Ein "Spitzengerät"? UHER CG 350
#1
Hallo,

da ist im Prospekt ein Gerät zu finden, über das ansonsten nicht viel herauszubekommen ist.
Ein Importgerät ist es zwar (wie z.B. sein kleinerer Bruder, das CG 330), das ist wohl bekannt, aber wie sieht es von innen aus und was machte es zum damals lt. Werbung "Spitzengerät" von UHER? War das nicht das CG 360, das wiederum kein Importgerät ist? Hat es dieses beerbt?

Die Angel hatte ich schon längere Zeit ausgeworfen, jetzt hat eins angebissen, ein UHER CG 350, gebaut 1979.

[Bild: UherCG350.jpg]


Schwer ist es, viel Metall ist die Ursache. Das Gehäuse ist superstabil, die Front sauber verarbeitet, präzise Tipptasten, Potis und Schalter, kein Blender, das CG 350.

Als ich den Deckel geöffnet habe, war ich erstmal erstaunt. Erstaunt und erschreckt darüber, was alles zu sehen ist:

[Bild: CG350-innen1.jpg]

Links ein Wust von Kabeln, deren Enden ungesteckt (oder um Platinenstifte gewickelt) in diversen Platinen oder Blechaugen verschwinden. Wie soll man da herankommen, falls es nötig sein sollte? Wie schön im Vergleich dazu Grundigs Platine vom CN 720 oder die vom echten UHER, dem CG 320. Ein dicker Trafo noch, ein Zugmagnet und eine anscheinend gut gesiebte Stromversorgung fallen auf. Verbaut zwar, aber nicht billig, bei näherem Hinsehen fallen hochwertige Bauteile, wie z.B. gekapselte Potis auf. Und: Alles zumindestens optisch noch sehr gut erhalten, kein Stäubchen drinnen.

Rechts das Schachtlaufwerk, dem Motor nach zu urteilen auch japanischen Ursprungs, jedoch aus "schwarzem" Blech, bislang hatte ich nur goldgelbes oder unbehandeltes gesehen. Auch hier schon ein abschreckender Verbautheitsgrad, der nichts Gutes im Falle einer Reparatur verspricht. Trotzdem sehr gut verarbeitet. Auch hier ein Aber, warum nur ein kleiner Standardcassettenrecordermotor in so einem hochpreisigen Gerät?
Allerdings auch im Falle des Defektes gut ersetzbar, weil häufig zu finden. Und regelbar, das Pieksloch mit einem Poti zur Geschwindigkeitsregelung darunter fiel mir sofort auf. Wegen einer Vorahnung nämlich, das kommt noch.

Hinten ein IC-Grab. 2 Platinen voller historischer Logikbausteine, sehen aus wie Steckkarten aus meinem alten Amiga 2000. Eingelötet, die ICs! Hoffentlich ist hier nichts defekt!
(War es nicht, Glück gehabt). Ganz hinten eine Reihe Heizelemente auf einem dicken Kühlkörper. Auch hier alls sauber gemacht und nicht zusammengehauen. Bei einem Defekt der Platinen hat der Service sie damals wohl gleich getauscht und durch neue ersetzt, wer damals das CG 350 gekauft hat, war wohl auch liquide genug das zu bezahlen.

[Bild: CG350-innen2.jpg]

[Bild: CG350-innen3.jpg]

[Bild: CG350hinten.jpg]


Nun Einblick von unten:

[Bild: CG350-innen4unten.jpg]

Ich hab's mir gedacht, der Antriebsflachriemen hängt schlaff in den Seilen. Genau wie beim kleinen Bruder CG 330, der ein zwar etwas einfacheres, aber konstruktiv sehr ähnliches Laufwerk hat. Hauruckreparatur: Vierkantriemen drauf, der läuft sauber in der Motorrolle und gleitet dank deren Führung nicht von der Schwungscheibe ab. Geschwindigkeit mittels des Motorpotis neu justieren, funktioniert astrein. Irgendwann bestelle ich mir vielleicht mal einen Flachriemen, aber im Grunde ist das nicht nötig, jedenfalls nicht für Normalbetrieb und wenn man den Gleichlauf nicht mit Messgeräten überprüft. Der kleinere Riemen ist auch hinüber.

Testlauf: Juhu, es funktioniert und spielt! Die VUs bleiben zwar dunkel, aber die Lämpchen kann man ja ersetzen.
Witzig der motorgetriebene Cassettenauswurf...und laut! Ratschbumm ist die Cassette draußen. Hört sich aber stabil an, der Mechanismus.
Kleiner Freudendämpfer, das Umspulen geht nicht, kurzes Schnarren, Laufwerk schaltet ab.
Oh Elend, ich muss das Laufwerk zerlegen, ich hab es befürchtet!

[Bild: UherCG350.Zwischenr%E4der.jpg]

Das Idlerrad und eine weitere Zwischenrolle hatten steinharte Gummilaufringe, wie sich herausstellte. Wahrscheinlich schon lange, das Gerät scheint ewig nicht in Betrieb gewesen zu sein. An die Räder heranzukommen war eine Pest! Ich habe es minimalinvasiv gemacht, den Schachtmechanismus nur gelöst und etwas zur Seite geschoben, alle Bauteile hübsch an ihren Federlein hängen gelassen und mit Pinzetten und Uhrmacherschraubenziehern (jaja, ich sag' trotzdem Schraubenzieher) habe ich dann bei gutem Licht und mit ruhiger Hand und dem festen Vorsatz, zwischen Weihnachten und Neujahr nicht zu fluchen die Laufringe herausgepult und durch ähnliches Material ersetzt. Hat geklappt, alles funktioniert wieder.
Verrückt, dass so kleine dusslige Bauteile diesen Goliath lahmlegen können.
Ein Schnellspuler ist das Laufwerk aber leider nicht, alles geht schön gemächlich vonstatten.

Wie alles funktioniert zeigt das kleine Video:

http://www.youtube.com/user/reelcollecto...f-3A7wQ3O8

Ob der wie ein Fallbeil in die Cassette einhämmernde Kopf des archaischen Programmcomputers bandschonend ist, wage ich zu bezweifeln. Das CG 350 scheint eine um ein relativ gutes Standardgerät herumgebaute technische Spielwiese zu sein, die aufwändige Tipptastensteuerung, der sog. Programmcomputer und der motorbetriebene Auswurf haben ja keinen Einfluss auf den Klang. An dem habe ich aber nichts auszusetzen, ich finde ihn
toll und bin von der Aufnahmequalität des CG 350 sehr angetan. Die Bedienung ist sehr gut dank der präzisen Knöpfe und die VUs machen ebenfalls einen hochwertigen Eindruck.

Trotzdem ein kleines Monster, das CG 350. 1979 wohl auch kaum bezahlbar, nur etwas für Freaks und Freunde des Schachtlaufwerks, bei dem man nicht erkennen kann wie weit das Band schon gelaufen ist.

Gruß

Peter S.

...hat jemand technische Unterlagen vom Gerät?
Zitieren


Nachrichten in diesem Thema
[Kein Betreff] - von PSMS - 29.12.2010, 06:02
[Kein Betreff] - von lukas - 29.12.2010, 10:19
[Kein Betreff] - von timo - 29.12.2010, 11:57
[Kein Betreff] - von David77 - 29.12.2010, 12:33
[Kein Betreff] - von PSMS - 29.12.2010, 13:36
[Kein Betreff] - von Huubat - 29.12.2010, 14:01
[Kein Betreff] - von timo - 29.12.2010, 14:12
[Kein Betreff] - von PSMS - 29.12.2010, 14:26
[Kein Betreff] - von Araso - 29.12.2010, 15:58
[Kein Betreff] - von PSMS - 29.12.2010, 17:04
[Kein Betreff] - von Anselm Rapp - 30.12.2010, 10:25
[Kein Betreff] - von Anselm Rapp - 30.12.2010, 10:27
[Kein Betreff] - von uk64 - 30.12.2010, 16:31
[Kein Betreff] - von PSMS - 30.12.2010, 17:52
[Kein Betreff] - von lukas - 31.12.2010, 10:31
[Kein Betreff] - von Araso - 31.12.2010, 10:50
[Kein Betreff] - von ~Jogi - 31.12.2010, 13:00
[Kein Betreff] - von PSMS - 31.12.2010, 15:31
[Kein Betreff] - von uk64 - 04.01.2011, 20:19
[Kein Betreff] - von EN1RZ - 04.01.2011, 21:25
[Kein Betreff] - von PSMS - 04.01.2011, 21:46
[Kein Betreff] - von Huubat - 04.01.2011, 21:54
[Kein Betreff] - von PSMS - 05.01.2011, 00:05
[Kein Betreff] - von Anselm Rapp - 05.01.2011, 09:29
[Kein Betreff] - von PSMS - 12.02.2011, 19:41
[Kein Betreff] - von EN1RZ - 12.02.2011, 23:20
[Kein Betreff] - von PSMS - 13.02.2011, 00:49
[Kein Betreff] - von EN1RZ - 13.02.2011, 02:22
[Kein Betreff] - von PSMS - 13.02.2011, 13:18
[Kein Betreff] - von PSMS - 13.02.2011, 14:04
[Kein Betreff] - von EN1RZ - 13.02.2011, 15:01
RE: Ein "Spitzengerät"? UHER CG 350 - von timo - 26.01.2023, 10:42
RE: Ein "Spitzengerät"? UHER CG 350 - von PSMS - 31.03.2024, 11:55
RE: Ein "Spitzengerät"? UHER CG 350 - von PSMS - 31.03.2024, 15:53

Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste