Lieber Thomas,
heute Vormittag bin der Sache noch einmal etwas weiter nachgegangen, zumal man sich am fortgeschrittenen Abend doch vieler Dinge nicht mehr so frei erinnert, wie das wünschenswert wäre.
Aus deinen Andeutungen leite ich ab, dass auch das Lindenfelser Exemplar an der völligen Verhärtung der Gummiisolation der in schöne Kabebäume zusammengefassten Verbindungsleitungen leidet. Ich habe für den Austausch seit Jahren Silikonleitungen gleicher Farbe und gleicher Stärke vorliegen, um neue Kabelbäume zu erstellen... Allein, es ist dabei bislang geblieben.
Ein Ferrophon II war als frühes stereofones Gerät auf dem Funkausstellungsstand Eugen Beyers 1950 oder 1951 in Betrieb. Die in allen Bauteilen Plan zu bearbeitenden Spitzkeilköpfe nach Woelke waren ja ohne größeren Zusatzaufwand auch zweikanalig ausführbar. Nachdem Ihle keine Serienfertigung unterhielt, sondern Einzelgeräte erstellte, kosteten Sondertypen nicht so apokalyptisch viel mehr, wie man das dann einige Jahre später bei Instituten kennen lernen konnte, die auf eine ähnliche Geschäftsidee (Verknüpfung professioneller und amateurbezogener Geräteschienen) bauten.
Zum Gerätenamen:
Ihle plante offenbar, seine Bandgeräte generell mit "Münchberg" zu titulieren, denn das von mir bereits erwähnte "Ferrophon junior" hatte nach besagtem Aufsatz in der Funktechnik 10, 1949 auch den Namen "Münchberg I", was sich dann aber wohl nicht durchsetzte. Auf einer meiner Preislisten nämlich werden die Ferrophone als "früher Typ Münchberg" ausgewiesen. Ein Ferrophon I ist nach Ausweis dieser Listen ein solches ohne, ein Ferrophon II dasselbe Gerät
mit Bandrücklauf.
Zum bei mir vorhandenen Papierkram:
Zusätzlich verfüge ich über einen detaillierteren Werbe-Flyer Ihles zum Ferrophon II{c, da mit Aufnahmefunktion ausgestattet], auf dessen Titel auch exakt die Kabinettversion aus Lindenfels abgebildet ist. Zudem werden genauere Angaben zum
Zusatz-
Verstärker I gemacht. Das Gerät selbst wird im Flyer als "Das neue Loewe-Opta Ferrophon" bezeichnet, während im Impressum "Hersteller: Max Ihle Apparatebau, Marktschorgast/Ofr." vermerkt steht. Ich habe mein 'Vertriebsaxiom' zu Loewe-Opta vor einigen Jahren mit dem ehemaligen, hochbetagten Werksleiter Max Ihles besprochen, der mir bestätigte, dass dem so war. Inwieweit Woelke, der übrigens auch erster Arbeitgeber des Konstrukteurs der Braun/ASC-Gerätelinie war, da definitiv als Wegbereiter fungierte, konnte er mir allerdings nicht sagen. Zusätzlich wies der ehemalige Werksleiter aber auch darauf hin, dass seiner Erinnerung nach "Loewe-Opta in den Geschäftsentscheidungen Ihles nie eine Rolle gespielt" habe.
Ihle und Grundig:
Nachdem ich aus deiner Signatur schließen darf, dass du Grundigliebhaber bist, sei beigefügt, dass letztlich Max Grundig den Sachsen Ihle 1957 auch noch aus dem Amateurmarkt fegte. Man war miteinander bestens bekannt -Hans-Werner Pieplow, einer der frühen Konstrukteure Grundigs, war häufiger Marktschor-Gast, Ihle hatte aber dem "größten Tonbandgerätewerk der Welt", das 1957/58 von Grundigs Gnaden vor seine Nase zu Bayreuth in Betrieb gehen sollte, nichts entgegenzusetzen und gab mit der Übersiedelung des Betriebs von Marktschorgast nach Kulmbach (1. Juli 1957) die Bandgerätefertigung auf, hielt aber noch Ersatzteile vor. Mit dem 1. Juli 1957 waren damit aber eine Reihe hoch qualifizierter (und in der Szene reputierter!) Mitarbeiter mehr oder minder frei, die von Max Grundig mit Kusshand in dieselben Positionen nach Bayreuth übernommen wurden. Es war dies beispielsweise der schon angesprochene Werksleiter Fritz Lösche und die Leiterin der Tonkopffertigung aus Marktschorgast, Anneliese Dypka. Ich benenne diese Personen hier bewusst mit klarschriftlichem Namen, was sie mir bitte nachsehen wollen; ihre Rolle in der Geschichte der Magnettontechnik aber rechtfertigt es, wenigstens 'irgendwo' das Andenken an die Pioniere auch der zweiten Reihe aufrecht zu erhalten.
Jene Mitarbeiter nun wechselten tatsächlich zu Grundig nach Bayreuth. Lösche wurde später auch Werksleiter aller europäischen Grundig-Bandgerätewerke und jettete als heimatvertriebener Breslauer gegen Ende seiner Dienstzeit munter zwischen Irland, Spanien und seiner Wahlheimat Oberfranken hin und her.
Berufsbedingt kam der ehedem Dritte im Bunde, Alfred Austerlitz (seine Firma existiert im Erbenbesitz in Nürnberg noch immer), natürlich auch in Grundigs noch neues Bayreuther Werk, wo er die alten Bekannten aus Marktschorgast in neuer Bayreuther Funktion entdeckte und als alter Witzbold Frau Dypka fragte: "Na, haben Sie die Maxen gewechselt...?" Sie und keineswegs nur sie hatte.
Hans-Joachim
Übrigens habe ich ein Foto vom den Marktschorgaster Maxen (aus Harthau bewi Chemnitz) und vom Fritzen (aus Breslau), auf der Hannovermesse, vermutlich 1955:
Ihle steht mit einen Zufallskunden im Vordergrund, der Werksleiter im Hintergrund. Das waren sie also; die Firma hatte zu dieser Zeit neben einer eigenen Fußballmannschaft wohl auch noch gut 100 Angestellte.