Tonbandforum

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Hallo Tonbandfreunde,

hier ein aufgetauchtes altes Schätzchen (kann man wirklich so nennen, das Gerät ist einer sehr robusten Holzkiste eingelassen).

Ein paar bekannte Daten:

Bandgeschwindigkeit 77 cm/s.
Omega-Direktantrieb ohne Getriebe
Motoren (zwei Stück) bekommen direkt Spannung übers Netz, nicht über einen Trafo
Rutschkupplung mit Lederriemen
angeblich das erste Amateurgerät für 1000-Meter-Band Offenwickel
Gewicht: Ca. 30 Kg
Röhrenbestückung: AZ 11, 2xEF 6 sowie 6 V 6 (USA)
Bandführung Breite 6,5 mm

Kennt jemand dieses Gerät und hat evtl. sogar noch weitere Informationen dazu ?
Es geht hier in erster Linie um den Hersteller, wer hat dieses Gerät schlussendlich gebaut und unter welchem Namen wurde dieses "Klein-Magnetophon" vertrieben ? Der Besitzer bezeichnet es als "Münchberg" . Gab es Geräte unter diesem Namen ?
Kann es eine Gemeinschaftsproduktion der Herren Bruno Woelke, Max Ihle und der Firma Loewe-Radio sein ?

Alle Info´s sind willkommen.

Gruß
Thomas

[Bild: morckelsrar1.jpg]

[Bild: morckelsrar2.jpg]

[Bild: mlrari4e.jpg]

[Bild: mlrari5s.jpg]


Na, eigentlich sollten hier vier aussagekräftige Bilder zu sehen sein, ich probiere weiter !

Thomas
Hallo,

da steht Ferrophon 1 drauf, und das sieht auch nach Ferrophon aus, wobei die Abdeckung der Tonköpfe fehlt:
http://www.radiomuseum-bocket.de/museum/...rophon.php

Löwe wurde während des 1000-jährigen Reiches arisiert und umbenannt in Opta.
Nach dem Krieg wurde das Unternehmen den ursprünglichen Besitzern zurückgegeben, siehe z.B.
http://de.wikipedia.org/wiki/Loewe_AG

Dieses Gerät hat jedenfalls die Opta-Köpfe von Herrn Wölke, sieht aus wie ein Ferrophon von Löwe-Opta (Der Name Löwe-Opta statt Opta sollte erst nach der Rückübetrragung 1949 entstanden sein), die ja Ihle für Löwe-Opta gebaut hat, und auch den Name "Münchberg" deutet in Richtung Ihle, weil der dort in der Nähe saß, während Löwe-Opta in Kronach residierte.

Was meinst Du, Hans-Joachim?

Frank
Lieber Thomas,
lieber Frank,

zum oben abgebildeten Gerät könnte ich endlos schreiben, beschränke mich aber nur auf ein paar Aphorismen, weil meine Tendenz zur Genauigkeit letztlich in einem Sonderfall sicher nicht jedermanns Zustimmung finden wird.

Das offenbar in Lindenfels ansässige Gerät ist eines der extrem seltenen Ferrophone des Typs II, das natürlich nicht bei Loewe-Opta in Münchberg/Kronich, äh Kronach entstand, sondern bei Max Ihle in der Grundmühle von Marktschorgast. In einschlägigen Publikationen aus der Umgebung der Zentraltechnik des NWDR (Vorläufer-Zentralamt des IRT) wird Ihle blümerant als "verlängerte Werkbank von Loewe" bezeichnet, obgleich Ihle in der Bandgerätefertigung nie im Auftrag von Loewe arbeitete.

Die Verbindung des eigentlichen Rechenmaschinenfachmannes Max Ihle zu Loewe-Opta hatte vermutlich Bruno Woelke gestiftet, der bereits in Berlin als freiberuflicher Zuträger der Szene Verbindungen zu AEG und zum Steglitzer Mutterhaus von Loewe geknüpft hatte.
Loewe besaß durch seine Berlin-Steglitzer Fertigungsstätten traditionell Zugang zum für die Bandmaschinen avisierten Absatzmarkt, weshalb der kontaktfreudige und nicht wenig geschäftstüchtige Ihle diesen, von Woelke frei geräumten Kanal für den Vertrieb seiner modernen Produkte nutzte.

Der in Nürnberg 1944 ausgebombte Ihle war im selben Jahr nach Marktschorgast am oberen Ende der "Schiefen Ebene" gekommen, während Bruno Woelke vermutlich dem Magnetbandlabor der Reichsrundfunkgesellschaft (Hans-Joachim von Braunmühl) gefolgt war, als dieses im Spätherbst/Frühwinter 1944 für die etwa letzten sechs Monate sattsam bekannter tausend Jahre nach Speinshart (30 km südlich Bayreuth) ins Praemonstratenserkloster übersiedelte (und dort als Subgliederung des NS-Propagendaministeriums die Miete schuldig blieb...).

Bruno Woelke hatte sich in Gefrees, vier Kilometer abseits von Marktschorgast angesiedelt und Max Ihle -ab März 1946 im Besitz eines Nachkriegsgewerbescheines (ohne Nennung der Fertigung von Audio- oder gar Bandgeräten) wohl auf den Trichter mit der Bandgerätetechnik gebracht. Ab 1947 muss dann bandgerätespezifisch zielbestimmt etwas gelaufen sein.

Woelke war Konstrukteur und später Mitpatentinhaber des von Ihle erstmals industriell gefertigten Spitzkeiltonkopfes mit Achateinlagen zur Spiegelschonung (siehe oben) und zusätzlich neben vielem anderen Vater der Omegaumschlingung für den Bandtransport, die eine elegante Umschiffung des im Nachkriegsdeutschland noch immer geschützten Andruckrollenpatentes erlaubte.

Das extrem seltene Ferrophon II -ich besitze das einzige Gerät, das abgesehen vom obigen im Verlauf der letzten Jahrzehnte meine Pfade kreuzte-war mit einem passiven Eingang ausgestattet, der für Aufnahmen im heutigen Sinne eines geeigneten Vorverstärkers bedurfte. Auch diesen nenne ich in Gestalt des ZVI mein eigen, muss aber bekennen, dass er wie das zugehörige Bandgerät bis heute nicht restauriert sind.

Die Schaltungen beider Geräte liegen mir nicht vor, jedoch kann man sich in Wolfgang Junghansens Magnetbandspielerpraxis (früheste Auflagen) recht detailliert über die Schaltungskonzepte in Ihles Frühzeit informieren, da dieser wohl auf dezidiertes Befragen immer sehr auskunftsfreudig war. Zusätzlich verfüge ich über etwas an originalem Werbematerial mit Preisangaben (!) und einigen technischen Zeichnungen zur Mechanik des Ferrophon II. Darüber hinaus habe ich aber eine Schaltung des Nachfolgers "Ferrophon IIIc" (also noch nicht "c3"), der nach Lage der Dinge ebenfalls nur eine (1)Bandgeschwiindigkeit und nicht deren drei besaß. Diese Schaltung ist nach Stichproben meinerseits exakt die des Ferrophon II.

Die obigen Hinweise zur Röhrenbestückung enthalten vermutlich einen Fehler, denn die Gleichrichterröhre des Ferrophon II war eine AZ1, die meinem Gerät fehlte, aber durch die Aufstempelung des Typs auf dem Chassis einwandfrei identifiziert leicht und zutreffend zu ersetzen war. Die beiden EF6Bi dienen als Wiedergabeverstärker, die US-Röhre 6V6 als Eintakt-Hf-Oszillator.
Meiner Ansicht nach verdankt die Telefunken-Reibrad-M5 ihre Entstehung dem Ausstieg Max Ihles aus der Bandgerätefertigung mit 'quasi professioneller Attitüde', aus der das Ferrophon IIIc3 als erste Dreigeschwindigkeiten-Anlage der Bandgeräteweltgeschichte hervorging. Ihle gab damit die Marktlücke frei, in die die M5 vergleichsweise langsam einrücken konnte. Kontakte Ihles mit den Hamburg-Wedelern sind in anderem Zusammenhang, aber gleichzeitig belegt.

Da ich aus den Bilddateinamen oben ersehen kann, dass das abgebildete Gerät im Odenwald beheimatet ist, sei angemerkt, dass ein Münchener Sammler mir vor einigen Jahren erzählte, er habe an jenen Besitzer einen Ihle-ZV abgetreten. Der Münchener Sammler konnte mir aber nicht sagen, ob es sich um einen ZVI oder ZVII (er gehört zum Ferrophon IIIc3) gehandelt hatte.
Ach ja: Ihle hatte im Odenwald (Reinheim) offensichtlich Verwandte (von Seiten der elsässischen Ehefrau), denen ich schon immer nachspüren wollte.

Die Schaltung des ebenfalls in meinem Besitz befindlichen ZVII habe ich aufgenommen, wenn auch noch immer nicht in Reinschrift überführt.

Der Name "Münchberg" (Woelke ließ sich sehr bald dort nieder, Alfred Austerlitz, der dritte im Bandgeräte-Triumvirat Ihle-Woelke-Austerlitz lebte lange dort) ist wohl der ursprüngliche, doch scheint man bald auf den Namen "Ferrophon" umgestiegen zu sein, das im reinen Abspielgerät "Ferrophon Junior" einen Vorläufer hatte, der im Heft 10, 1949 der Funktechnik gemeinsam mit dem Woelkeschen Geichlaufschwankungsmessgerät (wieder eine Entwicklung des Berlin-Gefrees-Münchberg-München-Schweitenkircheners) beschrieben wird.
Das letzte Bandgerät Ihles (Dreimotoren-Reverse-Amateurgerät interessanten Aufbaues) trug wieder einen Ortsnamen: "Bayreuth", markierte aber das Ende des Nf-Ausfluges von Max Ihle, der ansonsten auch der Prototypfertiger der Hallplatte Walter Kuhls war, die später als EMT 140 eine Revolution bezüglich des künstlichen Nachhalls auslöste, an der Ihle aber im Gegensatz zur Wiederbewaffnung der Bunzrepublik nicht mehr teilhatte. Dies ist in der Szene bis heute völlig unbeachtet geblieben.

Mein Ferrophon II besitzt übrigens eine schwarze Deckplatte, die mit Ihles Namen und Firmenzeichen graviert ist, also kein Ätzschild mit dem Namen des Vertreibers Loewe-Opta trägt.

Mich würde die Seriennummer obigen Geräte interessieren. Mein Ferrophon II trägt die Nummer 1203, mit einem kleinen Foto könnte ich dienen.

Hans-Joachim
Hallo Frank und Hans-Joachim,

vielen Dank für eure erschöpfenden Hinweise und Informationen.

Es ist tatsächlich so, dass das Gerät im Lindenfelser Museum steht und dank der aufopfernden Mitarbeit und Hilfe eines weiteren Tonbandfreundes in Frankfurt nun wieder läuft. Viel Arbeit und Austausch müder Kabel und Bauteile waren nötig.

Hans-Joachim, das Lindenfelser Gerät trägt die Seriennummer 1190.

Dank Deiner Informationen (die wie immer sehr aufschlussreich sind) kommen wir der Herkunft und Geschichte dieses Gerätes ein ganzes Stück weiter.

Frank, der Hinweis auf das Radiomuseum Bocket - na, da hätte ich auch selbst drauf kommen können....danke für den "Anstoß" !

Und schließlich ein Dankeschön an Timo, der einem ollen PC-Dussel wie mir das Hochladen der Bilder auf irgendeine mir unbekannte Weise abgenommen hat. Ich lerne das auch noch irgendwann, versprochen !

Gruß
Thomas
Zitat:grundig tk 240 postete
Und schließlich ein Dankeschön an Timo, der einem ollen PC-Dussel wie mir das Hochladen der Bilder auf irgendeine mir unbekannte Weise abgenommen hat. Ich lerne das auch noch irgendwann, versprochen !
Du bist kein Dussel, die Upload-Funktion hier im Forum ist schlichtweg fehlerhaft und codiert Leer- und Sonderzeichen nicht. Die Lösung ist, sich entweder bei den Dateinamen auf Ziffern und Buchstaben ohne Umlaute (und ein paar andere Zeichen, die ich jetzt mal unterschlage) zu beschränken, oder die Kodierung in dem [img]-Tag von Hand durchzuführen. Erstes ist einfacher.
Lieber Thomas,

heute Vormittag bin der Sache noch einmal etwas weiter nachgegangen, zumal man sich am fortgeschrittenen Abend doch vieler Dinge nicht mehr so frei erinnert, wie das wünschenswert wäre.

Aus deinen Andeutungen leite ich ab, dass auch das Lindenfelser Exemplar an der völligen Verhärtung der Gummiisolation der in schöne Kabebäume zusammengefassten Verbindungsleitungen leidet. Ich habe für den Austausch seit Jahren Silikonleitungen gleicher Farbe und gleicher Stärke vorliegen, um neue Kabelbäume zu erstellen... Allein, es ist dabei bislang geblieben.

Ein Ferrophon II war als frühes stereofones Gerät auf dem Funkausstellungsstand Eugen Beyers 1950 oder 1951 in Betrieb. Die in allen Bauteilen Plan zu bearbeitenden Spitzkeilköpfe nach Woelke waren ja ohne größeren Zusatzaufwand auch zweikanalig ausführbar. Nachdem Ihle keine Serienfertigung unterhielt, sondern Einzelgeräte erstellte, kosteten Sondertypen nicht so apokalyptisch viel mehr, wie man das dann einige Jahre später bei Instituten kennen lernen konnte, die auf eine ähnliche Geschäftsidee (Verknüpfung professioneller und amateurbezogener Geräteschienen) bauten.

Zum Gerätenamen:
Ihle plante offenbar, seine Bandgeräte generell mit "Münchberg" zu titulieren, denn das von mir bereits erwähnte "Ferrophon junior" hatte nach besagtem Aufsatz in der Funktechnik 10, 1949 auch den Namen "Münchberg I", was sich dann aber wohl nicht durchsetzte. Auf einer meiner Preislisten nämlich werden die Ferrophone als "früher Typ Münchberg" ausgewiesen. Ein Ferrophon I ist nach Ausweis dieser Listen ein solches ohne, ein Ferrophon II dasselbe Gerät mit Bandrücklauf.

Zum bei mir vorhandenen Papierkram:
Zusätzlich verfüge ich über einen detaillierteren Werbe-Flyer Ihles zum Ferrophon II{c, da mit Aufnahmefunktion ausgestattet], auf dessen Titel auch exakt die Kabinettversion aus Lindenfels abgebildet ist. Zudem werden genauere Angaben zum Zusatz-Verstärker I gemacht. Das Gerät selbst wird im Flyer als "Das neue Loewe-Opta Ferrophon" bezeichnet, während im Impressum "Hersteller: Max Ihle Apparatebau, Marktschorgast/Ofr." vermerkt steht. Ich habe mein 'Vertriebsaxiom' zu Loewe-Opta vor einigen Jahren mit dem ehemaligen, hochbetagten Werksleiter Max Ihles besprochen, der mir bestätigte, dass dem so war. Inwieweit Woelke, der übrigens auch erster Arbeitgeber des Konstrukteurs der Braun/ASC-Gerätelinie war, da definitiv als Wegbereiter fungierte, konnte er mir allerdings nicht sagen. Zusätzlich wies der ehemalige Werksleiter aber auch darauf hin, dass seiner Erinnerung nach "Loewe-Opta in den Geschäftsentscheidungen Ihles nie eine Rolle gespielt" habe.

Ihle und Grundig:
Nachdem ich aus deiner Signatur schließen darf, dass du Grundigliebhaber bist, sei beigefügt, dass letztlich Max Grundig den Sachsen Ihle 1957 auch noch aus dem Amateurmarkt fegte. Man war miteinander bestens bekannt -Hans-Werner Pieplow, einer der frühen Konstrukteure Grundigs, war häufiger Marktschor-Gast, Ihle hatte aber dem "größten Tonbandgerätewerk der Welt", das 1957/58 von Grundigs Gnaden vor seine Nase zu Bayreuth in Betrieb gehen sollte, nichts entgegenzusetzen und gab mit der Übersiedelung des Betriebs von Marktschorgast nach Kulmbach (1. Juli 1957) die Bandgerätefertigung auf, hielt aber noch Ersatzteile vor. Mit dem 1. Juli 1957 waren damit aber eine Reihe hoch qualifizierter (und in der Szene reputierter!) Mitarbeiter mehr oder minder frei, die von Max Grundig mit Kusshand in dieselben Positionen nach Bayreuth übernommen wurden. Es war dies beispielsweise der schon angesprochene Werksleiter Fritz Lösche und die Leiterin der Tonkopffertigung aus Marktschorgast, Anneliese Dypka. Ich benenne diese Personen hier bewusst mit klarschriftlichem Namen, was sie mir bitte nachsehen wollen; ihre Rolle in der Geschichte der Magnettontechnik aber rechtfertigt es, wenigstens 'irgendwo' das Andenken an die Pioniere auch der zweiten Reihe aufrecht zu erhalten.
Jene Mitarbeiter nun wechselten tatsächlich zu Grundig nach Bayreuth. Lösche wurde später auch Werksleiter aller europäischen Grundig-Bandgerätewerke und jettete als heimatvertriebener Breslauer gegen Ende seiner Dienstzeit munter zwischen Irland, Spanien und seiner Wahlheimat Oberfranken hin und her.

Berufsbedingt kam der ehedem Dritte im Bunde, Alfred Austerlitz (seine Firma existiert im Erbenbesitz in Nürnberg noch immer), natürlich auch in Grundigs noch neues Bayreuther Werk, wo er die alten Bekannten aus Marktschorgast in neuer Bayreuther Funktion entdeckte und als alter Witzbold Frau Dypka fragte: "Na, haben Sie die Maxen gewechselt...?" Sie und keineswegs nur sie hatte.

Hans-Joachim

Übrigens habe ich ein Foto vom den Marktschorgaster Maxen (aus Harthau bewi Chemnitz) und vom Fritzen (aus Breslau), auf der Hannovermesse, vermutlich 1955:

[Bild: Hame01gk.jpg]

Ihle steht mit einen Zufallskunden im Vordergrund, der Werksleiter im Hintergrund. Das waren sie also; die Firma hatte zu dieser Zeit neben einer eigenen Fußballmannschaft wohl auch noch gut 100 Angestellte.
Hans-Joachim, es gab also, wie ich aus Deinem Beitrag sehe ("Kontakte Ihles mit den Hamburg-Wedelern sind in anderem Zusammenhang, aber gleichzeitig belegt"), Verbindungen zwischen Oberfranken und Elbufer? Wenn keine besonderen Gründe dagegen sprechen: kannst Du das etwas weiter ausführen?

F.E.
Lieber Friedrich,

die Sache ist relativ einfach: Die bei Ihle mit Telefunkenköpfen gebaute R85, die dann -so die Szenengerüchte- von Josef Schürer zugunsten seines Maihakkindes als ARD-Normalreportofon hintertrieben wurde und bei Ihle in maximal 50 Exemplaren gebaut wurde (so Fritz Lösche im persönlichen Gespräch), trägt auf den mir bekannten Exemplaren mehrheitlich die Telefunken-Raute. Ich schließe daraus, dass man die R85 über Telefunken vertrieb oder vertreiben wollte, bis sich die Sache dann möglicherweise so zerschlug, wie oben geschildert. Es gibt allerdings auch R85 ohne Telefunken-Signet. Das Aufsetzen dieses geschützten Warenzeichens kann schwerlich ohne Genehmigung der betroffenen Firma erfolgt sein.

Die Elektronik der R85 stammte ausweislich seines Aufsatzes in den NWDR-Mitteilungen natürlich von Karl-Erik Gondesen und seiner Zentraltechnikperipherie, während die Mechanik Ihle überlassen war (so wieder Fritz Lösche mir gegenüber), der sich aber bezüglich des Motors bei Perpetuum-Ebner schadlos hielt. Wie sich der zeitliche Ablauf im Zusammenhang mit dem Prototypen des Kuhlschen Hallplatte gestaltete, die ja auch am Fichtelgebirge zusammengebaut wurde, welches Gerät hier beanspruchen darf, Henne bzw. Ei für die Zusammenarbeit mit der Zentraltechnik zu sein, war Lösche nicht mehr erinnerlich.
Auf jeden Fall scheint Ihle selbst über die Umstände der 'Affaire R85' so verärgert gewesen zu sein, dass es sich im Tale der Schorgast zukünftig mit den Versuchen hatte, am professionellen Markt teilzunehmen.

Ab 1954 ist bezeichnenderweise auch mit Ferrophonen nichts mehr vorangegangen, dafür aber kam 1955 die Reibrad-M5 mit drei Geschwindigkeiten, traf aber nicht gerade auf einen Markt, der dies mit Leidenschaft aufgenommen hätte. Die M5 brachte es ja offenbar erst ab etwa 1957 auf nennenswerte Fertigungsstückzahlen, weshalb die aktuelle (auch professionelle) Liebhaberszene das Gerät ja auch nicht auf 1954/55 datiert (vgl. Aufsatz Karl Dethlefsens im Radio-Magazin mit Fernseh-Magazin 6, 1955), sondern erst in letzte Drittel der 1950er.

Alles Zufall?

Hans-Joachim
Da gibts ein Bild und Schaltung:
-> Downloads: Home / Geraete / Ihle / Ihle-R85