Tonbandforum

Normale Version: Revox B77, Herzenssache
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Liebes Forum,
ich möchte mich kurz vorstellen. Mein Name ist Steffen, 29 Jahre alt, und ich komme aus der Gegend um Bamberg/Forchheim. Mein Vater ist vor ziemlich genau 10 Jahren verstorben. Er war in den 80ern ein echter HiFi-Fan und hatte zu seiner Revox B77 auch das Kassettendeck B215 und den Receiver B285, außerdem einen Thorens Plattenspieler, von der Marke SAE die (Vor)Verstärker P101 und A501.
Nun, nach einer langen Zeit im Keller, möchte ich gerne die Faszination meines Vaters verstehen und mich mit den einzelnen Geräten vertraut machen. Leider haben wir uns zu Lebzeiten nicht zusammen mit seinem Hobby beschäftigt, weshalb ich nun ziemlich alleine dastehe und wenig bis keine Ahnung von den Möglichkeiten der Geräte habe.
Erst dachte ich darüber nach das gesamte Konvolut zu verkaufen... ein bisschen die Haushaltskasse aufbessern. Die vielen ungehörten Bänder und die Leidenschaft die in diesem Hobby steckte brachten mich vorerst von dem Verkauf ab.


Ich habe nun einige Tage in verschiedenen Foren herumgestöbert und finde das Thema doch ganz interessant. Die Maschinen stehen jedoch schon alle sehr lange und haben meines Wissen nach noch keine Revision erhalten.


Die Frage ist jetzt ob man überhaupt eine Revision durchführen muss. Was passiert, wenn dann doch mal etwas abraucht?
Ist es als "Hobbybastler" möglich eine Revision selbst zu machen, gibt es Anleitungen dafür oder sollte man es zusammen mit einem Profi machen. Eine Revision vom Fachgeschäft möchte ich sehr ungern machen lassen. Meinen Vater hätte es sicher gefreut zu sehen wie ich mich selbst mit der Technik befasse.
Mute ich mir hier zu viel zu? Vielleicht ist es etwas naiv zu glauben, dass es so schwer nicht sein kann.


Das Ganze ist für mich eine Herzensangelegenheit und ich hoffe, dass mir hier einige nette Leute weiterhelfen können. Vielleicht kommt ja sogar jemand aus der Gegend mit dem man sich alles mal zusammen anschauen kann.


Gruß
Steffen
Hallo Steffen,
erst einmal herzlich willkommen bei den ‚Rostwicklern‘.
Du bist ja, Dank deines Vaters, ja ganz gut ausgestattet. Es stellt sich nun die Frage, wie sind die Bedingungen bei euch im Keller? Wenn der etwas feucht ist, dann sieht es schon mal nicht so gut aus. Ich würde erst einmal eine Sichtpüfung vornehmen und die Geräte gründlich reinigen. Die B77 auch mal von innen betrachten, ggf. ein paar Bilder machen.
Es kann schon passieren, dass beim Einschalten etwas abracht, schließlich sind die Geräte ja schon 40 Jahre alt.
Um etwas selbst an den Geräten zumachen, müsste man wissen, ob du löten kannst, Messmittel hat, eventuell einen Schaltplan lesen kannst usw.
Hilfe bekommst du hier wahrscheinlich in jeder Form.
Hallo Steffen,

Egon hat ja schon einiges geschrieben. Wenn Du selbst was machen willst, sind zumindest Lötkenntnisse erforderlich. Es ist natürlich auch die Frage, was du mit den Geräten machen willst. Möchtest Du nur die vorhandenen Bänder durchhören, kann, sofern noch alles funktioniert, eine Durchsicht und gründliche Reinigung ausreichend sein. Evtl. müssen Gummiteile ersetzt werden, was sich bei Revox auf die Andruckrollen beschränkt, sieht man mal vom Zählwerksriemen der B77 ab, welcher aber nicht funktionsrelevant ist und auch nicht unbedingt getauscht werden muss. Dafür ist er aber auch nicht teuer.

Das B215 ist leider wegen der zahlreichen Philips-Elkos ein Spezialfall. Die sind zu 100% fällig. Du kannst Dir ja mal die Revision meines B215 ansehen. Auch die Seite von Captn Difool ist dazu hilfreich.

Eine andere Frage ist auch noch: Welche Bänder hatte Dein Vater verwendet? Wenn es original Revox-Bänder sind, kann es sein, dass diese mittlerweile unbrauchbar sind. Bei den Typen Revox 207 und 601 hat man noch gute Chancen, dass man die sauber abspielen kann, 641 können aber Probleme machen. Auch sind feuchte Keller Gift für Tonbänder. Das musst Du dann ausprobieren, sobald die B77 wieder einsatzbereit ist.
Bei Kassetten gilt ähnliches, hier ist es auch von den verwendeten Typen abhängig.

Der B285 hat, glaube ich, schon ein Schaltnetzteil. Die können im Alter ebenfalls Probleme machen.

Grundsätzlich bist Du hier gut aufgehoben. Mit den Revox-Geräten und den Thorens-Drehern sollten sich hier einige gut auskennen. Die Frage ist eben, ob Deine Möglichkeiten ausreichend sind um die Geräte zu warten.

Und noch was: Die Geräte haben auch ohne Revision, wenn unverbastelt und in gutem optischen Erhaltungszustand einen beträchtlichen Wert. Es gab schon mal Fälle wo sowas von Händlern/Werkstätten als "alter Kram" abgetan und für kleines Geld in Zahlung genommen wurde. Nicht das Dir sowas auch passiert.
Hallo Steffen,

Du kannst Dich gerne mal melden - endlich mal wieder ein Franke hier thumbup
Servus Steffen,

und bei dem Franken (Baruse) bist auch gut aufgehoben, wenn er Zeit hat. Wie alle Vorredner schon schrieben, eine heikle Sache die aber nicht unbedingt heikel sein muss. Ich gelte z.B als Dr. Schmerzfrei und schalte mitunter ohne Trenntrafo ein. Wenn's raucht ist das wie Persil.... Da weiß man, was man hat.
Grundlegend ist die Kostenfrage, was Revison betrifft und was will man mit den Geräten dann weiter machen. Eine halbherzige Durchsicht, so das alles erstmal geht, ist nicht dienlich und programmiert den Ärger vor.
Selbst wenn all diese Geräte durch den TÜV sind heisst das auch noch nichts. Es kann immer etwas sein. Das hat hier jeder durch. Das wiederrum macht es interessant. Zumindest für uns.
Aus meiner Erfahrung heraus, ist Vinyl, Tonband und Kassette ein Ding was man kategorisch beschränken muss. Sonst hast Du schnell den Überblick verloren.
Die ReVox Bänder..... Sind es denn welche? Ich hab nix davon gelesen.... thumbsup
Es gibt sogar Leute die alte Bänder digital machen können.... hab ich z.B. oft. Weil die Leute eine Erinnerung haben wollen und kein Epiqment mehr haben.

Soll heißen: Alles ist möglich thumbsup

Grüssla Andre
Wow, hier ist aber was los! Vielen Dank für die schnellen Antworten.

Zum Keller kann ich sagen dass dieser absolut nicht feucht ist... zum Glück. Äußerlich fehlt den Geräten auf Anhieb nichts. Aber rein habe ich noch nicht geschaut. Bisher habe ich nur die B77 angeschaltet und mal ein Band eingelegt. Es kommt auf jeden Fall schonmal was raus. Die Qualität ist jedoch unterirdisch. Mag an den Bändern liegen, da das zumindest Revox-Spulen waren.

Zu meinen Möglichkeiten und "Fähigkeiten" kann ich sagen, dass ich bereits Löterfahrung habe, müsste mir aber für solche Arbeiten eine neue Lötstation zulegen, was nicht das Problem ist. Die bisherige ist ungeregelt und für solche schönen Geräte denke ich unbrauchbar. Messinstrumente habe ich keine, jedoch kann ich etwas mit Schaltplänen anfangen.

Wie "tief" geht so eine Reinigung? Sprechen wir hier von den bandführenden Teilen? Innerlich ist sie auf den ersten Blick etwas verstaubt, sicherlich hat sich der ein oder andere Elko bereits verabschiedet. Äußerlich habe ich zwei Bilder hochgeladen. Die Bandabdeckung fehlt bei mir wohl leider und das Licht vom rechten Kanal geht nicht.

Vielen Dank für die Warnung Wayne, habe mich ja bereits einmal mit dem Verkauf befasst, und weis daher, dass ich hier echte Schätze im Keller habe. Aber nun wirds wohl nichts mit dem Verkauf wenn ich tiefer in die Materie einsteige Wink

Hey Baruse, schön hier einen Franken zu treffen. Werde mich direkt mal mit dir in Verbindung setzen.
Danke auch dir Andre! Schön dass mir hier in kürzester Zeit so viele Leute helfen wollen.

Halbe Sachen mache ich auch nicht gerne. Ich möchte mich eigentlich von Gerät zu Gerät vorarbeiten, bis ich irgendwann alles komplett miteinander verbinden kann. Nach dem Motto - eines nach dem anderen. Es läuft ja auch nichts davon.
Bänder sind sicher auch noch andere da. Ich finde immer wieder neue Sachen Wink
Hallo Steffen,

auch von mir zunächst herzlich willkommen? Von den von dir genannten Geräten ist mir nur die B77 vertraut, so dass ich mich also nur zu dieser äußern kann. Aber das hier ist ja auch ein Bandmaschinenforum... Wink

Was du da hast, ist eine B77 Mk I, leicht zu erkennen am fehlenden Schalter und Poti für die Pitchfunktion. Ist die Tonkopfabdeckung noch vohanden? Wenn nicht, gibt es die relativ häufig in der Bucht. Die untere Abdeckung ist klappbar und die ist auf deinen Fotos auf- bzw. reingeklappt! Die fehlt also nicht; einfach die Aluleiste fassen und nach vorn-oben bewegen.

Ansonsten ist fast alles schon gesagt worden. Außer ein paar Entstörkondensatoren, dem Zählwerkantrieb (ein Rundriemen und ein Zahnriemen) sollte man in Erwägung ziehen, alle Elkos zu tauschen. Die werden sich nach 40 Jahren nach und nach verabschieden. Eventuell ist noch die Andruckrolle fällig (ca. 45,-€) und oft auch das Kugellager am Bandeinlauf (ca. 1-5,- €).

Die Trimmpotis sind bei den B77 oftmals in einwandfreiem Zustand, wobei es wohl auf das Baujahr ankommt; ältere Maschinen haben u.U. auch die von der A77 bekannten abfallenden Schleifer.
Die in der B77 verbauten Relais sind oftmals defekt. Da es keine baugleiche Neuware mehr gibt, kann man auf adaptierte Miniaturrelais, etwa von pievox.de zurückgreifen.
Der Lämpchenwechsel am VU-Meter ist nicht ganz trivial, weil die Fassungen oft verklebt sind. Wechseln sollte man dann aber beide.

Anschließend muss die Kiste auf jeden Fall eingemessen werden, wobei man eine neu erhältliche Bandsorte (LPR 35 oder LPR 90) als Referenz nehmen sollte.

Auf deinem Foto erkenne ich jede Menge braunen Abrieb an der Tonwelle. Wenn auch die Köpfe so aussehen, weißt du, woher der unterirdische Klang kommt und wieviel du von den alten Tonbändern noch halten kannst. Sad
Köpfe selbst sind sehr langlebig und halten 6000-8000 Betriebsstunden. Wenn der blanke, abgenutzte Bereich des Kopfspiegels nicht breiter ist als 4 mm, kannst du noch etliche Jahre Spaß damit haben!

Das war erst mal mein Senf dazu. Im Übrigen kann ich dir Jörg (Baruse) wärmstens empfehlen, wenn du Hilfe brauchst oder die Maschine lieber gleich in fachkundige Hände geben willst.

LG
Holgi

Hallo Holgi,
auch dir ein herzliches Danke für deine verständliche und ausführliche Antwort.
Die Tonkopfabdeckung ist vermutlich nicht mehr vorhanden. Danke für den Tipp.

Ich werde mir jetzt nach und nach die einzelnen Teile ansehen und euch wieder berichten.

Für mich interessant wäre auch mal die Standardausrüstung die man für die tägliche und auch spezielle Pflege und Reinigung immer zuhause haben sollte. Also sowas wie Wattestäbchen, Isopropanol, Druckluftspray? etc.
Vielleicht gibts da so nen kleinen Ratgeber für einen Anfänger auf dem Gebiet.
Anstatt Wattestäbchen (die man i.d.R. eh zuhause hat) empfehlen sich bei den Revox A/B77 diese Reinigungsstäbchen.
Man kommt da ohne Verrenkungen wunderbar an die eher schlecht zugänglichen Köpfe und reinigt wirklich die komplette Fläche.
Für die Erstreinigung solltest Du die Maschine auf den Rücken legen und alle bandführenden Teile bei gutem Licht (und ggfs. Lupe) sorgfältig reinigen.
Die Erstreinigung kann durchaus etwas langwierig sein, insbesondere wenn der Schmodder jahrelang nicht beseitigt wurde.
Als Mittel empfiehlt sich Isopropanol.
Rengual,'index.php?page=Thread&postID=237804#post237804 schrieb:Bisher habe ich nur die B77 angeschaltet und mal ein Band eingelegt. Es kommt auf jeden Fall schonmal was raus. Die Qualität ist jedoch unterirdisch. Mag an den Bändern liegen, da das zumindest Revox-Spulen waren.
Bevor Du das Gerät im jetzigen Zustand länger angeschaltet lässt, würde ich auf jeden Fall die Entstörkondensatoren wechseln. Die Wahrscheinlichkeit, dass die nach kurzer Betriebszeit in stinkenden Rauch aufgehen, ist recht hoch.

Wenn es sich wirklich um schmierende Revox-Bänder handelt sind Deine Chancen wohl recht gut, dass Du die noch mal kurzzeitig abspielbar machen kannst (Stichwort: Backofen oder Dörrgerät in der Suchfunktion)- falls Du Dir anhören möchtest, was Dein Vater damals so aufgenommen hat. Die Aufnahmen solltest Du dann aber direkt digitalisieren, wenn Du sie behalten möchtest.
Ansonsten schau mal nach, ob Bänder auf solchen:
https://www.springair.de/de/revox-601-mi...neu/h55021
Spulen dabei sind. Die lassen sich meist noch recht gut abspielen, wenn eben auch das richtige Band auf der Spule ist. Nach dem Reinigen der Tonköpfe könntest Du dann testen, ob der Klang da besser ist...

Gruß
Robert
Ach ja, und: eine regelbare Lötstation ist meiner Meinung nach für solche Arbeiten mit bedrahteten Teilen übertrieben. Ein 20-W-Lötkolben mit passender Spitze und etwas Fingerspitzengefühl sollten das problemlos erledigen. Erst recht wenn du nicht an ICs herumbrutzelst.