Hallo Matthias
Zitat:Matthias M postete ist das denn wirklich was neues? Anderswo im Vorum kann man doch immer wieder lesen, wieviele Komponenten von Grundig/Saba/Telefunken/Uher/Dual/Körting... in Wirklichkeit aus Fernost stammen.
Nein, neu ist das nicht. Das Zukaufen von Komponenten, Klauen von Ideen, Kopieren von Designs etc. gehört dazu und ist in gewissem Masse auch legitim. Jede Industrie lebt davon. Willi Studer hat versucht, alles selbst zu fertigen, doch heute halte ich das nicht mehr für möglich.
Darauf wollte ich auch gar nicht hinaus, sondern, dass sich die meisten diese heutigen *Hifi-Bauer* seit Jahren nur noch im Kreis drehen. Sie versuchen, uralte Konzepte mit immensem Aufwand immer weiter zu verfeinern. Systemimmanente Mängel und Probleme werden aber nicht behoben. (Als die CD aufkam, hiess es, die kleinen Anbieter würden aussterben, weil ihnen dazu das Know-How fehle, da diese Technik zu komplex sei. Die Praxis hat gezeigt, dass soviele kleine nicht ausgestorben sind, sondern im Gegenteil die letzten 20 oder 30 Jahre viel kleine Anbieter erst entstanden sind.)
Anstelle von Innovationen und Neuerungen kommt von den meisten Anbietern der verzweifelte Versuch, die Klang-Qualität bei jeder Generation zu verbessern. Damit verbunden, der grosse Druck, diese Verbesserungen als grosse Schritte darzustellen. Statt qualitativer Verbesserung kommt die quantitative Verbesserung. (Klangqualität ist, obwohl sie das Wort Qualität enthält, in diesem Zusammenhang nur eine quantitative Grösse. Nicht, dass hier Unklarheiten entstehen.)
Nur wird die Luft oben langsam dünn und deshalb verlegen sich einige auf's Zubehör, andere auf weniger seriöse Methoden und Mittelchen. Blüten, Auswüchse und Extreme der High-End-Branche sind zu einem Teil dadurch begründet, dass die Anbieter in diese Nische fliehen. Nur, wie lange wird das noch weitergehen? Es hat, imho, keine besonders grosse Zukunft, denn das Kundensegment stagniert und nicht jeder kauft für 3% mehr Klang eine neue Anlage.
Zitat:Dazu kommt noch, daß diverse "deutsche Hersteller" selbst in "besten Zeiten" dann auch noch bei den hiesigen Mitbewerbern eingekauft haben: Schaub-Lorenz bei Dual, Siemens bei Körting, Grundig bei Dual, Braun bei Saba etc.
Da hast du natürlich Recht. Das gehört letztlich auch dazu. Das ist es aber nicht, was ich ankreide, sondern die *Entwicklung* die sich seit Jahren im Kreis dreht, weil sie keine mehr ist. Vor 20 oder 30 Jahren haben die von dir oben genannten Hersteller zwar zugekauft, aber sie haben neuere Geräte und Konzepte auf den Markt gebracht, auch wenn sie die Innovationen nicht selbst erfunden hatten. Die Mehrzahl der aufgelisteten aktuellen Unternehmen hat sich auf den Bereich Analog spezialisiert und verkauft das klassische Hifi-Kistendesign wie wir es seit über 40 Jahren kennen. Unter einer Unternehmung mit sinnvollem Produkteportfolio und interessanten Produkten stelle ich mir etwas anderes vor.
Auch wenn es vielen nicht gefällt und sie es nicht wahrhaben wollen: Die Zukunft liegt beim PC, resp. in der Vernetzung von Hifi und PC, denn der PC bietet eine Fülle von Möglichkeiten, die jede Hifi-Anlage alt aussehen lässt.
Zitat:Die letzte Entwicklung deutscher Hersteller, an die ich mich erinnere, war Telefunken mit der PAL-Norm (vielleicht etwas übertrieben...).
Aber was soll denn heute noch aus Deutschland kommen, wenn keine Forschung betrieben werden kann, weil die Betrieben nicht groß genug sind, dazu überhaupt in der Lage zu sein? Forschung kostet auf der Ebene, über die wir reden, Millionen. VW hat in die aktuellen Motoren sogar Milliarden gesteckt! Wer, außer Siemens, wäre dazu in Deutschland in der Lage? Wo ist noch gleich AEG-Telefunken geblieben?
Richtig. Das ist eines der Probleme. Andererseits haben z.B. K+H, KS-Digital und auch ReVox doch interessante und innovative Produkte anzubieten und sind mit diesem gar nicht mal schlecht positioniert, ganz im Gegenteil. Die grossen Monitore von K+H werden ja zu den besten gezählt. Auffällig nur, dass diese Hersteller im Profi-Lager operieren oder zumindest eine Beziehung und/oder ihre Wurzeln dort haben. Alle diese drei Hersteller sind ebenfalls relativ klein und verfügen nicht über unbeschränkt Kapital. Glücklicherweise kosten Ideen alleine nichts.
Zitat:CD-Player "Made in Germany" ob von Dual, Phonosophie oder MBL sind bestenfalls "Assembled in Germany". Kein heutiger Betrieb könnte es sich leisten - abgesehen von den zu erreichenden Stückzahlen - eine eigene Fertigung von Laufwerken aufzubauen. Bei DVD, MP3 und weiterem Schnickschnack sieht das doch genauso aus.
Richtig. Das allermeiste ist zugekauft. Laufwerk, Logik, Bedienteil, Display, DAC etc. Die Eigenleistung beschränkt sich in den meisten Fällen auf Gehäuse, evtl. Display und kleinere Modifikationen. Es macht aber auch keinen Sinn, dass jeder seine eigenen Laufwerke entwickelt. Es geht mir nicht darum, dass jeder alles selber herstellt, sondern darum, dass sich alles im Kreis dreht.
Und obwohl die Rechte für moderne Technologien anderorten liegen, wären noch viele Möglichkeiten offen. Interessanterweise gibt es auch Technologien, die der GPL unterliegen. Trotzdem nutzt die so gut wie keiner. Wir Hifi-Freunde sind viel zu sehr auf einzelne Medien, Technologien und auf's klassische Kistendenken und althergebrachte Konzepte fixiert. Der durchschnittliche Kunde hingegen, möchte einfach so einfach wie möglich, so gut wie möglich Musik hören und das im ganzen Haus und ohne dass er überall grosse Gerätschaften auftürmen muss. Welche Technik dahinter steckt, interessiert ihn nicht. Welche Medien welche Einschränkungen und Eigenheiten haben, will er gar nicht wissen.
Der Markt derjenigen Musikfreunde, High-Ender etc. zu denen sich viele in den einschlägigen Foren zählen, ist begrenzt.
Aber warum gibt es sowenige Anlagen, die genau auf diese Bedürfnisse eingehen?
Das was ich - und wahrscheinlich auch andere jungen Kunden - von ihrer Anlage erwarten, bietet so gut wie kein Anbieter.
- Warum sind wir mit der Integration in Computer-Netzwerke nicht viel weiter?
- Warum lassen sich die allermeisten Anlagen noch immer nicht an den PC anbinden?
- Warum bieten nur so wenige Geräte die Möglichkeit, einen DAP zu befüllen?
- Warum bieten nur so wenige Geräte die Möglichkeit, die Musik vom PC/Fileserver abzuspielen?
- Warum gibt es z.B. keine ganzheitliche Lösung, welche den PC fernbedienbar macht und ihn sinnvoll in die Hifi-Anlage integriert?
- Warum gibt es nur so wenige Geräte, die sich z.B. mit dem Handy oder dem PDA bedienen lassen?
etc.
Hier bestünde durchaus Platz für innovative und klevere Lösungen, die gar nicht teuer sein müssen. Das Problem ist nur, diese Möglichkeiten zu erkennen und zu nutzen. Jammern hilft da wenig.
Zitat:Was übrig bleibt, sind Interpretationen des Vorhandenen; Du nennst das Basteleien. Das Füllen von Marktlücken.
Wobei nicht alles Bastler sind, aber die grosse Mehrheit fährt eine Me-Too-Strategie und versucht, sich über besseren Klang zu profilieren.
Zitat:Und das das so weiter gehen wird, zeigt die Foto-Industrie: Einer nach dem anderen - ich rede von den Japanischen Konzernen - streicht dort die Segel. Noch ein paar Jahre und die Fotoindustrie wird vollständig in die Multimedia-Computer-Handy-Sparte aufgegangen sein. Bei Hifi droht das gleiche: Weil wir das so kaufen.
Ich stelle vielerorten ein Gejammer und eine negative Einstellung fest. Du selbst nennst einige der neuen Technologien *Schnickschnack*. Man jammert über die schlechte Entwicklung, den Wertezerfall, alle würden nur noch billig kaufen, die jungen wären blöde, würden nur noch minderwertige Musik über minderwertige Computerboxen hören, hätten keinen Geschmack mehr, hätten kein Verständnis für gute Technik mehr, würden ihr Geld lieber in Klingeltöne investieren etc. Andererseits grosskotzige Aussagen (bezieht sich jetzt nicht auf eine konkrete Person, sondern allg.), wie gut die althergebrachte Technologie doch sei, das Neue könne das sowieso nie erreichen, es bräuchte nichts Neues, das Neue sei nur für die blöden Geizhälse und gefühlskalten Idioten, die nicht geniessen könnten.
Bei einigen der bekannten Firmen dürfte auch dies ein Grund gewesen sein, dass sie die Segel streichen mussten: Zu lange am Alten festgehalten, anstelle sich auf's Neue zu konzentrieren.
Zitat:Ich könnte jedenfalls keinem Investor heute raten, in ein deutsches Vollprogramm zu investieren. Du?
Wenn er die richtigen Produkte anbietet, warum nicht? Aus Sicht des Geldgebers würde ich mein Geld eher einem innovativen Vollsortimenter mit einem gescheiten Produkteportfolio geben als einem der Kleinunternehmen mit drei Angestellten, die in einer *Manufaktur* Röhrenvollverstärker bauen und m.b.M.n. in einem stagnierenden und zudem hart umkämpften Markt sind.
Gruss