Mikroeingänge Tandberg 10XD
#2
Lieber Holgi,

da rührst du an ein nicht unwesentliches Problem, dem nur über adäqautes Handwerkszeug in jeder Hinsicht beizukommen ist. Das heißt, Hersteller eines Bandgerätes und Nutzer haben dafür gleichermaßen ihre Hausaufgaben zu machen. Dabei muss man aber auch im Auge behalten, dass dem Konstrukteur eines Bandgerätes nur ziemlich ungefähr vertraut sein kann, was ein späterer Nutzer 'seines' Gerätes an Mikrofonmaterial einsetzt.

Dynamischen Mikrofonen ist neben ihrer prinzipbedingt stärkeren Verfärbung (Wandlermasse mit allen Folgen) vor allem die miserable Empfindlichkeit eigen, die nur bei 'hoch empfindlichen' Typen (Sennheiser hat da fast ein Patent drauf) 0,2 mV/µbar erreicht. 1 µbar entspricht ürbigens 74 dB SPL (nicht 74 dB(A)!!!) ist also durchaus schon etwas; und dabei dient ein dynamisches Mikro 0, 2 mV an!
Sprache kann bei Sprechlautstärke problemlos auf 54 dB (nicht 50 dB(A)!) fallen, also 20 dB darunter liegen, womit wir vom dynamischen Mikro nurmehr 0,02 mV erhielten, was längst vom Restrauschen angenagt wird. Dieses Restrauschen kann unter keinen Umständen das thermische Rauschen eines Widerstandes im Eingang des Verstärkers unterschreiten, das bei etwa linearen -130 dB oder -118 dB in einer gehörsmäßig adäquaten Bewertung liegt. Das Restrauschen professioneller und erst recht amateurüblicher Verstärker liegt deutlich über diesem Idealwert. (Vgl. dazu die in Tontechniklehren durchwegs abgedruckte Grenzkurve "ideal rauschfreier Anlagen", die zu interpretieren mehr als nur lehrreich ist.)

Verstärken wir bei einem üblichen Mikrofonverstärker 60 dB nach (womit muss der MD21-Pegel bei 54 dB SPL verstärkt werden, um ca. 400 mV zu erreichen? 86 dB!!!!), liegt schon das Widerstandsrauschen eines idealen (und ideal eingesetzten) Verstärkers über -60 dB.

Wir sind hier also massiv eingeklemmt: Von unten kommt das Rauschen hoch von oben dräut die Clippinggrenze des Verstärkers. Infolgedessen muss der Eingangsverstärker möglichst optimal auf das verwendete Mikrofonmaterial (dynamisch oder Kondensator mit entsprechender Empfindlichkeit) und zweckmäßigerweise auch auf den Pegel der zu wandelnden Signale abgestimmt sein.
Grundsätzlich gilt: Die höchste Wandlerempfindlichkeit ist eigentlich noch zu niedrig, weshalb Kondensatormikrofonen, sie sind mindestens 6 dB, oft 20, ja gelegentlich 30 dB empfindlicher als dynamische Mikros, allemal der Vorzug zu geben ist, wenn man einmal von ihrem unerfreulich hohen Preis und dem der Peripherie absieht.

Weiß man, mit welchem Mikro man arbeitet, kann man abschätzen, welche Pegel man bei gegebenen Musiksignalen (geringe Sprechabstände sind nicht die Regel! Räume von 12-20 m² auch nicht!) am Mikroverstärker zu erwarten hat. Den legt man dann darauf möglichst optimal aus, wobei auch dem ordentlichen (sachgerechten) Mikrofonabschluss gewisse Aufmerksamkeit zu widmen ist.
Die Aussteuerungsgrenze des Verstärkers sollte man dann so legen, dass Restrauschen und Klirrgrenze nicht hörbar angefahren werden müssen. Mit einem dynamischen Mikrofon ist die Befriedigung dieses Anspruches hinsichtlich des Verstärkerrestrauschens schlicht nicht zu erfüllen.

Das ist nur mit K0ondesatormikros und recht aufwändigen Schaltungen möglich, deren Empfindlichkeit relativ kleinstufig umgeschaltet wird, um die Eingangsimpedanzveränderung (bei der Empfindlichkeitsjustage) in engen Grenzen zu halten. Das ist heute faktisch alles über den Harz und wäre -nebenbei- vom Amateur auch nicht zu bedienen; so besitzt keines jener Pulte, die sich durchaus professionell nennen, mehr solch einen Eingang; 60 dB auf einer Stellerdrehung, keine Eingangstrafos, das ist das Gebot der Stunde. Wenn auch nicht das eines optimalen Umgangs mit Störgrößen.

Ein Eingang wie der von der A77 (lebte fort bis PR99/I!) ist/wäre (bei Trafosymmetrierung) für einen Amateur das mit Abstand höchste der Gefühle. Übrigens durchaus hochwertig, namentlich in der Modifikation der PR99MKI, die eben diesen Trafo erhielt.

Aus den obigen Empfehlungen geht hervor:
Wenn irgend möglich Kondensatormikros mit 1 mV/µbar (= 10 mV/Pa) bzw. mehr einsetzen, nur dann bleibt man auch in kritischeren Fällen weit genug weg vom Restrauschen nachgeschalteteter Verstärker. Günstig konzipierten Nachverstärker verwenden, bei dem die erste Stufe in der Empfindlichkeit umzuschalten ist, also nicht nur eine Vordämpfung (PAD) aufweist; Sprechen vor dem Mikrofon lernen! Auch mir ist es problemlos möglich, in einem Wohnraum eine Sprachdynamik von 50 dB zu entfalten. Da streicht jeder Kleinverstärker die Segel.

Hast du die Schaltung deines Tandberg-Einganges und könntest diese posten bzw. mir in Gestalt eines Scans (idealerweise mit den "Technischen Daten" des Gerätes) per Mail zukommen lassen? Ich könnte dann einmal versuchen, Stellung zu solch einem, mir jetzt nicht bekannten Konzept zu nehmen.

Hans-Joachim
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[Kein Betreff] - von hannoholgi - 08.03.2007, 20:17
[Kein Betreff] - von PhonoMax - 08.03.2007, 21:52
[Kein Betreff] - von Jürgen Heiliger - 08.03.2007, 23:19
[Kein Betreff] - von PhonoMax - 09.03.2007, 11:11
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[Kein Betreff] - von hannoholgi - 10.03.2007, 17:03
RE: Mikroeingänge Tandberg 10XD - von user-332 - 06.06.2009, 06:29
[Kein Betreff] - von hannoholgi - 08.06.2009, 14:28

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