Hallo Manfred, hallo in die Runde,
es hast ein wenig gedauert, aber ein alter Mann ist ja kein D-Zug und die reale Scheinwelt muß ich ja auch noch meistern.
Ich habe inzwischen die mikroskopische Betrachtung der Kopfspalte des Kassettendoppelkopfes abgeschlossen, und auch
Bilder mit dem Auflichtmikroskop vom Tonkopf kann ich jetzt vorlegen.
Das Mikroskopieren war kein Problem, aber davon dann halbwegs ordentliche Bilder mit dem Smartphone zu machen, war für mich sehr wohl eins.
Ich habe keine Digitalkamera und hier in meiner Exklave bei meiner Tochter in Mecklenburg auch immer gerade das Teil nicht zur Hand, was ich eigentlich dann plötzlich dringend bräuchte. Hauptsächlich betraf das ein Fotostativ und einen Adapter für das Smartphone zum Fotografieren durch das Mikroskopokular. Ich konnte dafür immerhin meinen alten Kleinbildvergrößerer von Leitz mit viel Gedöns umfunktionieren. Allerdings wurden dadurch die Richtzeiten erheblich, weil das Wohnzimmer immer wieder freigeräumt werden mußte usw.usw.. - Aber im Grunde übt das Improvisieren ja auch. -
Die starken Vergrößerungen von einem Durchlichtmikroskop konnte ich leider hier gar nicht einsetzen, weil dessen Objektive so große Durchmesser haben, dass sie an der festen Bandführung gar nicht vorbeikämen.
Mit einem Zeiss-Auflichtmikoskop Typ "Epignost" habe ich die Bilder gemacht. Konstruktionsbedingt hat das Mikroskop einen viel größeren Arbeitsabstand zum Objekt, als ein Durchlichtmikroskop. Der beträgt hier ungefähr 4 mm und das ist sehr günstig.
Die Fixierung des Kopfes mit Tesafilm an seinen Kabeln war ein bißchen kniffelig. Ich habe die Kabel dann zusätzlich mit einer Wäscheklammer fixiert und konnte damit deren Erinnerungsvermögen an einen Kreis weitgehend ausgeschalten.
Die Auflichtbetrachtung mit dem Licht durchs Objektiv hat den Vorteil, dass alle zum Betrachtungslichstrahl nicht im Winkel von 90 Grad stehenden Flächen dunkel erscheinen, weil deren Licht nicht direkt in den Strahlengang zurückgespiegelt wird. Kratzer werden dadurch überdeutlich wahrgenommen.
Die Kernpakete sind versetzt und ergeben mit ziemlich hoher Genauigkeit gleich breite Spuren. Jeweils 72 Skalenteile beim Hörkopf und nur 71 Skalenteile beim Sprechkopf. (1 Skalenteil zu 8,4 µm).
Erwartet hätte ich das umgekehrt. Denn eine dünnere Band-Spur kann im Hörkopf Pegelschwankungen durch den Bandlauf verursachen, weil das Band die Neigung hat, in der Höhe etwas hin- und herzuwandern.
Der Hörkopfspalt ist in der gewählten Vergrößerung bei einigen Blechen kaum aufzulösen, bei anderen aber deutlich sichtbar. Das kann durchaus auch mehr als eine Verdoppelung sein.
Deshalb vermute ich eine virtuelle Hörkopfspaltverbreiterung durch Erosion an den Spaltkanten.
Der Kopf erscheint nicht so abgenutzt, daß der Spalt sich in der Tiefe schon verbreitert hätte,
Wenn Du hier forschend und vertiefend in die Problematik einsteigen möchtest, könntest Du die Frequenz ermitteln, bei der die Hörkopfspannung Null wird und daraus dann die Spaltbreite herleiten. Vermutlich brauchst Du aber dafür ein Laufwerk, was nur mit sehr geringer Geschwindigkeit läuft, weil die Verstärker die sich sonst ergebende hohe Frequenz nicht ausreichend verstärken.
Aber eigentlich hast Du das Problem für Dich ja schon durch den anderen Doppelkopf optimal gelöst. Zumal der ja wohl hervorragend funktioniert.
Denn die von Dir dazu genannten Meßwerte sind ganz hervorragend und für mich, der ich mit der Schwermaschinentechnik der Telefunken T9 groß geworden ist, ganz imponierend. Die T9 konnte das Anfang 1953 auch schon, aber damals nur mit der 16-fachen Geschwindigkeit.
Bei deren alten Mµ-Metall Tonkopfkernpaketen habe ich auch früher einmal so etwas wie Erosion oder Korrosion gesehen und zwar ausgelöst durch ein Band, was während einer sehr langen Stillstandszeit an den Köpfen angelegen hatte. - Seitdem lasse ich bei entsprechenden Konstruktionen kein Band im Bandlauf zurück, auch nicht für einen Tag.
Wir wissen nicht,was in einem Band an Chemie drin steckt und die es von den alten Bändern noch wissen könnten... Wir hätten eher fragen müssen.
Herzliche Grüße
Manfred
Zu den Bildern: Die Beobachtungen wurden an dem Kassettendoppelkopf in dem Zustand so vorgenommen, wie er sich nach Entfernen der Verpackung ergab.
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Bild 1:
der Wiedergabekopf mit dem oberen System hier Spur 1 genannt.
Die Spurbreite beträgt 72 Skalenteile zu 8,4 µm. Die kleinen schwarzen Punkte sind Vertiefungen in den Kernlamellen. Systembedingt werden auch kleinste Kratzer als schwarze Linien abgebildet, weil deren Licht nicht genau senkrecht in das Mikroskopobjektiv zurückgespiegelt werden. Der leichte Schleier könnten mikrofeinste Kratzer oder Fingerabdrücke sein.
Das wie ein Seepferdchen geformte Teil ist ein kleines Stück der Luftpolsterverpackung.
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Bild 2:
wie Bild 1 nur in eine stärkeren Vergrößerung (ca. 400 fach).
Es gibt Bleche, die bei dieser Vergrößerung noch einen nicht aufzulösenden Spalt ergeben (in den Randbereichen).
Andere lassen einen Spalt deutlich erkennen. Das könnten schon einige Faktoren sein.
Der Versatz der Kernpakete zueinander ist vermutlich deshalb so gemacht worden, um die Spurbreiten der Köpfe sehr genau gleich zu erzielen mit Kopfsystemen, die ohne diesen Trick zu breit wären. So genau kann man die Bleche nicht schichten. Schade, dass wir niemanden fragen können zur Herstellung von solchen Präzisionsköpfen. Die Genauigkeitsanforderungen waren bei der Kassettentechnik auf einem sehr hohen Niveau.
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Bild 3:
Detail von Spur1 des Wiedergabekopfes:
hier sieht man in der Vergußmasse die spaltbildende Folie. Bei einigen Kernblechen ist die Erosion an den Spaltkanten recht gut zu erkennen.
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Bild 4:
Details von Spur 1 am unteren Teil des Wiedergabesystems.
Auch hier ist bei einigen Kernblechen die Erosion an den Spaltkanten wieder recht gut zu erkennen.
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Bild 5:
Die Spur 2 des Wiedergabekopfes in voller Spurbreite.
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Bild 6:
Details von Spur 2 am unteren Teil des Wiedergabesystems.
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Bild 7:
Die beiden Systeme des Aufnahmekopfes in der Übersicht
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Bild 8:
die obere Spur 1 des Aufnahmekopfes
Für den Aufzeichnungsvorgang ist die gerade Ablaufkanten des Sprechspaltes von großer Bedeutung. Die Spaltbreite beeinflußt die die Durchmagnetisierung der Schicht des Bandes in der Tiefe.
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Bild 9:
Die untere Spur 2 des Aufnahmekopfes