Des Kaisers neue HiFi-Anlage
#25
Hallo (Wieder-)Mitlesende,

...dass so manch einer immer noch über des Kaiser's Erkenntnisse nachdenkt, freut mich natürlich ungemein (und würde den Autor des Originals ebenso freuen, so er noch leben würde). Dabei war mir gar nicht wichtig, herauszustellen, welche Ausgangs-Situation beim Kaiser vorherrschte (...Matthias' Frage...). Fazit sollte ja viel mehr sein: ...was leidlich gut ist, kann man oft zwar anders machen, nicht unbedingt aber besser! Und wenn etwas "anders" geworden ist, sollten wir hinterfragen (bzw. nicht das Hinterfragen verlernen), ob es dadurch wirklich nutzbar "besser" wurde oder ob es das "Alte" nicht auch getan hätte.

Dass man natürlich bei einer "Anlage" auch einiges "falsch" machen kann, beweisen für meine Ohren immer wieder Negativbeispiele, in denen das Ergebnis wirklich "grottenschlecht klingt" - nicht, weil es mit dem (mir in den meisten Fällen unbekannten) Original nichts mehr zu tun hat, sondern weil eben unglückliche Umstände (Aufstellpsoition der LS, Raumeigenschaften, Fehlanpassungen zwischen den Komponenten etc. etc.) zu Ergebnissen führen, die ein Klangbild zu Tage fördern, das meinen Ohren "weh tut" (= mich nervt!).
In dem Zusammenhang erwähnt: natürlich kann eine beliebige Komponente im elektrischen Übertragungsweg einen Einfluss auf das Gesamtergebnis haben. Das kann auch auf ein Kabel zutreffen - stellt es doch einen Widerstand und eine Kapazität dar. Inwieweit das allerdings hörbar ist, ist fraglich. Da wirken sich schon eher die Position der Möbel im Hörraum beeinflussend aus.

Und überhaupt: was heisst schon "Original"? Das sehe ich wie die Meisten hier auch: wir kennen es i.d.R. nicht. Darüber zu schwadronieren, wie "getreu" die Wiedergabeanlage dieses vermeindliche Original zu Gehör bringt, ist in der Tat ein zwar netter aber auch müssiger Zeitvertreib. Immerhin ist es mir in den Jahren immer wieder mal gelungen, Musikdarbietungen in kleinen Hallen, Clubs, Zelten, Kirchen, OpenAir ohne bedeutende Verstärkeranlage ("unplugged" heist das heute wohl...) zu hören und genau von diesem Künstler/Ensemble noch am Veranstaltungsort eine - mit einfachen Mitteln (meist "mikrofoniert") aufgenommene - Live-CD zu erwerben. Wenige Stunden später daheim angehört kam ich zu dem (sicher auch subjektiven) Schluss: Ja! Genauso hat sich das vor ein paar Stunden angehört. Aber glaubt mir: hinsichtlich des "Bumms" und der Präsenz heute üblicherweise gebotenen "gesoundeten" Produktionen ist beides, das Live-Event wie auch die mitgeschnittene Konserve, ernüchternd (viele würden sagen "enttäuschend... ...das klingt irgendwie flach...") Aber so hat eben das Ganze wirklich in einem Festzelt aus 20 Metern Entfernung geklungen. Ein Beweis dafür, dass sich unsere "Wahrnehmungsgewohnheiten" konditionieren lassen.

Das lässt mich auf eine weitere Erkenntnis zu sprechen (schreiben) kommen, die ich im Laufe der Jahre gewann: "Geräteliebhaber", die eine Menge Aufmerksamkeit (Geld) in ihre Wiedergabeanlage stecken, spielen nur höchstwertige Konserven ab. Schlecht aufgenommenes oder hergestelltes Material kommt dort gar nicht zum Einsatz. Mit solchen Tonträgern ergeben sich auch auf der "Durchschnittsanlage" signifikante Unterschiede. Hier spiegelt sich m.E. wieder, was schon Matthias andeutet - die Konserve macht viel aus. Hier bewusst und gezielt kaufen, bringt oftmals mehr, als mit irgendwelchen "Strippen" rum zu hantieren. Aber deshalb nur "audiophile" Tonträger zu kaufen, egal ob sie den eigentlichen Geschmack treffen, halte ich ebenso für verfehlt. Letzten Endes - und auch da stimme ich mit Matthias überein - soll das Gehörte an sich gefallen, (Nicht nur klanglich sondern vor allem künstlerisch/inhaltlich). Dass man dennoch durch Varianz der eingesetzten Mittel/Geräte herausragende Veränderungen im Klangbild erzielen kann, haben wir sicherlich alle schon erlebt aber wie schon geschrieben: "anders" heist nicht zwingend "besser".

Letzten Endes ist es meiner Ansicht nach, wie hier schon von Einigen geschrieben - "High-Irgendwas" sind ähnliche, werbende Wortschöpfungen wie "die Freude am Fahren", "vollendeter Genuss" und was weis ich noch alles. Dies alles lässt sich auf nahezu jedes Konsumprodukt übertragen. Schaut man sich die Entwicklung der Werbung an, so wird man in allen Bereichen eine Abwendung von den harten physikalischen Fakten und eine Zuwendung zu "verschwurbelten Floskeln" feststellen. Das ist nicht nur bei den Hifi-Gazetten so gelaufen sondern lässt sich auf andere technische "Spielzeuge" ebenso treffend übertragen - und dies beinahe zeitgleich. (Schaut Euch mal Automobilwerbung, z.B. von MB, aus den späten 60ern an und vergleicht das mit Werbung aus den 90ern oder der Gegenwart.) Nahezu alle Konsumgüterbranchen haben zu gleicher Zeit wohl festgestellt, wie sich Produkte besser verkaufen lassen. Es geht eben in einer sich entwickelnden konsumorientierten Gesellschaft nicht darum, dass man satt wird, gewärmt wird, von A nach B kommt usw. sondern vor allem um das "Wie". Das wundert auch nicht - ginge es nur um die Erfüllung des Grundbedürfnisses (Sättigung, Erwärmung, Transport etc.) liesse sich nur ein Bruchteil dessen an Mann & Frau bringen, als es in einer Volkswirtschaft wie der unsrigen nötig wäre, um Lohn & Brot für eine Mehrheit zu erwirtschaften. Und dieser Lohn soll natürlich nicht nur die Grundbedürfnisse erfüllen, sondern darüberhinaus "Spielraum" (im warsten Wortsinne...) für Nebensächlichkeiten bieten - kurzum den uns bekannten Wirtschaftskreislauf in Schwung halten. Aber das ist ja alles hinlänglich bekannt...

Genug der vielen Worte - der Kaiser wird sein Geld auch anderweitig in Prestigeobjekte "versenken" können und unsereins spielt auch weiterhin mit Spielzeugen, die die Welt nicht wirklich braucht, die das Leben aber bunter machen, solange das Geld dafür reicht.

Viele Grüße

Peter
Time flies like an arrow. Fruit flies like a banana. (...soll Groucho Marx gesagt haben, aber so ganz sicher ist das nicht...)
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