Diktiergeräte für richtige Spione - Assmann Memocord
#1
Nach einigen Umwegen fanden zwei auf den ersten Blick etwas eigentümliche Diktiergeräte den Weg zu mir: ein K60 und ein K70 von Assmann. Sie hören auf den schönen, selbsterklärenden Namen Memocord. Auch von Stuzzi gab es Geräte dieses Systems. Ob eine der beiden FIrmen Erfinder und der andere Lizenznehmer war, oder ob es sich um eine Gemeinschaftsproduktion handelte, weiß ich nicht. Bis vor kurzem war mir noch nichtmal die Existenz dieses Systems bewußt. Bis Wolfgang erst Bilder zeigte, und nachdem ich daraufhin etwas Begeisterung signalisierte, ließ er mir die beiden guten Stücke völlig unerwartet zum Weihnachts-Nordtreffen mitbringen. Herzlichen Dank nochmal an Dich, Wolfgang - die kleinen Begleiter machen richtig Freude. Und zwar so, daß ich sie jederzeit dem heutzutage üblichen Telefon vorziehen würde, wenn ich denn mal in eine Situation komme, wo ich ein Diktiergerät brauche.

So präsentieren sich die beiden von außen:

   

Das edle K60 wirkt mit seiner gebürsteten Metalloberfläche insgesamt moderner als das K70 in einer ebenfalls interessanten Optik, die mich spontan an die schrulligen Vinyl-Dachbezüge von Autos in den frühen 70er Jahren erinnert. Warum hier allerdings die Modellbezeichnung für das neuere Gerät mit einer niedrigeren Nummer gewählt wurde, erschließt sich mir nicht. Abgesehen von der Optik und den Farben der Kontrollampen habe ich nämlich keinerlei Unterschiede gefunden. Oder sollte das K60 doch das ältere Modell sein?

An der Seite gibt es ohne jegliche Abdeckung einen Schacht für die Cassette, sowie die wenigen Bedienelemente: Eine Raste für Wiedergabe (heute würde man "Hold-Funktion" sagen), einen Aussteuerungsregler, einen Lautstärkeregler für den eingebauten Lautsprecher, sowie die Aufnahmetaste. Aber nanu - keine Tasten für die Laufwerkfunktionen? Das gab mir - und den Teilnehmern des Weihnachtstrefffens - erstmal Rätsel auf. Schließlich lesen echte Männer Bedienungsanleitungen allerhöchstens nach dem Ausprobieren sämtlicher Knöpfe :-) Mehr dazu später - sowohl zur Laufwerksteuerung als auch zur wirklich interessanten Anleitung.

   

Nach dem Abschrauben des Trageriemens läßt sich der Deckel abheben, um grundlegende Wartungen wie Batteriewechsel oder Tonkopfreinigungen durchzuführen. Der einzige Kopf und die beiden Antriebsrollen sind dann sehr leicht zugänglich.

   

Der einfach konstruierte Cassettenschacht ist nur in der Mitte mit einer großen Schraube befestigt, damit er beweglich bleibt:

   

Nahaufnahme des Aufnahme-/Wiedergabekopfes in Halspur mono und der beiden Antriebsrollen:

   

Nun mit eingelegter Cassette:

   

Die Cassetten selbst sind sehr interessant konstruiert. Die äußeren Abmessungen ähneln der gewöhnlichen Compactcassette, auch die Breite des Bandmaterials ist identisch. Damit ist von einer Konstruktion nach Einführung des CC-Systems auszugehen. Ein paar Besonderheiten zielen natürlich auf den Einsatz im Diktierbetrieb: Auf den Spulen sind Zahlen angebracht, die wohl beim Rangieren behilflich sein sollen, und zusätzlich gibt es am Rücken noch eine Skala, auf der sich die Restzeit abschätzen läßt. Löcher für Wickeldorne braucht es nicht - das System arbeitet ohne Capstan und treibt mit den beiden Rollen neben dem Tonkopf direkt die Spulen an. Damit bleibt die Geschwindigkeit natürlich nicht konstant, sondern ist davon abhängig, wieviel Band sich gerade auf der Aufwickelspule befindet.

   

Die beiden Cassetten unterscheiden sich in ein paar Details: Farbloses bzw. getöntes Gehäuse, weiße oder silberne Zahlen auf den Spulen, roter oder weißer Zeiger in der Skala, unterschiedliche Logos von Stuzzi, sowie unterschiedliches Bandmaterial, das ich nicht hundertprozentig zuordnen kann. Ähnlichkeiten zu verschiedenen Generationen der Superferro-Typen von Philips aus den 70er Jahren meine ich zu erkennen.

   

Hier die beiden Rücken mit Skala, aber nur einmal mit Seitenbezeichnungen, die man wohl beim späteren Modell weggelassen hat, weil sie nicht wirklich notwendig waren:

   

Der Andruckfilz ist auf einer Feder befestigt, und das Band läuft über Metallstege. Rechts und links sind kleine Ausschnitte, an denen die Kanten der Spulen freiliegen - dort greifen die Antriebsrollen des Geräts hinein:

   

Zum K70 war sogar noch die originale Bedienungsanleitung dabei:

   

Aber, halt - die beachten wir ja lieber noch gar nicht, bevor das Gerät ausprobiert wird... also machten wir uns an die Erkundung der Laufwerksfunktionen und staunten nicht schlecht. Nach einigem Suchen war das Prinzip verstanden: Durch Druck auf die Cassette selbst wird das Laufwerk gesteuert. Dabei führt das Drücken der oberen Kante zur Wiedergabe oder Aufnahme, und die untere Kante betätigt man zum Zurückspulen. Damit man nicht die ganze Zeit während der Aufnahme oder WIedergabe das Gerät in der Hand und die Cassette gedrückt halten muß, gibt es die Feststell-Raste. Man kann aber auch sehr kurze Sequenzen aufnehmen oder abspielen durch Drücken und Festhalten, was sich mit nur wenig Übung sehr zielgenau steuern läßt. Ergonomisch ist dieses Prinzip ein Geniestreich und erklärt auch, warum extra diese speziellen Cassetten konstruiert wurden, anstatt auf das Massenprodukt CC zurückzugreifen.

Damit Ihr das Funktionsprinzip nachvollziehen könnt, habe ich zwei kleine Filmsequenzen erstellt (mit dem Telefon ohne Stativ, wirkt daher vielleicht etwas ungelenk):

https://www.youtube.com/embed/5MtLIfxuzKM

https://www.youtube.com/embed/zfz4MlmaMQo

Werfen wir doch noch zwei Blicke in die Bedienungsanleitung. Von Interesse sind vor allem die technischen Daten - z.B. der Hinweis, daß das Gerät aufgrund der DC-Vormagnetisierung "auch im Flugzeug benützber" ist, oder die "mittlere Bandgeschwindigkeit":

   

Spannend fand ich auch die lange Zubehörliste, mit der deutlich wird, daß sich das Gerät vor allem an professionelle Anwender richtete. Auch an solche, die beim Aufnehmen nicht unbedingt sofort erkannt werden wollten... oder wofür benötigt man sonst ein "Füllhaltermikrophon, unsichtbar zu tragen"?

   

Viele Grüße,
Martin
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Diktiergeräte für richtige Spione - Assmann Memocord - von Kirunavaara - 20.02.2016, 00:05
[Kein Betreff] - von cisumgolana - 20.02.2016, 08:48
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