Vormagnetisierung nach Braun
#8
Obgleich mancherlei zu den obigen technischen und philosophischen Einlassungen zu sagen wäre, äußere ich mich nur zu den historischen.

Dr. Walter Weber -sein Todestag jährt sich am 18. Juli zum 60. Male- war im Frühjahr 1940 bei der Entdeckung der Hf-Vormagnetisierung keineswegs mit Experimenten zur Ausnützung der Gegeninduktion eines Tonkopfes befasst, sondern mit solchen zur Verringerung des noch immer leidigen Rauschens. Er hatte sich an der R23 mit Zweispurköpfen(!) Eduard Schüllers der Optimierung der Gleichstromvormagnetisierung angenommen und bereits die Aufteilung in zwei Frequenzbänder (hoch und tief mit jeweils optimierter VM) und ein Gegentaktverfahren über zwei Spuren als vergeblich abhaken müssen. Anfang April 1940 nahm er sich noch einmal das ebenfalls schon als erfolglos angesehene Gegenkopplungsverfahren (eine Spur mit Nutzmodulation, die zweite im Gegenkopplungszweig der Verstärkerstufe) vor, wovon er in seinem erhaltenen Aufsatz "Die magnetische Schallaufzeichnung mit besonderer Berücksichtigung der neuen Fortschritte", verfasst für das RRG-Kolloquium vom 23.10.40, berichtet:
"Bei den Gegenkopplungsversuchen neigte die Versuchsschaltung bei starken Kopplungsgraden zur Selbsterregung. Beim Eintreten der Selbsterregung wurde ein ganz beträchtliches Absinken des Störgeräusches beobachtet.... Der erste Versuch ... wurde so angestellt, daß Hochfrequenz und Niederfrequenz einfach gemischt auf den Sprechkopf gegeben wurden. Die Erwartung, daß eine Aufzeichnung der Niederfrequenz nicht stattfinden würde, trat nicht ein. Vielmehr wurde die Niederfrequenz sehr sauber und mit viel geringerem Störgeräusch aufgezeichnet. Durchgeführte Messungen ergaben eine Störgeräuschsenkung von 10 db bei einer Klirrfaktorverminderung von 10% auf 3%, bezogen auf gleiche Spannung am Hörkopf. Diese Erscheinung wurde weiter
verfolgt. Sie führt im Endergebnis zum ... neuartigen Aufsprechverfahren. ... Bei einer Ausweitung der Frequenzkurve bis 10 000 Hz wird eine Dynamik von 60 db erreicht bei 1,5% Klirrfaktor bei 1 000 Hz."
Zwischen dem 18. und dem 20. April vermerkt dann sein ebenfalls erhaltenes dienstliches Tagebuch, dass er über diese Tage zu den "Untersuchungen am Magnetophon" einen "großen Aktenvermerk" angelegt habe.
Die Gegeninduktion wurde meines Wissens in der Frühgeschichte der Bandgerätetechnik nur einmal ausgenützt, nämlich als Eduard Schüller -wir sind jetzt bei der AEG im Kabelwerk Oberspree- die 1938 erschienene K4 mit einem auswechselbaren Kopfträger (ohne die Wahnsinnsmechaniken des 'Kopfkarussells' der K2) ausstattete, aber die Folgen der bei Gleichstromvormagnetisierung grundsätzlich auftretenden remanenten Kopfmagnetisierung von Aufnahme- und Löschkopf zu umgehen versuchte:
Um Aufnahme- und Löschkopf zu entmagnetisieren, bildet ein zeitweise parallel geschalteter Kondensator zusammen mit den Spulen des Lösch- und des Aufnahmekopfes einen Schwingkreis, dessen abklingende Schwingungsströme den Kopfkern magnetisch neutralisieren; wir würden von einer Entmagnetisierung sprechen.

Edit: Ach ja: Vor der Braun AG gab es in der Geschichte des Tonbandgerätes eigentlich neben jener braunen Bagage, die ein beklemmendes Interesse an dieser neuen Technik entwickelte, nur Hans Joachim von Braunmühl. Selbst die Tonbänder waren schwarz.

Hans-Joachim
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