Braun TG 1020 einmessen
#3
Hallo Oldman,

Zitat:Die Einstellung des Aufsprechstroms bzw. -spannung und die der Vormagnetisierung beeinflussen sich doch gegenseitig.
ja, schon. Die Empfindlichkeit des Bandes hängt vom Vormagnetisierungsstrom ab, also auch der Aufsprechstrom, den man einstellen muss, um hinter Band den gewünschten Pegel zu sehen. Die Empfindlichkeit des Bandes in Abhängigkeit vom Bias-Strom sieht für LPR35 bei 19 cm/s und NAB-Entzerrung zum Beispiel so aus:

[Bild: lpr35-empfindlichkeit.png]

Die Abhängigkeit der Empfindlichkeit vom Bias-Strom ist für niedrige Frequenzen (S1 = 1 kHz) deutlich geringer als für hohe (S10 = 10 kHz). Die Kurven sind für jedes Band verschieden und normalerweise im passenden Datenblatt zu finden, zum Beispiel in diesem hier: http://www.rmgi.eu/pdf/RMGI_LPR_35.pdf. Die Empfindlichkeit wird mit normgerechter Wiedergabeentzerrung, aber nicht entzerrtem Aufnahmeverstärker gemessen. Der Unterschied zwischen den Kurven zeigt dann an, wie viel Aufnahmeentzerrung man aufbringen muss, um insgesamt einen glatten Frequenzgang zu erreichen.

Zitat:ich würde gerne auch den "richten" Weg dazu kennen
Nun, eine "reine Lehre" gibt es da vielleicht garnicht, sondern nur prinzipielle und technische Kompromisse. Ich versuche mal, zur Erhellung beizutragen, so dass Du Deinen Weg wählen kannst.

Vom Vormagnetisierungsstrom hängen nicht nur die (Höhen-)Empfindlichkeit, sondern unter vielem anderen auch der Klirrfaktor und die Aussteuerbarkeit ab. Man versucht nun, folgende Ziele gegeneinander zu optimieren, die teilweise konkurrieren:

- große Höhenaussteuerbarkeit
- geringe Aufnahmeentzerrung
- geringer Klirrfaktor

All das ist Bias-Abhängig im Datenblatt eines Bandes dokumentiert, zusammen mit einem Vorschlag des Herstellers, in welchem Arbeitspunkt man das Band gut betreiben kann. Es steht einem aber frei, nach eigener Gewichtung der angegebenen Faktoren einen anderen Arbeitspunkt zu wählen. Zum Beispiel könnte man (das tat wohl der Rundfunk, sagt Hans-Joachim) grundsätzlich das Minimum des Klirrfaktors benutzen.

Für die Aufnahme insgesamt ist auch ein glatter Frequenzgang wichtig, der durch die Aufnahmeentzerrung erreicht wird.

Was heißt das nun für die Einmessung eines bestimmten Gerätes?

Es gibt gewisse Methoden, obigen Kompromiss auf einem vorliegenden Gerät zu finden, auch wenn man nicht alle genannten Größen messen kann und will. Im Datenblatt wird gleichsam ein Kochrezept mitgeliefert, wie man den empfohlenen Arbeitspunkt einstellen kann: Die Delta-S10-Methode.

Pegel kann man beim Einmessen auch bei einfacher Messausstattung gut erfassen, und die S10-Kurve ist stark vom Bias abhängig und hat zudem noch ein relativ scharfes Maximum. Der Bandhersteller gibt jetzt zum Beispiel an, dass man von diesem Maximum 4dB Pegelabfall in Richtung höheren Bias-Strom weiterdrehen soll, dass man beim gewünschten Wert ankommt. Praktisch und Tausendfach bewährt. Das steckt hinter dem Hinweis

Zitat:die Ausgangsspannung auf z.B. -4dB nach Erreichen des Maximums beim Verdrehen des Vormag-Trimmers eingestellt werden
Die angegebenen 4dB sind dabei so als Universalkompromiss für die meisten vorkommenden Bänder zu sehen...

Kleinere Nachteile gibt es trotzdem: Die zugrunde liegenden Kurven sind mit einem bestimmten Aufnahmekopf entstanden und nur näherungsweise auf andere Geräte übertragbar. Das sollte aber im Amateurbereich nicht stören. Schwerer wiegt aber eventuell, dass bei fest vorgegebener Aufnahmeentzerrung (ist so bei der ASC AS5000 und AS6000, also wahrscheinlich auch bei der TG1020) der gewünschte glatte Frequenzgang nicht erreicht wird.

Deswegen gibt es die vereinfachte Amateurmethode, der auch Deine obige Beschreibung entspricht: Man stellt den Bias einfach so lange ein, bis ein 10kHz-Ton hinter Band gleich laut ist wie ein 1kHz-Ton. Damit hat man den Frequenzgang einigermaßen glatt, und sollte auch nicht allzu weit von den gewünschten anderen Eigenschaften weg sein.

Obige Braun-Beschreibung lässt sich also folgendermaßen umsetzen:

- 1 kHz bei Bezugspegel (0dB) einspeisen und Aufnahmepegel (also mit dem Trimmwiderstand am/im Aufnahmeverstärker) so einstellen, dass der gleiche Pegel hinter Band wieder rauskommt
- bei -20dB (also 0,1V) Eingangssignal den Bias-Strom so lange erhöhen, bis 1kHz und 10kHz gleich laut hinter Band rauskommen, dazu mehrmals zwischen den Frequenzen hin und her schalten
- den ersten Schritt am Ende einmal wiederholen, weil die Bias-Einstellung ihn eventuell leicht verändert hat

Da Du ja moderne Messmittel (ich las irgendwo was von AudioTester und so...) zur Verfügung hast kannst Du auch so lange am Bias drehen, bis der Frequenzgang insgesamt glatt ist. Oder Du versuchst mal, das Klirrfaktorminimum zu finden. Oder nach Delta-S10-Methode. Erfahrung sammeln!

All das macht aber eigentlich nur Sinn, wenn die Bandzug- und Kopfprobleme ausgeräumt sind. Vielleicht tauchen aber beim Einmessversuch Hinweise auf, die insgesamt weiterhelfen...

Viele Grüße
Andreas
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[Kein Betreff] - von Oldman - 20.12.2009, 13:51
[Kein Betreff] - von andreas42 - 20.12.2009, 17:23
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