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Non plus HiFi? - Druckversion

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- highlander - 08.09.2004

Wie wichtig ist HighFi, HighEnd überhaupt?

Da wir Sammler auch viele alte tonale Schätze erhalten und abhören, dürfte für diese Art Musikgenuss ein simples Tonbandgerät ausreichen. Trotz schlechtester Aufnahmequalitäten hören wir doch das Band zu ende, oder?

Hat unsere Musikleidenschaft nicht (fast) immer mit einfachstem Equipment angefangen? Braucht also die Musikleidenschaft überhaupt HighEnd?

Ich fröne der friedlichen Koexistenz von HighEnd und LowBudget. Ist es überhaupt wünschenswert, sein Musikerlebnis nur auf eine dieser Welten zu beschränken?

Haben die Erschaffer der MP3-Sticks und Minidisc-Portables nicht vollkommen recht?


- niels - 08.09.2004

Alles zu seiner Zeit. Ich höre immer noch gerne Bänder, deren Inhalt ich inzwischen auf CD besitze.
Mir fällt es aber leichter, Musik in guter Qualität zu hören. So war es für mich eine Offenbarung von meinem 200,- DM Sony CDP-195 auf einen (1996?) fünfmal so teuren NAD 514 umzusteigen. Bei klassischen Klavieraufnahmen wurden aus zwei Flügeln (einer für Bass, einer für "Sopran") auf einmal einer, Instrumente taumelten nicht mehr durch die Abbildung, kurz: Der Komposition zu folgen, war mit einem Mal leichter.
Das wichtigste ist mir aber, die Geräte nicht jenseits ihrer Grenzen zu betreiben. Ich leide jedesmal, wenn Phasen vertrauscht oder Geräte mit Pegeln gefahren werden, für die sie nicht gebaut wurden.

niels


- Matze - 08.09.2004

Zitat:highlander postete
Braucht also die Musikleidenschaft überhaupt HighEnd?
Ich denke nein. Mir ist es wichtig das ich Geräte habe die einigermassen dem Technischen Stand genügen (also bei Analog etwa 20 Jahre alt, bei Digital weniger.) und robust gebaut sind. Wenn das der Fall ist klingen sie für mich auch gut. Der Witz ist doch, das Musiker meist keine teuren Anlagen haben.
Ich meine das kommt daher das sie Musik anders hören. Die achten mehr darauf welche Gitarrensaite der Musiker auf der Platte gezupft oder welche Klaviertaste er angeschlagen hat. Auf das Handwerkliche halt. Dann gibt es noch die Leute die Musik einfach nur geniessen. Da gehöre ich dazu. Und dann noch die Highender die eigentlich nur ihre Geräte hören und für die Musik selbst nicht viel zu empfinden scheinen.


- Michael Franz - 09.09.2004

Musikgenuß ist nicht nur eine Frage der Technik, neben Gehör und Verstand spielen vor allem die Emotionen eine Rolle.

In einem Straßencafé sitzend, kann mich die in Fetzen herübergewehte Musik eines Straßenmusikanten durchaus erfreuen, obwohl von HiFi keine Rede sein kann. In der weihevollen Atmosphäre einer Kirche höre ich mit Interesse Musik, die ich im heimischen Wohnzimmer nicht ohne Unterbrechung verkraften würde. Was mich, aus dem Radio kommend, zu immer rasanterer Autofahrt verleitet, kann mich daheim zu Tode langweilen.

Es kommt also darauf an, wie man wohin seine Antennen ausgefahren hat, ob man "in tune" ist. Der Rest ist vergleichsweise unwichtig.

So betrachtet könnte man zum Schluß kommen, daß die Wiedergabequaltiät nachrangige Bedeutung hat. Ich meine: Man kann auch in objektiv schlechter Tonqualität mit Freude Musik hören und findet deshalb die Qualität vielleicht sogar ganz gut. Ich habe das selber oft genug getan. Ich bin aber auch über die High-End in Frankfurt geschlendert (jetzt München)und habe mich z. B. von Rebecca Pidgeons Interpretation von "There is a Rose in Spanish Harlem" verzaubern lassen, die da aus einer exquisiten Minimal-Anlage mit 2 Schuhkartongroßen Boxen ertönte. Aus einem Kofferradio kommend, wäre ich an diesem "Schlager" wohl vorbei geschlendert.

Eine gute Anlage, die Stimmung und Atmosphäre zaubert, kann einem Musik nahebringen, die man ansonsten nicht hört. Sie kann einem bei vertrauter Musik neue Facetten aufzeigen. Sie hilft also beim Entdecken. Und das ist für mich ein ganz wesentlicher Punkt meines Hobbies: Es soll spannend sein und Überraschungen bieten. Deswegen sollte man ruhig auch mal die Anlage wechseln, ich habe ja auch mehr als ein oder zwei Hosen im Schrank.

Daß man dabei sehr schnell das Feld der reinen Lehre verlässt, nehme ich ganz bewusst in Kauf. Ich will nicht dem Voodoo das Wort reden, aber der Techniker neigt dazu, nur das zu glauben, was er in Formeln drechseln kann. Kommt er dabei an seine Grenzen - der Mensch neigt dazu sich für wesentlich gescheiter zu halten als er nun mal ist - schliesst er messerscharf, daß nicht sein kann was nicht sein darf, betitelt das Ganze als unseriöses Phänomen, und schwört weiter auf Beipack-Strippen aus Klingeldraht.

Diese Leute haben nicht ganz unrecht, aber ginge es nach ihnen, wären wir über die mehr zufällige Erfindung des Rades nicht weit hinaus gekommen. Es waren oft genug die Leute mit den goldenen Ohren, die dafür gesorgt haben, daß die deutsch HiFi-Norm nicht der Weisheit letzter Schluss blieb. Die Techniker sind aber unverzichtbar, wenn es darum geht, die enthusiastischen Hörer wieder auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen und die Schwebehöhe auf ein praxisverträgliches Maß zu senken. Ich meine: Nur wenn beide Parteien weiterhin gegeneinander antreten, kommt die Technik der Musikwiedergabe voran.

Ob Henkelmann, Musik aus dem Internet per Download (wo anders gibt es so viel unoffiezelles von Bob Dylan?),HiFi oder High-End: Ich bewege mich überall. Ich habe kein Problem damit, wenn sich jemand auf ein bestimmtes Feld festlegt und z. B. keinen Henkelmann anguckt. Ich habe nur dann Probleme damit, wenn er mir das als verbindliche Religion verkaufen will.


- snzgl + - 09.09.2004

Ob es immer vollendeter HiFi-Klang sein muß? Sicherlich sind technisch vollkommene Aufnahmen in hoher Qualität der Stolz eines jeden Tonbandlers aber macht auch nicht gerade das Abhören alter Aufnahmen Spaß. Diese sind meist nicht unter besten Bedingungen entstanden. In meinem Fall zum Beispiel wurde früher viel vom Kofferradio aufgenommen, denn eine andere Möglichkeit gab es meist nicht. Da hängen dann so manche Erinnerungen an dem Band. Wurde man vom Leiter des Blindenwohnheimes beim Westsender hören erwischt, war das Radio für mindestens zwei Wochen weg. Immer konnten die Sender auch nicht optimal empfangen werden, da war dann die Aufnahme mit einem leisen Hintergrundrauschen unterlegt. Gerade wenn man seinen gewünschten Titel im Radio hörte und auch rechtzeitig die Aufnahmetaste gedrückt hatte, kam so ein Depp in das Zimmer und mußte unbedingt jetzt das Licht einschalten. Da es Neonröhren waren, war das Knacksen natürlich auch auf dem Band. Sicherlich habe ich heute viele Titel inzwischen in besserer Qualität aber wenn so ein altes Band läuft, vielleicht noch auf der Maschine, mit der es aufgenommen worden ist, kommen so manche Erinnerungen an die alte Zeit wieder. Da waren die Freunde, die Arbeit, das gemeinsam Erlebte. Spielt es da eine Rolle ob die Wiedergabe in vollendetem HiFi erfolgt.


- DerTiger - 09.09.2004

Ja es sind Emotionen. Ob altes Band mit Rauschen und in Mono oder exellentes HIFI. Beides kann Spaß machen. Stimmung, Athmosphäre sind wichtig.


- highlander - 10.09.2004

Es ist mir schon öfter passiert, daß ich besonders schöne Bänder auf CD gezogen habe, mir diese aber über die Anlage nicht anhören konnte. Der Sound war ungewohnt, es mangelte an allem, kein Stück klang so wie auf dem Bandgerät. Das tendierte auch schon ins Unerträgliche. Nicht, daß die Aufnahmen schlecht gewesen wäre oder das Rauschen besonders hervorkam - die Aufnahmen klangen gar nicht schlecht - aber ich hatte den Eindruck, eine völlig andere Platte zu hören...