Unterschiedliche Farben der Magnetschicht
#4
Prinzipiell, lieber Frank, wissen wir ja alle -und sei es aus der ersten Chemiestunde-, zu welch munteren Farbenspiele zwei glasklare Flüssigkeiten ("Wasser") allein durch Mischung veranlasst werden können. Nachdem der Rost rot ist (aus denselben Gründen wie auch das Blut) liegt natürlich nahe, Eisenoxide zunächst mit dieser Farbe zu verbinden. Andererseits wurden die Pigment-Oxide ja schon in historischer Zeit mit jeder Menge anderer Materialien aufgepeppt, um die Dichte nutzbarer Teilchen des Magnetits soweit zeitgenössisch irgend möglich zu steigern. Man wusste ja schon sehr bald, worauf es ankam.

So robbte man sich vom kugelförmigen zum kubischen und nadelförmigen Magnetit voran, um in der Kobaltdotierungszeit noch Spezialverfahren zur Verdichtung der 'Oberflächenbelegung' zu entwickeln, was nicht zuletzt durch die Videotechnik für Amateure erzwungen wurde.
Warum erwähne ich nun dies? Ich, der ich die Farbe der Magnetitschicht immer als Dictum hingenommen habe (der Rest ist 'sowieso Farbe'), vermute, dass auch die Kristallstuktur der Magnetitbeschichtung bei der Reflexion des sichtbaren Lichtes Einfluss auf die Farbe einer Bandoberfläche nimmt. Ansonsten müssen wir uns ohnehin auf die Ergebnisse chemophysikalischen Experimentierens verlassen, das beim Band ja nicht nach einer gefälligen Farbe, sondern einem sehr genauen Anforderungskatalog verlief, wie denn gerade die disziplinübergreifenden Ansprüche typisch für die mediale Speicherung waren.
Interessant ist dabei, dass der sich ergebende Farbkatalog aber wohl (indirekt) doch bei Farbleuten seinen Ausgang genommen zu haben scheint, weil die Magnetbandler in deren Ludwigshafener Büros weiland Hilfe suchend vorstellig wurden. Hantierten die Farbkollegen doch traditionell mit Eisenoxiden (auch tiefschwarzen übrigens: Druckfarben etc.), weshalb man in frühen Ludwigshafener Tagen auch in diesen Geschäftsbereichen nach bereits existierenden Oxiden fragte, die man dann auf Eignung für die magnetische Informationsspeicherung untersuchen konnte, ohne sie erst langwierig entwickeln zu müssen.

Nicht weniger interessant ist nach meiner ganz biederen Eigenbeobachtung, dass schon in der Vor-Hf-Zeit letztlich die gesamte Farbpalette abgeradelt war:
Die Carbonyleisenbänder der allerersten Zeit (also

bis etwa Herbst 1936) waren mit hellgrauem Magnetit versehen.

1936 stieg man auf das tiefschwarze Fe3O4 um, das etwa

1939/40 zugunsten des allbekannten braunroten Gamma-Fe3O4 ('rostrot') verlassen wurde. Der Rahmen war damit gesetzt. Bänder mit gelbem, grünem oder blauem Magnetit begegneten mir nie.

Schließlich fällt auf, dass die rein chemische Seite der Pigmententwicklung immer bei den Chemikern blieb und ungeachtet ihrer zentralen Bedeutung in der physikalisch dominierten Grundlagenliteratur zur magnetischen Ton- und Bildaufnahmetechnik eher ein Schattendasein fristet. Chemische Formeln findet man da letztlich nur ausnahmsweise (z. B. Aufsatz Krones in Winckel I) oder überhaupt nicht (Winckel II). Ja, selbst 'der Altrichter' ("Das Magnetband") kommt gänzlich ohne Chemie aus, sieht man einmal von einer kristallstrukturellen Herleitung des Ferromagnetismus ab. Das verschärft sich noch über die letzten Jahrzehnte (vgl. Winckel II), worin sich Ost und West auch nicht unterscheiden, denn auch Scholz 1969 weiß sich chemisch heftig am Riemen zu reißen. Mir ist aus der letzten Zeit des Magnetbands lediglich ein Aufsatz des Chemieprofessors Klaus Stopperka (Wolfen-Dessau) im Heft 1 von Bild & Ton 1987 bekannt, in dem er sich von der Warte des Chemikers aus mit der Zukunft des Magnetbandes befasst.
Seine Darlegungen sind mir aber bezeichnenderweise fremd.
Nicht nur mir, denn die Tonaufnahmetechnik ist eben immer Domäne der Physiker geblieben, denen ich näher stehe (als mein Sohn...).

Hans-Joachim
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[Kein Betreff] - von Frank - 09.04.2007, 08:57
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