 45 Hz einen wirklich respektablen Wert für einen Röhrenverstärker. ...“ [45]

Die Auftragsarbeit für Pforzheim verzichtet also auf fünf Watt Sinus-Leistung pro Kanal. Also fünf Watt bei vielleicht tausend Herz weniger, dafür nahezu 25W bei 45 Hz mehr. Kann man das addieren?

Ob die Idee für die veränderte Übertrager-Ausstattung jedoch in Pforzheim geboren worden war, mag ich nicht unterstellen.
So findet sich nämlich in den Schaltungen, das der SM-83 letztlich die Basis für den Receiver SX-800 bildet, lediglich um ein Rundfunk-Teil ergänzt wurde. Im SX800 hat Pioneer die AT6133 verwendet. [47] Der SX-800 unterscheidet sich auch von dem SX-800A durch die verwendeten Röhren und Audio-Übertrager. Und genau auf diese Weise unterscheidet sich der Stereotronic von dem älteren SM-83. Beiden ist jedoch gemein, dass Bauteile aus dem zeitgenössischen Pioneer-Programm Verwendung gefunden haben.

Ob also die SEL bei Pioneer um einen SM-83 mit größeren Ausgangs-Übertragern oder um einen SX-800 ohne Empfangsteil nachgefragt hatte, mag ich nicht bewerten. Erfunden hat hier jedoch weder ein SEL- noch ein Stereotronic-Entwickler irgendwas. Auch kein deutscher HiFi-Fan mit oder ohne Garage.

Ob er hingegen in einer Rastatter Garage gebaut worden ist, zumindest angepasst worden ist, vermag ich nicht ganz auszuschließen. Denn neben Bauelementen von Suzuki, Oki, Elna oder Soshin fallen mir auch noch ein Paar EROfol II- und ERO MKT-Kondensatoren „Made in Germany“ ins Auge. Die können allerdings auch später, irgendwann im Verlauf der letzten fünfzig Jahre ihren Weg ins Innere des Verstärkers gefunden haben. Vielleicht ja wirklich in einer Garage.
In meinem jüngeren Verstärker gibt es jedenfalls keine ERO‘s. Dafür wurde er in anderer Weise modifiziert. Vielleicht auch in einer Garage ...

Meine These lautet, der Röhrenverstärker war wohl eher eine Notlösung gewesen.
Harmen/Kardon und Grundig hatten sich einen unausgesprochenen Wettkampf um die Veröffentlichung des ersten voll-transistorisierten HiFi-Verstärkers geliefert. Harman hatte gewonnen. Grundig hatte seinen SV50 1963 als ersten industriell aufgebauten Vollverstärker tatsächlich in den Handel gebracht. [48]

Ernst Pfau schrieb 1966, „… Im Verstärkerbau hat sich die Tendenz zur Transistorisierung durchgesetzt. Das Reservat der Röhre … wird systematisch eingeengt, wobei vorwiegend amerikanische Siliziumtransistoren für die Endstufen den Ausschlag geben. ...“ [49]
Und auch der SEL-Mann Jan Harmans resümierte das in seinem Artikel durchaus ähnlich: „… The trend in the development of components for broadcast and television receivers is essentially following the specifications resulting from the use of transistors, miniature parts, and printed wiring boards. ...“ [31] Im STV-102 ist davon nichts zu sehen. Im STT-102 hingegen schon!

Dass die große SEL 1966 einen vermeintlich neuen Röhrenverstärker eines OEM als ihr Spitzengerät präsentiert hatte, erscheint also merkwürdig. Natürlich waren Röhren etabliert gewesen und hatte es Techniker gegeben, die die Röhre hatten behalten wollen: Stromberg-Carlsson verzichtete auf den Umstieg auf die Transistor-Technik, stieg aus „Hi-fi“ aus, und ein Entwicklungs-Ingenieur der belgischen Carad gründeten Artec, weil ihm die Wendung des bisherigen Arbeitgebers, hin zum Transistor, nicht gefallen hatte.
Aber eigentlich lief schon lange die Werbe-Maschine, die den Verbrauchern sagte, der Transistor sei modern, sei besser. Die Bauelemente-Hersteller lieferten sogar kostenfrei oder für minimale Beträge die Schaltungen, mit denen sich Transistor-Verstärker aufbauen ließen.
Zudem erzeugten Röhren Wärme. Grundig machte in seinem Studio 50 der Röhren-Tuner Probleme und SEL musste in seinen Steuerwagen einen elektrischen Lüfter einbauen, damit aus der Abwärme des Verstärkers keine thermischen Probleme entstanden.

Ich unterstelle, die SEL-Oberen hatten die Idee gehabt, einen Transistor-Verstärker zum Kern der Anlage zu machen. Doch stand der erst 1967 zur Verfügung. Vielleicht hat man daher so lange damit gewartet, in der Werbung zu verkünden, was man verkaufen wollte.

Gegeben hat es diesen SEL Transistor-Verstärker dann wohl tatsächlich. Immerhin ist er im HIFI-JAHRBUCH III ebenso abgebildet, wie auf dem Titel der Mai-Ausgabe 1967 des INTERFUNK-Magazins. [51] „43 Siliziumtransistoren“ und „17 Dioden“ [1] kann man im HiFi-JAHRBUCH (Nr. 123) lesen.

   

Nur ist es eine andere Frage, ob er jemals auf den Markt gekommen, jemals in so etwas wie einer Serie gebaut worden ist. Zumindest in der eigenen Hauszeitschrift mit den „Neuheiten von der Deutschen Funkausstellung“ widmet die SEL dem neuen Duo kein einziges Wort.

   

Der „tolle Vollverstärker“ [2], von dem Gert Redlich spricht, ist in der Bundesrepublik wohl vor allem als Einbau-Chassis verkauft worden. Denn Stereotronic hat keineswegs in erster Linie Einzel-Komponenten verkauft. Wir sind in Deutschland.

Tuner und Verstärker hingen in der Regel im Steuerwagen der Musikanlage eingebaut. Zumindest bei dem Röhren-Verstärker sparten sich die Pforzheimer das Gehäuse. Der Tuner wurde, wohl wegen der notwendigen Abschirmung, mit einem montierten Metall-Deckel eingebaut.

Wenn also heute ein Stereotronic ohne Hülle oder ein Tuner in Metall-Gehäuse angeboten wird, dann stammt so ein Gerät in der Regel aus einem Steuerwagen. Anders kenne ich die großen Stereotronic nur von Bildern. Auch das sagt vielleicht etwas über die Verteilung der Verkäufe aus.
Befestigt werden beide Geräte mit je zwei seitlichen Schrauben im Wagen.

Um die Frontplatte des Verstärkers abzunehmen, müssen zunächst alle Regler abgezogen werden. Die Achsen darunter sind mit Muttern gesichert, die die Metallplatte halten. Die Bodenplatte ist mit zehn Schrauben mit Kreuzschlitz-Linsenkopf gesichert.

   

Wie bei den kleinen Stereotronic ist auch die Beschriftung des Verstärkers weitgehend mit Hilfe von Symbolen gelöst. Der Lautstärkeregler, links unten, ist mit dem bekannten Dreieck-Symbol gekennzeichnet. Der Balance-Regler darüber mit einem waagerechten Balken mit einem zentral darauf weisenden Pfeil. Die zentral angeordneten Höhen- und Tiefen-Regler, ebenso die Tasten für die Höhen- und Tiefen-Filter zeigen einen waagerechten Balken mit rechtsseitig bzw. linksseitig kreuzendem, doppeltem schräg-Strich mit einer Markierung unten bzw. oben.

   

Es gibt einen Schalter für das Ein- oder Ausschalten der angeschlossenen Boxen (Lautsprecher-Symbol) und eine Klinkenbuchse für den Anschluss eines Kopfhörers (Kopfhörer-Symbol) auf der Front.

   

Beschriftet sind der Umschalter für die Hinterbandkontrolle (Monitor) und die Loudness (Contour), sowie zumindest zum Teil der Quellwahl- (Aux, Radio, Band, Plattenspieler und Mikrofon) und der Betriebsarten-Schalter (Stereo, Stereo invers, Mono über linke Box, Mono über rechte Box, Mono über linke und rechte Box).

   

Auf der Rückseite lässt sich mit Hilfe zweier Schiebeschalter zudem die Phasenlage der rechten Box umkehren und die Impedanz-Anpassung für Boxen von acht und sechzehn Ohm vornehmen.

Die Schiebeschalter rasten gut. Die Drehregler und -Schalter sind zeittypisch leicht ausgeführt, dabei aber durch die Kunststoff-Riffelung griffig.

Der Stereotronic-Verstärker bietet RCA-Anschlüsse für acht Geräte, dazu eine „Norm-Buchse". [6] Auch der Pioneer war mit so einem „DIN-Standard-Connector“ [52] ausgestattet gewesen. Deutsche Tonbandkoffer waren nicht nur in den USA außerordentlich erfolgreich gewesen.
Die wichtigsten Quell-Geräte des HiFi-Freundes waren in der zweiten Hälfte der Sechziger Jahre das Radio und der Plattenspieler. Üblich waren Plattenspieler mit Kristall-System gewesen. Vor allem unter den teuren Geräten verbreiteten sich die Magnet-Systeme immer mehr. Der Stereotronic kann mit beiden Standards umgehen, bietet dafür getrennte Cinch-Buchsen, die jedoch beide mit der einen „Plattenspieler"-Einstellung des Quellwahl-Schalters angewählt werden. Für den Rundfunk-Empfänger gibt es einen weiteren Cinch-Eingang.

   

Weitere Buchsen erlauben den Anschluss von einem Stereo- oder zwei Mono-Mikrofonen, sowie von einem weiteren Hochpegel-Quellgerät. In Deutschland eher unüblich; vor allem in den USA hatte man Empfänger für AM und FM lange Zeit getrennt kaufen können. Besser anders herum: Da Mittelwelle in den USA bis weit in die Siebziger Jahre hinein das Standard-Band gewesen war, in manchen Regionen FM sowieso nicht verfügbar, war ein reiner AM-Empfänger ein übliches Gerät gewesen und kauften sich einige Kunden den UKW-Tuner irgendwann dazu.

Aufnahmegeräte, das waren auch im Jahre 1966 noch immer ausschließlich Tonbandgeräte gewesen. Die Compact Cassette hatte es zwar schon gegeben, wurde aber erst Mitte der Siebziger Jahre annähernd HiFi-tauglich. Andere Lösungen hatten sich inzwischen vom Markt verabschiedet.
Der Verstärker kann logisch ein Aufnahme-/Wiedergabegerät verwalten, bietet diesem aber verschiedene Anschluss-Möglichkeiten. Aus heutiger Sicht Standard und gedacht für ein dauerhaft verbundenes Tonbandgerät, ist der getrennte Cinch-Anschluss für Aufnahme und Wiedergabe; bis heute üblich. Da der Aufnahme-Ausgang immer aktiv ist und ein Hall-Effekt vermieden werden soll, wird die Wiedergabe nicht über den Drehregler geschaltet, sondern über einen extra Schiebe-Schalter „Monitor", dessen Signal nicht an den Ausgang geleitet wird. So lässt sich zudem die Wiedergabe von Bandgerät unabhängig von der Quelle für die Aufnahme schalten.
Der selbe Anschluss wird zusätzlich über den sogenannten „Norm-Anschluß“ herausgeführt. Diese DIN-Buchse dient vor allem dem Anschluss deutscher, also von Koffer-Geräten. Diese waren transportabel ausgelegt, weshalb Stereotronic den Norm-Anschluß beim in einen Steuerwagen eingebauten Verstärker auch an die Bodenplatte des Schrankes verlängert hatte. So konnte man sein Bandgerät neben oder unter den Steuerwagen stellen und dort mit dem Verstärker verbinden, ohne etwas ausbauen oder öffnen zu müssen. Natürlich hätte sich hier auch der nicht mehr ganz neue Cassettenrecorder von Philips anschließen lassen.

Zusätzlich kennt der Stereotronic noch einen weiteren Eingang für „Tonband-Chassis ohne Vorverstärker“ [6] (Tape Head), der über den Drehschalter aktiviert wird, also von dem auch aufgenommen werden kann.
Die FUNKSCHAU berichtete ihren deutschen Lesern 1967 davon, dass Tonbandgeräte in den USA häufig nur zur Wiedergabe verwendet worden wären, also nicht aufzunehmen bräuchten. Um den konstruktiven Aufwand weiter zu reduzieren hätte man bei solchen Geräten zudem auf die eigene Wiedergabe-Entzerrung verzichtet, versuchte den Käufern stattdessen einzureden, dass die ja besonders guten HiFi-Verstärker besser in der Lage wären, die vorbespielten Bänder wiedergabeseitig zu entzerren, als das ein eingebautes Gerät könne [76].
Das Problem bei solch einem Ansatz besteht natürlich darin, dass der HiFi-Verstärker kaum an die individuellen Eigenschaften des Wiedergabekopfes angepasst werden kann. Und wenn, dann wäre der Betrieb eines anderen Bandgerätes an diesem Anschluss ebenso ausgeschlossen, wie die Verwendung mehrere Bandgeschwindigkeiten.
Immerhin erlaubt die Tape Head-Buchse den Einsatz von Geräten, die ohne Wiedergabeverstärker kommen. Darüber hinaus mochte so ein Tape Head-Anschluß vor allem für diejenigen interessant gewesen sein, die das Angebot, ihr Mono-Bandgerät auf Stereo aufzurüsten, angenommen hatten, sich aber den Einbau eines neuen Vorverstärkers für den zweiten Kanal hatten ersparen wollen.
Natürlich kann ein per Tape Head angeschlossenes Bandgerät nur Wiedergabe. Für die Aufnahme bräuchte es einen weiteren Verstärker. Kein Zufall also, dass dieser Anschluss sich über den Quellwahl-Schalter wählen lässt und in der Anleitung für reine Wiedergabegeräte beschrieben wird.
Die SEL dürfte so ein Bandgerät eher nicht im Angebot gehabt haben. Daher waren die Bedienungsanleitungsschreiber in Pforzheim wohl etwas verwirrt und erklärten den Sinn des Anschlusses mit „Eine Bandabspieleinrichtung, die keinen eingebauten Verstärker besitzt, ist an dieses Buchsenpaar anzuschließen“ [6] und notierten in den Technischen Daten für die Eingangsempfindlichkeit: „Phono magn. 3 mV, übrige 150 mV“ [6] Zumindest missverständlich, denn „Verstärker“ meinte hierzulande in Tonbandgeräten in der Regel eine Endstufe zur Ansteuerung von Lautsprechern. Und etwas unvollständig: Natürlich verfügte der Pioneer SM-83 elektrisch über einen wirklichen Tape Head-Eingang [52] und ist dieser auch auf der Schaltung des STV-102 [6] vermerkt. Hier sind auch andere elektrische Werte eingetragen, als in der Anleitung: Radio und Aux mit 147 mV, Tonband mit 212 mV, Mikrofon mit 3,1 mV, Phono MM mit 3,3 mV, Phono Kristall mit 20 mV und Tape Head mit 2 mV. [6]

   

Auf der Rückseite ist der Verstärker mit einem Lautsprecher-Terminal ausgestattet, an das insgesamt vier Schraubenköpfe die vier Litzen andrücken sollen.
Im Prospekt hatte Stereotronic noch von einem „extrem flachen, unauffälligen Bandkabel“ [4] geschrieben, das die Verbindung zwischen Steuerwagen und Boxen hatte herstellen sollen. In der Anleitung kann man lesen, „... Sofern der Abstand zwischen Klangkörper und Steuerwagen nicht mehr als 15m beträgt, kann normale Netzleitung - 2x 0,75 m² Querschnitt - verwendet werden. Bei größeren Entfernungen ist eine stärkere Leitung zu nehmen.“ [6]
Ein HiFi-Magazin hatte mal lackierten Klingeldraht als optimale Verbindung zu den Lautsprecherboxen empfohlen. Einmal. Danach wohl nie wieder. Welcher Klingeldraht-Hersteller wirbt schon in einem HiFi-Magazin?

Außerdem befinden sich auf der Rückseite des Verstärkers noch drei Netzbuchsen für den Strom-Anschluss weiterer Geräte. Im Steuerwagen sind an der einen geschalteten Buchse der Tuner, der Plattenspieler und der Lüfter angeschlossen, wahrend Stereotronic für die Stromversorgung eines Tonbandgerätes eine der beiden ungeschalteten Buchsen empfahl.
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#6
Der Tuner - irgendwo habe ich das schon einmal erwähnt - wird an ein RCA-Buchsenpaar des Verstärkers angeschlossen. Selber verfügt er über zwei Norm-Buchsen. Die NF-Ausgangsbuchse zum Verstärker ist regelbar, die andere auf einen festen Wert eingestellte DIN-Buchse erlaubt den direkten Anschluss eines Aufnahme-Gerätes.

Auch hier gewinne ich schnell den Eindruck, die Autoren der Bedienungsanleitung haben nicht besonders oft mit den Entwicklern des Tuners gesprochen. Warum dem Tuner dieser zweite Ausgang spendiert worden war, geht aus der Anleitung jedenfalls nicht hervor. Stattdessen schreibt der Hersteller, „Zwecks Tonbandaufnahmen ist die Buchse ... für den Anschluß eines Tonbandgerätes vorgesehen. ... Das Tonbandgerät kann jedoch auch am nachfolgenden Verstärker angeschlossen werden, wobei dann Aufnahme- und Wiedergabe möglich ist …“ [53] Man könnte auch einen Regenschirm einbauen und einfach darauf verzichten, ihn zu benutzen, weil der Tuner ja meist sowieso in Innenräumen verwendet werden dürfte.

Während der Tonband-Ausgang auf einen Festwert von 200 mV eingestellt ist, lässt sich der andere bis 1 V bei 1 kOhm regeln.
Es ist wohl so, dass die zeitgenössischen einheimischen Bandgeräte halt oft mit einem Anschluss ausgestattet gewesen waren, der den Anschluss-Werten des STT102 entsprach. Bei Verstärkern galt es hingegen, den Tuner anpassbar auszulegen. Schließlich sollte der Stereotronic an DIN- und an RCA-kompatiblen Geräten verwendet werden können.
Zudem war so die Möglichkeit gegeben, ein weiteres Bandgerät zu verwenden und konnten Störungen, die sich aus dem Umweg über den Verstärker ergaben, durch den direkten Anschluss vermieden werden.

[    

Die Frontplatte des Tuners ist von außen mit vier Schrauben befestigt, die auch als Zier-Elemente dienen. Die zwei Tuning-Knöpfe müssen abgezogen werden, bevor sich die Metallplatte abnehmen lässt. Die Bodenplatte ist geschraubt.

   

Reichhaltig ist die Ausstattung an Anzeigen des Tuners. Heute sagt man „Benutzerschnittstelle". Der Stereotronic STT-102 erlaubt die getrennte Einstellung von Mittelwelle und UKW mit getrennten Drehknöpfen über getrennte, beleuchtete Skalen.

   

Sie erlauben es, den Lieblingssender auf UKW eingestellt zu lassen, während gleichzeitig die Wellenjagd auf der Mittelwelle möglich ist. Welches Band aktiv ist, zeigt jeweils ein Lämpchen rechts neben der entsprechenden Skala an.

   

Ebenfalls mit Hilfe zweier Lämpchen signalisiert der Tuner den Empfang in mono oder stereo. Ein Ratiomitten-Instrument und eine Feldstärken-Anzeige komplettieren das Bild.
Heute mag das alles normal scheinen. 1966 war es das nicht! Wer sich zum Beispiel einen Telewatt FM2000a anschaut, der findet nicht mehr Ausstattung vor. Nur fehlt dort halt das Mittelwellen-Band.

Aber auch sonst ist die Ausstattung interessant. Schaltet man beispielsweise den Tuner ein, signalisiert dieser das sofort mit Hilfe der Skalenbeleuchtung, wirkt jedoch eine Verzögerungsschaltung, die das „… Empfangsteil erst nach ca. 5 Sekunden … in Betrieb ...“ [53] setzt. Überspannungs-Schäden und „störende Anlaufgeräusche“ werden damit unterdrückt.

   

Insbesondere für die Sendereinstellung in Regionen mit einer hohen Sender-Dichte verfügt das Gerät über eine Bandbreiten-Umschaltung, getrennt für AM und FM. In Stellung „breit“ bietet das Gerät die bestmögliche Qualität. In Stellung „schmal“ lässt sich das Übersprechen von benachbarten Sendern unterdrücken. Unterschiede werden im Klirrfaktor deutlich: <= 0,2% in Stellung breit, <= 0,8% in Stellung schmal nennt die Service-Anleitung [53]
AFC, die automatische Frequenz-Kontrolle, lässt sich für UKW zuschalten. Ebenso die Rauschunterdrückung „Muting", bei der der Tonfrequenzteil bei Antennenspannungen unter 2 µV abgeschaltet wird. Das Zwischenfrequenzrauschen, Zirpen usw. wird dann beim Wellenreiten nicht ausgegeben.
Beim Einfall eines Stereo-Senders und einer Antennen-Spannung größer als 10 µV schaltet der Tuner automatisch auf den Stereo-Betrieb und signalisiert dies durch das Aufleuchten der entsprechenden Lampe. Mit dem Druck auf die „mono"-Taste kann das Gerät wieder auf die monofone Übertragung zurück gestellt werden, womit eine zehnmal niedrigere Antennenspannung für einen einwandfreien Empfang benötigt wird.
Auch hier lohnt ein Vergleich mit dem Klein + Hummel, der im Telewatt-Prospekt mit „Welt-Spitzenklasse“ [54] bewertet wird. Ob dessen zusätzliche schaltbare Pilotton-Unterdrückung für den Tonband-Ausgang im Vergleich tatsächlich ausschlaggebend gewesen war, mag ich nicht bewerten.

   

Insgesamt verfügt der Stereotronic über drei Antennen-Eingänge: AM und FM symmetrisch (240 Ohm) und FM unsymmetrisch (60 Ohm Koax). Der Mittelwellen-Teil kann über die AM- oder, mit Hilfe der eingebauten „Antennenweiche“ [53] über die FM-Antennenbuchsen gespeist werden.

   

Der HF-Teil hat drei mit Dreko abgestimmte Kreise. Hinter der geregelten HF-Stufe kommt ein Mischer dem parallel in einem Zweig der Oszillator, in dem anderen der 460 kHz ZF-Verstärker mit drei umschaltbaren zweikreisigen Bandfiltern folgen. In dessen dritter ZF-Stufe liegt der Demodulator, der die Regelspannung für die erste ZF-Stufe erzeugt.
Die Schaltung zeigt sechs Silizium Planar-Transistoren BF133 und drei Germanium-Dioden AA112

   

Das UKW-Teil verfügt über fünf abstimmbare Kreise, von denen vier über den Dreh-Kondensator abgestimmt werden. Es hat zwei HF-Stufen, eine Mischstufe, eine Trennstufe und einen Oszillator samt einer Silizium-Diode zur automatischen Frequenznachstimmung.
Hier sind Transistoren BF115 (Silizium Planar-Epitaxial NPN), BF133 (Silizium Planar), BF155 (Silizium Planar NPN) und BF175 (Silizium Planar NPN) verbaut, außerdem eine Silizium-Kapazitätsdiode BA121.
Ein Ausgang der ersten Mischstufe führt zum ersten 17,4 MHz-ZF-Verstärker mit drei ZF-Stufen. Dahinter befindet sich einerseits ein Begrenzer und ein Diskriminator, andererseits ein zweiter Mischer mit zweitem Oszillator und 4-Kreis-Filter an seinen Ausgängen. Hier kommen fünf Transistoren BF175 und zwei BF133, sowie eine Germanium-Diode AA112, zwei AA112p sowie zwei OA182 zum Einsatz.

   

In der zweiten Mischstufe wird aus der 17,4 MHz-Zwischenfrequenz und der Frequenz des zweiten Oszillators (21,65 MHz) die zweite ZF von 4.25 MHz gebildet. An dieser Stelle finden jeweils zwei BF131/III Silizium Planar NPN- und 2N3702 Silizium Planar PNP-Transistoren Verwendung.

   

Der 4,25 MHz-ZF-Verstärker ist fünfstufig aufgebaut. Er besteht aus einer Verstärkerstufe mit zweikreisigem Bandfilter, einer zweiten und einer dritten Verstärkerstufe mit Einzelkreis. Die folgende Begrenzerstufe ist einerseits von einem Diskriminator mit Ratiofilter und einem Anzeigeverstärker für die beiden Drehspulinstrumente flankiert. Der Anzeigeverstärker aus dem 4,25 MHz-ZF-Verstärker steuert die Muting-Schaltstufe, die, wenn aktiv, die NF-Vorstufen aufregelt. Die dritte Verstärkerstufe erzeugt mit Hilfe zweier Dioden am Kollektor die Steuerspannung für die Stereo-Automatikstufe.
Hier sind fünf BF131, ein BF131/III und ein BF175 im Einsatz. Dazu sieben AA112 und eine Si-Kapazitätsdiode BA121.

Im Decoder befinden sich hintereinander zwei NF-Vorstufen, die entweder über den MW-Bereich oder einen Ratiodetector des UKW-Teils gesteuert werden. Die NF wird am Emitterwiederstand des auf die Vorstufen folgenden Impedanzwandlers des Decoders abgenommen und in eine Brückenschaltung in eine 38 kHz-Verstärkerstufe eingespeist. Der Sekundärkreis der ersten 19 kHz-Verstärkerstufe, die auf den Wandler folgt, bildet eine Frequenzverdoppler-Schaltung. Die erwähnte 38 kHz-Verstärkerstufe verfügt über einen 19 kHz-Sperrkreis zum Impedanzwandler und über eine Dioden-Brückenschaltung am Ausgang, in die die NF eingespeist wird. Dem folgen zwei NF-Endstufen, jeweils mit nachgeschaltetem Impedanzwandler.
Die Steuerspannung für den fünfstufigen 19 kHz-Verstärker der automatischen Stereo-Anzeige wird vom Sekundärkreis der ersten 19 kHz-Verstärkerstufe entnommen. Dem folgt der zweite 19 kHz-Verstärker, deren vierte Stufe ein Relais steuert, das die Anzeigelampen und im Mono-Betrieb die NF-Ausgangs-Buchsen parallel schaltet.
Hier sind elf BF131/III, zwei 2N3702 und ein BSX24, sowie drei AA112 und vier AA132 eingebaut.
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#7
Vor dem Krieg war es üblich gewesen, eine Musikanlage in Form eines Phono-Möbels aufzubauen. Während man dieses in Deutschland von einem Hersteller gekauft hatte, hatte es in den USA frühzeitig die Möglichkeit gegeben, ein Phono-Möbel mit Bauteilen eigener Wahl zu bestücken beziehungsweise. bestücken zu lassen, um die oft armselige Qualität zu optimieren. Wenn man sich das denn leisten wollte.
Nach dem Krieg waren die alten Set-Hersteller der USA zum großen Teil nicht wieder in die Phono-Branche zurückgekehrt oder hatten zunehmend eigenständige Komponenten angeboten; lediglich Philco war dem alten Prinzip der Komplett-Lösung bis in die späten Sechziger treu geblieben. Neue Anbieter waren entstanden, die keine vollständige Palette im Angebot gehabt hatten, das Geschäft mit dem Endkunden jedoch nicht einem Vermittler oder einem Set-Anbieter hatten überlassen wollen. Immer mehr Hersteller bauten eigenständige Komponenten, die zum Subjekt einer eigenen Gestaltung werden mussten aber auch werden konnten, sich nicht in einem Holz-Schrank verstecken mussten.
In den Büchlein „Stereo und HiFi“ schrieb Curt Menke „… unsere Freunde aus Übersee haben frühzeitig erkannt, daß der technical look vor allem von den ersten Käufern sehr geschätzt wird. ...“ [55, S.164]

Auch in der Bundesrepublik hatte es natürlich die Möglichkeit gegeben, sich die Bestückung eines Phono-Möbels aus einzelnen Komponenten selber zusammen zu stellen. So bot Grundig seine Einbau-Module an und Firmen wie Radio-RIM versorgten Fans mit ELA-Technik. Doch welcher Radio-Fernseh-Händler an der Ecke hatte so etwas auf Lager oder auch nur selber einmal ausprobiert, hätte beraten können, welche Kombination gepasst hätte.
Curt Menke gibt in seinem Büchlein auch einen Einblick in das zeittypische Verständnis der mittleren Sechziger Jahre, abseits der Spezies „HiFi-Freak“. So konstatierte er, es würde diskutiert, die große Auswahl (!) an Geräten hätte dazu geführt, dass kaum jemand sich einen Überblick über deren Unterschiede und ihre Kombinationsmöglichkeiten verschaffen könne. Das ließe sich doch vermeiden, würde die Industrie die Verantwortung übernehmen, „… indem sie sich von der jetzigen Zersplitterung in einzelne Bauteile abwende und nur noch vollständig Anlagen anbiete, die eine bestmögliche Kombination von Einzelbausteinen darstellten. ...“ Dann bräuchte sich der Kunde „… nur noch für ein bestimmtes Fabrikat zu entscheiden. ...“ [55, 75f]
So mancher heutige „HiFi-Freak“ würde selbst die auch nur Existenz dieser Zeilen in einem HiFi-Buch leugnen wollen. Aber wir Freaks waren halt immer schon eine Minderheit und „HiFi“ sollten viele Kunden ohne nachdenken zu müssen kaufen wollen.

Die SEL bot mit ihren Stereotronic Steuerwagen eine hochwertige Interpretation des Phono-Möbels an, die sich in der Form von der verbreiteten „Musiktruhe“ unterschied. Bei der waren Verstärker und Tuner in einem Chassis und mit Plattenspieler und Lautsprecher in einem Gehäuse vereint, das weit weg vom Musikhörer, irgendwo an einer Wand aufgestellt werden sollte.
Bei Stereotronic gab es ein eben nicht „kompaktes“ System: „Der Steuerwagen ist ein Merkmal aller Stereotronic-Musikanlagen. Mit ihm rücken Rundfunkempfänger, Verstärker und Präzisionsplattenspieler - organisch zum Tonstudio vereinigt – in die günstigste Hörposition. Sämtliche Funktionen und Klangkorrekturen erfolgen vom einmal eingenommenen Sitzplatz aus.“ [4] Die „Klangkörper“ genannten Boxen standen extra. Zwei. Wegen „Stereo“. Und auch die waren, zumindest zu Beginn, zum Teil mit Pioneer-Chassis bestückt.

Wer wäre Mitte der Sechziger Jahre auf die Idee gekommen, irgendwo ein „Phono-Rack“ ins Wohnzimmer zu stellen oder gar ein Schwerlast-Regal für die HiFi-Anlage? Stattdessen verhandelten die Radio- und Fernseh-Hersteller in der zweiten Hälfte der Sechziger mit der Möbel-Industrie über Rastermaße von Schrankwänden, aus denen die späteren „typischen“ Dimensionen deutscher Fernseh-Geräte und Receiver resultieren sollten.

Aber was sprach dagegen, ein hübsches Möbel neben Papas Sessel zu stellen? Und da das Möbel auf Rollen stand, ließ es sich weg schieben, wenn Papa nicht da war. Und damit das Möbel auch wirklich in die Wohnung passte, hatte Stereotronic den Steuerwagen in acht Stilrichtungen angeboten [1]
Und wer eine solche Lösung, mit dem Steuerwagen neben Papas Sessel, nicht wollte, nicht stellen konnte, oder wer sowieso nicht so viel Wert auf die Musik-Beschallung gelegt hatte, der konnte von Stereotronic halt auch eine Musik-Anlage ohne Rollwagen bekommen. Und auch die sollte sich in eine moderne Wohraum-Gestaltung einfügen. Wie so etwas aussah, zeigt das Radiomuseum Rottenburg; einfach mal auf die Links klicken.
Und da die „Schrankwand“ noch nicht verbreitet eingezogen war, da die schlichte Moderne noch mit Gelsenkirchner Barock und die Vorherrschaft im Wohnzimmer stritt, protzten die Stereotronic-Komponenten nicht mit glitzernden Fronten und „technical look“. [55]
Die großen Stereotronic waren für den Technik-Interessierten gedacht. Die kleinen Stereotronic STV101 und STT101 sind dezenter, lassen sich auf ein Sideboard oder in ein Regal stellen, ohne dabei besonders dominant zu wirken. Sie lassen sich genauso frei aufstellen, wie man eine Blumenvase oben drauf platzieren kann, ohne dass die deplatziert wirken würde. Aus heutiger Sicht – zumindest für den „HiFi-Freak“ – vielleicht etwas merkwürdig. Aber fragt mal Eure Frau … (auf meinen beiden Isophon im Wohnzimmer hat auf wundersame Weise jeweils ein Deckchen Platz gefunden. Auf der einen sitzt eine Teddy mit Bild, auf der anderen steht eine Lampe und eine Uhr. Räume ich das eine wie das andere weg, kommt es wie von selbst bald wieder zurück. Oder es erscheint etwas anderes.)


Am Ende steht noch einmal die Frage „wann?".
Das Amtsgericht Mannheim registriert unter der HRB 500149 [56] die Eintragung einer Stereotronic Vertriebsgesellschaft mbH am 17.08.1965. Die ELEKTROTECHNISCHE ZEITSCHRIFT erwähnt noch 1965 , Stereotronic gehöre „als neue Vertriebsfirma für Hi-Fi zur SEL“ [57]
für den, der es nicht gleich gemerkt hat: „Vertrieb“ meint nicht „Herstellung“.

Die erste Werbung für Stereotronic, natürlich unter dem „Strahlenstern", findet sich in der Oktober-Ausgabe 1965 der HIFI-STEREOPHONIE [2]. Allerdings hatten die Werbenden den Lesern des Magazins noch nicht verraten, was sie eigentlich verkaufen wollten. Tatsächlich verriet die SEL den Lesern der HiFi-STEREOPHONIE ein ganzes Jahr lang nicht, was sie anbieten wollte! [2]

Die erste Anzeige für den Steuerwagen Modell 22 habe ich in der Ausgabe vom 5.10.66 des HOBBY-MAGAZIN [58] gefunden, die erste Anzeige für den Tuner STT-102 dann in der Ausgabe vom 19.10.66. [59]
Im Oktober 1966 hatte es die Geräte von Stereotronic also tatsächlich gegeben. Mehr als ein Jahr nach der Marken-Gründung und ein Jahr nach der ersten Werbung.

In Wort und Bild stellte das HOBBY MAGAZIN am 30.11.1966, in einem HiFi-Sonderteil, die Serie 101 im „wohnlichen Kleid“ und auch den STT-102 vor: „Damit wird Rundfunkempfang zur Freude“ [49]. Der Verstärker STV-102 wird zumindest zweizeilig erwähnt, jedoch nicht im Bild gezeigt.
Auch in der November-Ausgabe der HIFI-STEREOPHONIE von 1966 warb Stereotronic, und Herr Redlich schreibt dazu, „...jetzt wissen wir, was die wirklich verkaufen wollen.“ [2] Wirklich?

Das INTERFUNK-Magazin, das zum Jahresbeginn 1967 aus der Zusammenlegung der GRAETZ-NACHRICHTEN und der SCHAUB-LORENZ-ZEITUNG hervorgegangen war, kommentierte in seiner ersten Ausgabe: „... Durch den neuen Mitherausgeber Stereotronic eröffnet sich die Möglichkeit, nicht nur beiläufig über interessante HiFi-Projekte zu berichten. …“ [60]

Am 3. Februar 1967 veröffentlichte der dänische Direktor des Patent- und Markenverbundes die Registrierung des Warenzeichens „Stereotronic“ für die Standard Elektrik Lorenz AG aus Stuttgart-Zuffenhausen. [61]

Noch auf der Funkausstellung in Berlin, die vom 25.08. bis zum 3.09.1967 stattfand, präsentierte die SEL die Zukunft des Hauses. In der Ausgabe 5 von 1967 berichtete das INTERFUNK-Magazin von den „Neuheiten von der Deutschen Funkausstellung“ [51] und zeigte die Stereotronic STT-202 und STV-202 auf dem Titelbild. Die Schaltung des Tuners sei verändert worden und im Verstärker werkelten Transistoren.
Auch im HiFi-Jahrbuch III [1] für 1967/68 war die zweite Generation bereits vorgestellt gewesen.

Und dann? Dann war Schluss.
Das Amtsgericht Mannheim registriert die Löschung der Stereotronic am 22.01.1968. [56] In der ersten Ausgabe des INTERFUNK-MagazinS von 1968 ist die Stereotronic aus dem Impressum verschwunden, wurde durch die Radiofabrik Ingelen aus Österreich als Mit-Herausgeber ersetzt.

Die RADIO ELEKTRONIK SCHAU veröffentlicht im Frühling 1968, „Die Stereotronic Vertriebs GmbH (SEL- Gruppe) ist wegen Betriebsstillegung aus dem dhfi ausgeschieden.“ [62]
Gert Redlich schreibt zur Inhaltsübersicht für die April Ausgabe 1968 der HIFI-STEREOPHONIE, „... Das DHFI berichtet über die ersten Opfer ... im voraussehbaren Preiskampf ...: Die SEL Tochter Stereotronic aus Pforzheim ist stillgelegt worden und aus dem DHFI ausgeschieden. Zwei absolut hervorragende Produkte fanden so nie den Weg zu den Kunden. Die komische Werbung tat ein Übriges, den Start gründlich zu vermasseln ... und vermutlich stieg den SEL Machern der Investitionsbedarf über den Kopf. …“ [2]

Auch das INTERFUNK-Magazin wurde mit der Ausgabe 10/1969 eingestellt, wie man in der ZDB-Datenbank [63] nachlesen kann. Es folgte ab 1970 das ITT-SCHAUB-LORENZ-MAGAZIN.

So viel Vor-Erzählung für so wenig Firma.

Nur die Amerikaner haben wohl nicht alles mitbekommen. Noch in der Ausgabe vom 30. August 1969 führte BILLBOARD die Stereotronic Verstriebsgesellschaft in Pforzheim unter den West-Deutschen „phonograph manufacturers“ [64] auf. ITT, Graetz und Schaub-Lorenz hingegen nicht. Gemein haben die Vier, dass keiner von ihnen in den Sechziger Jahren einen „Phonograph“ gebaut hat. So sind sie, die Amerikaner. Jedenfalls, wenn es uns Ausland geht. Irgendetwas „first!“ Hauptsache Ausrufezeichen.
Saba ist übrigens auch genannt. Hat Saba Plattenspieler gebaut?


In der Juno-Ausgabe 1968 der FONO FORUM berichtete Ingo Harden in „Das Neue kommt leise", den Nachträgen zur Hannover-Messe: „... Schaub-Lorenz hat vor kurzem das Programm der aufgelösten Firma Stereotronic übernommen. …“ [65] Bereits im eigentlichen Messe-Bericht hatte er bemerkt, die SEL hätte erstmals HiFi-Lautsprecherboxen angekündigt gehabt. Wobei: bereits im Sommer 1967 warb die SEL im INTERFUNK MAGAZIN ganzseitig für die Regalboxen 25W40 [77].
Meine Stereotronic-Boxen STL-201 gibt es 1:1 auch als ITT Schaub-Lorenz HiFi-Klangstrahler.

Falls jemand einen 102 und 202 der Marke Schaub-Lorenz sieht, möge er mich kontaktieren. Ihr wollt die nicht; ich würde mich opfern.

   

Technische Daten des STT-101
Wellenbereich: 87,5 – 108,5 MHz
Kreise: 14
UKW-Teil: 1 HF-Vorstufe und Mischstufe, getrennter Oszillator, Abstimmung mit 4fach Drehko
Empfindlichkeit: 1,5 µV bei 20 dB Rauschabstand und 22,5 kHz Hub
ZF-Teil: 4stufiger ZF-Verstärker mit abschaltbarer Rauschsperre; Schwellwert ca. 1,5 µV
Bandbreite: 250 kHz bei 1 mV Eingangssignal
Kanaltrennung: über HF bei +/- 40 kHz, Hub: 30 dB
NF-Frequenzbereich: 40 – 15.000 Hz +/- 3 dB
Klirrfaktor: beo 40 kHz Hub und Uo = 1 mV: <1%
Begrenzungseinsatz: 1,5 µV
Spiegelselektion: 60 dB
ZF-Festigkeit: 60 dB
Pilottonunterdrückung: 35 dB
Deemphasis: 50 µs

Decoder:
Frequenzgang: 30-15.000 Hz +/- 1 dB
Eingangswiderstand ca. 100 kOhm
Eingangsspannung: min. 70 mV / max. 1,2V
Ausgangsspannung: ca. 150 mV
Klirrfaktor: < 0,3% bei 1kHz
Übersprechdämpfung: > 30 dB
Deemphasis: ca. 50µs
Pilottonunterdrückung: 35 dB am Ausgang
Fremdspannungsabstand: > 60 dB

Schaltmöglichkeiten: Netz ein/aus, Automatik, Stummabstimung, manuell
Abstimmanzeige: Anzeige des Nulldurchgangs bei FM; Stereo/Mono-Signalisierung durch Lämpchen
Antenneneingang: 240-300 Ohm symmetrisch
NF-Ausgänge: getrennt für Verstärker und Tonband
Bestückung: 17 Transistoren, 13 Dioden
Netzanschluß: 110, 125, 150, 220, 240 V
Abmessungen: 385 x 130 x 268 mm BHT
Gehäuse: Edelholz
(Quelle: Interfunk-Magazin 6/67)

Abweichende / ergänzende Infos aus dem HiFi-Jahrbuch 3
Übersprechdämpfung bei 1 kHz und +/- 40 kHz Hub: > 30 dB
Fremdspannungsabstand bei +/- 40 kHz Hub: > 55 dB
Pilottonunterdrückung bei 19 kHz. 35 dB, bei 38 kHz: 50 dB
Bestückung: 17 Transistoren, 13 Dioden
Abmessungen (mm): 385 x 135 x 270
Gewicht: 4,5 kg


Technische Daten des STV 101 (STV 201)
Dauertonleistung: 2x 9 W (2x 18W)
Klirrgrad bei 1kHz/ Nennleistung: (< 0,3%)
Intermodulation 0,25/8 kHz 4:1: (< 1%)
Übertragungsbereich +/- 1 dB: 20-40.000 Hz
Übertragungsbereich +/- 3 dB: (20-30.000 Hz)
Fremdspannungsabstand Phono: (> 70 dB), AUX: (> 60 dB)
Eingänge Phono MM: (5mv/47kOhm), Phono Kristall: (250mV/500kOhm)
Eingänge Radio, Aux, Band: (250mV/500kOhm)
Ausgänge Lautsprecher: (4 Ohm)
Balance: (+/- 6 db)
Klangregelung Bässe/Höhen: (+17/-20dB / +16/-14 dB)
Bestückung: (16Si- + 6 Germanium-Tr.)
Abmessungen (mm): 385 x 130 (135) x 270
Gewicht: 6 kg (6,5 kg)
(Quelle: HiFi-Jahrbuch 3)

   

Technische Daten des STT 102 (STT 202)
Empangsbereich UKW: 87-108 MHz, MW: 510-1620 kHz
Empfindlichkeit für 20 dB Signal-Rauschabstand: UKW 1 µV, AM 8 µV (für 6 dB)
Bandbreite ZF-Verstärker: 250 kHz breit / 140 kHz schmal
Einsatzpunkt Begrenzung: 1,3 µV UKW breit, 0,8 µV UKW schmal
Klirrgrad bei 1 kHz: <= 0,2% FM breit +/- 75 kHz Hub, <= 0,8% FM schmal +/- 75 kHz Hub
Übersprechdämpfung bei 1 kHz und +/- 40 kHz Hub: 35 dB
Fremdspannungsabstand bei +/- 40 kHz Hub: 67 dB
Pilottonunterdrückung bei 19 kHz 56 dB, bei 38 kHz 76 dB
NF-Ausgangsspannung: 1V, 1 kOhm (1V, 10 kOhm)
Anzahl der Kreise: 10 AM, 15 FM breit, 25 FM schmal
Bestückung: 45 Si-Planar-Transistoren, 27 Dioden
Abmessungen (mm): 420 x 155 x 325 (405 x 150 x 285)
Abmessungen Chassis 380 x 115 x 285 (380 x 115 x 285)
Gewicht: 21 kg
Besonderheiten: 3 unabhängige ZF-Verstärker, Rauschunterdrückung, automatische Scharfabstimmung, getr. Feldstärke- und Abstimmanzeige
(Quelle: HiFi-Jahrbuch 3)

Technische Daten des STV 102* (STV 202)
Dauertonleistung: 2x 25 W (2x 55 W)
Klirrgrad bei 1kHz/ Nennleistung: 1% (< 0,1 %)
Intermodulation 0,25/8 kHz 4:1: (< 0,3 %)
Übersprechdämpfung: 50 dB
Dämpfungsfaktor: 13
Frequenzgang: 20-20.000 Hz +/- 1 dB **
Übertragungsbereich +/- 0,5 dB: (27-20.000 Hz)
Übertragungsbereich +/- 1 dB: (23-40.000 Hz)
Übertragungsbereich +/- 3 dB: 20-15.000 Hz (18-70.000 Hz)
Fremdspannungsabstand Phono: 55 dB (> 70 dB), AUX: 70 dB (> 60 dB)
Eingänge Phono MM: 3mV (4mV/50kOhm), Phono Kristall: (7mV/2kOhm)
Eingänge Mikrofon: 150mV (5mV/80kOhm)
Eingänge Radio, Band: 150mV (250mV/100kOhm)
Eingänge Aux: 150mV (250mV/600kOhm)
Monitor: (250mV/220kOhm)
Ausgänge Lautsprecher: 8, 16 Ohm (4-16 Ohm), Kopfhörer: 100 Ohm (4-400 Ohm)
Balance: +3 bis -6 dB
Klangregelung Bässe/Höhen: +/-15 dB / +/- 14 dB (+/- 18 dB)
Bestückung: 3x 12AX7, 2x 6AN8, 4x 7189A (43 Si-Transistoren, 17 Dioden)
Abmessungen (mm): 410 x 140 x 330 (405 x 150 x 285)
Abmessungen Chassis (mm): (380 x 115 x 285)
Gewicht: 12 kg (11 kg)
Besonderheiten: Rumpel- + Rauschfilter, Betriebsartenschalter mono/st, LS-Phasenschalter (elektr. Überlastschutz, Mikrofonverst./-regler, 3x Netzausgang, LS-Ausgang schaltbar)
(Quelle: HiFi-Jahrbuch 1966/67, *Bedienungsanleitung, **radiomuseum.org)
Stapelbüttel von einem ganzen Haufen Quatsch
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#8
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Quellen:

[1] High Fidelity-Jahrbuch III 1967/68 - Bausteine zur klangtreuen Musikwiedergabe, Verlag C. Braun c1967
[2] Deutsches HiFi-Museum / HiFi-Magazine / HiFi-Stereophonie: Inhalts-Übersicht http://www.hifimuseum.de/hifi-stereophonie.html
[3] Telefunken Nachrichten Nr.5 von 1935
[4] Stereotronic Steuerwagen Modell 27, Druckblatt 920.431
[5] Stereophonie: Paradies für Ohren, Der Spiegel 52/1965, S. 103ff
[6] Stereotronic Verstärker STV-102. Hinweise zur Bedienung
[7] https://www.tubeworld.com/7189.htm
[8] Datenblatt „Types 7189 and 7189A". Sylvania Electronic Tubes. (http://frank.pocnet.net/)
[9] http://www.sokoll-technologies.de/Museum.../6AN8.html
[10] Datenblatt „Sylvania Type 6AN8, 6AN8A, 5AN8". Sylvania Electronic Types (http://frank.pocnet.net/)
[11] Datenblatt: „12AX7 Twin Triode. Description and Rating“ General Electric Tubes (http://frank.pocnet.net/)
[12] Prospekt Schaub-Lorenz: Rundfunkgeräte-Musiktruhen ab 1.4.1965
[13] „Associated and Allied Companies“, in Electrical Communications, Oktober 1929, No.2 Vol.8, S.73, http://www.americanradiohistory.com/Arch...929-02.pdf
[14] „International Telephone and Telegraph Co.“ in Electrical Communications April 1931, No.4, Vol.9, S.255, http://www.americanradiohistory.com/Arch...931-04.pdf
[15] „Licensee Companies“ in Electrical Communications July 1935, No.1, Vol.14, S.95, http://www.americanradiohistory.com/Arch...935-01.pdf
[16] „Assiciated and Affiliated Companies“ in Electrical Communications Januar 1931 No.3, Vol.9, S.203, http://www.americanradiohistory.com/Arch...931-03.pdf
[17] Die ZEIT – Entschlossen vom 28.04.1967, https://www.zeit.de/1967/17/entschlossen
[18] Schaub-Lorenz Radio, Druckdatum Juli 1959, http://www.hifi-archiv.info/schaub59r/Sc...adio_2.jpg
[19] Graetz Raumklang mit Schallkompressor in „überall Graetz Radio“, Druckdatum 6/57, http://www.hifi-archiv.info/1957/11.jpg
[20] Valvo Datenblatt vom August 1963 (https://alltransistors.com/pdfview.php?d...ire=_valvo
[21] Radio RIM Görler Baumappe (http://www.rainers-elektronikpage.de/RAD...ruppen.pdf)
[22] Volker Konemeyer und Marco Böhme - Zeit Sprünge, Brühl/Baden, S.92
[23] http://www.hifimuseum.de/stereotronic.html
[24] Bob Estreich und Jal Verhelst - The Bell Telephone Manufacturing Company of Antwerp, Belgium (http://www.kulentuur.be/ateamuseum/vrien...b_BTMC.pdf)
[25] BTMC Prospekt (http://www.stereoskopie.com/3D-Anaglyphe...spekt.html)
[26] http://www.hifi-archiv.info/Rosita/1978/15.jpg
[27] http://www.wirtschaftswundermuseum.de/ba...966-1.html
[28] Werbung „Stereotronic ist ein neues Begriff für vollendeten Stereo-Klang“ hobby Magazin Nr. 21 vom 5.10.1966
[29] Hildesheim Fidelity - Blaupunkt Delta Hildesheim Fidelity – Blaupunkt Delta
[30] „Stereotronic STT 102 - wie im Märchen“, Interfunk-Magazin 1/67, S.18f
[31] Dr.-Ing. Jan Harmans: „Trends in Radio- and Television Receiver Components in Germany“ in Electrical Communications, Vol.41, Nr.3, 1966, S.341ff
[32] http://audiokarma.org/forums/index.php?t...le.279506/
[33] https://www.radiomuseum.org/r/ittusa_smx_100.html
[34] Pioneer-History: Corporate Information http://global.pioneer/en/80th/history/1950/
[35] Pioneer-History: Corporate Information http://global.pioneer/en/80th/history/1968/
[36] http://global.pioneer/en/80th/history/1937/
[37] Pioneer-History: Home HiFi http://global.pioneer/en/80th/history/1950/
[38] Werbung „3-way System Components“ im Audio Magazin 5/57 S.72 ... http://www.americanradiohistory.com/hd2/...2fukuin%22
[39] Werbung „The ultimate FM-Tuner“ im Audio Magazin 5/58 S.65
[40] „Annual Product Preview Issue 1962", Audio Magazin 8/62, S.35
[41] „Annual Product Preview Issue 1963", Audio Magazin 8/63, S.36
[42] Werbung Pioneer SM500 Audio Magazin 6/63, S.35
[43] http://audiokarma.org/forums/index.php?t...og.639108/
[44] „Annual Product Preview Issue 1965", Audio Magazin 8/65, S.38
[45] https://www.radiomuseum.org/r/stereotron_stv102_1.html
[46] Tabelle 1 http://www.jogis-roehrenbude.de/Transformator.htm
[47] http://www.transcendar.com/replacement-v...s/pioneer/
[48] Grundig HiFi-Studio 50: Die technischen Daten waren super http://www.hifimuseum.de/grundig-studio-50.html
[49] „Musik hören – aber wie?“ von Ernst Pfau im HiFi-Sonderteil des Hobby Magazin Nr. 25 vom 30.11.1966, S. 76 ff
[50] Was bin ich? - Artec SR32B
[51] „Neuheiten von der Deutschen Funkausstellung", Heft-Titel, Interfunk Magazin Heft 5 von 1967
[52] Schaltung Pioneer SM-83
[53] Stereotronic Tuner STT-102, Druckblatt 920.507
[54] Saba-Telewatt High Fidelity Programm, S.2 http://www.hifi-archiv.info/Saba/1967-4/0002.jpg
[55] Curt Menke – Stereo und HiFi – Das Erlebnis des dreidimensionalen Klangs, aus der Reihe: Der gute Tip, c1967 Südwest-Verlag München
[56] Gemeinsames Registerportal der Länder, HRB 500149, AG Mannheim
[57] Elektrotechnische Zeitschrift (ETZ) Ausgabe 17 1965
[58] Stereotronic-Werbung im Hobby-Magazin Ausgabe 21 vom 5.10.66
[59] Stereotronic-Werbung im Hobby-Magazin Ausgabe 22 vom 19.10.66
[60] Grußwort im Interfunk-Magazin, Ausgabe 1, 1967, S.3 http://www.fernsehmuseum.info/interfunk-magazin.html
[61] „Registreringstidende for vare- og faellesmaerker“ der direktoren for patent- og varemarkevaesenet, Nr.26A, 88 Jahrgang, Ausgabe vom 26.07.1967, S. 557, Tagebuchnummer A411/67 (Registernummer 1927/67, Journal 10A/67, S. 216)
[62] RADIO ELEKTRONIK SCHAU, Frühling 1968 (Band 44, S. 212)
[63] Deutsche Nationalbibliothek: Zeitschriftendatenbank https://zdb-katalog.de/title.xhtml?idn=01339889X&tab=4
[64] Billboard 30.08.1969, S.315, International Market Report, Phonograph Manufacturers
[65] Juno-Ausgabe 1968 der FONO FORUM (S. 359) berichtete Ingo Harden in „Das Neue kommt leise", den Nachträgen zur Hannover-Messe
[66] DER SPIEGEL Völlig blank, 23.12.1968
[67] The history of Mitsubishi Corporation in London: 1915 to present day, von Pernille Rudling, S. 132, ISBN 0415228727
[68] Die Industrie berichtet, Funkschau 4 vom 2.02.1967, S.94
[69] Aus Industrie und Handel, Funkschau 1 vom 1.01.1967, S. 31
[70] Aus der Wirtschaft, Funkschau 9 vom 1.05.1967, S.242
[71] Die ZEIT – Gesundgeschwitzt (24/1968) vom 14.06.1968 https://www.zeit.de/1968/24/gesundgeschwitzt
[72] Ingo Harden für die FONO FORUM (5/68, hifi Forum: Die Geräte-Neuheiten des Frühjahrs, S. 284)
[73] „DIN 45 500 – durchaus erschwinglich“, Interfunk-Magazin 6/67, S. 215ff
[74] „Stereophonie – schöne Gefühle“, Interfunk-Magazin 6/67, S.180
[75] „Die letzten 3 dB bringt der Whisky“, Interfunk-Magazin 1/67, S. 22F
[76] Ing. Max Victor: „Magnetkopf-Eingang am Hi-Fi-Verstärker?“ Funkschau 9 1967 S.279/719 ff
[77] „Ihre beste Schallplatte ist nichts wert ...“ Werbung für die SEL 25W40. Interfunk-Magazin 3/67, S.81

Nahezu alle genannten deutschen Quellen sind über das Zeitschriftenarchiv der Deutschen Nationalbibliothek in Frankfurt am Main und teils auch in Leipzig einsehbar. Darüber hinaus gibt es Jahrbücher, Radio-RIM Kataloge, Hersteller-Prospekte und Schaltungen bei http://www.hifi-archiv.info (ehemals „wegavision“), US-Publikationen bei http://www.americanradiohistory.com oder http://www.vintagevacuumaudio.com
Ein besonderer Dank gilt den Verlagen DIE ZEIT und DER SPIEGEL, die ihre alten Ausgaben recherchierbar online bereit stellen.

Die mir vorliegenden Stereotronic-Unterlagen werde ich bei Gelegenheit scannen und ins Netz stellen. Die finden sich dann im Download-Bereich des Forums und im HiFi-Archiv, wenn die Betreiber das denn wollen.


Nachbetrachtung.

Ein Wort zum Geleit. So könnte man meinen. Auf Seite 3 der ersten Ausgabe des INTERFUNK-Magazin erklärt die Redaktion ihren Lesern, das neue Heft sei nach dem Vorbild der GRAETZ-NACHRICHTEN entstanden, angereichert durch einige „redaktionelle Akzente", die sich in der SCHAUB-LORENZ-ZEITSCHRIFT als „erfolgreich“ erwiesen hätten. „Zur koordinierten Vertriebsorganisation der beiden Unternehmen kommt ... also gewissermaßen eine „koordinierte“ Zeitschrift."
Weiter heißt es, „Durch den neuen Mitherausgeber Stereotronic eröffnet sich die Möglichkeit, nicht nur beiläufig über interessante HiFi-Projekte zu berichten. ...“ Gleich im ersten Heft wurde der große Tuner STT-102 vorgestellt.

Tatsächlich veröffentlichte das INTERFUNK-Magazin das Geleitwort der ersten Ausgabe Anfang 1967, als es die Marke „Stereotronic“ bereits gegeben hatte. Monate lang. Jahre lang? Und wurde auch Stereotronic „koordiniert"?
Tatsächlich stand auf Seite 2 eine Pressemitteilung, „die hiermit auch Interfunk-Lesern zur Kenntnis gegeben werden soll: Wie Dipl.-Ing. Burkhard Wiesmann, stellvertretendes Vorstandsmitglied und Leiter des Geschäftsbereiches Rundfunk Fernsehen Phono der Standard Elektrik Lorenz AG in Pforzheim mitteilte, wird die angekündigte Koordinierung der Vertriebsorganisationen der Graetz Vertriebsgesellschaft mbH, Dortmund, und der Schaub-Lorenz Vertriebsgesellschaft mbH, Pforzheim, am 1. Januar 1967 durchgeführt. ...“ Kein Wort zu Stereotronic! Wie bereits weiter oben angedeutet, war da wohl nicht viel zu koordinieren gewesen. Vielmehr dürfte die Stereotronic bereits koordiniert auf die Welt gekommen sein.

"Konzipieren Sie einen HiFi-Stereotuner, der kompromißlos allen Forderungen moderner HiFi-Technik gerecht wird, ohne Rücksicht auf die Kosten". Wenn Weihnachten nicht gerade vorbei wäre - wie ein Weihnachtsmärchen klingt ein solcher Auftrag in den Ohren des Eintwicklungsingenieurs. ...“ leitete der unbekannter Autor seine Vorstellung des Stereotronic-Tuners ein.
Wenn die erste Werbung für Stereotronic in der Oktober-Ausgabe 1965 der HiFi-STEREOPHONIE erschienen war, wenn die Firma im August 1965 gegründet worden war, dann könnte dieses Weihnachtsgeschenk Anfang 1965 überreicht worden sein. Nur eine These. Zwei Jahre, bevor das Interfunk-Magazin das Ergebnis der Entwicklungsarbeit vorgestellt hatte. Nahezu zwei Jahre, in denen Stereotronic kein Produkt hatte verkaufen können, dafür aber Geld gekostet haben dürfte.

Grundig hatte sein Studio 50 1963 auf den Markt gebracht. Und die Anlage funktionierte! Und die Anlage war ein Paukenschlag gewesen. „Warum haben wir so etwas nicht?", wird der eine oder andere Manager der größeren Konzerne gedacht haben. Die AEG, Siemens, Philips, Blaupunkt, Nordmende ... All die Großen der Branche hatten bestenfalls erste Steuergeräte im Angebot gehabt. Es waren vor allem die vermeintlich Kleinen: Braun, Dynacord, Sennheiser, die bereits auf Komponenten-"HiFi“ gesetzt hatten. Eine Marktlücke?

Die Amerikaner hatten getrommelt. Die Briten trommelten mit. Und nun Max Grundig als einer der Großen, der für seine gute Nase bekannt gewesen war.

Dies mag der Kontext gewesen sein, in dem der Entwicklungs-Ingenieur der SEL sein verspätetes Weihnachtsgeschenk bekommen hatte. Ein anderer Teil des Kontextes mögen die rückläufigen Umsätze im Radio-Markt gewesen sein. Etwas stockte. Warum?
"Ganz im Gegensatz zu klassischen Luxusgütern reagierten die HiFi-Verkaufszahlen nicht auf die gedämpfte Konjunkturlage", diktierte der Stereotronic-Geschäftsführer Ferdinand Wrobel den Autoren des INTERFUNK MAGAZIN die Ergebnisse einer „kommerziellen Beobachtung“ in die Feder. Sollte also „HiFi“ ein Ausweg sein können?


Mit Beginn der Sechziger Jahre hatten die Radio-Hersteller begonnen, Stereo-Geräte auf den Markt zu bringen. Freilich etwas früh, denn das Angebot an Stereo-Sendungen war begrenzt gewesen. Der frühe Boom schien abgeflaut. Die Käufer hielten sich zurück, setzten eher auf die Stereo-Schallplatte. Das Resultat zeigt das Telefunken-Programm: ein Stereo-Steuergerät, 1964 dann zusätzlich zwei HiFi-Stereo-Röhrenverstärker, die im Prospekt jeweils zusammen mit einem Plattenspieler gezeigt wurden. Kein Tuner. 1966 dann der erste Transistor HiFi-Verstärker von Telefunken. Kein Tuner.

Wer etwas verkaufen will, der braucht ein Produkt. Wer ein Produkt hat, der braucht jemanden, der es haben will. Dafür muss der wissen, dass es das gibt.
Die meisten der Mitbewerber hatten sich für den Weg entschieden, vorhandene Produkte abzuwandeln: Man nehme die bekannte Marke, man nehme ein bekanntes Radio, hänge einen zweiten Lautsprecher dran und nenne das Ergebnis „Stereo". Das Schaub-Lorenz Rialto M Stereo ist ein Beispiel für diesen Weg. Oder man beraube das bekannte Radio um den eingebauten Lautsprecher, mache das Gehäuse etwas flacher, hänge zwei Lautsprecher dran und nenne das Ergebnis „HiFi-Stereo". Telefunken Concertino, Nordmende 3004, Grundig Stereomeister 35 oder Saba Freiburg Studio Vollautomatic sind Beispiele für diese Geräteklasse.
Schaub-Lorenz und Graetz waren mit Ihren Stereo-Radiogeräten für den Konzern aktuell nicht eben Wachstumsbringer gewesen. Das Image der alten Marken war zudem nicht wirklich „modern". Würden die HiFi-Interessenten, die Werber als typischerweise „Männer von mindestens 25 Jahren Alter mit einem monatlichen Netto-Einkommen oberhalb von eintausend Mark“ beschrieben, eine „HiFi-Anlage“ der alten Marken den amerikanischen, den britischen oder den Fürther Konkurrenten vorziehen?
Übrigens lag das jährliche Durchschnittseinkommen lediger und kinderloser Männer (Steuerklasse 1) im Jahre 1965 laut Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz bei DM 9.229. Der „Durchschnittsbürger“ war also nicht der typische HiFi-Käufer gewesen. Ganz anders heute, ob die Unterhaltungselektronik vor allem von „Hartz 4“ lebt. China sei dank.

"HiFi“ war keine Erfindung der SEL gewesen. Andere dominierten das Thema, hatten den Begriff mit einer „Idee“ gefüllt. Es galt also zu einem Zeitpunkt, als diese Anderen bereits dominiert hatten, deren Idee „HiFi“ im deutschen Markt zu beanspruchen. Besitzt man eine eingeführte Marke und hat man ein Produkt, so kann man damit sofort beginnen. Will man eine neue Marke etablieren und will man dem Kunden beibringen, diese mit der neuen Idee zu assoziieren, dann braucht das Zeit. Und muss man das Produkt, das man verkaufen will, erst entwickeln, so braucht das auch Zeit. Irgendwie praktisch: passt. Stereotronic wurde erfunden, das „Weihnachtsgeschenk“ bestellt und dazu eine Image-Werbung gestartet, die die Marke mit „Stereo“ und mit „HiFi“ in Verbindung bringen sollte. Soweit die Theorie.

Die Realität ist vielschichtiger, als Werbe-Strategen das zugeben wollen. Denn einfache Dinge verkaufen sich leichter, als komplizierte. Kompliziert kann man es immer noch machen, wenn der Auftrag erst einmal akquiriert ist.

Die Frage, wer Stereo und wer HiFi zu kaufen bereit ist, und wie er entscheidet, war eine Frage, die zu beantworten gewesen war. Immerhin schlugen HiFi-Systeme Mitte der Sechziger Jahre in der Regel mit einem Kostenaufwand von mehreren Tausend Mark zu Buche. Also beauftragte man eine Studie. Unter dem Titel „Die letzten 3 dB bringt der Whisky“ veröffentlichte das INTERFUNK-Magazin Auszüge aus den „Untersuchungen zum typischen HiFi-Käufer"
Der teile sich in drei Gruppen:
Gruppe 1 - sie ist die größte - fordert tatsächlich „höchst naturgetreue Wiedergabe", also High Fidelity im technischen und künstlerischen Sinne des Wortes.
Gruppe 2 verbindet mit High Fidelity nicht nur künstlerisch-musikalische Vorstellungen. Eindrucksvolle Klangeffekte wiegen hier manchmal mehr als der musikalische Inhalt.
Gruppe 3 - sie ist zahlenmäßig sehr schwach - erkennt in der HiFi-Idee einen zugkräftigen Snobappeal. Der Wunsch, sich durch den Besitz des Neuesten und Modernsten vorteilhaft von den Nachbarn abzuheben steht dabei im Vordergrund.


Als Problem wurde dabei erkannt, dass einerseits die Auswahl der passenden Anlage anhand technischer Eigenschaften versucht wurde: Ausstattung, Daten, Preis. Andererseits sollte die HiFi-Anlage im Ergebnis vor allem Spaß machen: „Vorliegende Untersuchungen zeigen, daß der typische HiFi-Käufer Musik und Wohlklang regelrecht genießen will, daß er pure Lebensfreude und so etwas wie Lust dabei empfindet."
Die Kaufentscheidung fiel aber tatsächlich in der Regel auf anderem Wege. Denn die Lebenssituation in der Mitte der Sechziger war für die Zielgruppe typischerweise noch etwas anders, als heutzutage. Die Käufer waren verheiratet und hatten nicht selten Kinder. Die HiFi-Anlage stünde auf der Wunschliste der Interessenten zwar recht weit oben, doch wurde die Entscheidung oft von den Frauen getroffen, die den Kauf erlaubten. Oder eben nicht. „Die Ursachen für diese scheinbare Diskrepanz sind naheliegend. Über die Reihenfolge der mehr oder weniger notwendigen Anschaffungen entscheidet der jeweilige praktische Nutzen. Vom Standpunkt der Hausfrau betrachtet rangiert dabei der Kühlschrank eindeutig vor der HiFi-Anlage.“ Und nicht nur der Kühlschrank. Auch der Staubsauger und in der Regel auch das Fernseh-Gerät, nicht selten auch das Haus, das Auto, der Studiensparplan für die Kinder.

Die Frage, wie man seine fertig entwickelten Geräte an den Mann bringt, hatte aber noch eine andere Dimension.
Anlässlich einer Fachkonferenz hielt Markus Tuner (Autor von: Graetz Farbfernseh-Praktikum Band 1: Eine Einführung in das Prinzip der Übertragung von farbigen Fernsehbildern, Rubens Verlag, 1. Auflage 1966) von der SEL einen Vortrag und nahm dabei anhand einer Marktuntersuchung, die die Situation im Jahre 1967 darstelle, Bezug auf die Themen Stereophonie und HiFi:
"... Wie Sie selbst am besten wissen, ist viel Geist und Geld aufgewendet worden, um dem Publikum klar zu machen, was Stereo ist. Das vorliegende Untersuchungsergebnis legt nun aber den Verdacht nahe, daß da meistens mehr Geld als Geist aufgewendet wurde. Denn auf die schlichte Frage „Haben Sie schon einmal etwas über den Begriff Stereo gehört?“ antworteten 33% der Befragten - und notabene repräsentativ - Personen mit einem glatten „nein".
Dabei ist zu bedenken, daß ein normaler Mitbürger einem Interviewer gegenüber höchst ungern zugibt, von etwas noch nichts gehört zu haben. Tatsächlich haben dann auch mehr Menschen behauptet, etwas von Stereo zu wissen, als das wirklich der Fall war. Jedenfalls ergibt sich das aus der Beantwortung der folgenden Fragen.
Dabei wurden alle Personen, die die Frage „Haben Sie schon einmal etwas über den Begriff Stereo gehört?“ bejaht hatten, kurzerhand gefragt: „Was stellen Sie sich unter Stereophonie vor?"
Was bei dieser Frage herausgekommen ist, kann unsereins nur mit einem lachenden und einem weinenden Auge zur Kenntnis nehmen. Mit einem lachenden insofern, als wenigstens die meisten der Befragten positiv der Stereophonie gegenüber stehen. Da kommen dann so Antworten wie besserer, vollerer Klang, mehrere Lautsprecher, Musik von mehreren Seiten oder verbessertes Radiogerät.
Das alles zeigt, daß die Leute wenigstens schöne Gefühle bei dem Begriff Stereo assoziieren. Ein wenig betrüblich bleibt aber noch, daß nur 2% der Befragten eine wirklich korrekte Antwort darüber machen können, was Stereo ist.
Doch wesentlich trauriger sieht es aus, wenn man fragt „Haben Sie den Begriff HiFi schon mal gehört?“ Hier antworten 69% mit einem schlichten „nein". Nur 31% sagen also, daß sie schon einmal etwas über HiFi gehört haben.
Natürlich wurden diese 31% auch hier anschließend gefragt, was sie sich unter HiFi vorstellen. Ein sehr großer Teil der Befragten paßte bei dieser Frage. Die übrigen gaben ähnliche Antworten, wie ich sie vorhin bei der Stereophonie zitiert habe. Es bleibt festzustellen, daß zu Guter Letzt nur 84 von 2000 Menschen brauchbar zu definieren vermochten, was man sich unter HiFi vorzustellen habe. Übrigens gab es unter den 2000 Befragten nicht einen, der die HiFi-Norm 45 500 auch nur erwähnt hätte. ...
“ (Interfunk-Magazin 6/67 S.180)

Es gibt noch eine dritte Dimension. Eine Firma, vor allem ein Konzern von der Größe der SEL, will ihren Kunden kein Wohlgefühl vermitteln, sondern Geld verdienen. Heute und in der Zukunft. Und genau hier hatte nicht nur die SEL begonnen, Schwierigkeiten zu entwickeln.
Man erinnere sich, dass die Siemens AG den Rundfunk-Sektor in der zweiten Hälfte der Sechziger Jahre aufgab, sich darauf beschränken sollte Produkte der BSH-Tochter Blaupunkt und von Elac umzulabeln. Telefunken rutschte, wie ich in der TED-Vorstellung bereits geschrieben habe, langsam in die Krise: DER SPIEGEL hatte berichtet, die Sparte Unterhaltungselektronik der AEG sei „schon seit 1967 ertraglos“ (4/75) gewesen.
Schon am Jahresende 1966, also kurz nach der Vorstellung der ersten Stereotronic-Geräte, hatte der Generaldirektor der SEL vor dem Betriebsrat konstatieren müssen, dass die Umsätze bei Rundfunk-, Fernseh- und Phonogeräten weiter zurückgegangen waren. Da das den Mitbewerbern ebenso ergangen sei, wären auch weniger Bauelemente verkauft worden. [68]
In der Rundfunkempfänger-Fertigung im Werk Rastatt hatten 500 der 1.300 Mitarbeiter im Dezember 1966 nur an zwei Tagen pro Woche arbeiten können. [69] Anfang 1967 wurde „… an Stelle einer für April vorgesehenen Kurzarbeit im Werk Pforzheim dessen Kapazität ... verkleinert.“ [17] In Rastatt sei der Tuner entwickelt und in Pforzheim gefertigt worden, hatte der ehemalige SEL-Mann dem HiFi-Museum berichtet.
Nur wenige Monate später ließ sich aus der Bilanz der SEL heraus lesen, „… daß der Sektor Rundfunk, Fernsehen und Phono im Berichtsjahr ungefähr 20 Millionen DM Verlust verbuchen mußte. ...“ [70] Drei Werke dieses Bereiches, Altena, Dortmund und Mühlhausen, waren im Laufe des Jahres 1966 geschlossen worden. Der Personalstand hatte in diesem Bereich sogar um 3.500 Mitarbeiter reduziert werden müssen.
Zwischen 1965 und 1967 sollte die SEL insgesamt neuntausend Beschäftigte abbauen, berichtete DIE ZEIT Mitte 1968: „… Das Schwergewicht der Rationalisierungsbemühungen lag auf dem Konsumgütersektor (Rundfunk, Fernsehen, Phono), der im letzten Jahr am Gesamtumsatz mit gut 20 Prozent beteiligt war. SEL sah in dieser Sparte, die vor allem durch die Graetz-Gruppe und die Schaub-Lorenz Vertriebsgesellschaft vertreten wird, nur noch rot. In den beiden letzten Jahren entstanden Verluste von schätzungsweise über 40 Millionen Mark. ... Die Kapazitäten wurden der „geänderten wirtschaftlichen Situation“ angepaßt. Die Beschäftigtenzahl sank allein in diesem Bereich um gut die Hälfte auf 4300 Personen. ...“ [71]

Insgesamt, so berichtete Ingo Harden für die FONO FORUM über die Geräte-Neuheiten des Frühjahrs 1968, sei der Umsatz der gesamten Phono-Branche „… von 960 Millionen DM im Jahre 1966 auf rund 930 Millionen DM im Jahre 1967 ...“ zurückgegangen. [72]
Der Anteil der SEL an dieser Zahl der gesamten Branche muß gigantisch gewesen sein.

DIE ZEIT berichtete am 28.4.1967, „Die Verwaltung der SEL ...“ hätte deutlich gemacht, „… daß sie zumindest für geraume Zeit nicht mehr mit der Geschäftsausweitung früherer Jahre rechne ...“ [17], allerdings Chancen im Telekommunikations- und Fernseh-Geschäft sehe. Nicht in HiFi.

Allein vierzig Millionen DM hatte die SEL die Modernisierung des Werkes Bochum gekostet, in dem die Fernsehgeräte-Fertigung konzentriert werden sollte, und weitere vierzig Millionen DM waren für den Bau des neuen Farb-Bildröhrenwerks in Esslingen veranschlagt worden. [70]
Achtzig Millionen D-Mark Investitionen. Nicht in HiFi.


Eine vierte Dimension war der Handel. Direktvertrieb ab Werk oder ab Großhandel gab es nicht. Man kaufte, was der Einzelhandel bereit hielt. Und es gab wesentlich mehr Fernseh-Händler als HiFi-Händler in der Republik, wesentlich mehr Fernsehgeräte in den Auslagen als HiFi-Anlagen. Und mal ehrlich: nur ein Trottel kauft eine HiFi-Anlage im Versand oder bestellt sie blind, wenn er sie nicht vorher gesehen und gehört hat.
Tatsächlich finanzierte sich ein großer Teil der Radio-/Fernseh-Händler über das Zahlungsziel des Großhandels. Es war also wichtig gewsen, die bestellte Ware so schnell wie möglich wieder abzusetzen. Und hier bot das Fernsehgerät weit mehr Chancen, als die HiFi-Technik.
Der Preis für ein Farbfernseh-Gerät, das unmittelbar mit dem Budget für HiFi konkurriert haben dürfte, wurde mit 2.500 D-Mark erwartet. Für den Durchschnittsbürger war das eine Menge Geld gewesen.
DER SPIEGEL berichtete im Dezember 1968 von einer Markterhebung der Schaub-Lorenz über die interessierten Käuferschichten: „41 Prozent der Käufer stammten aus der sozialen Unterschicht der Arbeiter, Rentner und Pensionäre, 49 Prozent waren Angestellte und Beamte und nur zehn Prozent Selbstständige und Freiberufliche“ [66]. Die Zahl der potenziellen Kunden für Farbfernsehgeräte war also um ein Vielfaches größer, als bei den HiFi-Anlagen. Im Jahr 1967 hätten 14% der westdeutschen Haushalte die Anschaffung eines Farbfernseher geplant gehabt, 1968 bereits 30%. Dabei wäre der Kunde nicht sparsam gewesen, fragte eher große, denn kleine Fernseher nach.
Hat sich der Handel also eher Farbfernsehgeräte oder eher HiFi-Anlage in die Auslage gestellt?
Dazu kam, dass eine HiFi-Anlage in der Regel bar bezahlt werden musste. Anders bei TV-Geräten: „Um in den Besitzt des Prestige-Möbels zu kommen, nehmen die ärmeren Kunden oft Abzahlungen bis zu 36 Monate in Kauf.“ [66] Hat jener, der auf Ratenzahlung kauft, noch Geld für die HiFi-Anlage übrig?

Das Ergebnis lässt sich in den Heften des INTERFUNK-Magazin betrachten. Die Marke „Stereotronic“ wurde in lediglich drei Artikeln überhaupt erwähnt. Zwei mal davon wurden Geräte technisch beschrieben. Zudem zeigte das Titelblatt die neuen Modelle auf der Messe: Im Innern des Heftes wurden die nicht einmal erwähnt. Stattdessen dominierte das Thema „Farbfernsehen“ zunehmend, Stereotronic verschwand als „Mit-Herausgeber“ zugunsten der Radiofabrik Ingelen. Schon 1969 erschien die Marke ITT auf dem Titel und zum Jahrgang 1970 wurde das Magazin schließlich in ITT SCHAUB-LORENZ MAGAZIN umbenannt.
Das Verschwinden der Marke Stereotronic war der Redaktion nicht einmal eine Meldung wert gewesen. Stattdessen wurden die neuen HiFi-Receiver von Schaub-Lorenz vorgestellt.


Wenn ein Management entscheidet, ein neues Produkt auf den Markt zu bringen, sogar in eine neue Sparte einzusteigen, dann ist es hilfreich, wenn man ein Vorbild hat. Für HiFi war das Vorbild die USA gewesen.
Doch der US-amerikanische HiFi-Markt erodierte bereits, war gekennzeichnet von Pleiten und Verkäufen der etablierten Firmen. Die Idee des Institute of HiFi-Manufacturers war weitgehend gescheitert und auch das nachfolgende IHF war eine Farce gewesen. Fachleute beklagten, selbst prominente HiFi-Hersteller würden kein „State of the Art“ anbieten. Die US-Hersteller sahen sich aus Japan bedrängt und hofften auf die Quadrofonie. Die großen Handelsketten setzte die Preise unerbittlich unter Druck.
Curt Menke beschrieb die Folgen für „HiFi“ 1967 in seinem Buch folgendermaßen: „… Falls Sie in jüngerer Zeit in den USA gewesen sind … so werden Sie ganz blaß über die großzügige Benutzung des Begriffs „HiFi“ in dessen Ursprungsland geworden sein. Tonbandgeräte …, die man bei uns gerade noch zur Volksgruppe 17 (der deutschen Sprache kaum mächtig) rechnen würde, prangen dort im Schmucke des HiFi-Zeichens. Böser konnte man eine so hoffnungsvoll begonnene Technik kaum abwerten. ...“ [55]

Wenn ein Management eintschieden hat, ein neues Produkt auf den Markt zu bringen, sogar in eine neue Sparte einzusteigen, dann wird es irgendwann auf den Erfolg schauen. Insbesondere in den USA gilt, dass man verlorenem Geld kein weiteres hinterher wirft.

Die ITT griff ein, reduzierte die Selbstständigkeit der deutschen Tochter. Der Konzern wurde gestrafft und die Marke ITT nach vorn gestellt. Das ist schon auf dem Titel des letzten INTERFUNK-Magazins zu sehen.

Vom „Weihnachtsgeschenk“ bis zur Präsentation des Tuners hatte es bald ein Jahr gedauert. Der eigene Verstärker war da noch nicht fertig gewesen. Die „kleine Serie“ wurde zwar mit „HiFi“ beworben, genügte aber nicht der neuen HiFi-Norm, mit der ja auch geworben werden können sollte. Letztlich ein Fehlstart für die Stereotronic.
Wäre das Farbfernsehen bereits eingeführt gewesen, wären die Start-Chancen für das Experiment „HiFi“ nicht nur bei der SEL sicherlich besser gewesen. So wurde eine „Entweder-Oder-Wahl“ getroffen. Denke ich mal. Fernsehen hat gewonnen. Nicht nur bei der SEL.

ENDE

Oder nicht? Vielleicht wisst Ihr mehr und mögt das berichten.

Tschüß, Matthias
Stapelbüttel von einem ganzen Haufen Quatsch
Zitieren
#9
Hallo Matthias!

Na ja , kurz ist Deine sehr ausführliche und akribisch recherchierte Auslassung über "Stereotronic" nun gerade nicht geworden.
Für mich kann ich sagen, daß ich zwischen den Teilbeiträgen eine Pause brauche. Weil ich meine Internetzeit beschränke. Darum
ist die Zeitscheibe für´s TB-Forum relativ fest vorgegeben. Ich lese dann beim nächsten Besuch den nächsten Part, usw. ...

Was ich bis dato gelesen habe, bestätigt die herausragende Qualität des Beitrages, der sich nahtlos an das Niveau Deiner früher
veröffentlichten Gerätevorstellungen hier im Forum anschließt.

Respekt! Und nochmals "Respekt". So lerne ich (in Etappen Wink )eine neue Facette von SEL kennen. Vielen Dank dafür.

Gruß
Wolfgang
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#10
cisumgolana,'index.php?page=Thread&postID=225195#post225195 schrieb:Na ja , kurz ist Deine sehr ausführliche und akribisch recherchierte Auslassung über "Stereotronic" nun gerade nicht geworden.
Und das vorm Serverumzug. Der dauert jetzt drei Tage länger. Big Grin

Gruß, Anselm
Früher war mehr UHER. Cool Meine UHER-Erinnerungen
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#11
Hallo Matthias,

wirklich eine tolle und umfangreiche Vorstellung einer fast vergessenen Serie, mehr geht nicht thumbup ! Ebenfalls beeindruckend finde ich, dass bei dir bis auf den letzten Verstärker auch noch alle Geräte "leibhaftig" vorhanden sind. Ein Pioneer SM 83 taucht ja ab und zu 'mal auf, aber der modifizierte Stereotronic sowie die anderen Komponenten sind mir noch nie begegnet. Wo findet man so etwas? Zufall oder Ergebnis einer jahrelangen Suche?

Wenn es überhaupt nennenswerte Stückzahlen gegeben haben dürfte, dann wohl am ehesten von der "einfachen" Serie, obwohl diese auch bereits einen guten Eindruck macht. Die Komponenten passen stilistisch genau in die skandinavisch geprägten Einrichtungen der damaligen Zeit und sind meiner Meinung nach alles andere als häßlich.


Auch die Marktverhältnisse sind treffend dargestellt. Wenn ich an meine Familie denke, so war die zeitliche Reihenfolge der großen, teuren Geräte oft Musiktruhe - s/w-Fernseher - Tonbandgerät - evtl. Farbfernseher und danach erst eine HiFi-Anlage, und das war dann meist eine von den breiten "Flugzeugträgern" mit Plattenspieler auf der linken und Radio auf der rechten Seite. Andererseits muss es schon einen, wenn auch überschaubaren Markt für die Einzelkomponenten gegeben haben, irgendwo müssen die ganzen Braun, Telewatt etc. ja herkommen.

Interessant auch die Anzeige im Interfunk-Magazin: "Die letzten 3 dB bringt der Whisky" 8o - na denn Prost!


Grüße,
Bernd
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#12
Hallo Matthias,
einmal mehr Danke für eine hervorragende Ausarbeitung! Sehr interessant!
Meine 10 Cent dazu: Mir war die kurze, armselige Existenz dieser Vertriebsfirma auch aufgefallen. Ich habe mich aber insofern kaum darüber gewundert, da mir das Agieren der SEL auf dem UE-Markt in den 60er Jahren sowieso immer suspekt war. Deren Engagement und Produktionsprogramm von Heimradios war ja eher halbherzig und man verzichtete weitgehend auf die Besetzung der Oberklasse. Auf dem Heimradio-Markt waren sie ein Nobody - ganz im Gegensatz zum Riesenerfolg bei Kofferradios, man denke an die extrem verbreiteten Tourings.

Krönung des Unfugs war das music-center. Wer kam auf die Idee, in einem Radiowerk, das also überhaupt nicht auf mechanische Geräte ausgerichtet war, so ein elektromechanisches Monstrum zu bauen? Als Nebenprodukt einer nicht ausgelasteten Tonbandgerätefabrik hätte ich es ja verstanden, aber aus dem Nichts!? Entwicklung und Fertigung müssen ein Kraftakt gewesen sein - umso schlimmer, dass es sich dann als Flop entpuppte. Hier wird Schaub-Lorenz große Beträge in den Sand gesetzt haben.
Wie du schreibst, war der HiFi-Markt zu Lebzeiten der STEREOTRONIC sicher keine Cash Cow. Aber für große Hersteller, die für hochwertige Heimgeräte bekannt waren wie Grundig oder Telefunken, gehörte die Investition in dieses Zukunftssegment dazu, um a) am Ball zu bleiben und b) den Prestigenutzen abzuschöpfen. Mercedes hat damals mit dem 600 auch kein Geld verdient.

Dazu kommt als Spezialfall Braun, die als kleiner Hersteller die hochpreisige Design-Nische besetzte, das Potential erkannte und bei uns eindeutig ein HiFi-Pionier war.
SEL war dazu damals offenbar nicht bereit. Das änderte sich erst ein wenig, als 1968 das flache Steuergerät 5000 hifi erschien.

Jetzt noch eine Anekdote von gestern: Ich empfahl einem guten (Sammler-)Freund deine Stereotronic-Story, die solle er doch mal lesen, da gäbe es viele interessante Details. Zum Beispiel über den dicken Stereo-Röhrenverstärker. Seine spontane Antwort: Ach so, du meinst den verkleideten Pioneer SM 83?"
Da war ich platt und fühlte mich kurz wie ein Newbie.
Beste Grüße
Stefan
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#13
Nun fühle ich mich mehr als verpflichtet, Dir recht herzlich für dieses nun vorliegende "Buch" zu danken.

Allmählich müsste dir doch die eine oder andere Universität wenigstens den Dr. hifi-stereo h. c. (HX-Pro) aussprechen.

niels
Wer bei Stereoaufnahmen kein Gegenspur-Übersprechen haben möchte, sollte Halbspur-Maschinen verwenden.
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#14
Hallo Matthias,
ich bin auf Deinen super Bericht gestoßen, da ich seit einer Woche Besitzer von einem Stereotronic STT und STV 102 bin. Leider ist der Verstärker reparaturbedürftig und beim Tuner fehlt mir noch das Netzkabel für den Kaltgerätestecker nach dieser alten Norm (ähnlich C10). Es wäre toll, wenn Du, wie oben angekündigt, die Unterlagen einscannst und hier einstellst. Ich habe nämlich noch keinen vernünftig lesbaren Schaltplan gefunden.
Ansonsten hast Du mit Deinem sehr ausführlichen Bericht schon Antworten auf Fragen gegeben, die ich vorher noch garnicht hatte.
Jetzt muss ich mich erst einmal in diesem Forum orientieren, da ich hier neu bin und bisher noch nicht angemeldet war.
Gruß
Thomas
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#15
Einer meiner Lieblingsverstärker, spielt viel besser als der Pioneer SM83, wenn Sie die Möglichkeit haben, fügen Sie ihn Ihrer Sammlung hinzu  Smile

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