26.10.2010, 00:46
Hallo,
durch das Studium alter Prospekte bin ich auf das Uher CG 320 gestoßen. Zwar bin ich kein ausgesprochener Cassettenliebhaber (man möge mir verzeihen), aber seit 1970 ein fleißiger Nutzer und Verschleißer derselben. Die guten Aufnahmen zuerst auf Tonband, dann fürs Auto oder sonstwas Kopien davon auf Cassette. Manche von den gequälten Dingern, die z.T. lose im Auto umhergeflogen sind und mit Tesafilm geflickt wurden, spielen immer noch ganz passabel.
So, trotzdem habe ich einige ganz nette Cassettenapparate da, nicht die ganz highendigen, aber die für meine Zwecke genügenden. Uher CR 124 hatte ich ja schon vorgestellt, ein sehr fragiles und empfindliches Gerät, dem der Zahn der Zeit ganz schön zusetzt, im Gegensatz zu den Report-Tonbandgeräten die ich habe. Dann noch das Uher CG 330, das sich als ein verkleideter Japaner herausgestellt hat, ganz ok, aber nicht so richtig Uher. Mich interessiert die alte Technik und was sich die hiesigen Konstrukteure, nicht die Kaufleute, damals haben einfallen lassen.
So kam ich auf das CG 320. Ein eigentümlicher Kasten, ein Cassettendeck eigentlich, aber nicht wirklich, weil es eingebaute Lautsprecher hat. Ist es gut? Von der Machart her scheint es ein Uher-Produkt heimischer Produktion zu sein, man mutmaßte dieses ja auch schon hier im Forum. Im Netz fand ich nicht viel Informationen oder Bilder, jedoch die Serviceanleitung, die ein interessantes Bastelobjekt versprach. Die Tage konnte ich ein Exemplar aus der "Bucht" angeln, defekt und wohl nicht mehr ganz so schön, aber nun denn...
Was verbirgt sich hinter dem Unikum?
Zunächst einmal ein bakelitähnliches Gehäuse europäischer Geschmacksrichtung der frühen 70er, Pultform auch noch. Ob man es mag oder nicht sei dahingestellt, auf jeden Fall klar und funktionell aufgebaut, ohne Schnickschnack. Mein Gerät ist schon arg benutzt, die Beschriftung unter den Laufwerkstasten ist abgegrabscht und vom Zählwerk ist der Rückstellknopf abgebrochen. Vielleicht nicht ganz so schlimm, wenn das Innere sich nicht aufgrund zugrunde gegangener Kunststoffrädchen oder verschmorter Spezial-ICs als irreparabel herausstellen sollte.
Eingeschaltet, lautes Krächzen, sofort Bandsalat. Immerhin gibt es ein Lebenszeichen von sich.
Ah! Beim Drücken der Aufnahmetaste zucken die beiden VU-Zeiger! Die sind schon mal heile.
Auch schrappt es aus beiden Lautsprechern beim Schieben der Flachbahnregler, die Endstufen gehen also auch noch. Vielleicht ist es gar nicht so schlimm.
So kam es an:
Aufmachen! Immer wieder schön bei einem noch unbekannten Typ. Was ist drin und wie ist der Zustand?
Auf den ersten Blick ganz brauchbar, zwar Spuren von Bastelfingern, aber anscheinend keine zerstörerischen. Platinenmäßig sieht es nach Uher aus. Die eingebauten Lautsprecher scheinen in zwei Boxen zu sitzen. Links das Laufwerk, zunächst sind hier wenig mechanische Teile zu erkennen, nur eine Messingschwungscheibe und 2 Motörchen, die nicht wie japanische aussehen. Könnte also auch eine heimische Konstruktion sein.
Weiter, nach einigem Herumprobieren hatte ich raus, wie man die Platine aufklappen kann.
Eigentlich ja die Platinen, auf der Hauptplatine sitzen Steckkarten, links die Oszillatorplatine, vorn die IC-Endstufenplatine, dann DNL und A/W Verstärker. Vom Laufwerk her kommt ein Seilzug, der beim Betätigen der Aufnahmetaste den Scheiber auf der Hauptplatine bewegt.
Zur Peripherie führen steckbare Flachbandkabel, die einzelnen Baugruppen lassen sich also mit relativ wenig Aufwand trennen. Leider ist alles eine wackelige Angelegenheit und im Gehäuse ziemlich fragil verankert. Festen Halt gibt es erst, wenn das Unterteil wieder drangebaut ist. Einige Kunststoffverschraubungen sind auch schon abgeplatzt, das Gehäusematerial scheint zum Verspröden zu neigen, schön vorsichtig damit!
Die Boxen sind nicht Teil des Gehäuses, nur eingesetzt und mit Teppichklebeband fixiert.
Das Ganze ist etwas verstaubt und verklebt, sieht aber noch recht gangbar aus, auch keine exotischen Bauteile zu erkennen, die Ärger machen könnten.
Nun möchte ich wissen, warum das Ding Bandsalat fabriziert. Ein Zweimotorenlaufwerk ist es ja, ein Motor (vorn) bedient ausschließlich die Schwungscheibe, ein bürstenloser Motor mit direkt aufgelöteter Regelplatine. Der schnurrt unauffällig, der Riemen ist allerdings hinüber.
Der zweite Motor bedient den sog. Idler, ist schwenkbar zwischen den Wickeltellern. Ebenfalls elektronisch geregelt, beim Umspulen je nach Richtung schnell, bei Wiedergabe langsam, je nach Geschwindigkeit der Aufwickelspule. Keine Rutschkupplungen, keine Zwischenräder, macht alles der Motor. Hier machte er allerdings nichts, tot. Kleine Spannung drangegeben, aha, er läuft. Fein! Kenner unter Euch werden es schon erahnen, die Kontaktschieber (vorn auf der Platine zu sehen), die von den Laufwerkstasten bedient werden, waren oxidiert.
200x durchbewegt und geht wieder. Jemand hatte irgenwann einen der Leistungstransistoren (rechts war er, zwischen den Kontakten, wo die dreiadrige Leitung abgeht), an das Kühlblech des Netzteils geführt, damit er dort schön braten kann und nicht auf der Platine. Wer weiß, vielleicht wäre sonst mehr defekt gewesen. Kann auch eine uhersche Änderung im Laufe der Serie gewesen sein, aus leidvoller Erfahrung des Kundendienstes heraus. Egal, funktioniert ja noch. Das Kühlblech (neben dem dicken Elko) wird allerdings ziemlich heiß.
Von der anderen Seite sieht es so aus:
Das komplette Laufwerk läßt sich vierschräubig entnehmen, sehr servicefreundlich!
Oben die Platine mit den oxidierten Kontakten, zwischen den Wickeltellern der Idler.
Die Gummireifen der Teller waren hart geworden, nur noch Gerappel. Wasserkrandichtungen aus dem Baumarkt sind zwar eigentlich Murks, aber wenn sie passen und alles schön läuft mit ihnen? Die Andruckrolle ist noch ok. Komisch, der Löschkopf ist von Woelke, der A/W Kopf von Alps (sieht original aus). Also doch ein Fremdlaufwerk? Wie dem auch sei, der Kopf hatte eine durchgebrannte Wicklung und musste sowieso raus. Der lange Riemen geht zum Zählwerk und zum Impulsgeber für die automatische Abschaltung, hier bedient ein rotierender Magnet einen Reedkontakt. Da läuft das Gerät dank seiner Motoren fast unhörbar leise...
und was haben die gemacht? Klick, klick, klick, der blöde Reedkontakt! Sehr störend!
Punktabzug.
Das Zählwerk selbst hat es böse erwischt, der Rückstellknopf ist wie bereits erwähnt abgebrochen und eines der Zahnräder ist, weil hübsch eingefettet gewesen, zu krümeligen
Resten zerfallen. Da muss ich was bauen, kommt später.
Also Kontakte gereinigt, Riemen und Laufringe erneuert, Tonkopf gewechselt.
Das Ding spielt wieder! 3 Lämpchen waren noch kaputt, nach deren Tausch (der Modelleisenbahnladen hatte welche) sind die VUs und die Funktionsanzeigen auch wieder illuminiert.
Jetzt noch eine Komplettreinigung:
Das Gehäuse ruft keine große Begeisterung hervor, wenn ich ehrlich bin. Das Cassettenfach ist an der Grenze seiner Belastbarkeit angekommen und hängt schon arg in den Seilen, gedämpft ist es auch nicht, äußerst primitiv gelagert. Unten die Platine für die Flachbahnregler und die VUs. Sie ähneln denen des RdL (von mir aus auch d e r RdL), nur hochkant anzeigend und etwas größer sind sie.
Gefallen mir sehr gut! Im CG 360 findet man sie glaube ich auch.
So, im Grunde erstmal fertig:
Klingt ganz ordentlich die Kiste, von den eingebauten "Boxen" mal abgesehen, die taugen nicht viel. Messwerte erspare ich mir. Zum Cassettenziehen fürs Auto oder zum Abnudeln alter Schätzchen reicht es. Es kann auch mehr natürlich, eine Billigkiste war es damals ja nun auch nicht, im Gegenteil.
Ein uriges Gerät trotz alledem, mit interessanten Detaillösungen. Und: Es hat Spaß gemacht, es wieder zum Leben zu erwecken.
Wer mag, kann es auch in Aktion sehen:
http://www.youtube.com/watch?v=pY5yiauT45c
Gruß
Peter S.
durch das Studium alter Prospekte bin ich auf das Uher CG 320 gestoßen. Zwar bin ich kein ausgesprochener Cassettenliebhaber (man möge mir verzeihen), aber seit 1970 ein fleißiger Nutzer und Verschleißer derselben. Die guten Aufnahmen zuerst auf Tonband, dann fürs Auto oder sonstwas Kopien davon auf Cassette. Manche von den gequälten Dingern, die z.T. lose im Auto umhergeflogen sind und mit Tesafilm geflickt wurden, spielen immer noch ganz passabel.
So, trotzdem habe ich einige ganz nette Cassettenapparate da, nicht die ganz highendigen, aber die für meine Zwecke genügenden. Uher CR 124 hatte ich ja schon vorgestellt, ein sehr fragiles und empfindliches Gerät, dem der Zahn der Zeit ganz schön zusetzt, im Gegensatz zu den Report-Tonbandgeräten die ich habe. Dann noch das Uher CG 330, das sich als ein verkleideter Japaner herausgestellt hat, ganz ok, aber nicht so richtig Uher. Mich interessiert die alte Technik und was sich die hiesigen Konstrukteure, nicht die Kaufleute, damals haben einfallen lassen.
So kam ich auf das CG 320. Ein eigentümlicher Kasten, ein Cassettendeck eigentlich, aber nicht wirklich, weil es eingebaute Lautsprecher hat. Ist es gut? Von der Machart her scheint es ein Uher-Produkt heimischer Produktion zu sein, man mutmaßte dieses ja auch schon hier im Forum. Im Netz fand ich nicht viel Informationen oder Bilder, jedoch die Serviceanleitung, die ein interessantes Bastelobjekt versprach. Die Tage konnte ich ein Exemplar aus der "Bucht" angeln, defekt und wohl nicht mehr ganz so schön, aber nun denn...
Was verbirgt sich hinter dem Unikum?
Zunächst einmal ein bakelitähnliches Gehäuse europäischer Geschmacksrichtung der frühen 70er, Pultform auch noch. Ob man es mag oder nicht sei dahingestellt, auf jeden Fall klar und funktionell aufgebaut, ohne Schnickschnack. Mein Gerät ist schon arg benutzt, die Beschriftung unter den Laufwerkstasten ist abgegrabscht und vom Zählwerk ist der Rückstellknopf abgebrochen. Vielleicht nicht ganz so schlimm, wenn das Innere sich nicht aufgrund zugrunde gegangener Kunststoffrädchen oder verschmorter Spezial-ICs als irreparabel herausstellen sollte.
Eingeschaltet, lautes Krächzen, sofort Bandsalat. Immerhin gibt es ein Lebenszeichen von sich.
Ah! Beim Drücken der Aufnahmetaste zucken die beiden VU-Zeiger! Die sind schon mal heile.
Auch schrappt es aus beiden Lautsprechern beim Schieben der Flachbahnregler, die Endstufen gehen also auch noch. Vielleicht ist es gar nicht so schlimm.
So kam es an:
Aufmachen! Immer wieder schön bei einem noch unbekannten Typ. Was ist drin und wie ist der Zustand?
Auf den ersten Blick ganz brauchbar, zwar Spuren von Bastelfingern, aber anscheinend keine zerstörerischen. Platinenmäßig sieht es nach Uher aus. Die eingebauten Lautsprecher scheinen in zwei Boxen zu sitzen. Links das Laufwerk, zunächst sind hier wenig mechanische Teile zu erkennen, nur eine Messingschwungscheibe und 2 Motörchen, die nicht wie japanische aussehen. Könnte also auch eine heimische Konstruktion sein.
Weiter, nach einigem Herumprobieren hatte ich raus, wie man die Platine aufklappen kann.
Eigentlich ja die Platinen, auf der Hauptplatine sitzen Steckkarten, links die Oszillatorplatine, vorn die IC-Endstufenplatine, dann DNL und A/W Verstärker. Vom Laufwerk her kommt ein Seilzug, der beim Betätigen der Aufnahmetaste den Scheiber auf der Hauptplatine bewegt.
Zur Peripherie führen steckbare Flachbandkabel, die einzelnen Baugruppen lassen sich also mit relativ wenig Aufwand trennen. Leider ist alles eine wackelige Angelegenheit und im Gehäuse ziemlich fragil verankert. Festen Halt gibt es erst, wenn das Unterteil wieder drangebaut ist. Einige Kunststoffverschraubungen sind auch schon abgeplatzt, das Gehäusematerial scheint zum Verspröden zu neigen, schön vorsichtig damit!
Die Boxen sind nicht Teil des Gehäuses, nur eingesetzt und mit Teppichklebeband fixiert.
Das Ganze ist etwas verstaubt und verklebt, sieht aber noch recht gangbar aus, auch keine exotischen Bauteile zu erkennen, die Ärger machen könnten.
Nun möchte ich wissen, warum das Ding Bandsalat fabriziert. Ein Zweimotorenlaufwerk ist es ja, ein Motor (vorn) bedient ausschließlich die Schwungscheibe, ein bürstenloser Motor mit direkt aufgelöteter Regelplatine. Der schnurrt unauffällig, der Riemen ist allerdings hinüber.
Der zweite Motor bedient den sog. Idler, ist schwenkbar zwischen den Wickeltellern. Ebenfalls elektronisch geregelt, beim Umspulen je nach Richtung schnell, bei Wiedergabe langsam, je nach Geschwindigkeit der Aufwickelspule. Keine Rutschkupplungen, keine Zwischenräder, macht alles der Motor. Hier machte er allerdings nichts, tot. Kleine Spannung drangegeben, aha, er läuft. Fein! Kenner unter Euch werden es schon erahnen, die Kontaktschieber (vorn auf der Platine zu sehen), die von den Laufwerkstasten bedient werden, waren oxidiert.
200x durchbewegt und geht wieder. Jemand hatte irgenwann einen der Leistungstransistoren (rechts war er, zwischen den Kontakten, wo die dreiadrige Leitung abgeht), an das Kühlblech des Netzteils geführt, damit er dort schön braten kann und nicht auf der Platine. Wer weiß, vielleicht wäre sonst mehr defekt gewesen. Kann auch eine uhersche Änderung im Laufe der Serie gewesen sein, aus leidvoller Erfahrung des Kundendienstes heraus. Egal, funktioniert ja noch. Das Kühlblech (neben dem dicken Elko) wird allerdings ziemlich heiß.
Von der anderen Seite sieht es so aus:
Das komplette Laufwerk läßt sich vierschräubig entnehmen, sehr servicefreundlich!
Oben die Platine mit den oxidierten Kontakten, zwischen den Wickeltellern der Idler.
Die Gummireifen der Teller waren hart geworden, nur noch Gerappel. Wasserkrandichtungen aus dem Baumarkt sind zwar eigentlich Murks, aber wenn sie passen und alles schön läuft mit ihnen? Die Andruckrolle ist noch ok. Komisch, der Löschkopf ist von Woelke, der A/W Kopf von Alps (sieht original aus). Also doch ein Fremdlaufwerk? Wie dem auch sei, der Kopf hatte eine durchgebrannte Wicklung und musste sowieso raus. Der lange Riemen geht zum Zählwerk und zum Impulsgeber für die automatische Abschaltung, hier bedient ein rotierender Magnet einen Reedkontakt. Da läuft das Gerät dank seiner Motoren fast unhörbar leise...
und was haben die gemacht? Klick, klick, klick, der blöde Reedkontakt! Sehr störend!
Punktabzug.
Das Zählwerk selbst hat es böse erwischt, der Rückstellknopf ist wie bereits erwähnt abgebrochen und eines der Zahnräder ist, weil hübsch eingefettet gewesen, zu krümeligen
Resten zerfallen. Da muss ich was bauen, kommt später.
Also Kontakte gereinigt, Riemen und Laufringe erneuert, Tonkopf gewechselt.
Das Ding spielt wieder! 3 Lämpchen waren noch kaputt, nach deren Tausch (der Modelleisenbahnladen hatte welche) sind die VUs und die Funktionsanzeigen auch wieder illuminiert.
Jetzt noch eine Komplettreinigung:
Das Gehäuse ruft keine große Begeisterung hervor, wenn ich ehrlich bin. Das Cassettenfach ist an der Grenze seiner Belastbarkeit angekommen und hängt schon arg in den Seilen, gedämpft ist es auch nicht, äußerst primitiv gelagert. Unten die Platine für die Flachbahnregler und die VUs. Sie ähneln denen des RdL (von mir aus auch d e r RdL), nur hochkant anzeigend und etwas größer sind sie.
Gefallen mir sehr gut! Im CG 360 findet man sie glaube ich auch.
So, im Grunde erstmal fertig:
Klingt ganz ordentlich die Kiste, von den eingebauten "Boxen" mal abgesehen, die taugen nicht viel. Messwerte erspare ich mir. Zum Cassettenziehen fürs Auto oder zum Abnudeln alter Schätzchen reicht es. Es kann auch mehr natürlich, eine Billigkiste war es damals ja nun auch nicht, im Gegenteil.
Ein uriges Gerät trotz alledem, mit interessanten Detaillösungen. Und: Es hat Spaß gemacht, es wieder zum Leben zu erwecken.
Wer mag, kann es auch in Aktion sehen:
http://www.youtube.com/watch?v=pY5yiauT45c
Gruß
Peter S.